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BIBLIOTHEK
II
HERAUSGEOEBEN VON
PROF. D«- FRIEDRICH RATZEL.
Unter Mitwirkung von
Professor Dr. Q«orgT.Bogii8law8ki, welhSektionsvorstand im HydrographiMcheu
Amt der Kaiserl. Admiralität in Berlin; Professor Dr. Carl Borgen, Vorstand des
Kaiserlichen Observatoriums In Wilbelmshaven; Professor Dr. Ed. BrOckner in
Bern ; Professor Dr. Oscar Dmde, Direktor des Botanischen Gartens in Dresden :
Dr. F. A. Forel, Professenr k TAcad^mie de Lausanne In Morges; Dr. Karl
▼• Fritsch, Professor an der Universität in Halle ; Dr. Siegmnnd Günther, Pro-
fessor an der technischen Hochschule in München ; Dr. Julius Hann, Professor
an der Wiener Universität und Redakteur der Zeitschrift für Meteorologie;
Dr. Albert Heim, Professor am Schweizerischen Polytechnikum und der Uni-
versität in Zürich; Dr. Otto S[rflmmel, Professor an der Universität und Lehrer
an der Marine- Akademie in Kiel: Dr. Albrecht Penck, Professor an der Uni-
veraität Wien : Dr. Benjamin Vetter , Professor an der technischen Hochschnl^
in Dresden.
STUTTGART.
VERLAG VON J. ENGELHORN.
18P1.
ANTHROPOGEOGRAPHIE.
ZWEITER TEIL:
DIE QE0GRAFEDC3GHE 7ERBREITDN0
DES MENSCHEN
VON
DK- FBIEDRICH RÄTZEL,
PROFESSOR DER GEOGRAPHIE AN DER TJNn-ERSITAT LEIPZK».
MIT 1 KARTE UND :^,2 ABHILDUNiiKN.
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STUTTGART.
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VERLAG VON J. ENGELHORN.
1891.
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Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen wird rorhehalten.
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Druck der Union Deutsche Verlagsgesellsohatt in Stuttgart.
Vorwort-
Die Empfindung, mit welcher ich dieses Buch den
deutschen Geographen und Ethnographen übergebe, hat
nichts mit der Beklommenheit zu thun,, die in so manchen
Vorreden ihr bekümmertes Dasein führt. Und doch ist
mir die grofie Freude der Vollendung keineswegs un-
getrübt. Der Freund lebt nicht mehr, dem ich vor
neun Jahren meine ^Anthropogeographie'* mit dem frohen
Bewußtsein widmete, daß er sie ganz billige, weil sie
aus dem innigsten geistigen Verkehre hervorgesproßt war.
Und in mir selbst lebt nicht mehr jener unbefangene
Gkube, daß von allen Geographen unserer Zeit das Fort-
schreiten auf den Wegen Karl Ritters als wesentlichste
Forderung der allgemeinen Geographie gewürdigt werde.
Wohl läßt jeder Blick in unsere geographischen Lehr- oder
Handbücher das menschliche Element der Geographie, sei
es ethnographischer, statistischer oder politisch-geographi-
scher Natur, in alter Fülle und Bedeutung uns entgegen-
treten; aber die wissenschaftliche Geographie hat sich mit
wachsender Vorliebe dem geologischen Grenzgebiete zuge-
wandt, für dessen Probleme die Geologie erprobte Methoden
darbietet, während die Anthropogeogra])hie selbst diese, ja
selbst die Klassifikationen erst zu schaffen hatte. Ob nicht
die hierin gegebene grrJßere Leichtigkeit der geologisch-
jreographischen Studien dadurch aufgewogen wird, daß die
VI Vorwort
Geographie aus jugendlicher Unsicherheit und Unselb-
ständigkeit so nicht herauskommt, ist eine berechtigte
Frage. Die allgemeine Geologie hat durch den Beistand
der Geographie gewonnen, wenn auch der Geologe
manche geographische Beiträge als nicht ganz vollwertig
anzusehen geneigt ist. Die Geographie .ist nicht in
gleichem Maße gefördert worden, denn die Arbeit des
Grenzgebietes kommt naturgemäß hauptsächlich der reiferen
Schwester zu gute. Und daß in dieser einseitigen Nei-
gung zur Geologie der Grund eines immer tieferen Risses
zwischen der wissenschaftlichen Geographie unserer Zeit
und der im Unterricht, in der Pohtik, in der Karto-
graphie zur Anwendung gelangenden Geographie liegt,
kann nicht geleugnet werden, und erscheint nicht darum
minder bedenklich, weil ^vir auch andere Wissen schatten
zu handwerksmäßiger Zerstückelung herabsteigen und un-
fähig zur Lösung großer Aufgaben werden sahen. Die
Geographie, welche an unseren Universitäten gelehrt wird,
ist vielfach eine ganz andere Wissenschaft als diejenige,
welche unsere dem Lehramte sich zuwendenden Schüler
künftig an mittleren Schulen zu lehren haben werden. Die
politische Geographie ist noch annähernd dasselbe Gewirr
von statistischen, topographischen und geschichtlichen No-
tizen wie zu Büschings Zeit, und die wichtigsten Thatsachen
der praktischen Politik, wie Raum und Grenzen der
Staaten, unzweifelhaft Erscheinungen der Erdoberfläche
und als solche wissenschaftlicher Vergleichung zuzüg-
lich, werden mit kahlen Zahlengrößen kurz abgethan.
Das geographische Element in der Geschichte, in Wahr-
heit der Boden aller Geschichte, ist zur Topographie
der geschichtlichen ertlichkeiten zusammengeschrumpft
und nicht einmal für die Zeichnung statistischer, ethnogra-
phischer, historischer, politischer Karten hat die Geo-
Torwoik TU
gntpbie Beg«]n festgestellt, welche der eiu|iin«li«i] WQI-
kSr st«uerD, so A&& der Zu^talld dieser Teile der |p«{i)u*
seWo Geographie nichts nenigeT ala M-i«»eu«etiBitJi<:h Ut.
Hitn sah Geographie, Statistik, Etiiuofpn§Aiit wimtm-
«chaltiirhe Fortschritte machen, inÜirend du «UeD gp>
Du'iiujsine Forgchungu- und Daretdlungsmitlcl, die Karte,
Bur technisch sich weiter eutifickelt«^
Es war mir nicht zweifelhaft, daß üe VoUeiiduiig
des Ausbaues der Geographie vorzQgtwh auf Abt ua-
thropogeographischen Seite zu aucheu »d. wo Fr>r-
«chung^ebiete, erst halb urlNir, liege», welche ihr zug«*
redinet werden, ohne wissi-iifichafttich tiefer mit ihr vtr*
buuden zu sein, und wo mit selbetändigeo WuiteQkchafteu,
wie Statistik und Ethnographie, iiidlicb eiiii- ftlr Iteii*:
I Teile fruchtbare Verbindung an Stelle unregelmKlügW ■
lilaiilfiser Annäherungsversuche klar her(r'.-"tfllt wi-rdep ^
mu&. Ueberall gibt es hier Probleme, denen gL-geuOtter
Ton einer „geographischen Metliode* man in dem Minne
einer Forschungs weise sprechen kann, welche von der
geographischen Verbreitung nicht blo^ ausgeht, Koudern
sie für den besten Weg erkennt, auf dem inn Innere der
Erscheinungen vorzudringen ist, die dementsprechend auc:h
das Studium der Verbreitung nach allen Beziehungen
und besonders auch nach der Seite der kart^igraphischeu
Darstellung, auszubilden, zu vertiefen strebt. Die Statistik
hat, wenig unterstützt von der Geographie, in dieser
Bicbtnng ihre Versuche gemacht. Der Ethnograidiie
bleibt diese Bahn erst zu brechen; des vorliegenden
Buches letzter Abschnitt (Kapitel 18—22) ruht volktändig
auf eigener Durchprüfung des ethnographischen Materialeh,
die in einer undankbaren Arbeit sauren Schweißes ge-
wonnen ist Den Gewinn dieser Arbeit fand ich in der
Erkenntnis, daß es für die Ethnographie zwei Wege
YIII Vorwort
wissenschaftlicher Ausgestaltung gebe, auf deren einen die
psychologische Methode führt, während der andere nur der
Weg der Geographie sein kann. Am deutlichsten drückt
wohl die Abgrenzung des anthropogeographischen For-
schungsgebietes in der Ethnographie der Gegensatz von
psychologischen und anthropogeographischen Thatsachen
aus; denn in den letzteren tritt uns die Wanderung fertiger
Gedanken und Werke, in der ersteren ihre Neuentstehung
entgegen; und jene bedeutet eine Verbindung mit den Orten
und Räumen, während diese die Verbindung mit der Seele
des Menschen sucht. Wie man auch die beiden Gebiete
abgrenzen möge, der Geographie wird es immer obliegen,
die reichen, in der Ethnographie bisher toten Mengen an-
thropogeographischer Thatsachen für sich zu verwerten.
Dabei zeigt sich, daß man das Verhältnis der beiden Wissen-
schaften bisher teils verkehrt und teils einseitig aufgefaßt
hat. Gerade wie der Statistik tritt auch der Ethnographie
die Geographie als unentbehrliche Hilfswissenschaft zur
Seite und erst in zweiter Linie steht es, daß sie ihrerseits
dann jener Ergebnisse mitverwerten kann.
Ist einmal diese organische Verbindung zwischen
der Geographie auf der einen und der Statistik und
Ethnographie auf der anderen Seite hergestellt, dann
wird endlich auch der angeblich wenigst wissenschaftliche,
aber älteste Zweig der Geographie, die politische Geo-
graphie ihre natürliche Stelle einnehmen und wird wieder
wachsen und grünen, wie ein Ast, der abgebrochen
war, nun aber seinem Stamme wieder innig verbunden
ist. Ich möchte sagen, die Anthropogeographie mußte
schon darum endlich ihre wissenschaftliche Fundierung
empfangen, weil erst auf diesem Grunde die politische
Geographie als Wissenschaft aufgebaut werden kann und
ich hielt es für eine dringende Aufgabe, diesen Grund
\
Vorwort. IX
zu legen. Ich will nicht den Schein der AusschlieMich-
keit, der der Wissenschaft fremd bleiben muß, auf mich
laden, indem ich das Hohl wort ^Zeitgemäüheit" mit der
von mir vertretenen Richtung der Geographie in Zu-
sammenhang bringe. Das Echte wird immer zeitgemäß
sein. Aber wenn ein Zeitalter eine andere politische Geo-
graphie nötig hatte als diejenige unserer Handbücher und
Lehrbücher, dann ist es das unsere, welches die rein
geographischen Faktoren Raum und Entfernung sich in
politischen und wirtschaftlichen Fragen immer stärker
geltend machen und den ganzen Erdball sich in große
politische und Wirtschaftsgebiete zerteilen sieht. Ganz be-
sonders soll unser Deutschland mehr Gewinn von seiner
vielgerühmten Pflege der Geographie ziehen und ich habe
mit deswegen die Anthropogeographie endlich abschließen
zu müssen geglaubt, weil ich der Hoffnung lebe, in .jalires-
t'rist ihr den ersten Versuch einer wissenschaftlichen politi-
-clu-n Geographie folgen lassen zu können. Und in dieser
H<^«tfnung, gestehe ich's nur, j)ulsiert es auch national.
In dem zur Einleitung vorausgesandten Al^schnitte
i^t eine andere, gröläere Verbindung zum Zwecke solcher
Fun<lierung herzustellen gesucht, nämlich die \'ereinigung
'\*'Y Pflanzen- und Tiergeographie mit der Antbropogeo-
irraphie zu einer allgemeinen Biogpoi^raphie, einer
L»lire von der Verbreitung des Lebens auf der Erde.
l iibeschadet der zoologischen und botanischen Kc^arboi-
^'iniü^en einzelner Teile dieser Wissenschaft, muta die Ul*o-
irraphie der Verbreitung des Lebens als einer grollen
■*lliirischen Erscheinung zusammenfassend gerecht zu
»vt-nlen suchen. Die Arbeitsteilung, welche diesen grolJen
Komplex von Erscheinungen zwischen den Botanikern und
7>M)l(gen zergliederte, hat die Ejitwickelung einer Wissen-
vlint't der Biogeographie zurückgehalten, deren tiefsten
X Vorwort.
Spuren wir bezeichnenderweise in den großen, zusammen-
fassenden Werken Darwins begegnen. Dieselbe Geographie,
w^elche die Anthropogeographie geschaffen, darf auch die
Aufgabe nicht ablehnen, zusammenfassend das zu behan-
deln, was in der geographischen Verbreitung der Menschen,
Tiere und Pflanzen gemeinsame Eigenschaft des Lebens
ist. Die Frage oberflächlichen Denkens, ob die Anthropo-
geographie zur Geographie gehöre, wird dadurch mit
Einem Schlage nach dem tiefwahren Satze erledigt: Im
Anfang war die That.
Zum Schluß ein Wort über die Behandlungs- und
Darstellungsweise. Als die „Anthropogeographie oder An-
w^endung der Erdkunde auf die Geschichte* vor neun Jah-
ren ans Licht trat, dachte ich nicht daran, ihr ein weiteres
Buch über denselben Gegenstand folgen zu lassen. Zwar
war dort eine große Gruppe von Wirkungen der Natur
auf den Menschen, deren Ergebnis ein Zustand, mit den
Unterabteilungen Zustand des Einzelnen: Ethnographie,
und Zustand der Gesellschaft: Soziale und politische Wir-
kungen, ausgeschieden; aber die Probleme dieses Kreises
schienen als Ganzes der wissenschaftlichen Behandlung
noch so wenig zugänglich zu sein, daß zunächst nur an
einzelne Versuche zu denken war, aus denen erst spät ein
wissenschaftlicher Bau zu errichten sein mochte. Aber die
Erfahrung zauderte nicht lange, mich zu lehren, daß es
wissenschaftliche Aufgaben gibt, denen man besser ge-
recht wird, wenn man sie zunächst einmal in ihrer Ge-
samtheit erfaßt und durcharbeitet, statt Stück ftir Stück
loszulösen. Besonders sind es Aufgaben, die überhaupt
in ihrer Gesamtheit neu sind, frische Probleme, die als
Ganzes gezeigt werden müssen und gewürdigt werden
sollen, für welche womöglich erst eine Klassifikation ge-
schaffen und die Methode ausgebildet werden muß. Wenn
[ Vorwort. XT
ier Plan festeteht, niOgeii dann diu BHUMh-intt mit aller
Sorgfalt behauen werden. Oiw gut vor hügqi von diii'r
Wi^enschafl breiter Baüix und aufgi-doliiitiT, niannig-
falt^er Berilbrung wie die (leogriiphiv. Ich \na abi>r
ilurvhaui« nicht der Ansicht, daß en nützlich Ni>i, mcU
dubci iiuf nllgemeiue Ueheraicbteii und Aufhlivku ym bu-
ichränken. wie es seit Kiirl KiUi-r so vielen Metbodu-
togtin beliebte, welche uns ohne eigene Hundanleguiig
lehren wollten, wie man'» zu machen hätte. Auf dicw*
Weise wird die Wissenschaft kaum merklich gefürrleriu
So wichtige Werkzeuge Methodik und Klaittiifikation ancli
bieten mögen, man wird sich immer in» DilutUntincbv
verlieren, wenn man sie allein, ohne die prüfende Kraft dur
EinzeUrbeit, zum Gegenstand wissenschaftlichen Detikens
luacht. Es kommt dabei auf vin Opericron mit He-
j^Uea bemuH, deren wahren Wert doch immer nur die
forschende Erfahrung prüfen kann. Dax Dilettantische
liegt ja Oberhaupt mehr in der Täuschung über die Tiefe
der Probleme als in der Unkenntnis der Methoden, und
ein naiver Optimismus in Bezug auf diese Tiefe ist daher
am bezeichnendsten für den Dilettantismus. Niemals sind
auf die Dauer die Grenzen einer Wissenschaft allein durch
methodologische Machtsprliche bestimmt worden, die sich
m der schöpferischen Forschung verhalten wie alle Kraft
einsetzendes Ringen um Naturerforschung zu Idober Bücher-
Quhaibeit.
Wenn nun in den nachfolgenden Kapitidn der Ver-
weh gemacht ist, das ganze Gebiet der statischen Anthro-
pogeographie so zu übersehen und zu gliedern, wie der
Kolonist eine Strecke Neuland um- und durchwandert
und in Arbeitsgebiete und Wohnplätze „auslegt" , so
sonnten natürlich nur die Grundlinien gezogen werden
und mu&te zwischen ihnen manche Strecke unhesucht
XII Vorwort
bleiben. Aber ich hofte kein großes Problem unberührt
gelassen und keines bloü äußerlich behandelt zu haben.
Wer nach mir diese neu erschlossene Wissenschaftsprovinz
durchzieht, wird die wichtigsten Seitenwege entweder
angebahnt oder wenigstens mit Wegweisern versehen
finden. Möge kein Irrpfad darunter sein!
Die Dankbarkeit gegen die Vorgänger auf wissen-
schaftlichen Wegen, welche man immer inniger empfindet,
je deutlicher die Begrenztheit des eigenen Strel)ens er-
kannt wird, wird auf einem so wenig bearbeiteten Gebiete
ein Gefühl von besonderer Stärke. Man weiß sich mit
Wenigen auf weitem Felde allein und diesen Wenigen ist
man enger verbunden. Es wird mir ein unvergeßlicher
Gewinn dieser Schrift bleiben, durch sie zur Versenkung
in halbvergessene Arbeiten, wie z. B. Ernst Behm sie
geleistet, angeregt worden zu sein. Im Text und in den
Anmerkungen habe ich die Einzelnen genannt, manche,
denen ich viel verdanke, vielleicht zu kurz. Möchten be-
sonders diese, und ich rechne dazu auch einige meiner
Schüler, deren Arbeiten einzelne anthropogeographische
Probleme mit Glück zu vertiefen strebten, an dieser Stelle
noch einmsil herzlich bedankt sein. Dank auch den
Herren Dr. Heinrich Schurtz, Stud. Fricker und Lehrer
Buschik, welche mir bei der Korrektur zur Hand gingen.
Leipzig, Ostern 1891.
Friedrich Ratzel.
B« innlwfr Chmafa^ ■ist W^
InUec Hat ^MfEa^fan das SaJbfuätxuaxa. Tvhälbu»
WB^h^Jgghjhiiiiniii iiHit imbwfciimlgn. Irrfe teoeiniii^
niKbCB te' Oefcnm^K oml i^ ^ i ti i TT giTn win. liar
XIV Inhalt.
4. Die Grenzgebiete der Oekumene.
Seite
Die nördlichen und südlichen Grenzgebiete. Die südlichen
Randvölker: Australier, Tasmanier, Neuseeländer, Süd-
amerikaner, Südpolynesier. Unbewohnte Striche im nörd-
lichen Grenzgebiet. Der Nomadismus der nördlichen Rand-
völker. Unterschiede der Bewohntheit des nördlichen
Asien und Amerika. Schwäche ihrer Staatenbildungen.
Ethnographische Einförmigkeit und Ausschließlichkeit der
Randvölker 60
5. Die leeren Stellen in der Oekumene.
Ursachen und Wirkungen der Unbewohntheit Verbreitung
und Form unbewohnter Gebiete. Die Wüsten und Steppen.
Wasserflächen: Seen, Sümpfe, Moore, Flüsse., Gletscher.
Gebirge. Küsten- und Flußufer. Der Wald. Die politi-
schen Wüsten. Schluß: Die weißen Flecke der Karten . 87
Zweiter Abschnitt.
Das statistische Bild der Menschheit.
i). Die Bevölkerung der Erde.
Anteil der Statistik an der Feststellung der Bevölkerung
der Erde. Anteil der Geographie. Verhältnis beider
Wissenschaften. Statistische und geographische Länder-
kunde. Unvollkommene Zählungen. Die Schätzung der
Bevölkerungen. Fehlerquellen der Schätzungen. Die Me-
thoden der Schätzungen. Ein geographisches Element in
<len Schätzungen. Die Bevölkerungen von Afrika imd
China. Schluß 145
7. Die Dichtigkeit der Bevölkerung«
Die Verteilung der Menschen über die Erde. Durchschnitts-
zahlen der Bevölkerung. Die geographische Methode und
die statistische Bevölkerungskarte. Die geographische
Auffassung der Bevölkerungsdichtigkeit und die geographi-
sche Bevölkerungskarte. Die Grundzüge der v^ert eilung
der Menschen über die Erde. Ungleiche Verteilung. Die
V^erteilung einer dünnen Bevölkerung. Ab- und Zunahme
der Bevölkerung mit der Höhe. Einfluß der Bodenform
auf die Verteilung der Bevölkerung. Verteilung einer
"V».
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I*-:X 1.1 r.-^.
*■!■•■- > ■» ■ ■ - <
-an.'. .^rrr^-^
XVI Inhalt.
Dritter Abschnitt.
Die Sporen und Werke des Menschen an der Erdoberfläche.
12. Die Wohnplätze der Menschen.
Das Anhäufungsverhältnis. Höhlen-, Baum- und Wasserwoh-
ner. Klassifikation der Wohnplätze. Die Wohnplätze auf
der Karte. Einzelwohner. Der Hof. Das Dorf. Verbrei-
tung der Wohnplätze. Die Form der Siedelang. Die
Bauweise. Die Pnysiognomie der Wohnplätze. Stadt und
Land. Das Wachstum der Städte. Beziehungen zwi-
schen Städten und Beyölkenmgsdichtigkeit. Einige Merk-
male der städtischen Bevölkerungen 4
18. Die Lage der Städte und der Verkehr.
Der Verkehr ist städtebildend. Abhängigkeit des Verkehres
und der Städtebildung vom Boden. Der Verkehr bewegt
sich nicht in Linien, sondern in Bändern. Verkehrsströme
und Städtegruppen. Selbständige Handelsstädte. Die Be-
ziehungen zwischen wirtschaftlichen imd politischen Haupt-
städten. Internationale Städte. Hauptstadt und zweite
Stadt. Fluß- und Seestädte. Flußinseln und -schlingen.
Seen. Der Fluß als Thalbildner. l^lOsse und Risse. Mün-
dungssiädte. Die Seestädte. Nahrungsreichtum des Wassers.
SUdte in Thälem und auf Bergen. Paßstädte. Höhen-
lage. Dbs Schutzmotiv 4
14. Die Städte als geschichtliche Mittelpunkte.
Die Dauer. Städtevölker. Der geschichtliche Zug. Haupt-
städte 4
15. Ruinen.
Die Ruinen ein Gegenstand geographischer Betrachtung.
Die Geographie der Ruinen. Kuinenländer. Kulturspuren.
Die jungen Ruinen
«.
16. Die Wege.
Die Wege in der Geographie. Sie überbrücken die Lücken
der Menschheit. Die We^e und die Kultur. Wegi-eiche
und wegarme Länder. Die geographischen Bedingungen
der Wege
Xm Inhalt.
Seite
Kückgang-. Verbreitung in iiebieten dichter Bevölkerung.
Zonenl^rmige Verbreitung. Völker, Erdteile und Meere.
Kontinentale, littorale und thalassische Verbreitung.
Lückenhafte Verbreitung. Zersplitterung. Mehrtypische
Völker. Gruppenweise Verbreitung. Durchdringung. Mi-
schungsgebiete. Die Größe der Verbreitungsgebiete. Weite
Verbreitung. Der Gemeinbesitz der Menschheit. Beschränkte
Verbreitung. Inselbewohner 649
21. Ueber den Ursprung der ethnographischen
Verwandtschaften.
Geographisch oder psychologisch? Die geistige Generatio
uequivoca. Das Erfinden. Das Nichterfinden. Eigene
Ei-tindungen. Die Verbreitung. Der sogenannte Völker-
gedanke 705
22. Anthropogeographische Klassifikationen
und Karten.
Grundsätze der Klassifikation der Völker. Basseneinteilung.
Kassenkarte. Die ^prachgruppen und -karten. Kultur-
stufen. Kulturkarten. Ethnographische Klassifikation.
Die geographischen Gruppen. Die Klassifikation nach der
Entwickelungs Verwandtschaft. Künstliche Klassifikationen.
Ethnographische Karten und Völkerkarten. Die karto-
graphische Darstellung von Zeiterscheinungen. Die ethno-
graphische und die historische Karte. Die Darstellung
von Bewegungen auf der Karte. Zur Technik der ethno-
graphischen Karte. Die ethnographischen Gebiete und
Länder. Die Beziehungen der ethnographischen Länder
zur Oekumene. Nordländer und Südländer. Beziehungen
zwischen Nord- und Südländern. Eisenländer und Stein-
länder. Das indo-afrikanische Gebiet. Das europäisch-
asiatische Gebiet. Das pazifisch-amerikanische Gebiet.
Schluß
Cpgli ii h»>fii> TVaüi^ S»M::ia<K«.
i> (fer Wm
Pkn TOD Tfbcru.
BnSUcenmgadidttifk«! tob LoatkA <1-^1 .
Die BschauiäBdiiae a»d Nrv York.
Im
1 d«T Donaa.
XX
Abbildunjxen.
Fi"
r
25. La^e von Paris.
26. Skiavenküste bei Togo mit Faktoreien und Dörfern.
27. Shanghai mit dem Delta des Jang-tse-kiang.
28. Verbreitung der Fan, Mpongwe und Okoa am unteren
Ogoweh.
2^. Afrika im Naclibarschaftskreis eingezeichnet.
80. Die Verbreitungsgebiete der Stäbchenpanzer.
31. Verbreitung des Wurfmessers in Afrika.
;^2. Verbreitung des Bogens und der Pfeile und des Spt-eres
in Afrika.
Zur Einleitung: Grundlegung der allgemeinen
Biogeographie in einer hologäischen Erdansicht' ).
ßig tkolog&iache Erdansicht. Da^ biof^ogrnnliische Biltl der Erds.
Raum und Zeit. Der Kaiiipf um Baum. ßioBeoffraplii»L'hiJ Wi^
kiiiigPii ikr Erilgestnit.
Die hologäische Erdausioht. Di« weiten Wuso, dia
hohtu Flüge, die großen Zahlen und die auageoehutea
Räume sind dem Guiste de.-= Mi-nscboii lil-itig. " Er liulit
am meisten sich mit dem zu beschäftigen, wna ohne An-
strengung überblickt, durchmessen, erwogen werden kann.
Sich selbst macht er zum Mfiüe der Dinge, .sogar in
Fragen der Erdgeschichte, in welchen es gar nicht dar-
auf ankommt, was er erlebt, was die ganze historische
Zeit erlebt hat. Die mäßigen Dimensionen sind ihm am
angenehmsten, weil sie ihm in einem tieferen Sinne kon-
?*nial sind. Die Astronomie verdankt den Charakter der
«ro&artigkeit, des Erhabenen, welchen Alte und Neue mit
Weicher Bewunderung hervorheben, hauptsachlich dem
Liiistande, daß sie dieser verengenden und herabziehenden
"«igung sich nicht bequemt, sondern vieiraehr in Beispiel
und Lehre mit der Mahnung „Sursum" unveränderlich
"nst vor uns hintritt. Andere Wissenschaften dagegen
sehen wir einem Prozesa der Entgeistigung und des Zi'V-
'ailes anheimgegeben, welcher hauptsächlich in der Ab-
"figung gegen weite Blicke begründet ist. Die Sinne
'■frlieren an Schärfe, wenn sie nicht geübt werden, das
Aage des Höhlentieres verkümmert bis zur Blindheit.
Manche wissenschaftliche Arbeiten verlangen Vertiefung
I
XXII Die hologäische Erdansicht
ins kleinste, aber jede leidet endlich, wenn diese Ver-
tiefung zur Eingrabung in einen Schacht wird, der das
Firmament auf ein Lichtfleckchen verkleinert. Keine
Wissenschaft verliert mehr unter dieser zurückbildenden
Angewöhnung, als die Geographie, welcher die Gesamt-
erde zu ihrem, nur der Astronomie an Großartigkeit nach-
stehenden Forschungsgebiet bestimmt ist und welche aber
das unabänderliche Bestreben sieht, kleinste Gebiete des
Planeten auszusondern und über deren enger Umhegung
zu vergessen, wie groü die Erde ist. Es genügt ein Blick
in die Lehr- und Handbücher dieser unsrer Wissenschaft,
um zu erkennen, wie Größe und Gestalt der Erde als
Elemente behandelt werden, die man in den ersten Ab-
schnitten nennt, um sie später, nachdem man sich mit
einem logischen Sprung in die Einzelheiten geworfen,
zu vergessen. Zweifellos ist es von großer Bedeutung,
die Meere und Landschaften und was es sonst Einzelnes
auf der Erde gibt, zu kennen; ihre Beziehung zum Erd-
ganzen muß aber ihrer vollen Erkenntnis zu Grunde liegen.
Am allerwenigsten sollte man sie dort zurücktreten lassen,
wo es sich um große, wenn auch langsame Bewegungen
handelt, die über den ganzen Erdboden sich hinwälzen.
Dabei ist besonders an Klimatologisches und Biogeographi-
sches zu denken. Diese Bewegungen erreichen Dimen-
sionen, welche verbieten, sie anders als am Erdganzen
zu messen. Wo gar verschiedene Bewegungen dieser Art,
sich begegnend, einander den Raum streitig machen, da
entstehen merkwürdige Thatsachen der geographischen
Verbreitung aus dem „Kampf um Raum**, dessen wahres
Wesen man mißversteht, wenn man ihn mit dem soge-
nannten Kampf ums Dasein zusammenwirft. Das Dasein
hängt am Raum und insofern ist die Verwechslung be-
greiflich: der Raum ist die letzte, allgemeinste Daseins-
bedingung. Die äußersten Grenzen des auf der Erde
verfügbaren Raumes sind in den Dimensionen des Erd-
balles gegeben. Die Möglichkeit der Ausbreitung des
Lebens und wiederum seiner Zusammenziehung in son-
dernde Gebiete, welche Eigenentwickelungen gestatten,
erschöpft sich mit den 92(n000 Quadratmeilen, welche
und (he Birwrvn^ea tm der Ut^ XS3II
die Eidoberficbe aiiiMMghgn. Dem Lrb«c anf der Erde
iA ^Bo ÖB besdninkter Rsom uigrwüsm. m wBld«ta
«s immer wieder amkehim. sich Mlber tteg^gnen vnd
rfte We«e immer nea begehen mnfi. Xoct raehr schrinkt
die bekanDle Veneilung des Wassers und de» Landes, die
Atishrtihmg gro^r £i=ma&9ea um die iteiden Pole und
die Erbebung mächtiger Gebirge bi« zu lebettsfeindlicfae«
Eöhea die LebenäTerbreitung ein. Dem Meiifch«^ »ind
Dicht gmz« iwei Dritt«i]e der Erdoberfläche ads Raunt
mm Wohnen mid Wandern ge^t&tlet. Was wir Ein-
heit des Menschengeschlechtes nennen nnd was den Bio-
logen in der Obr^n organischen Welt »on heute nU
Einfomiigkeit erscheint, wuizelt in dieser Beschriinktheit
des Raumes. Diesen Raum wenigstens ganx zu Qber-
»clianen. ist ein Gebot, welches jedem entgegenzuhalten
i!t. d&t die Geschichte des Lebens an der Erde verstehe»
*iXi. Wir sind aber M'stsimt. in den gr5Etein und eü>>
Bu&reichsten Arbeiten biogeographischer Natur gerade
von dieser entscheiden dm Onindthafi^ache Her Begreiimiig
des Raumes durchaus keine EmShnung zu finden, fnd
ebensowenig pflegt die eng mit ihr zusammenhangende
Thatsache der Kugelgestalt der Erde in biogeographischen
Betrachtungen berücksichtigt zu werden. Man laßt viel-
mehr das Leben wie auf einer weiten Ebene sich behag-
lich ausbreiten und die Gebiete der Pflanzen- und Tier-
^"hreitung liegen wie auf einer Landkarte nebeneinander.
Üie Anschauung könnte nicht naiver sein, wenn der alte
Homer mit seiner Vorstellung von der im Ozean sehwim-
menden Erdscheibe bis heute recht hätte.
Freilich im Gebiete des Lebens sind die Bewegungen
wngsam. teilweise durch geologische Zeiträume hingezogen,
''anz anders drängt im Luftkreis angesichts der die Erde
"rakreisenden Wirbel Grüße und Gestalt des Planeten sich
äiif. In der Meteorologie könnt« man zwar noch in der
Anfangsperiode wissenschaftlicher Behandlung glauben,
fliitth die sorgsame Beobachtung eines Ortes sich diis
•Wäföndnis des Ganzen zu eröifnen. Erst spät seufzte
DoTe erleichtert: Man hat das endlich aufgegeben, denn
■in dem bewegten Treiben der Atmosphäre kann keine
XXIV Die hologäische Erdansicht in der
Stelle sich isolieren, jede wirkt bedingend auf die be-
nachbarten und diese wiederum zurück auf jene*)." Selbst
die Behandlung von Erscheinungen, welche ihrer Natur nach
geographisch eingegrenzt sind, wie der Passate, zeigt heute
das Bestreben, eine hologäische zu sein. Die Dämmerungs-
erscheinungen mit ihrer erdweiten Ausbreitung von einem
kleinen Pünktchen der Erdoberfläche aus mußten auf diese
Anschauung neulich selbst den Widerwilligen hinzwingen.
So ist die Ozeanographie von der Auffassung der
großen Bewegungen des Meeres als stück weiser zurück-
gekommen, und läßt mächtige, wenn auch langsame Be-
wegungen der Wässer bis in die Tiefen beider Hemi-
sphären sich austauschen. Große Linien trägerer und
beschleunigter Bewegung binden die vereinzelten W^irbel
und Stromstücke früherer Ozeanographen zusammen und
eine Karte der Meeresströmungen ist heute ein Bild all-
gemeiner Bewegimgen, alles Flüssigen an der Erde. Es
hat durchaus nichts Befremdendes, anzunehmen, daß das
gleiche Tröpfchen Wasser vom Kap der guten Hoffnung
durch den Guineabusen quer über den Atlantischen Ozean
in das Antillenmeer, den Golf von Mexiko, wieder zu-
rück über den Atlantischen Ozean und nach Spitzbergen
gelange; denn die Meeresströmungen sind nicht fort-
schreitende Bewegungen, sondeni fortschreitende Massen.
Und dieses Fortschreiten verweilt nicht in einem Becken,
sondern es findet besonders durch die zu den drei großen
Ozeanen zentrale Lage der Eismeere ein Austausch von
Meer zu Meer statt.
Ozeanographie und Klimatologie sind nun für uns ein-
heitliche Wissensgebiete. Warum denn ist es nicht ebenso
mit der Biogeographie? Die wissenschaftliche Ent-
wickelung ist hier von zwei verscliiedenen Punkten als
Pflanzengeographie und Tiergeographie ausgegangen und
bis heute sind diese noch nicht zusammengetroflen. Pflicht
der Geographie ist es aber auch hier, zusammenzufassen
und ihrerseits mit der Schaffung einer Biogeographie
voranzugehen, welche die Verbreitung alles Lebens über
die Erde in seinen gemeinsamen Grundzügen behandelt.
Das Leben , welches die Erde veredelt und verschönt,
« tfin Qanzi^s, dessen weit verschibdtsu« Foraieu Hie
Ara&enmgeii Einer Eatwickeluug sind. Wiv die Erde,
■nf «leren Oberfläche es sich eutwickelt, Kine ist. ist auch
(Be»es Leben Ein^; der einzigen Unterlage entsiiricht der
^meiiLäame Ursprung. Wir kennen diesen Ursprung nicht,
iher wir sehen alte Verwandtecbaftslinien nach Einem Punkte
leustreben. Und in einer und derselben Richtung bnt
auf der Erde diese Entwickelung Unigestal tu ngeu
[fen. Ans anorganischen Stoftien sind organische
Indem aus einfachen Stoffen zusammengesotz-
sicb hervorbiideten, die immerfeinere. verwickehereBe-
^ eingingen, hat zugleich auch die Masse der orga-
niscfaen ätoffe sich veimehren müssen, denn die höheren
Entwickelungen setzen die niederen voraus, und sind nur
uöglicfa, wenn diese gleichzeitig mit ihnen vorhanden sind.
In erster Linie dienen ihnen jene zur Nahrung, aber auch
in anderer Beziehung baut sich ihre Existenz auf ihnen
»uf. Die Kokospalme setzt das Korallenriff, die Amsel
•len Wüld, die GrUle dif Wiese vomiiy. Das höhere
organische Leben hat eine mächtige Unterlage niederer
Organismen. Ob diese Unterlage sich in gewaltigen toten
ÄiLfspeicherungen, wie Torf oder Steinkohle, oder in dem
lebendigen Unterbau eines Riffes oder Waldes sich kund-
gibt, so ist das geographische Bild unseres Planeten aufs
mächtigste durch sie verändert worden , denn diese Vor-
räte lagern an der Erdoberfläche oder liegen hart unter
ihr, umgeben und verhüllen ihren anorganischen Kern.
Die Zukunft wird diese Lager nach Verbreitung und
Mächtigkeit genauer bestimmen und uns vielleicht zuerst
mit einer Karte der Humusdecke der Erde be.schenken,
welche die Voraussetzung des Verständnisses großer l)io-
seographiecher Erscheinungen ist.
Das biogeographlBche Bild der Erde. Entsprechend
den zwei Hohlsphären, in welchen wir Luft- und Wasser-
hülle um den festen Kern des Planeten sich legen lassen,
nmgibt das organische Leben in einer Schicht des
Luftlebens und einer Schicht des Wasserlebens jene dritte
Schicht, in welcher an und in dem Boden das Leben
XXVI Die Biosph&re.
festeren Grund sucht. Das Leben in der Luft umgibt,
wie die Atmosphäre selbst, den ganzen Erdkörper, das
Leben im Wasser ist, wie das Wasser selbst, höchst un-
gleich verteilt. Und das Gleiche muß von dem Leben
an der Erdoberfläche gesagt werden, welches nur erblühen
kann, wo diese Fläche für Luft und Sonne oflfen liegt.
Das Leben ist also auf unserer Erde wesentlich eine
Oberflächenerscheinung. Das Wasser ist durch Zusammen-
setzung, Auflösungsfähigkeit und Verhalten zur Wärme
der Entwickelung des Lebens am günstigsten, während
die Luft derselben am wenigsten entgegenkommt ; die Luft
hegt Leben großenteils nur leihweise, sie empfangt es
von der Erde, die allein die Nährstoffe demselben dar-
bietet; die Erde hegt das Leben in breiter, aber nicht
tiefer Entwickelung und die größte Lebenstiefe ist im
Wasser zu suchen.
Fassen wir nun das Lebendige, das auf unserer Erde
sich regt und bewegt, als eine zusammenhängende, wenn
auch lockere Schicht auf, als eine Biosphäre, so er-
kennen wir, daß dieselbe nur in den höchsten Erhebungen
der Hochgebirge und an Stellen, die ewiges Eis bedeckt.
Lücken zeigt oder mindestens stark verdünnt ist. daß sie
dagegen ihre größte Mächtigkeit unfehlbar dort findet,
wo das Meer die tiefsten Senken der Erdoberfläche aus-
füllt. Aber durch Erde, Wasser und Luft wirkt und
webt das Gewand der organischen Decke seine Fäden
und selbst das Inlandeis Grönlands trägt einen dünnen
Anflug lebendiger Wesen in den farbigen Schneealgen.
Es greift auch nicht nur im Meere und den Seen in die
Tiefe der Erde, sondern das Leben strebt auch in und
mit den Wurzeln der Pflanzen, mit der Flora subterranea
der Schächte und Gruben, mit der Fauna der Höhlen
unter die Erdoberfläche hinab. Dieses Hinabstreben ist
allerdings räumlich wenig bedeutend, wenn man es mit
der Thatsache vergleicht, daß an den tiefsten Stellen des
Äleeres das Leben noch nicht ausgestorben ist. Es ver-
stärkt mehr den Eindruck des innigen Verwachsen-
seins der organischen Hülle mit der Oberfläche des Erd-
körpers. In diesem weiten Rahmen bewegt sich das Leben,
Das Leben und die Zeit. XXVII
(las «in Gewebe lebendig immer ceu sieb lüsendev mul
verknüpfender Fftden ist. Schon Wachstum ist Bewegung,
die irgeodwie am Raimi der Erde haftet und denselben
in gewissem MaBe Überwachst, an diesem Raum daher
sieb mißt. Dazu kommen die Ortsbewegungen der ein-
zelßeu Wesen und der geselligen Erscheinungsformen, vor
allem des päanzUchen, aber auch des tierischen Lebens.
Die Geschichte des Lebens zeigt ein klimatisch bedingtes
Vor- und HUckschwanken der Banm- und Waldgrenzen
an den Gebirgen und um die Pole, und die KoralleurÜfe
and heute auf ein schmäleres Band in den Tropen be-
sdiränkt. als einst. Sind diese Bewegungen säkulare, sn
unterscheidet die Zeit und sonst nichts sie von jenen
m-icheren, welchen Luft und Waaser unterworfen sind.
Zeitunterschiede sind aber keine Unterschiede des Wesens.
Ob wir aus dem Füllhorne einen Becher oder eine Kanne
schöpfen, ändert an der Sache nichte. Die Zeit ist du
unerschi.ipflichfs Reservoir, aus welchem wir .Tahresreihen
in jeder Größe schöpfen können, und indem wir irgend
einen Prozeß durch Verbindung mit denselben verviel-
fältigen, können wir in einzelnen Fällen seine Wirkung
sich vertiefen, in andern sich verbreitern lassen. Der
letztere Fall ist der geographisch wichtigste, weil er die
Wanderung einer Wirkung über große Teile der Erde, ja
über die ganze Erde hin bedeutet und örtlich begrenzten
Vorgängen eine Tragweite, das Wort wörtlich genommen,
von unerwarteter Größe verleiht. Die Brieftaube ver-
möchte den Erdball in fl Tagen zu umfliegen, die Schnecke
würde 600 Jahre brauchen. Aber diese langen Jahres-
reihen messen noch lange keine geologische Periode, sie
erscheinen uns vielmehr im Vergleiche mit solchen nicht
viel größer als der Taubenflug.
Nicht die Geologie allein braucht gewaltige Zeit-
räume, damit vor dem forschenden Auge die in den
Krusten der Vorzeit dicht übereinanderliegenden Zeug-
nisse alten Geschehens auseinanderrücken und den Raum
gewinnen, der ihr Werden zu erklären vermag. Sobald
die Berechtigung der Inanspruchnahme großer Zeiträume
einer Wissenschaft zugestanden wird, sind alle andern
r
XXVIII Der Wechsel im Raum.
gezwungen, diese selben Zeiträume in Rechnung zu setzen.
Jede Wissenschaft, deren Prüfung das dünne, wenn auch
vielfältig schillernde Oberflächenhäutchen der Gegenwart
unterworfen ist, muß ihre Betrachtung in fernere Tiefen
zurückleiten. Wenn wir die an der Bildung der Erde,
welche Umbildung ist, arbeitenden Faktoren in einem
Meere von Zeit ertrinken sehen, gewinnen wir erst den
Maßstab ihrer Bedeutung. Der Anblick, den wir Gegen-
warf nennen, ist nur zu verstehen als das uns zugewandte
Angesicht einer Rätselgestalt, deren Schlangenleib in
dämmernden Femen sich verliert. Ohne die Fähigkeit,
tief in die Vergangenheit zu blicken, ja mehr, ohne die
Gewohnheit, jede strahlende Gegenwart in immer fernere
Dämmerungen sich abtönen zu sehen, ist alle Geschichte
der Welt, der Erde, ihrer Lebewesen und besonders auch
des Menschen unverständlich. Und nur den Wert der
perspektivlosen und daher in Naturlosigkeit verflachten
Malereien der Chinesen erreichen die Bilder, welche uns
ohne die Fähigkeit und Angewöhnung des Fernblicks,
der hier zugleich Tiefblick ist, entworfen werden.
Das uns bekannte Leben ist nur als ein tellurisches
zu verstehen und darin liegt der mächtige, wiewohl oft
übersehene Gedankenkem aller Biogeographie. Wenn
Karl Ernst von Baer in dem Vortrage über »Das allge-
meinste Gesetz der Natur in aller Entwickelung'*)'* be-
weist, daß das im zeitlichen Wechsel der Individuen
Bleibendere die Formen der Organisation sind, so haben
daran die Jahrzehnte wenig geändert, welche verflossen
sind, seit diese zu den geistreichsten Aeußerungen Baers
zu zählende Darlegung ihre Hörer entzückte. Denn der
trroße Naturforscher war auch in dieser Rede seiner Zeit
vorangeeilt; er spricht in derselben Ansichten aus, welche
die Entwickelung in der organischen Welt so sicher vor-
aussetzen, wie wir dieselbe bei den Meistern unserer heu-
tigen Biologie gegründet finden. Aber die Gegenseite
dis zeitlichen Wechsels finden wir auch dort nur flüchtig
berührt, diesen Wechsel im Raum, in welchem das
absolut Bleibende die Erde ist. Als Stofl' und als Raum
diestlbo und in beiden Eigenschaften immer in gleichem
Die Reiche niiil Landsclmfltu. XXIX
Sinnt; aU*r> «ionische Lebeu Ijt^influssfnd, kehrt Aif Erd«
in aUent wieder, was auf ihr geworden. Das Wort irdr«ch
ti«zeichiiet nicht nur den genetischen Zu^nrnroenlinn^ Am
ErdgeboreDt-n . in ihm li^t das Eenuzeicheu dt-r lUitn^r
»iederkehrend gleichen stoffUchen Zusammens^tzunK und
des Erwachs«Bs auf immer demselben irdisch hem'hmnktiMi
Kaunie. Die Entwickelung der organiaclieu Welt muß
df n Stempel der Beschränktheit auf die heBtiniiute MenfC»,
Gattung nnd RaumerfuUuDg irdischen Stoffen« zu alleu
Zeiten, in allen Teilen tragen.
Auch die bedeute ndftten und neuesten Arbeiten auf
dem Gebirte der Biogeograpbie Temacldässigen dies«
Irllurbcbea Züge, sie gehen tou den Landschaften au»
ond — bleiben bei den Landschaften stehen. Die» gilt
TOrzHglich von Grisebach» .Vegetation der Erde', ati
deren Schlüsse man nach der Pingehenden , ho uugeinciD
neJseitigen. lehrreichen und, nicht zuletst, auch sch0Dai_{
Darstellung der Vegetationsgebiete schmerzlich das zu-
-a mm erfassen de Wort veruiitjt. welches an die nichligste
aller iifliinzeiigeognijihischen Thntsachen erinnert, {i:\\}. die
Pflanzenwelt auf der Erde insgesamt in bestimmter Ver-
teilung lebe, daU sie immer an dieselbe gebunden bleiben
werde und dalj die Vegetatiousgebtete doch immer
nur Provinzen dieses großen Pflanzenreiches unseres Pla-
neten seien, welches seine aus dieser Grundbedingung
heiT Olgehen den Merkmale noch tiefer eingeprägt zeigen
wird, als die Pflanzenwelt Australiens oder Südafrikas die
ihren*). Man wird natürlich nicht nach der Zahl der
kosmopolitischen Arten den Grad der Uebereinstinimung,
des inneren Zusammenhanges bestimmen wollen, wiewohl
einzelne Fälle allgemeiner Verbreitung sehr interessant
sein können für die Beurteilung des Mechanismus der
Ausbreitung. Vielmehr wird man in der weiten Verljrei-
tung beschränkter Gruppen, die in eine Fülle leichter Ab-
änderungen auseinandergehen, jenes Merkmal hauptsäch-
lich zu suchen haben. Und die verhältnismäßige Be-
schränktheit des Erdraumes wird am allerdeutlichsten sich
dort zeigen, wo eine Gruppe einen geringen Vorsprung
der Verbreitungsräliigkeit gewonnen hat. In kurzer Frist
1
XXX Weite Verbreitung geringer Unterschiede.
wii-d sie weite Gebiete erwerben und in deren verschie-
denen Lebensbedingungen den Anlals zu Diiferenzierungen
gefunden haben, welche aus einer kleinen Summe von
Sondermerkmalen eine artenreiche und doch im tieferen
Grunde einförmige Familie hervorgehen lassen. Dieser
charakteristisch tellurischen Erscheinung weiter Ver-
breitung geringer Unterschiede werden wir vor
allem in der Menschheit begegnen. Das Ergebnis größerer
Beweglichkeit eines organischen Wesens ist nicht dlein die
Gewinnung weiter Wohngebiete, sondern bei Umfassung
der ganzen Erde oder wenigstens eines sehr großen Teiles
derselben die Erwerbung der Vorteile, welche mit mannig-
faltigen neuen Wohnplätzen für die Fortentwickelung der
Arten und Gattungen gegeben sind. Eine beschrankte
organische Form vermag mit Hilfe dieser Vorteile ein Ueber-
gewicht zu erlangen, welches Jille anderen verwandten Formen
zurückbleiben läßt, während jene in der ermüdenden Ein-
tormigkeit leichter Variationen eines beschränkten Themas
sich breit ergeht. Wie gering sind die tieferen DifiFe-
renzen der Organisation im weiten, oberflächlich formen-
reichen Verwandtschaftskreise der Vögel, der Käfer, der
Schmetterlinge! Es tritt hier ein Mangel an Tiefe her-
vor, welcher bei Voraussetzung größerer Möglichkeit
der Ausbreitung, auf einem größeren Planeten minder
deutlich zur Ausprägung gelangen könnte und in diesem
Mangel liegt ein allgemeines Merkmal tellurischer Schö-
j)fung. Oertliche, landschaftliche Merkmale in den organi-
schen Wesen zu finden, scheint leichter, weil die Verglei-
clmng der unter den Einflüssen verschiedener Landschaften
erwachsenen Formen möglich ist. Für die planetarischen
Merkmale fehlt natürlich der Vergleich, und darin liegt es
hauptsächlich, warum sie nicht beachtet wurden. Indessen
verfügt die Logik über andre Werkzeuge, wo der bequeme
VtTgleich des Aehnlichen fehlt, denn Größe und Form der
Erde wirken auf irdische Lebewesen nicht anders zurück,
als Größe und Form irgend eines Teiles der Erde.
Raum und Zeit. Wenn dieselben Kräfte auf einen
großen und einen kleinen Körper wirken, werden sie
ae- 2
V.-
W ^ — f ^ ^
XXXII Nacheinander und Nebeneinander.
einanderreihung werden. Diese Möglichkeit lag allerdings
nicht in Cuviers Glauben an eine Aufeinanderfolge streng
abgegrenzter Schöpfungen, deren jede zu einer gewissen
Zeit entstanden und zu einer andern Zeit in ihrer Ge-
samtheit vergangen, d. h. vernichtet worden sei. Es
wurden von dieser Anschauung Kräfte des Werdens und
Vergehens, die von gewaltiger Ausdehnung sein mußten,
um die ganze Erde zu besamen und wieder zu entvölkern,
aufgerufen und der geographische Adspekt der CuWerschen
Voraussetzungen sind oündfluten, allgemeine Weltbrande
und hologäische Eiszeiten. Die Geschichte schichtete hier
übereinander und bei der allgemeinen Zerstörung wurde
immer die ganze Erdoberfläche neu- oder umgeschaffen.
Einen ganz andern Sinn birgt die moderne Anschauung von
allmählicher Entwickelung im Nacheinander leichter Ueber-
gänge: Zu jeder Zeit findet ein all verbreitetes Entstehen
und Vergehen statt. Hier regt sich ein Werden, dort senkt
es sich zum Absterben, beständig und überall lebt Altes und
Neues nebeneinander und jedes Vorhandene ist nur ein
Glied einer Kette, die ins Unsichtbare vor- und zurück-
reicht. Der geographische Adspekt dieser Anschauung
läßt jeden einzelnen Punkt der Erde als Schöpfungs-
zeutrum erkennen, von welchem aus die lebenskräftigen
Formen sich über einen kleineren oder größeren Teil der
Erde oder über die ganze Erde verbreiten. Das zeitliche
Nacheinander der Entwickelungsstufen kann hier zum
Miteinander im räumlichen Sinne werden, d. h. es ver-
mögen ältere und neuere Glieder einer Entwickelungs-
kette nebeneinander zu existieren. Man hat sich längst
gewöhnt, in Australien eine ältere Lebewelt, im paläark-
tischen Gebiet eine jüngere zu erkennen. Soweit die
Erde Raum gewährt, beherbergt sie Vertreter der ver-
schiedenen Epochen, die in der Entwickelung der organi-
schen Welt unterschieden werden. Es ist insofern zweifel-
los, daß ein Planet von doppelt so großer Oberfläche auch
doppelt so große Verschiedenheiten in der organischen
Welt obwalten, d. h. einen doppelt so großen Betrag
älterer Formen neben den jüngeren fortleben lassen würde,
vorausgesetzt, daß die Verbreitungsfähigkeit in beiden Fällen
Bin so dem Baam. -^mtfi Uniliiü a.r i.^ - •'
lebendigen Wcmki -»mEiiuiic. »"irnf 'i-- ■'./r.- - j
lionen too Tinwöwiti^iiftii fimtn w-r';k-.-r-.
nod aber MnÜMMfl. mn anna -.»-jvr .-?->■:..—',- -
^mgtbeTöIkenliaiiHn. -tn^Ai^nc lii- .W.i ..-..- ; - r...
T«rfailtiii8Fe EC.*T»r Erin utt ^.tu- u-rM-r ■.^- •„■.
iJea Gelingem ailiw 'lü^^tC^intiM-.-it-'.
& wird ab« e«wtii outiimnil .••naiixi *. .1^
pflanzlicbe. rütrüdu wiHr nt^Hrüticit- v '.»^
'icdeihm ^inec 'wsßmaaai Xtuim -r'u.fff
mu Keitergets. « !*air; ti*« J'on um ^.. . ..
«chaflen zur Eiicv>jt^binir iw ?'\Mi,-^'i' ..i' .-■■.■
kommeD. ab w/ «*ni> i?p«nn^.> nr-:! u-r ' -.-'.' .. j
Massen von InJirjlTMQ iirMiw^n »-ü-;!.. -:;-.'
machen. Ilie [«ar 'jumiYrtnnHiUKi .nr' u.-,-.,,- •.- -:..
(üüch« BiMR ">!« irtr "winii'ira ii^ • i,«-.
schränkt sind. ZKiizt 4j»»Ht Jtrvn m .lUi-i.^.-. :, . -,,:
ond dem Erl^bui bbiw. *<•> iiiliii;vi ,il' -•- ..
Wohnsitz*: Tf<nt uow*c»if*5ni'n s^r-mx.- »■■■ '.'■'•fi«;.
wTiit ficrjen^er ernnaliimi«!. iii'^ •^.■:t.- «j- ii'ui> /.»'l
XXXIV Der Kampf iimB Dasein
gedrängt sind. Teile der Menschheit, die man zwar nicht
als Art€n mit diesen Tieren vergleichen, aber immer-
hin als gut charakterisierte besondere Gruppen ansehen
kann, wie die Tasmanier, sind ausgestorben. Zweifelt
man, daß sie sich länger erhalten haben würden, wenn
sie auf einen bedeutend größeren Kaum als dem dieses
Tasmaniens sich hätten bewegen können, welchen man
kaum mit der Oberfläche von Bayern, ohne die Pfalz, ver-
«^leichen kann? Wie lange wird es dauern, daß über dem
alten Stamme der Basken, Träger eines Sprachstammes,
der einst viel weiter verbreitet gewesen sein muß, die
Wogen spanischen und französischen Volkstums zusammen-
schlagen ?
Der Kampf ums Dasein wird durch den Raum, der
ihm gewährt wird, ebenso beeinflußt, wie jene Höhepunkte
])ewatfneter Konflikte der Menschen, die wir bezeichnen-
derweise Schlachten nennen. Dieser Kampf läßt sich wie
die Schlacht auf vor- und zurückdrängende Bewegungen
zurückführen. Auf weitem Itaume kann der Gegner aus-
weichen, auf engem wird der Kampf verzweifelt und ent-
scheidend, weil kein Ausweg bleibt. Die Grt>ße des
Kanij>fplatzes ist also von entscheidender Bedeutung,
(llmrles Darwin, der den Kampf ums Dasein nicht er-
funden, aber seine hohe Bedeutung für die Geschichte
des L(*bens am eingehendsten gewürdigt hat, hält in
erster Linie den Blick auf die Vermehrungskraft der
Organismen gerichtet, welche ungehindert nur bei ent-
sprechender Ausbreitung über einen größeren Raum statt-
finden kann. Dies ist der Ausgangspunkt des berühmten
dritten Kapitels des Buches „Origin of Species**. Die
Betrachtung des geometrischen Wachstums der Vermeh-
rung führt ihn zu der Ann.ahme, daß der Mensch, wie-
wohl er zu den langsam sich vermehrenden W^esen ge-
hr»rt, in weniger «ils 1000 Jahren bei ungehemmter Ver-
mehrung die Erde so ganz erfüllen müßte, daß kein
IJauni nielir übrig bliebe, oder daß das langsamst sich
vermehrende von allen Tieren, der Elepliant, in 740 bis
7r»0 Jahren mit in niininin nahezu 1 Millionen als Abkömm-
lingen eines Paares dii' Erde ])evölkert hätte'*). Merk-
tn KMH|>f UtU RUHBI. XXXV
,i*s bvi w>li:iifr V>'ruK'bruug uiullivli
igkett tntsU-litfiidr Miüvt-rliiUbiie kwucImo
seiMlen LvIkiu uuil dorn Uiiuiu. Über diHl
s sich aosbreiteti will, nicht uiubr fllr iliu Oiwnuitvrdv
betont, wiewob] durin die Ursuclii^ iUKt wuiteroii Mib-
Terhältnisse gelegen bt. Diu Betracht»ngt<n bcftim fu^
HD die Liuidseluafleu, an die tier- oder ptlAiiv.t'iigi<ogrH|jhi-
sclien Provinzt'o. in deuen allein dur Umiruiiy dor Simdwr*
merkmale grünerer Gruppen und atugleicli iliru Uiugron-
■m^ gesucht wird. Dnli über der gnnzen Lubowtdt iinttmr
Erde eis dtir ßrO&e des PKmeten entsprt'chondur ClitLruktur
tnkotnmen müsse, der in enger Verbindung mit jonor
zaeiHt aufgeworfenen liautnfnige steht, wird weiter ninht
verfolgt. Und doch liegt gerade hioriii ein im Wttclwcl
an da Erdob ergehe Bleibendes und doi'uiu doppelt
Wichtiges, denn die Lebewelt uiisrer Krde ist dna aT-
leugnis eines Kampfes auf der ganwn lebenliegeaden iUUohe
des Planeten und trägt die Spuren diiwr Bemlirihikuiig.
Die schiirfgesoudui-ten Arten dur Flliiiizoii und Ticru,
Ei^ebnisse dieses Kampfes, welche nicht einu xu gruljn
lioUe in der Entwickelung der bntanisehen und /uolngi-
»chen Disziplinen hätten spielen können, wenn k'hs blulj
Gedunkendinge wären, scheinen im Widerspruch /.u stc^lien
zu dem überwältigenden Betrage von Äehiilichkeiteu und
Verwandtschaften, welche in der Tiefe diw un der Olirr-
däcbc getrennte verbinden. Man erwartet in dor Füllt'
der Individuen, in die eine Art sich auseinanderlegt, Ueber-
^nge nach allen Seiten hin zu finden, und man begegnet
jeuer bis zum Scheine der UeliereinstltiHinnig gcnteigertuii
Aehnhchkeit, welche im Umkreis dieser Indlviduenzahl
aufbort, so daü in vielen, ja den meisten Fällen die Ari.
wohlumgrenzt sich vor uns ausbreitet. Uebergänge in
der Tiefe, Abgrenzungen an der Oberfläche, das iHt die
Signatur unserer Schöpfung von heute. K» ist die telln-
rische Signatur und vor allem Ann Merkmal der im engen
Raum sich drängenden, beschleunigenden Kiitwiclceliing.
Nicht in den inneren Eigenschaften, weiche ihn Üang
des Lebens beeinflussen, liegt der Uiiti rNchii:d der Uruppen
der Uenschheit, sondern im Haar und in der Haut, alwf
I
XXXVI Biogeographisch« Wirkungen
im wahren Sinn des Wortes an der Oberfläche. Hier
kommen nicht einmal Arten, sondern nur Rassen zur Aus-
bildung. Die Stämme des Tier- und Pflanzenreichs sind
Aeste eines Grundstammes, deren mit den geologischen Zeit-
räumen zunehmendes Auseinanderstreben wir wahrnehmen;
aber ebenso augenfällig wie ihre Verwandtschaft ist die
Sonderung der Arten, in welche die Zweige und Zweigchen
zuletzt wie ein Baum in seine Blätter auslaufen. Das
Bild tropischer Bäume, deren Aeste lange beisammen
bleiben, um unerwartet in den breiten Schirm einer viel-
verzweigten Krone überzugehen, wird uns in die Erinne-
rung gerufen.
Biogeograpliisolie Wirkungen der Erdgestalt. Nächst
der Grö&e tritt die Form als allgemeine planetarische
Eigenschaft der Erde uns entgegen. Die Geoidform der
Erde mit der geringen Abplattung von Vas», wir können
in dieser Anwendung fast ebensogut sagen die Kugcl-
forni, verleiht jeder Bewegung, welche an ihrer Ober-
fläche stattfindet, die Eigenschaften einer krummen Lim'e,
welche, wenn sie im gleichen Parallel fortgesetzt wird,
sich zu einem Kreise schließen muß, unter allen Um-
ständen aber, wenn sie auf anderem Wege zum Ausgangs-
punkte zurückkehrt, eine krummlinige geschlossene Figur
bildet. Wer die Reise um die Welt von Hamburg über
NewYork, San Francisco, Singapur, Aden, Suez, Gib-
raltar, Hamburg macht, hat eine in sich zurücklaufende
Kurve beschrieben, welche einen größten Kreis an der
Erdoberfläche um ein beträchtliches übertrifft. Die erste
Weltumsegelung, welche 1519 von S. Lucar ausging, hatte,
als sie 1 522 in denselben Hafen zurückkehrte, nahezu den
anderthalbfachen Betrag eines größten Kreises zurück-
gelegt. Die Erdumsegelungen in hohen südlichen Breiten,
welclie Cook und Wilkes durchführten, beschrieben natür-
lich viel kleinere Kreise, wie denn überhaupt die end-
gültig größte, durch keine Eisenbahn und keinen Kanal
zu überwindende Schwierigkeit des Verkehres immer die
sichere Unmöglichkeit bleiben wird, vom 60.® an pol-
wärts ein in jeglicher Zeit des Jahres schiffbares, d. h.
t m Ar &^
UbaufBBe «rf i iiiiHliiH i «mgü^»«
«UoMcn ca flna. aater dos finwr c k T W at Enimt ^ iwiiMg
OMMrdai «B^ irt & g>rlulBiiiii<Bi VofamdtM^f mp dir
£e 5idjcfaai tmd vt^taürltoi. BiAmb «ir mil ^* |i- H
die tiniLZ*- de» WaidjfOrudt da ofltffidm H«ltika|i*d
areidit. u betralca wir itt Zw»« ziu>ebiD«sid«^ S<ii>d>-
mg !■ ■ Sitirtai ^Maütuevai ErdcOn*^ tn>4 die ti^
tide der PIbbms- ttai IWvtaiartaUm^ werdw innmd
XXXVIII Wirkungen der Erclgestalt
im ganzen kleiner, verlieren aber ganz beHonder» an lati-
tudinaler Erstreckung und sind an den polaren Rändern
gleichmäüiger begrenzt, als an den äquatorialen. Auch
unter den Verbreitungsgebieten der Menschen überragen
diejenigen der alt- und neuweltlichen Hyperboreer alle
andern an latitudinaler Erstreckung.
Nehmen auch die Wohngebiete des Menschen noch
nicht zwei Dritteile der Erdoberfläche ein, so ist doch
dieser Bruchteil entschieden beeinflußt durch die Größe
und Gestalt der Erdkugel. Insofern kommt auch dem
Menschen eine Beziehung zur Gesamterde zu und kann
durch die Beschränkung seiner Wohnsitze nur gemindert,
nicht aufgehoben werden. Die Oekumene kann so groß
und so gestaltet nur sein, weil sie der Erde angehört.
Und damit ist es ausgesprochen, daß die geographische
Verbreitung des Menschen ebensowenig ohne Bezugnahme
auf die ganze Erde gewürdigt werden kann, wie die geo-
graphische Verbreitung irgend eines diese ganze Erde
umfassenden Bewohners.
Die Abschnitte der Oberfläche der Kugel sind unter-
einander übereinstimmender, als diejenigen irgend eines
andern von gekrümmten Flächen eingeschlossenen Kör-
pers. Auf keinem andern Körper können Wanderungen
und Umwanderimgen so frei von Hindernissen der all-
gemeinen Bodenform sich vollziehen. Aber auch für
die Ausgestaltung der Erdoberfläche in Erdteilen, In-
seln, Meeren, bedhigt die überall wesentlich gleich ge-
krümmte Unterlage der Kugelflächen ähnliche Verhält*
nisse. Wenn man den geringen Betrag der Unebenheiten
und Ungleichheiten der Erdoberfläche bei einem allge-
meinen Ueberblick gleichsam hinter dem Gemeinsamen
zurücktreten sieht, — nicht zufällig zeigt uns auch die
Geschichte der Erdkunde die Aufsuchung von Aehnlich-
keiten in Umriß- und Bodengestalt als frühes und immer
wiederkehrendes Bemühen — so erinnere man sich an
dieses tellurische Merkmal, der nächsten Folge einer der
Kugelgestalt sich nähernden Form des Planeten, aus
welcher zugleich die an den verschiedensten Punkten
wenig variierende Schwere hervorgeht. Man hat sich end-
BiOKeographieefae Riniel aufgaben. XXXIX
Üch desselben in ollen Betrachtungen über die verbültnis-
mäßig so einfachen, geraden Wege zu erinnern, welche der
menscliliche Geist bei der Lösung des Problenies der Erd-
i^Ntalt gegangen ist. Die Qberaits älinliche Oberfläche de-r
Kugelgestalt konnte nur die Vorstellung der kreisförmigen
Kt^be, das homerisch-hesiodische Weltbild, eingeben und
<k in der Erdgestalt kein Anlaß zur Abirrung von dieser gi-
t;ebeii i«t, konnte sich nur die Vorst*'Ilung von der Erdkugel
entwickeln. Ist nun tlir uns die Erde keine reine Kugel
mehr, so sind doch ihre Abweichungen nicht bedeutend
genug, um einer Sonderung in natUrhche Abschnitte mehr
entgtgenxukommen als die Kugel, der einhettlichste aller
t^metrischen Körper. Von dem Pentagon aldodekaBder
Elie de Beaumonts und andern die Einteilung der Ober-
tläcbe erleichternden lU-gelmä&igkeiten ist. es daher bald
wieder still geworden. In der gewaltigen Wirkung der
Kugelgestalt iraf »Ue an der Erdoberfläche sich vollziehen-
•len Bewegungen verschwinden diejenigen der kleinen tJn-
rt-fielniiitjigkeiten, wo sie sich nicht zu Rchurf'cn Gcgeu-
<d/.en der Obi'rflikheni'nrm in örtlicher Be-^fliriuikiiiig
zuspitzen.
Die Einzelatifgabeu der allgemeinen Biogeographie.
Dieses Gerüst von Grundlinien haben die Einzeli'orschutigen
auszufüllen, wobei manchmal etwa.s andre Wege zu be-
schreiten sein werden, als diejenigen der von anderm
ßoden ausgehenden Pflanzen- und Tiergeographen. Es
wird eine Gruppe von Problemen der Bewegung wich als
mechanische Biogeographie und eine Gruppe von
Problemen der Lage als stati.sche Biogeographie ")
absondern; die lebendige Verbindung zwischen beiden
wird aber in der Thatsache der wesentlichen Zugeliör
der Bewegung zum Leben liegen, die jeder statischen
Betrachtung den Stempel der Betrachtung eines vorUber-
l^ehenden Kuhezustandes aufprägt. In der einen wie der
andern Gruppe wUrde zuerst das Leben als ein Ganzes,
dann nach seinen einzelnen nntUrlichen ürupj>en und
Teilen zu betrachten sein, so daQ nbn die mechanische
Biogeograpbie zunächst die Verschiebungen zu untersuchen
XL Die Einzelaufgaben der
hätte, welche die Biosphäre oder die zusammenhängende
Lebensfläche der Erde an den Stellen ihres Zusammen-
grenzens mit den unbelebten Gebieten erfährt, und ähnlich
sind die Bewegungen au den Rändern der groien natür-
lichen Lebensgebiete, z. B. gegen die Wüsten zu unter-
suchen. Aber zuletzt hat jede Pflanzen- und Tierart, so wie
ilie Menschheit sich in ihrer Oekumene begrenzt, ihre Oeku-
mene, ihr Gebiet, welches wachsen oder abnehmen wird.
Die Bewegungsweisen und -mittel und die Geschwindig-
keit der Bewegung, sowie deren Beeinflussung durch die
Bodengestalt und -art sind ebenfalls zu bestimmen, wobei
der Geograph ganz besonders berücksichtigen wird, daß die
Wanderwege der lebenden Wesen an der Erdoberfläche
keine Linien darstellen, sondern mehr oder weniger breite
Flächen bandförmig bedecken. Ausbreitungen und Zusam-
menziehungen dieser Bahnen sind nicht bloß vorauszusehen,
sondern wegen des Einflusses der Bodengestalt notwendig.
Dabei leitet aber die für diese äußeren Bewegungen so
wichtige innere Bewegung, welche der räumliche Aus-
druck des Wachstums durch Vermehrung ist, bereits zur
statischen Biogeographie über, in welcher auf dieselbe die
Dichtigkeit und Intensität der Verbreitung sich gründen,
aus welchen weiterhin äußere Bewegungen hervorgehen.
Zunächst wird die statische Betrachtung die Lage des
Lebensgebietes der Erde und jedes besonderen Gebietes der
natürlichen Gruppen, endlich jedes Art- und Varietaten-
gebiet bestimmen; daran wird sich die Bestimmung der
Form und die der Größe der Gebiete anreihen und einen
besonders anziehenden Gegenstand der Untersuchung wer-
den die Grenzen bilden, deren Verlauf der Ausdruck des
Wachstums oder Rückganges ist und die in ihrem Wesen
die innere Beschaffenheit, besonders die Dichtigkeit der
von ihnen umschlossenen Gebiete gleichsam abbüden. So
wenig wie die Wanderwege werden sie als einfache Linien
zu betrachten sein, sondern sie stellen Uebergangszonen
von eigentümlicher Mischung und Umbildung der Formen
dar und bei ihrer Bestimmung wird man daher nicht auf
eine Linie, sondern auf einen Saum, gebildet von mehreren
Linien, ausf]fehen, welche als Abstufungen aufzufassen sind.
mi nan wii^ LiliiBipJbiLii ««■ ietw/ tig i m Löiab L-«»>
Motnadt bc^nof» fadn. Vit V il nih ai g iiiiiiiii 4«r b-
lindiieB inauxlMb Aner Gvläplr «M Mcfc Dirht^
Ifeit md GrBppicrttDg ii i w hi iii M hb. Wir ImIm
.lA.q-**'^^"^ Orime»- Mi SmMMmiUer,
Konllennff« <ii>d KonllcsstScka. SOät«. D«rfcr umi Blf^
Iffl Heov und im tropiMrhai WaUdiokMit «chirhtm tifk
Lehewrflädiei] i« gPöSener Zahl (.Ein Wald aWr df^
Wald' A. Ton Hiuiiboldtf>t übexeinandrr nml man kann
Ttm Intensität der V«i>reitang als eitwfu bSli«sr«Q QnAt
ran Dichtigkeit in demEdben Sinne «pivclien, wir Atr
Statistiker die<s angeacht« der gro&stSdtisdioa Tebttvin-
anderwliiditung der WohnnngCTi in UlnneDden HXuM>m
thnt. Sind Di«htigke-it nnd Intensität OröBenbe^^illv. so
gesellt sich in der Grupfiierung ein Fonnbe^iff hiux«.
der zum erstenmale und aufs feinste von A. von Humlmldt
in dem Aufsatz .Ideen ni einer Physiognomik dor Ge-
Wäfhse* entwickelt worden ist.
Man wird als eine besondere jfivilje tinipjie hIIc jem- iir-
scbeinuDgen zusammenl'iiBsen. welche dauernde Lngen-
andLebenabeziehungen der verschiedenen Lebens-
formen darstellen. Man könnte sie syrabiolisch im wei-
teten Sinne nennen. Pflanzen-, Tier- und Menscheiireidi
hängen in mannigfaltiger Weise zu^mman und nicht bloß
oberflächlich und zufallig. vie schon das Zusammen fnl Ion
ihrer Verbreitungsgebiete — Mensch und Musdecumnuui« — .
da* gleichzeitige Auftreten von Pflmizen- und Tierfornien
— Wald- und Stpppenbt-wohner — und iilmliches lehrt,
sondern wesentlich und bis in die Tiefe der Lebensbe-
dingungen und der entferntesten Entwickelung, Wns in
diesem Felde die Lebenseinheit unsres Planeten bezeugt,
ist für die allgemeine Biogeographie von .so unmittclbiirer
Wichtigkeit, daß dieses Kapitel seine Stelle mit vollem
Recht an der Spitze des Systems dieser Wissenschiill linden
dOrfte-
Die wichtige Aufgabe der Beschreibung, welclie
der statische Teil der Biogeographie stellt, wird endlich
nichl einfach nach den Regeln andrer besclireiliendeii
Wissenschaften zu lösen sein, denn es handelt Hieb nicht
r>
XLII Anmerkungen.
um Darstellung abgeschlossener Gegeustände iu Worten,
Linien oder Farben, sondern auch um landschaftliche
Schilderungen, Bilder und kartographische Zeichnungen,
welche die in aller Wissenschaft wirksame Gestaltungs-
kraft zu künstlerischer Bethätigung aufrufen.
^) Diese beiden Worte des Titels sind nicht selbstverständ-
lich; eine kurze Erklärung mag daher gestattet sein. Dieselbe
muß bei dem ersten Worte zugleich eine Entschuldigung sein,
denn Ein neues griechisches, em schwerfälliges Wort, welcher
Ueberfluß! höre ich schon klagen. Ich habe mich bemüht, das
Umfassen der ganzen Erde in ein deutsches Wort zu bannen, es
gelang nicht; umfassend ist zu wenig, erdumfassend kann nicht
mit Erdansicht verbunden werden, allerdig ist mißverständlich,
allerdisch unverständlich, allirdisch liegt in falscher Richtung. Ich
hielt also den Moment einer Neuschöpfung fQr gegeben. Das
Wort hologäisch ist formal unanfechtbar, und kann mit demjenigen
Inhalte erfüllt werden, der dem Zwecke entspricht und nicht
sein kleinster Vorzug war die Möglichkeit, neben Erdansicht zu
stehen, ohne die Tautologie allzu empfindlich werden zu lassen.
Weltansicht war, das wird der Inhalt der vorangehenden Abschnitte
beweisen, zu vermeiden, denn gerade diese Erde ist in unserer An-
sicht weitaus das wichtigste.
') Die klimatischen Verhältnisse des preußischen Staates,
in. S. 74.
») Reden und kleinere Aufsätze 1864. I. S. 35-75. Die Rede
ist 1833 oder 34 gehalten.
*) Auch C. Semper spricht, indem er die Ziele der modernen
Tiergeographie zeichnet, nicht von dem Raumproblem, doch ist
es unzweifelhaft, daß er dasselbe unter ,die Beziehungen aller
jetzt lebenden Tiere zu ihrer Umgebung"* subsumiert, deren Er-
forschung ihm das höchste Ziel der Tiergeographie zu sein scheint.
(Ueber die Aufgabe der modernen Tiergeographie. 1879. S. 26.)
») Origin of Species 6th Ed. (1872) S. 51.
^) Der Ausdruck Biostatik ist nicht neu. Man findet ihn z. B.
in Thurmans pflanzengeographischer Arbeit Essai de Phytostatique.
DIE UmUSSE DES GEOGRAPfflSCHES EILOTS
DER HENSCHEEIT.
Der Boeiif JUkummi'.
T«a der Erde f
"fwohnt* Eni* w»r Aoea nur i»tB klt^atr T«! it* Phaeten.
bleuen Teil n^anua iir ,Ot-kames^'. Waraua uxb «Iheae
Vm^teUoBif icLwfem onhc^tig, mim jene dem bevtriunen
Teil eÖKB ZD Unnen B»an snwiests, «i hegt ioA in ds
Ritgcgcmeteiig räer bewohnCcn md mibrwDbntea Erde
an Öedank« ron äo gn)£er Fracfctbarfceit. lUß die intSa-
Whe Anwcadm^ demdbm mclit fBr immer verÜn xn
Bwlurii Tcrma^. E» ist dia neliBetir «d Groadgedanke,
nn welchem die Betnefatong d«r Vertirpitmig des Leöena.
Bad nicht I1I0& dts mecschUchen. Qber die Erde jederzät
*äd KQ^eben inäsE«ii. Wenn sscb der MenM-b geistig
üt ganz^ Erde amfas$«ii lenitc ood weit Db«r ihre
iabmieo bewohnbes Smcken hitiaasgescfawtift ist. to
Ueiht doch znaicbft die Erde, soweit sie innerhalb der
Onmen da- MaiadiheH U«gt. die Erde de« Antbropo-
geogn|)lKii and ei »t eioe wii»enM-b)JU>tfae Aufgabe,
die mma nch nicht blo^ »teilen kum. sondern die gdOst
vudea IBI1&. den alten Begriff der Oektunene. der .be-
*(>liBteo Erde* oder der Erde des Menscbeo besonders
tt die Diifcttaiofi «othropogeographiscber Fragen einzn-
fklv^ VteJ XD Uage leidet anxK Vor8t«IlaDg Ton dem
VerUtua der Henschfaeit zur Erde onter der tmbe-
J
4 Der Beyrriff Oekumene.
scheidenen Annahme, daß der ganze Planet das Haus der
Menschheit sei. Man überschätzt eine der wichtigsten
natüriichen Bedingungen der Entwickelung der Mensch-
heit, wenn man ihr die ganzen !> MiHionen Quadratmeilen
der Erdoberfläche als Wohnraum zuweist, wo sie doch
nur über zwei Dritteile desselben sich wirklich verbreiten
kann. Die in Nachbildung Herderscher Orakel poetisch
gefaüten Aussprüche Carl Kitters, in denen die Erde als
Wohn- und Erziehungshaus der Menschheit bezeichnet
wird, haben die Nachfolger zu verfrühtem Auffluge ver-
anlagt, der über eine der wichtigsten Vorfragen der
Anthropogeographie wegführte. Von E. A. W. Zimmer-
mann (177S) bis auf August Petermann (1851M und
Ernst Behm (1872) hai)en die Zeichner von Karten der
geographischen Verbreitung des Menschen nicht daran
gedacht, den auf der Erde dem Menschen versagten Raum
genauer zu bestimmen, wiewohl auf ihren Karten sie ihn
umgrenzten^). Bei ihnen lag der Mangel nicht im Ueber-
sehen der Sache, sondern in der Verkennung der Wich-
tigkeit des Problems. Denn um es hier gleich kurz und
klar auszusprechen: Von der Auffassung des Begriffes
Menschheit ist diejenige des Begriffes der Oekumene un-
mittelbar abhängig. Jener Begrift* aber war wissen-
schaftlich erst klar zu stellen. Wem die Menschheit in
eine gewisse Anzahl von Rassen oder Völkergruppen aus-
einanderfällt, die er sich vielleicht als von Anfang an
getrennt denkt, der bedeckt die Erdteile und Inseln mit
den Farben, die er jeder Kategorie zugedacht hat, und
betrachtet die Klüfte, die zwischen diesen Wohnsitzen
gähnen, als einerlei Gattung und Wert, ob sie nun Volk
von Volk oder die Menschheit von der Natur scheiden.
Für ihn gibt es so wenig eine Karte der Menschheit, wie
für Hegel, der vom Schauplatz der Weltgeschichte Afrika,
Amerika und Australien ausschloß, es eine Geschichte der
Menschheit gab "). Wem aber die Menschheit als eine
durch Lebensfäden alter oder neuer, kriegerischer oder
friedlicher, geistiger oder stoölicher Beziehungen ver-
bundene Gemeinschaft erscheint, der sieht in dem Raum,
den diese Menschheit bewohnt, wie ungleich und lücken-
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Linirii jji^T^L . ^ervL ^i'.:!!*-'*" Lui' iw-iw •■►i u*-' ''t:
die Volk?'- uxd Si.LiLVi:rTt!i::i*ji.. v*'i'ii* v:: :i*'i':iii»**i. •^i'- i:ii:
wenür»-r Vrrsci::'rl'wi:£r*i. t*r: t.i_"ei. li- niiLiivi»'- IT i;-: •■:_:: ■*.
Inißin^ri: <3t> l^esilxö ■£■*•!. W-.::i:>r-> o-t:: I'ojr-^ li '.'^t }>:-
ofcerflicte <iürf Si}»rr LD'.i. :i r-ijr:: ir:"'i.'rm Kl! ■< •.■! I^tit-r
4ir Begr5ijd"Qi.g e^Ler^ irrM.^;-^! A.:,«;r;.'.i.'*** l: v.i.-^Tjt Ar:'-
merk^Ämkeit gfftüdrL w^rcr n. Jr -w r i .i:-:: ^ ^ rLi : t:. . l r r-^
Erschein urg 3 rt- äe?:o'«"*-h'rrrrrj'..l: •.-: z: "::r: itir-^'-ei. *jt-
<Ultzürück. B*stÄiid^:kt-i:prwÜrI':>T-^:L.':i: r.iu i.-rW-jr'ie
höheren Alter?. i^CTiderB Ä^acii d:-: Tieir der A^ :rk*-T.sei3.
G Umgrenzung.
Umgrenzung. Bei der Zeichnung der Oekumene kann
man nicht überall die ständig bewohnten Länder von den
unbewohnten oder nur gelegentlich bewohnten durch Farben
oder SchraflFen so unterscheiden, wie man politische Ge-
biete unterscheidet; man ist vielmehr oft genötigt, Linien
anzuwenden, welche die entferntesten Punkte des be-
wohnten Gebietes miteinander in Verbindung setzen,
n letzteren Falle erhebt sich die Frage, wieviel von den
nächstgelegenen Meeresteilen dort hereinzuziehen sei, wo
Inseln dazu nötigen, die Linie ins Meer hinaus zu ver-
längern.
In den Begriff der Oekumene gehen nicht nur die
thatsächlich bewohnten, sondern auch jene Teile der Erde
ein, auf welchen der Mensch zu Hause sein muß, weil
die Wege zwischen den bewohnten Teilen sie durch- ,
schneiden. Daher eine Beziehung zwischen den großen \
Wegen des Verkehres und der Oekumene, welche es ge- :
boten scheinen lassen kann, das Meer so weit zur Oeku-
mene zu rechnen, als es vom Verkehre der Menschen
regelmäßig besucht wird. Sehr wahrscheinlich hat sich
Behm von dieser Erwägung leiten lassen, als er seine
südliche Menschengrenze im Atlantischen Ozean zwischen
den Südspitzen von Australien und Afrika ungefähr an
der Grenze des häufiger von Segel fahr zeugen besuchten
Meeres zog, und im Indischen Ozean ähnlich verfuhr.
Die Erfahrung lehrt, daß je mehr wir uns den Grenzen
der Oekumene nähern, um so mehr der Verkehr der
Menschen danach strebt, sich ostwestlicher Wege zu
bedienen. Denn dieselben Wirkungen der gegen die Pole
zunehmenden Kälte, welche dem Menschen den dauernden
Aufenthalt in arktischen und antarktischen Regionen un- i
möglich machen, lassen auch die Schiffer ihre Wege j
zwischen den südlichsten Zielpunkten des Verkehres so |
weit äquatorwärts wie möglich legen und mahnen von
allzu starken Ausbiegungen nach den Polen zu trotz der
Verkürzung der W^e in höheren Breiten ab. Es scheint
also der Verkehr selbst gegen eine willkürliche Hinaus-
verlegung der Grenze Gewähr zu leisten. Und doch
meinen wir. diese Art der Grenzziehung nicht allein gelten
ifiü- -mit
Tilmni^iii'riifi BSRhoKT. f. h. üh 't*Mti»'.> imizr"nzr.
wJ-^h^ mr Zrtir mr -f--r.-n t-Uriri:f n- ■ -..ir uri.-;- i—
w.-,hnü wu-HO- Tti T---;!!-!!]*-;! luiin ■.■v •• ■■—..:■.:■<. —.1 i;ir
nsicr^r S!iJV I"« iiilinr-. u:- . iiir;j..ii.'' i--" .■-i-.ii-n
'Viciin-ear! imt -tian iini-maili lii^-r ■•rmi:— iif-. v-utih
** ITaiTiiun-e tur ^-taim-nrf 11 u-m • im-j )i:.-,- 1.--
En:rii:.:c.- it^r x^Mi»-n m-Jinii^-iifn Ä.:,iiiii; ■ n t-- i.ir >i;i.—
KKiuwr. L.1K WliO-tl .tt-tP^ ■'.Urt . ' ' .-LH-' i.l— lii.iil.';-
»«uj maa Mit j'nm'r> nir ii-a t-.-'! — 1; ..mvi.:;--'!
ia Ulüa'i-ir Mtitmunn ilür.
Sit tili jm«--- 'Tr=*iiKH tw »«HUiUi-ii- v -1 - .■.^■;-
Worv wr EriTuirrfniur n-HIr^nn r.- 'niii-;"- .-r ; ■■ —1...
»j «« m IDäf^ --rJüir". huip/ji <-' i^r ■.■-.-; .,1 ;,■■;
D» ÜidlErwxit. L,'"« Tiiiiic-^n:"-- r-tir iii - - ; . i :
lan *a ir*r SMk.lw* -on ,^ i!*rj-i..i'!] j.n - );ni 1. ■-.--•- ■■.-.i
b'j iKT T- irr'-^'cniif uib. 1111 i!i;in isu-i N'-r;,.— ^ii.i.j ■:..r'.<:.i-
rilt^flr»3- »■! äUiciin if.n iiliü-Ciifr^n .-TJ.tr .urr.;"--.. .-.i.-c
B*w-,nanmr it^n-^n Svwinani iii,-T,?i,7. V ,1; i^n .-. ; ^--in
ieet«! EUumH !;tKKnii«n ia^^i^a nr Li ■•■■ . '-: -v — ..'.i-r- .•.,;<!-
44r a ■■•r J4flr» nifsnert-iir »;r[»n •- 1, - -" :■■: >■' •-'•'.(
8 Die Südgrenze.
australischen Strafkolonie und hat es seit Verpllanzung'
der Pitcairn-Insulaner (1856) auf eine ständige Bevölke-
rung von einigen Hundert gebracht. Endlich hatte auf
Raoul in der Kermadec-Gruppe sich 1854 eine Familie
aus New York niedergelassen, welche indessen das Eiland
wieder geräumt haben soll. Um diese Bucht unbewohnten
Gebietes wohnen die Australier an der westlichen, die
Neuseeländer an der östlichen und die Melanesier an der
nördlichen Seite. Drei Rassen werden also durch sie
getrennt und wir erkennen in ihr einen der wichtigsten
Züge in der Physiognomie der Südgrenze. Die That-
sache, daß in dieser Bucht ein Arm der äquatorialen ost-
australischen Strömung sich mit einem Ausläufer der
antarktischen südaustralischen Strömung begegnet und
daü das antarktische Gebiet der vorwiegenden Westwinde
hier eine seiner nördlichsten Ausdehnungen findet, erhöht
noch die Bedeutung dieses Gebietes, dessen Ostgrenze
bezeichnenderweise der westliche Rand des zwischen Neu-
seeland und Warekauri durchgehenden Armes der süd-
äquatorialen Strömung ist. Als bemerkenswert sei noch
die Hervorragung genannt, mit welcher Neukaledonien
und die Loyalitäts-lnseln in diese Bucht vortreten.
Die Unbewohntheit der Kermadec-Inseln und die Be-
wohntheit von Warekauri veranlassen die Verbindung
Neuseelands im Nordosten zu suchen, wohin ja jiuch die
Traditionen der Maori deuten, und demgemäß die Grenze
zu ziehen, welche nun nach dem 2'».*^ s. Br. ansteigt, um
von den Schifterinseln langsam sich über den Wende-
kreis zu senken. Oparo (Tubuaigruppe) und Waihu
(Osterinsel) sind die südlichen Grenzpfeiler. Klimatologisch
ist diese Linie dadurch bemerkenswert, daß sie in ihren
nördlichen Abschnitten mit der Passatgrenze zusammen-
fällt, während im Süden das Gebiet der antarktischen
Westwinde über sie hinausgreift. Aber diesen Beziehungen
zu Luft- und Meeresströmungen ist nur ein untergeord-
neter Einfluß zu eigen. Nicht unter der Wirkung der
Drehung der Winde oder der Strömungen biegt die
Grenze aus ihrer im allgemeinen westöstlichen Richtung
in ilie nördliche oder südliche um. sondern diese Um-
10 Die Nordgrenze.
ist, Dach ihrem Eiland als die Breite jenes menschen-
leeren Raumes beträgt, zurückzulegen hatten, so erscheint
letztere uns vielleicht weniger bedeutend. Im Verhältnis
zum inselreichen bewohnten Teile des Stillen Ozeans ist
diese Kluft nicht breit genug, um uns zu verhindern,
diesen, sowie den Indischen Ozean als bewohnte Meere
im Gegensatz zum unbewohnten Atlantischen zu be-
zeichnen.
Im Indischen Ozean scheidet eine Linie, die im
allgemeinen auf 20 " s. ßr. verläuft, die schon den Indem
und Arabern bekannte Nordhälfte von der bei der An-
kunft der Europäer unbewohnten, wiewohl an größeren
Inseln nicht armen Südhälfte. Die Rolle der «brave West-
winds ** der höheren Breiten des Stillen Ozeans spielt hier
die nachgewiesenermaßen von den arabischen Schiffern
gefürchtete Meeresströmung, welche gegen die Ostküste
Madagaskars prallt, ebenso wie die vorwaltenden südöst-
lichen Winde; und vielleicht noch mehr der nach Süden
ins unbekannte setzende und starke Mozambiquestrom.
Vergleiche das im 2. Abschnitt über die unbewohnten
Inseln des Indischen Ozeans Gesagte.
Daß beim ersten Besuch der Europäer auf der Ost-
seite des Atlantischen Ozeans die afrikanischen
Küsteninseln und auf der Westseite die Falklandsinseln
unbewohnt gefunden wurden, läLH die Grenzen der vor-
europäischen Oekumene an den Küsten Afrikas und
Amerikas nordwärts führen und macht den Atlantischen
Ozean anökumenisch.
Die Nordgrenze. Die Nordgrenze bietet nicht die
Schwierigkeit weiter Meeresräume. Das Eis verhindert die
nördlichen Grenzbewohner der Oekumene sich weit vom
Lande zu entfernen. Sie haben das Meer westlich von Grön-
land und wahrscheinlich alle Arme gekreuzt, welche die Inseln
des nordamerikanischen Polararchipels voneinander trennen.
Auch die Neusibirischen Inseln und Nowaja Semlja sind
vom Festlande her besucht worden. Aber die Grenze
wird hier nicht weiter von den ständig bewohnten Küsten
seewärts zu verlegen sein als erfahrungsgemäß die see-
I'-.. \c^- .-- -
U
tüchtigsten der Hypt^rnoroer siih v^^r. vit:>osl»i'n iM^.iirr.uM;
Sie wird aber uls um wohnte Mi'tTtsMt\ keu liio IhiMsiMish.n.
Baffinsbai und ihre Ft»rtsftzun;r«'n. d;i^ NVoüio M»»ri luul
die tieferen Einhuehtuniren der nordasi;Uisrht»n ImIhi,- nut
ein>chlieLWn.
Die schmale Verhindunir /wischr» dem iiiiidhrlitMi
Eismeer und dem Stillen O/ean, wo niiin 1m«i KIiuimii
Wetter von den steih^n Klij^iJen drs Oslkiips ihr hohm
FeUenufer des Prinz von Walcs-Xop^rliir^rs nlirnnrn
und den Weg von lo^j M^mIimi in riiirm Th^m« /iiiiirli
lejfen kann, ist sicherhch eine der wirlili^.-iliMi Shlli n hm
der Xordgrenze der OeknnHMjo. Wnin imm ••rw.ij/l. dul
vom Ostkap <lie westliche der l)ioin«"h' <in flu ., Mi ih n
von diesen die mittlere l»'^. u\\t\ d:iiiii du- o^ihiln .nii
der amerikanischen Küste wied«r •'» Me Im fuijiiiii lii(/l
so steht die Völkerbrüeke f'ertitr mh um- I nd vm nn '.vo
die Volkerverbreituiiir in* Au«/«- f;j--< m •.< )* \i* *\.i \un» n
■I'rr T -■.!]'.> **'"K- ■:I.l.' ;.!?'..': -*■' *■''' V. ;;■'!'•■ )> • I''.'. •■• ■••
12 Die Nordgrenze.
bis zum Kap Bielj zieht; die weiüe Insel bleibt auüeu.
Waigatsch wird mit aufgenommen und der Küste bis zum
Nordkap gefolgt, wobei auch Kolgujew im Unbewohnten
bleibt.
Auf der amerikanischen Seite folgt die Grenze
von Kap Golowin an der Küste, setzt auf den Südrand von
Viktorialand über, schneidet Boothia fast unter 70^ und
steigt dann rasch bis Nordsomerset an, von welchem es
den nördlichen Rand abschneidet, während es noch weiter
nördlich die Koburginsel und die Südostspitze von Elles-
mereland umfaiat, dann setzt sie über den Smithsund, wo
das vielgenannte Itah die derzeitige nördlichste Nieder-
lassung an der westgrönländischen Küste, an welcher nun
nach Süden sich Niederlassung an Niederlassung reiht.
Eine einzige grössere Lücke ist in der Melvillebucht zu
konstatieren. An der ostgrönländischen Küste zieht sie
dann weiter bis zum Polarkreis, um sich von da nach
Osten zu wenden, Island zu umfassen und unter Senkung
bis auf nahe an OÜ^ (Färöer) die Westküste Norwegens
zu gewinnen.
Alte und neue Nordgrenze. Wir worden bei der
Betrachtung der die Ränder der Oekumene bewohnen-
den Völker eine Veränderlichkeit der Wohnsitze finden,
welche es nicht erstaunlich erscheinen lassen wird, wenn
an vielen Punkten sich Spuren von Vorstößen über die
heutige Grenze hinaus, an anderen Spuren vom Rück-
gang finden. So wie die Polarreisen der Kulturvölker
führen die Jagdzüge der Eskimo vorübergehend tief in
die leeren, unbekannten Regionen der Arktis hinein.
Günstige Eis- und Schneeverhältnisse, auch zufällige
Verschlagungen mögen in bestimmten Richtungen diese
Einbrüche in das jenseits der Grenze gelegene Land sich
haben wiederholen lassen. Auf der asiatischen Strecke
sind Spuren des Vordringens zum Meere östlich von der
Mündungsbucht des Jenissei und am Südostrande der
Taimyrhalbinsel, ferner auf Neusibirien gefunden. Viel
gröüer sind im Norden Amerikas die Gebiete, wo derartige
Spuren sich finden. Am Ostrand von Viktorialand zieht
eine ganz« Beöie t'ä) Pcttt-ei) ul- f:n---nt'^ Acfti^Tlislts-
stätten der E^kiiwi ßwiw^-jirftj k'-EiifZ:. l^T Mangt-l «n
Gräbern i«t dsb« für di*- An«'in T^nr«l<-i worden, daß
das Verweilen onr ein T'jrB>/ereebend*-5 gtwt-sen wi und
die Tbatsache. dafi nk-lrt wenJe^r al- >fT^hi verlas^iene
Schlitten nördlich t'jd ^1'' gtftnden jind. joll Zeii^ni:'
fOr den Unt«n[wig ihrer Besitzer ablegen, welche sicht'r-
lich nur nachdem sie ihre Bande xerloren, in der größtt'«
Not diese fitärkete Stütz« de* ohne rai^chen Ortswtvhsi»!
immer bedrohten, hoch arkti^then Lebens im Sfiiho ^i«-
laeaen hätten^). Gewili erlauben die Terhältnisniüüi^ t.\\\\\-
reicben Reste, unter denen, mit Sicherheil niif üOdlii'hon
Ursprung deutend, auch kleine Stflckchen Eison sielt f«u-
den, an etwas mehr als flüchtiges Verweilon r.ii doiiKi'ii,
Die Eskimo von North Devon oder der Princel.» Koviil-Imtol
besannen sich nicht, den nordwärts /.ieheiidou Itculicioti
und den ihnen folgenden Wölfen und FnohNCti im ilur
Ostküste TOD Grinnellland rielleicht bin zu ilircr lltilli>i'Hlii|i
Verbreitungsgrenze zu folgen und so laiigtt in iloiii iidliKiii
sehr ergiebigen Jagdgebiete zu verweilen. iiU ilur lliibliiin-
schlag. der auch hier noch drei MouiUe im .liilnn mHg'
14 Alte und neue Nordgrenze.
lieh ist, und die Jagd auf mehrere hundert Moschus-
ochsen und Rentiere das Leben fristen mochten. Der
Unterschied der unter 82" 137 Tage dauernden Polar-
nacht von derjenigen der fast dauernd bewohnten Siede-
lung von Itah wird von diesen Menschen seelisch nicht
empfunden. Materiell wichtig werden ihnen natürlich
grölAere unterschiede in der Dauer der Polarnacht schon
durch den Verbrauch des Thranes in jenen Steinlampen,
welche Licht und Wärme in den Schneehütten zu spenden
haben. Sie wichen zurück, wenn die Jagd weniger Beute
brachte, oder kamen violleicht im Suchen nach besseren
Wohnsitzen um. Und wahrscheinlich hat sich dieses Hinaus-
schwellen einer kleinen Welle der arktischen Menschheit
öfter wiederholt. Data nicht viele Jahre zwischen dem
letzten Versuche der Festsetzung und dem Aufenthalte
der ersten diese Gefilde genauer durchforschenden Euro-
päer (1881/88) verstrichen, scheint die gute Erhaltung
mancher Funde, daß jener jedenfalls noch in dieses Jahr-
hundert fällt, das Vorhandensein von Eisen zu belegen.
Anlaß zur Aufstellung der so beliebten Hypothese großer
Klimaschwankungen, die die Grenze der Verbreitung des
Menschen hin- und zurückschwanken machen sollte, ist
also hier nicht gegeben. Man könnte eher an die zu-
lässigere, wiewohl nicht streng zu beweisende Annahme
starken Rückganges der Volkszahl der Eskimo seit dem
Vordringen der Europäer in die innere Arktis, also seit
etwa 70 Jahren, denken. Unzweifelhaft ruht auch weiter
im Süden das Leben der Arktiker auf schwankender Welle
und es gibt in der Nachbarschaft des 70. '^ ärmere Striche
im Parryarchipel , als örinnellland in seiner Gesamtheit
ist, wie denn auch die kältesten Teile der ganzen Arktis
näher jenem als diesem gelegen sind. Aber die Siede-
lungen liegen dennoch im Süden dichter und vor allem
an jenen Stellen, wo alljährlich wiederkehrendes Wandern
zwischen dem Festland und den vorgelagerten Inseln die
Hilfsquellen sozusagen verdoppelt, oder an den Rändern
von Meeresstraßen, deren Eis, von heftigen Gezeitenströmen
öfters aufgelüftet, Robben und Walrossen günstige Da-
seinsbedingungen gewährt. Ein so dichtes Beisammen-
Sardgrente in Aiies aail Aiiirnks. lg .,
lie^n, wie z. II. in Prince of Walei> äirnit, kommt oürd-'
lieh vom 75." nioht wieder vor.
Der in dem Verlauf der Nord^enze dvr 0«kuitieiie I
sich aussprechende Gegensatz in dtr Verbreitung deäl
MenscfauD in alt- und nenweltlichcn Nordpolar- 1
regionen Hegthauptsächlichin dem kontinentalen Charakter J
der aitHeltlicheo und dem thalassischen der neuweltlichen I
Hjperboräer. Jene hängen mit der Bevfilkemi^ de» Hinter- I
landes eng zusammen, während diese von derselben ab-l
getrennt sind. Nur schwache Änfönge einer kQ«ten- und 1
inselben'ohnenden. einer thala^sisfheu BeTSlkemng zeigt i
seit Vordringen der europäiiichen Eroberer, welche klein« I
Teile der einheimischen Bevölkerung, indem sie ihnen die I
Keichtilmer der nach alteren Nachrichten aus Elfenbein I
and Eis bestehenden Neusibirischen ]u)*eln zeigten, mit sich I
rissen, der ans Eismeer grenzende Teil Nordaaiena mit ]
Ausnahme der älteren Kflstentschuktschen. Aber im I
ganzen schneidet die einförmige KUstenlinie Nordasiens
die von .Ja|^d und Viehzucht lebende Menschheit vom nord-
lichen Eismeer entschieden ab. während die Inseln des
arktischen Amerika dem Schitfervolke der Eskimo au
günstigen Stellen ein Hinübergreifen in sehr hohe Breiten
gestatten. Dort zieht heute die Grenze bei 74, hier hei
82" n. Br. Daß VVrangellland und HeraJdsinsel leer sind,
bewei.st. daß das einzige eigentliche Polar^'olk der Erde,
die Eskimo, sieb von Anfang an. nachdem sie durch die
Behringsstraöe vorgedrungen waren, ostwärts gewandt
hatte. So hat dieses Schiffahrt- und eiskundige Volk seine
ganze Expansionsfähigkeit auf die Gebiete nördhch von
Nordamerika konzentriert, wo seine Spuren nördlich vom
Kontinent über ein Insel- und Halbinselgebiet von
5ÜO00 Quadratmeilen sich verbreiten. Ohne dieses merk-
würdige Einschieben eines rein arktischen Insel- und
KQstenvolkes würde die Grenze der Oekumene auf der
amerikanischen Seite südlicher liegen, da die Ränder Nord-
amerikas im allgemeinen in niedrigeren Breiten ziehen,
als diejenigen Nordasiens. Die kontinentale Grenzlinie
liegt hier trotz der unbewohnten Küsten strecken im allge-
meinen nördhcher als dort.
li; La^c und Gröfie.
lieber Lage und Grösse der Oeknmene. Zeichnen
wir die Ofkuiiiene des heutigen Tages auf einen Globus
ein, s(» bildet; sie einen Gürtel um die Erde in der [Rich-
tung des Aequators. dessen Enden bis zu den West-
fahrten der Normannen (i>7:3 und 8.')) und des Kolum-
bus durch die *^^0 Meilen breite Enge des Atlantischen
Ozeans zwischen Kap Palmas und Kap San Koque von-
einander getrennt geblieben waren. Ihre mittlere Breite
zwischen Nord und Süd kann auf 10(>" = loiM» Meilen
veranschlagt werden ; sie erreicht vermöge der Thatsache.
daü Amerika von allen Teilen der Erde die größte inter-
polare Ausdehnung besitzt, den größten Betrag von 1 32 ^
also erheblich über *» eines größten Erdkreises, im
Meridian des Kap Hoorn, der den Smithsund schneidet,
und den kleinsten von 98" im östlichen Atlantischen Ozean
im 44. Westmeridian. Ziehen wir aber die jenseits
78" n. Br. liegenden, gegenwärtig verlassenen Ansiede-
lungen der Eskimo mit heran, so erhalten wir für die
größte Ausdehnung zwischen Nord und Süd 130^
-- 2040 Meilen. Ihr Flächeninhalt ist auf 7.5 Millionen
Quadratmeilen, d. i. etwas über ^ :* der Erdoberfläche,
zu bezitfern. Zwei Dritteile dieser Fläche gehören der
nördlichen, ein Dritteil der südlichen« Halbkugel an. und
es spricht sich hierin ein enger Anschluß an die Ver-
teilung des Festen auf der P]rde aus; denn die nördliche
Halbkugel enthält, soweit Messungen heute reichen, um
2^'7 mehr Land als die südliche. Auf der Nordhalbkugel
schließt sich die Grenze der Oekumene ziemlich eng an den
Landumriß an, während sie auf der Südhalbkugel durch
weite Ausdehnung des Meeres äquatorwärts zurückgedrängt
und gleichzeitig aufs mannigfaltigste eingebuchtet ist.
Der nördlichste Punkt liegt in 78, bezw. 82 ", der süd-
lichst«» in r)4", die mittlere Breite der Südgrenze ist 45,
der Nordgrenze (>7 ". Der ganze bewohnte Gürtel ist um
mehr als 20*^ nach Norden verschoben. Die nördliche
<irenze verharrt in mehr als •* i ihrer Länge nördlich vom
Pohirkreis und sinkt von der Saniojedonhalbinsel bis West-
grönland nur an einigen Stellen unter den 70. " n. Br.
Die Grenze liegt in dieser ganzen Erstreckung so weit
gmMSigbt Zorn ^t^
Mf^ m^^BttM
fa^«^ I»
auch enti^*:&i>T>t !irf»t-^ Öe» fi,'.^.:,^ hi^u.-?^»» «^
der Oekamen^ in «^t-tr L.:_a ->^ii^ ^--rv^ ^«r ^'■rrV'i-
loDg des Lacd«« &?>* ä*% fc.-^y->*£i'.k<' L»^ Kr-^r*.ii
iät ein Landbe»ofeD*r , 4ä* W^«** irt .kit Tir frT=j4^
Element, wekhc:« «w mr i*-:^»*-IijZ tc/ WV.ht«;;«;!: «■-
kiest. Aof d«B Land^ »ird w g*V^rvt oßd wt-nn :fcui
IS Ki^kiiiio uiul rölynosi^r.
irjTcnd ein starker Druck der Xotweinlipkeit iiuf das
Wasser hiiiaustrieb, kehrt er jedenfalls zum Lande /.urück
in jener Zeit, in welcher die Menschen an ihre Gräber
denken. Daher umfaßt die Oeknniene alles Land, das
'/usammenhiin^end zwischen Sii " n. und ^u^ " s. Br. liegt,
also Europa. Afrika, Australien insgesamt. Amerika mit
Ausnahme der Xordhälfte von Boothia und Asien mit Aus-
nahme schmaler Streifen der Nordküste, wobei der Zu-
sammenhang zwischen den zwei grossen Weltinseln unserer
Krdo über dieBehringsstrasse. entsprecliend der Erstreckung
lies Landes, hergestellt wird. Darum findet sie auch ihre
gröüte Erstreckung in das Weltmeer hinein, wo große
Inselländer, wie in der westlichen Arktis, oder zahlreiche
und dichtgesäte Inseln, von IVschel treffend «Insel wölken*
genannt, wie im westlichen Stillen Ozean, den Menschen
Wege wei>en oder Brücken bauen. Es ist höch^t merk-
würdig zu sehen, wie in diesen beiden Gebieten, wo die
Grenzlinie der Oekumene am entschiedensten .sieh frei-
macht von ilen kontinentalen Landunirissen, welchen sie
sonst fast sklavisch folgt, jeweils ein einziges seetüchtiges
Volk, kühn und geschickt genug, um solchen Vorteil zu
nützen, der Träger dieser Ausdehnung der Wohngebiete
des Menschen i.st. Das gröüte Areal, welches überhaupt
ein sprachlich und ethnographisch noch eng zusammen-
haltender Volksstamm bewohnt, eignet den Polynesiern,
de,m weitwandernden Inselvolke des Stillen Ozeans: und
die überraschende nordöstliche Ausdehnung der Oekumene
in» arktischen Gebiet fällt den mit gleicher Kühnheit
zwischen P^isschollen ihre ozeanischen Wege von Insel zu
Insel in der Polarnacht fühlenden hvperboreischen See-
nomaden, den Eskimo, zu. Auch diese entstammen dem
Stillen Ozean, der so im Süden wie im Norden von see-
tüchtigen Völkern unn'ohnt ist. Sie sind es. welche vereint
dieses gröLHe Meer zum ökumeni.schen machen.
'i
Kerl US unteixlif'ii.k't ;iuf meiner Karte Hac-es prepomk*nini«'s
iNouvcll»- <M'«ojrraj.iliii' XV. S. 7.'>) auch un)»ewohnte (lOgenden. aher
iu iUrni ^^iullt' von unhpwolmbar. denn nur di^^ ei^jerfnllten Repionfn
der IVdiirländer -in»! >o ife'/»'icliiiot.
2. Entwickelung der Oekumene.
Die Ausbreitung des Menschen über die bewohnbare Erde. Die
rückwärtsschreitende Methode. Die unbewohnten Inseln als Reste
anökumenischer Gebiete. Die Ueberbrückung des Atlantischen
Ozeans, lieber die Namen Neue Welt und Westliche Welt.
Amerika als der eigentliche Orient der bewohnten Erde.
Die rückwärts schreitende Methode. Wie gewann
sich die Menschheit den Raum auf der Erde, welchen
ihre heutige Verbreitung zur Oekumene stempelt? Die
Frage reicht in die Tiefen der Menschheitsgeschichte
und zeugt sofort weiter die andere schwere Frage: Ein
Schöpfungsmittelpunkt des Menschen oder mehrere?
Wir glauben wohl an einen einzigen Entstehungs-
und Ausgangspunkt, wissen aber nichts seine Lage
zu bezeichnen. Wir können beim heutigen Stande
des Wissens nichts anderes thun als von der jetzigen
Verbreitung der Menschheit einengend rückwärts gehen,
indem wir alle jene Gebiete aussondern, deren Besiede-
lung, deren Gewinnung für die Oekumene geschichÜicb
nachzuweisen ist. Wir können dann noch weiter gehen
und versuchsweise jene Gebiete abgrenzen, welche aus
Gründen der Ethnographie und Anthropogeographie als
einst leerstehend anzunehmen sind. Wir müssen uns
aber wohl klar machen, data die Erkenntnisse und Ver-
mutungen, die wir so gewinnen, nur für die Geschichte
der heutigen Menschheit Wert haben. Im Laufe der
Menschheitsgeschichte können Gebiete ökumenisch und
wieder anökumenisch geworden sein und ein Land, wel-
für. unhcwnhiUcii lauitt- 21
L li>^a vor einigeB Jahrhooderten ae» besiedelt wurde,
iö'juute vor eioigeii J&brtsuseiuleD .icbon »JamAl gdronneD
und daon wieder verloren worden sein. Sur die henttgc^
Menschheit könneu wir bis auf «inen kleinsten Raum
znröckverfolgen , den $ie in der heutigen Oeknoieii^ ein-
nahm, ehe die Verbreitung begann, deren letztes Ergebnis
diese unsere Oekumene ist. Die vergaDgenen Men^h-
beiten gehören, soweit sie nicht deutliche Spuren in der
beutigen hinterlassen haben, der Geologie an.
Die nnbewohnten loBeln. Die Verbreitung des Menschen
über die Erde, ja die ganze Entwickeluug der Menschheit
war tief beeiuflulJt von dem Zerfall der Oekiinjene in eine
Anzahl von besonderen Wohngebieten, die in ihrer Lage,
Gestalt und Größe abhängig sind von der Verteilung des
Wassers und des Landes, dann vom Eliota, den HSheuver-
faälbiissen und dem Pflanzenwuchs. Die erste Auäbreitung
»ehon konnte nicht nach allen Seiten hin gleichmäßig
sich erstrecken, von weltbeni Punkte immer sie ausgehen
mochte, und immer traf aie nach längeren oder kürzeren
Wegen wieder auf das Wasser. Denn alles Land der
Erde besteht aus Inseln und die Menschheit trügt, wie
alles Leben der Erde, zutiefst einen insularen Charakter.
Sie kann also zuerst nur eine einzige von den drei groÜeu
Landmassen der Erde besessen und von dieser aus nach
den übrigen nicht eher übergegangen sein, als bis sie
die Kunst der Schiffahrt sich zu eigen gemacht hatte.
Bis dahin waren die anderen Landin assen unbewohnte
Inseln.
Als die Europäer Amerika, die Nord pol arl ander,
Ausb^lien entdeckten, fanden sie überall schon Menschen
und zwar zeigten diese großen Inseln sich in allen ihren ein-
zelnen Teilen, wo Klima und Boden es zuließen, bewohnt.
In dieser weiten Verbreitung zeigt« sich der räumliche Aus-
druck einer alten Geschichte. Vorzüglich die Schiffahrt
mutite längst erfunden sein. Auch viele Inseln in ihrer
Nähe waren schon besiedelt. Wohl aber stieß man auf
anbewohnte Inseln, als man sich weiter von den Händem
der Erdteile auf das hohe Meer hinausbegab. Da zeigten
22 Reste anökumenischer Gebiete.
«ich die einzigen selbständigen Erdräume, welche, abge-
sehen von der Antarktis, ursprünglich unbewohnt waren
und es geblieben waren. Ein Teil dieser Inseln ist noch
heute unbewohnt, weil unbewohnbar oder doch im ge-
ringsten Maße zur Besiedelung einladend. Ihn haben wir
bereits kennen gelernt, als wir die Grenzen der Oekumene
zu bestimmen hatten. Von einem andern Teil aber wissen
wir, da& er Inseln umschließt, welche in hohem iGräde
bewohnbar, selbst fruchtbar sind und welche .seit ihrer
Entdeckung eine reiche Bevölkerung entwickelt haben.
Wir nehmen an, daß sie nicTit unbevölkert geblieben
wären, wenn sie vor clen Europäern von anderen Men-
schen erreicht worden sein würden, und daß sie unbe-
wohnt blieben, weil sie nicht auf den Wegen lagen,
welche die Menschen bei ihren Wanderungen von Erdteil
zu Erdteil beschritten. Wir erkennen in ihnen also Reste
der einst viel ausgedehnteren unbewohnten Teile der Erde
und es wird v(m großem Interesse sein, ihre geographische
Lage und ihren Zusammenhang mit anderen anökumeni-
schen Gebieten festzustellen. Es erscheint möglich, dar-
aus Schlüsse auf die Entwickelung der Oekumene zu
ziehen und diese Schlüsse werden auf der Voraussetzung
ruhen, daß in der Verbreitungsgeschichte der Menschheit
die Meeresgebiete mit unbewohnten Inseln jünger sind
als die mit bewohnten.
ünbewolmte Inseln als Reste anökumenischer Gebiete.
Die Geschichte weist nach, daß alle fern von Fest-
ländern und größeren Inseln oder Inselgruppen gelegenen
Inseln, und besonders die kleineren unter ihnen, unbe-
wohnt waren, ehe der große Aufschwung der ozeanischen
Schiffahrt an der Schwelle jener Periode stattfand, die
wir das Zeitalter der Entdeckungen nennen. Daß die
Unbewohntheit der Inseln eine größere Ausdehnung be-
saß in den kalten, als in den heißen Regionen der Erde,
möchte den Gedanken an klimatische Einflüsse nahe legen,
wenn nicht die große Ausdehnung der Bewohntheit auf
den tropischen Inseln des Stillen Ozeans in so hohem
^Trade durch ihre gesellige Lage, man möchte sagen
24 Unbewohnte Inseln de» Indischen Ozeans.
ein indischer Nuuie ist, es ist wahrscheinlich, daü Pembar
vielleicht sogar Sansibar griechischen Seefahrern be-
kannt gewesen, die Araber, auf deren Spuren die Portu-
giesen zuerst im Januar 1498 an der Zambesimündung'
stießen, hatten damals bereits in Mozambique einen
Handelsplatz begründet und in Malinde an der Somali-
küste trafen die Portugiesen malabarische Schiffe. Ma-
dagaskar war dem Marco Polo, dem ersten, der von dieser
Insel spricht, als „eine Insel im Süden, etwa 1000 Meilen
von Sokotra** bekannt und erschien ihm als ein Land der
Sarazenen, d. h. des Islam. Aber hier hörte auch seine
Kenntnis und die Kenntnis aller Gewährsmänner auf und
den Grund dafür sagt uns Marco Polo in seiner ein-
fachen Weise: „Diese Insel liegt so weit südlich, daü di?
Schiffe nicht südlicher gehen oder andere Inseln in dieser
Richtung besuchen können auüer dieser (Madeigaskar)
und jener andern, von der wir zu sagen haben, Zang-
uebar. Das kommt daher, daLt die Meeresströmung so
stark nach Süden flieüt, daß die Schiffe, die es versuchen
wollten, nie zurückkehren würden** -). Daß die vielbe-
sprochenen Mitteilungen über den Vogel Ruk von Marco
Polo in seinem Abschnitt über Madagaskar gegeben und
auf die wegen des Stromes unerreichbaren Inseln süd-
lich von dieser bezogen werden, kann entweder auf die
riesigen Aepiomiseier und -knochen bezogen werden, die
man in Madagaskar gefunden hat, oder auf die Riesen-
vögel aus der Gruppe der Dididen, welche einst die Mas-
carhenen bewohnten und von denen einer, die Dronte.
noch von den Europäern gesehen worden ist.
Zu den Strömungen, die von Ost nach West gerade
auf die Mascarhenen zuführen und von dort sich in die
Zweige teilen, welche die Ostküste Madagaskars gleich-
sam umarmen, kommen die gefürchteten Drehstürme
dieser Kegion, welche ganze Flotten zerstören — am
2(5. Februar 1800 verschwanden drei Schiffe, drei schei-
terten an der Küste von Madagaskar, sechs wurden so
schwer beschädigt, daß sie dienstunfähig blieben und
vierundzwanzig erlitten mehr oder weniger schwere Ha-
varien — und deren Bahnen so liegen, daß in den meisten
'. nuew.iii!::-. r. -
■• . N
»V*
FÜIeu Mauritius awi Iv. iü: .
ÜKr Parabeln fallen, wn v . *
iie Geschwindiirkeir .im ^r- . .
Z^ichnun^ «ler ^iidsxrerx/f -'..mv >-...:, ^\ , . . .
?ftrömunjren Reohnunvr. IVri:*.xV!* •'.; l»; ,'x , ,• .».;.i,k,
liehe That>ache, «lau auf iit:i IttM'!:;. «i .• !u;> t^'»» '.»i
-<•*.' Meilen von Mailaj^askar osthili k;iumu >tn.l s\i
im 17. Jahrhundert (Mauritius l.'o^S, Kouuumi In int Aw
Kolonisation begann, >voli'lif IumiU' «mii \ll^illltltllulu; imiu i
sehr produktiven Bevölkerung^; \oM mein iil ■ nu« i luillun
Million geführt hat. Man solid« ^liitilim , «dih n il« i
Durchforschung dieser in mt virlen Mr/irlniiifinn ikIph
«anten In>eln nocli ^<*li!i^t>ii -tfillle, .S|iuii'ii iill««iii \'m
schlajfunjf^-n . Srhitl'brfl''li'- uihI UnlMh'iiiiiiiilrn ihhIi/m
weisen. Ihti^ ^i^; alN:Hir;(/-. .or 'Im i iiMi)nii.i In n hn
Ionisation ni^nial- il i/r'j'.':r.'» Sinln- Ki <//(flifii .-»in \:i,t,nh n
■lavoL Ir'jT. "irr Z .'';*.'. 'I .!.f'-: l'V..t(./* i^ -ih'! 'I»»r''*li nn
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2 t) Fanning. MuKlen. Pitcairn.
Palmen- oiler Kischprrüiiden den Bevölkerungen einiger
anderen Inseln die Mittel zum Unterhalt: in diesem Falle
sind sie durchgängig weniger llihig hfwohnt zu werden
als die anderen. Von den Inseln, welche zusammen eine
Atollgruppe bilden, indem sie von gemeinsamem Kiifboden
flach über das Meer ragen, sind immer nur einige bewohnt,
z. B. von den (k> Inselchen der Ataliigruppe l. auch von
Fakafu nur 1, in der ganzen Tokelaugruppe 4 u. s. w.
Die bewohnte ist die größte oder nahrungsreichste. Es
gibt Inseln, die bewohnt sind, ohne da Li sie Kokospalmen
oder Brotfruchtbäume tragen (wie Eniwetok in der Ralik-
gruppe), und andere, welche mit diesem Besitz unbewohnt
geblieben sind. Aber diese letzteren tragen dann nicht
selten Spuren . daü sie t^inst auch bewohnt waren oder
besucht wurden.
Die Unbewohntheit wird über ihre heutigen Grenzen
hinaus eingeschränkt, wo uns unzweifelhafte Spuren
früherer Bewohntheit entgegentreten. Dies ist vorzüg'
lieh in jenen zentralpazifischen Sporaden der Fall, welche
eine so wichtige Stelle zwischen den Oruppen des Öst-
lichen PolyneSüiens und Hawaii efnriehirien. Fanning
hat unter allen Aequatorinseln die größte Mengö der
Beweise für die einstige Bewohntheit geliefert. Es kann
alf^ ein sicherer Pfeiler der Völkerbrücke bezeichnet
werden, die von den südlichen Inseln nach Hawaii führt.
Auch auf den übrigen Guanoinseln des mittleren Stillen
Ozeans sind Spuren früherer Besucher nachgewiesen,
die allerdings nicht alle mit Sicherheit auf Polyn^sier
zu deuten und für alt zu halten sind. Ausgrabungen
und künstliche Hügel, die vielleicht Fundamente von
Hütten darstellen, einen Fufäpfad. Reste eines Kahnes^
eine blaue Perle, ein Skelet, das zu Staub zerfiel, als
man es .sethenft 1 Fuß tiefen Grab entnahm, erwähnt
H;^gue von der Insel Howland '). der auch die Eid-
echsen und Ratten auf diese Einwanderer zurückführt.
Auf der Grenze dieser Gruppen hat Maiden (in der
Penrhyngruppe) zweifellose polynesische Reste geliefert.
Und endlich deutet nach anderer Seite hin. nach dem
4»stlichsten Ausläufer, die frühere Bewohntheit der süd-
Nr ->:.Tii'. .r.r.^'on im >hlli'n U/t ,u,
■Nrii'.h.-rri: F.il-iiiie «li'i* l\iuiniitii^,i ii|i)i( (fii.i ).,,^^| ,|,,
?:»'' ai r n : nst^K wflclM» flu- 1 1 >!> n .-h. In in «, „,|, ,
Eup'piirr unlK'Woliiit lainlrri, in hiIm n fliM.„(, |i ,
Li'. ri auf >teiiiernor HjiHlorm. iln iji rn n ii« i ui,»
ia-r»:! Lrl»^it^^li<^n ""'^ Jiiirli liiii ;il.- 'iMi),/ii.,|# ,
halen. in Steiiibfi)«!! an.- I5;i;il» ''./.'#r.'i,
un'i Speer>j>itzfcii . l^-tzt»*n- ^ar.z 'J' /.' i 1 .,i, ■
in Wäldern d»-- Broffrfj'^f;^',;j .r.*.' . . •. f, ...,.,,
'iereii Leichname ihr*- K'if.*- ;* .
'r>flTret hatten. J:»^ n.» ..' r. :.- *
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Kioru vork'> mm »-'':. :'--~v - . • .-:
U^^-erii-rt-niri-j -;'.■'
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28 Nortblk. Nordpazitische Inseln.
Dalmatier mit hawaischen Arbeitern nieder und gründeten
eine Ansiedelung, die 1853 auf 31 Köpfe gewachsen war.
Jetzt sollen sie 4 — 500 Einwohner zählen. Im Indischen
Ozean wurden die Keelinginseln im dritten Jahrzehnt
unseres Jahrhunderts von 2 Engländern besiedelt, die
dieselben bebauen wollten.
Einzig Norfolk kann im südlichen Stillen Ozean als
eine Insel bezeichnet werden, welche nach ihrer Be-
schaffenheit und Ausstattung eine bleibende Ansiedelung
erhalten haben würde, wenn sie berührt worden wäre;
aber sie liegt in jenem bedeutungsvollen australisch-poly-
nesischen Winkel, dessen Wichtigkeit wir früher hervor-
gehoben haben. Und ihre Grölie übersteigt auch nicht
^/4 Quadratmeilen. Ilaben auch andere pazifische Eilande
gelegentlich noch einmal einige Bewohner erhalten, so
bleibt es dabei, daß die unbewohnten Inseln im südlichen
und mittleren Teil des Stillen Ozeans fast alle von sol-
cher Art, daß sie zu klein und zu arm sind, um zur
Bewohnung einzuladen, und daß also, wie es ja auch
nachgewiesen werden kann, ihre Bewohnung wohl ver-
sucht werden, nicht aber dauernd gemacht werden konnte.
Im nördlichen Stillen Ozean sind ursprünglich un-
bewohnt die Inseln in der Behringsstrasse, die Prybilow-
inseln, die westlichsten der Aleuten, die Kommandeurs-
inseln. Bei der Seetüchtigkeit der Westeskimo ist es
wahrscheinlich, daß manche von diesen Inseln und Insel-
gruppen zeitweilig bewohnt oder doch besucht wur-
den. Der scharfsinnige Steller nahm ja schon an, daß
die Aleuten nur im Sommer des Fischfanges und der
Jagd wegen auf ihren Inseln wohnten, im Winter aber
nach dem festen Lande zurückgingen, da wegen Mangel
an Bau- und Brennholz Ueberwinterung hier nicht mög-
lich sei '). Räumlich am entlegensten und gleichzeitig
durch den stürmischen . nebelreichen Charakter ihres
Meeres isoliert sind die Inseln der Aleuten westlich von
Atta. Die Kommandeursinseln sind ebenso von diesen
letztern Inseln als von Asien aus schwer zu erreichen.
Auch waren sie unbewohnt zur Zeit ihrer Entdeckung.
Die Kurilen befinden sich dagegen schon tief in der
n. t-r rr * : - : 1 .' K : «:': : j : : .> : :. : :. : - . (-r w i r W andei^agen-
fri-ijrir.t :. . tr.i. ..: r*r:.r.:4:?- «::..i Lv Tf nzin-^el als
uu ' t w . . : . : ^ . r.>T . : ::>.:.•.::::. ;. : : : :. E r: : -if ck un g den:
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tTfiTi iir! i".;v". 1 '.i N>uv. <.r.ii iiiV hest-eii uud .imef-I
solirt'ikiT.sTir. N.V. t^ir :::.T-r ii-.i. Näiurvülkern luid ^o*
w i t rii •.: :r * u\. ö. .- r i V. r ■. i ■ 1 . . . *: i : h n r ^^" •■ r. nsi t^e im uud aar
Slilitv. »».'lÄU ;i;.i :. :. *.h:i :;. t :':.v..'i:rii}']ri>ihrn BeMtze viel-
laih Iihv: lA-h. E> >: s; 1 r :v.i:k>v;.r.^.:ii. wit- in dt-n unsteten.
wriT\> iiy.iiernrtrr, iv.r^ hrlo^i "^i K<k:r..i i :r / wt'ite< ozeanisches
Volk, tiu SpirjLTtll'ilii i';ir l\'.y::i>:tr inner minder gltiok-
liclum H.mmtl. ai'tv s- r.i.ri .1 h [iV-rr iia> Mnü ihrer drücken-
den l-eiMn<btiiiv.jri3r.4:i:*. h:y.:n:>. ir>:hfhit. imd wie das eine
di«n Sii'irand. d:i> av.iuri' litii Noraraiui der Oekuniene iu
irröiitTtv Awsdehr.unji als iivt-nd t-in anderes besetzt hat.
Rri Sni'iien ül«rr hi-woimtf und unbewohnte Erd-
räum c \N ird man irxh: vor^esst-n dürlVn. daL^ die Bewohut-
lieit um so wniii^rr eine kontinuierliclie Eigenschaft ist,
je engrr dir Häuiut'. \on «lenen >ie ausgesagt wird.
Manrht Insel, die in ihrem l>o«ien zahlreiche Spuren tou
der Anwesenheit dr> Men>chi'n barg. i>i als eine juug-
träuliche Welt angesehen worden. Das vollkommene
Verschwinden der ^Icnsilun von eint-m Teile der Erde,
den sie vorher lu'woluit hatten, ist vine viel häutigere
Erscheinung, als wir uns träumen lassen. Der Giirtel der
bewidmten Erde hat bald hit^r bald dort einen RiL? be-
kommen und diesi' Verletzungi'n werden um so häutigere
üfcwcscn sein, w lieier die Stufr der Kultur war. auf der
die Bewohner stan«ieii.
Unbewohnte Inseln im Atlantischen Ozean und Rück-
blick. Im AtlantiscluMi Ozran tnt^-n un> andtTf Vor-
32 Die ^^^^^ unbewohnter Inseln.
Bouvet, unbewohnt angetrofifen wurden, ist weniger auf-
fallend.
Das Vorkommen unbewohnter Inseln ist in den
grossen Meeren von Erscheinungen begleitet, welche den
Thatsachen von Ozean zu Ozean verschiedenen Wert zu-
erkennen lassen. Was außerhalb der Oekumene liegt,
ist hier nicht zu besprechen. Spitzbergen oder Südgeorgien
sind unbewohnt, weil sie an der allgemeinen Unbewohnt-
heit der Regionen teilnehmen, in denen sie gelegen sind.
Es reihen sich dann die unbewohnten Inseln des Stillen
Ozeans an, deren Zahl sehr groß, deren Umfang aber
sehr gering ist und deren Besiedelung der Bau, teilweise
das Klima und besonders auch die biotische Ausstattung
dieser Eilande, Riffe und Klippen große Hindemisse ent-
gegenstellen. Das beste Zeugnis dafür liegt in der That-
sache, daß aus dieser großen Menge nur eine verschwin-
dende Zahl nach der Ausbreitung der Europäer noch
besiedelt worden ist und daß Zeugnisse für ältere, wieder
aufgegebene Bewohnung einzelner derselben vorliegen.
Anders liegen die Verhältnisse im Indischen und Atlan-
tischen Ozean. Dort sind große und fruchtbare Inseln
südlich von einer Linie, die wir gezeichnet und beschrieben
haben, bis zum Vordringen der Europäer unbewohnt ge-
wesen, um dann rasch und dicht, entsprechend ihrer
natürlichen Ausstattung, sich zu bevölkern. Und im
Atlantischen Ozean nimmt die Erscheinung einen noch
größeren Charakter an, indem sie alle großen und kleinen
Inseln von Grönland bis Tristan d'Acunha und an der
afrikanischen Küste bis wenige Meilen Entfernung von
der Küste umfaßt und thatsächlich den ganzen Atlantischen
Ozean zwischen amerikanischem und europäisch-afrika-
nischem Ufer unbewohnt sein läßt, so daß derselbe als
einzige Verbindung der nördlichen und südlichen Gebiete
der Unbewohntheit sich durch die Oekumene hindurchzieht.
Es bedeutet also hier die Unbewohntheit das Vorhanden-
sein eines breiten menschenleeren Raumes zwischen dem
Westrand der östlichen und dem Ostrand der westlichen
Landmasse.
Die reberlirückuDg des Atlantischen Ozean». H'.i
Die Ueberbrückung des Atlautisolien Ozeans. Für
<iie Lage Afrikas in der Oekumene ist demnacli die
Tbat^ache bezeichnend, dasa es bis in das 15. Jalir-
handort den westlichen Hand derselben, ebenso wie den
südwestlichen und zwar mit solcher Schärfe bildete,
d»fe die nahegelegenen Inseln des Grünen Vorgebirges
und Madeira, das Gebiet der Unbewohntheit auf 70
bis 85 Meilen an die afrikanische EUste heranrück-
ten. Welcher Unterschied gegen den Stillen Ozean, wo
die Malayo-Polynesier auf der Osterinsel um ein Drittel
4es Erdumfanges sich von ihrem vermutlichen Ausgangs-
punkt entfernt halten! Keine Spur in der Geschichte der
beiden Ufer des Atlantischen Ozeans zeigt innerhalb der
Parallelkreise ATrikas auf etwaigen Verkehr von Ufer zu
Ufer hin- Nicht bloß wurden alle Inseln des Atlantischen
Ozeans mit einziger Ausnahme der Canarien unbewohnt
gefunden, ale sie entdeckt wurden. Die Unbewobntheib
Islands vor den keltischen Besuchen, die Wahrscheiulich-
keit, d;iü die Eskimo in Grönland eine junge Bevölke-
rung darstellen, und die Thatsache, ditü in der Arktis
östlich von Ostgronland über zwei Drittel des Erdumlnnges,
gemessen durch die löH Grade, welche von 2U" w. L.
bis 13M" ö. L. in östlicher Richtung liegen, menschenleer
waren und sind, zeigt, dafj im Atlantischen Ozean auch
an eine arktische Völkerverbindung, wie sie im Stillen
Ozean zweifellos besteht, gar nicht gedacht werden kann ^^).
Der Unterschied in der Stellung der beiden größ-
ten Ozeane zur Geschichte der Menschheit, welchen
wir für die mehr äquatorwärts gelegenen Teile vorhin nur
hypothetisch begründen konnten, wird hier greifbar. Und
gehört nicht endlich der westliche Ursprung der nördlich
von der Linie Jukon-Kap Farewell wohnenden hyper-
lioreisclien Nordamerikaner zu den wahrscheinlichsten Vor-
aussetzungen der Völkerkunde!' Dieser Ursprung rückt
aber die Anfänge der Eskimovölker bis in ein Gebiet,
wo Amerika und Asien sich Ökumenisch miteinander ver-
binden. Und so führen die am weitesten ostwärts vor-
geschobenen Völker Amerika.^ — der Meridian, unter
welchem die zweite deutsche Nordpolarexpedition in Ost-
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32 I^ie Lage unbe
Bouvet, unbewolint angetroff
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34 Die Schließung des ökumenischen Gürtels.
grönlantl Reste des arktischen Menschen fand, berührt
nahezu das Grüne Vorgebirge Afrikas — am weitesten
westwärts zurück. Der vorsichtigste und gründlichste
unter den älteren Schilderem der grönländischen Eskimo,
der Herrenhuter Missionar David Cranz, dessen Buch
klassischen Wert hat, fand bereits dieses Volk am ähnlich-
sten den Jakuten, Tungusen und Eamtschadalen, d. h. den
Bewohnern des nordöstlichen Asiens und glaubte, daß
Grönland erst im 14. Jahrhundert von Westen her be-
völkert worden sei^^).
Erst seit 1492 und in beschränktem Maße auch
schon von 1000 — 1347 — aus letzterem Jahre stammt
die letzte Nachricht über die Verbindung zwischen Grön-
land und Markland (wahrscheinlich Neuslhottland) — ist
die Oekumene durch die Querung des Atlantischen Ozeans
ein geschlossener Gürtel um die ganze Erdkugel herum
geworden. Diese Schließung ist die bedeutendste That-
sache, welche wir aus ihrer Geschichte kennen. Offenbar
steht aber die heutige Verbreitung der Völker, besonders auf
beiden Gestaden des Atlantischen Ozeans, noch immer
unter dem Einflüsse jener Trennung und alle Studien
über die Verbreitung der Völker über die Erde in ge-
schichtlicher Zeit haben mit der erst 400 Jahre geschlos-
senen atlantischen Kluft zu rechnen. Es gilt dies ganz be-
sonders von der Stellung der Altamerikaner in der Reihe
der Völker.
Ueber die Namen Westliche Welt und Neue Welt
Weil wir Europäer Amerika auf dem Wege nach Westen er-
reichte», nennen wir es die westliche Welt. Auf unseren Welt-
karten in Mercatorprojektion liegt es herkömmlich am westlichen
Rand und hei der üblichen Zweiteilung der Erde auf den Plani-
globkarten fällt es der westlichen Hälfte zu. Wenige denken
daran, daß doch eigentlich ebensogut die Teilungslinie anders
laufen könnte, etwa so wie der alte Meridian durch die Glück-
seligen Inseln, der vor allen anderen den Vorzug des historischen
Wertes besitzt, wobei Amerika statt im äußersten Westen im
äußersten Osten erschiene. Solch eine Aenderung der durch Or-
telius und Mercator sanktionierten Ordnung soll natürlich nicht
ohne Grund vorgenommen werden, allein es ist auch keine Ver-
anlassung, an dieser Ordnung mit eiserner Konsequenz festzuhalten.
Sie ist ein Ausfluß der einseitig europäischen Wettauffassung.
Ueber die Nainwi Westliche Welt und Neu? Welt, ;)5
selche Ameriku in geacbichtlichem Sinne fast wie eine Schöpfung
Ejiropaa b«4jracbtet und den Erdt«il, den Earopa neu fand, mit
Uadlicber Sicberbeit gleich als ein« Nfiue Welt ansprach, unbe-
tatnunerL ob derselbe nicht etwH anderen altbekannt sei.
,Neae Welt!" Üob Wort ruft Zweifel wach, indem roun ea
Ku^richt. Neu fQr wen? Nicht fQr die Normannen, welche von
(rrönlaud her den Nordosten entdeckt, nicht fOr die Kakimo, welche
'om fernen Westen an den ßoiizen ei eigen Norden überzogen
btttten, am allerwenigsten neu für jene kupferfarbigem Menschen,
«eiche den gaa^n B^t dieses Weltteils bewofanteii, und unter
dtnen einige herTorragende Gruppen auf eine lange (Jeschichte
auf diesem Boden zurück blickten, der daher fUr sie eine alte Welt
vai. Werde ich in den Verducht kommen, ein Verkenner belden-
ItafleT und geistig großer Thaten zu aein. wenn ich von dem Ein-
seitigen, MißTerständlicbeii , dag in diesem Worte .Neue Welt"
liegt, Anlaß nehme, daran zu erinnern, daü die Entdeckung
Amerika« auch aus einem menachheitegeachiuhtliclien Standpunkte,
nicht bloß einem europäischen, KU betrachten sei? In der Oe-
scbiehte, welche wir überschauen, ist die Tbat des Columbiis eine
der grOBten, der folgenreichsten. Sie steht an der Wende «weier
fCDllaiepochen. Dodi gibt es noch eine andere Oeschidite, dis
mit anderen Zeitrftunen reebnet und daher auch nn die Ercignieae
ändere Maß.stabe anlegt. Wollie ich ihr den Blick verschließen,
?o würde ich glauben, jenem Berufe rlea (Jeographen untreu zu
werden , in jeder Art Betmchtung die Erde als Geenintlicit im
Ange 10 behalten und mit ihr denn auch die Menschheit.
Columbus steht in den Ehrenhallen der europäischen Ge-
schichte alH der Entdecker Amerikas. Für die Geschichte der
Menschheit ist er nur der erste, der in der Tropenione von Osten
her den Erdteil aufschloß uod dadurch die Kluft des Atlantischen
Oieans in der Hitte überbrückte. Im Norden waren in gleicher
Richtung die Normannen ein halbes Jahrtausend früher mit
Erfolg vorangegangen, und daß pbünizisch- karthagische Schiffe,
die an der Westküste Afrikas wabracheinlicli bis nuiu Meerbusen
>oa (Guinea vordrangen, über den Ozean hin nach Westen ver-
tcblagen wurden, iet ebenso wahrscheinlich, wie auf der anderen
Seile Amerikas das Verschlagen werden japanischer Fahrzeuge und
Mannschaften bis zur Mündung des Kolurobiastromes wohl verbürgte
Thatcache ist. Vor allem zeigt ja aber Amerikas voreuropäische
BeTSikerung, daß dem einzelnen Genuesen längst die Menschheit
in Gliedern, die wir freilich nicht mehr oder noch nicht ethno-
^,iphiscb dclinicreu können, zuvorgekommeu war und soweit ihre
Kulturstufe es ihr erlaubte, das Land sich nu eigen gemacht hatte.
Vielleicht muß Columbus dereinst seinen Kuhm mit unbekannten
Polynesien! teilen, die von Westen über den Stillen Ozean her
Totem und Schöpfervogel gebracht, wie er von Osten Über den
Atlantischen Christentum und Absolutismus mitfUhrte. Ein tief-
finniges Spiel, dos man Zufall nennt, warf dann die Ehre, der
Neuen Welt den .Namen zu geben, einem Manne von ungleich
36 Amerika der eigentliche Orient.
geringerem Vertlienste zu. Mag Vespucci dem Erdteil, den er nur
entdecken half, als Vertreter der Gattung seinen Namen geben und
die zuföllig gewonnene Ehre dahinhabcn, die, wenn bewußt zu-
geteilt, selbst für einen Columbus, ja für jeden einzelnen Menschen,
zu grofi gewesen wäre; denn die Entdeckung Amerikas gehört
der Menschheit an.
Alles Neue wird einmal alt. Neu ist ein Augenblickswort,
das ebenso rasch veraltet, wie die Neuheit des Gegenstandes, den
es bezeichnete. Es ist deswegen widersinnig, das Wort lange
über den Zeitpunkt hinaus fortzuführen, für welchen es bestimmt
war. Ursprünglich hatte es ganz den Charakter einer vorüber-
gehenden Bezeichnung; unsere Phantasiearmut hat ihm die Dauer
einer Versteinerung gegeben. Meursius teilt in den einleitenden
Worten zu Montanus' I^uch über Japan (1669) die Welt in eine
Bekannte, Neue und Unbekannte Welt*'). Hier nimmt neu seine
richtige Stelle zwischen bekannt und unbekannt ein. Es ist der-
selbe .Sinn, w^ie wenn Insulae nuper repertae im U». Jahrhundert
an der Stelle der westindischen Inseln steht. Hat der Ausdruck
Neue Welt heute noch eine größere Berechtigung, so ist die^-
jenseits des Ozeans zu suchen. Dieser Ausdnick ,Neue Welt"* hat
einen viel tieferen Sinn für die Bewohner Amerikas dadurch ge-
wonnen, dafi für sie vieles in dieser Welt die „keine Burgen und
keine Basalte* hat, neu und fremd, daher unerforscht ist. Für sie
ist jene Welt in Wirklichkeit neu. weil sie auch ein neues Volk sind.
Amerika als der eigentliolie Orient der bewolmten
Erde. Wer woUte mit jener energiscli egoistischen Auf-
fassung der Europäer streiten, wenn er das heutige Amerika
betraclitet, welches ja mehr und mehr nach dem Muster
Europas sich umschafft und dem offenbar das Ziel gesetzt
ist, ein neueres und größeres Europa zu werden? Allein
wir haben nicht das Recht, sie wie eine wissenschaftliche
Wahrheit zu vereliren, und die entgegengesetzte Auffassung
macht sich von selbst geltend, sobald wir hinter diese>
große Schicksalsjahr 1492 zurückgehen und die Stellung
ins Auge fassen, welche die amerikanische Bevölkerung
in der Menschheit einnahm, ehe der europäische Einfluü
sie zersetzte.
Zu den Thatsachen, welche an den Bewohnern Guana-
hanis Columbus am meisten in Erstaunen setzten, weshalb
er sie auch gleich seinem Tagebuche einverleibte, gehörte
der Mangel des Eisens. Hr hatte zwar jenen Stab, der in
der schwersten Zeit der Entmutigung, kurz vor der Ent-
deckung der Inseln, ans Schiff trieb, dem er neue Hoff-
Di» Kthnographie Alt-Amei-ikaa. 37
nuDg bracht«, ftlr mit Eisen bearbeitet gehalten, nber uun
finden wir am 18. Oktober mit unter den ersten Ein-
drücken gesagt: ,Sie haben kein Eisen. Ihre Speere sind
i^täbe ohne Eisen, von denen einige mit einem Fischznhn,
andere mit irgend einem anderen harten Körper bewehrt
sind' ^*). Eine der bezeichnendsten Thatsachen der Ethno-
graphie der alten Amerikaner ist hier ausgesprochen
□nd keine spätere Entdecknng hat dieselbe in anderem
Lichte erscheinen la.>*sen. Mit Ausnahme eines Streifens
im Nordwesten, der von Asien her mit dem Eisen be-
kannt geworden, stand Amerika im Steinzeitalter, als ea
entdeckt wurde. Auch seine Kulturvölker bereiteten zwar
kunstvolle Werke aus Gold, Silber, Kupfer und Bronze,
benutzten aber Steine als Waffen und Werkzeug. Auf
einer Erdkarte die Völker, welche bis zum Gebrauch de.i
Eisens vorgeschritten, von jenen scheidend, welche noch
beim Stein, Holz, bei der Muschel stehen, Hnden wir mit
Staunen, dali an den einander gegenüber liegenden West-
imd Ostrandeni der Oekuniene die Eisenvölker im Westen
vom Nordkap bis zum Kap der Guten Hoffnung, die Stein-
Tölker im Osten von Grönland bis Kap Hoorn sich scharf
entgegenstehen. Afrika, als es von den Europäern ent-
deckt ward, bereitete Eisen bis hinab ins Hotteototten-
gebiet, in Nordasien war ein schmaler verkehrsarmer
Streifen an der Küste eisenlos, die Völker des malayischen
Archipels bearbeiteten in kunstvoller Weise das Eisen. Das
geschlossene Gebiet der eisenlosen Völker liegt östlich von
Asien, in unserem Sinne am Ostrand der Welt, es umfaßt
Australien, die Inseln des Stillen Ozeans, die Arktis und
Amerika. Eisenlosigkeit bedeutet aber Beschränkung auf
den Gebrauch der Steine, der Knochen, des Holzes zu unvoll-
kommenen Waffen und Geräten: Abgeschnittensein von
der Möglichkeit der auf dem Eisen und Stahl beruhenden
industriellen Fortschritte. In der Linie, die die eisenlosen
Volker umschließt, wohnt aber auch der Mangel der wert-
vollsten Haustiere: Rind, BUffel, Schaf, Ziege, Elefant,
Kamel sind innerhalb derselben unbekannt und mit ihnen
die Viehzucht. In jenen frühesten Aufzeichnungen des
Kolumbus findet man auch Bemerkungen über den Körper-
'«r «- im (Ibtnbci
K. tkn- Huuv
K. «M «B (hinai d
ihren Wq
ew tirund'
Alt- und Neu Amenbt.
Hauptsatz d«r Ethnographie Amerikas wohl etw
möchte: Amerika zeigt zwei Völker- und Kultursducp'«
eine ältere asiatischen und eine jüngere europäischen
I s^uDgs. jene erreichte diesen Erdteil über den Stiiiei
diese aber den Atlantischen Ozean.
'l ZimmeiTDiuin. Geogr. (i^scliichte d. Meiuchea. 1778, S. :
=> CiL nach Yule. Travels of Matco Polo II. S. 4M.
'i Aaltace EchÜ^sat ans der Thatmche, dum 91tere Scluif
)UU« wie Legoo&t a. a. bestimmte Tiere oicbt erwUmen, d>
Ittdere iiiclit TOrfaanden (^weaen «eien und dafi sie dumm vc
in nenereii and Deae^teo Scliriftfleüera enrilhnt werden, weil <■<
■allem eio^fQhrt worden seien. Dita ist, uU ob alle P&anxen.
*ddie Solomon Gegner nicht besciireibl. wührend Koch «ie neun
rnaclKD 154t and 1837 in Deutschland ein^führt worden seie:
') Atnericae Joarnal of Sciences and Arts. 1862.
*| Verhandlungen der Geeellschnfl für Antliropologie. Berlin.
SD. 8. 3ü2.
*| Die japanische Beaennung der Boniniueeln O-UsMwan-
ikam bedentet Inseln ohne Hnwchen.
*) Neneate Nordische Beitriige. 1793. I. S. 283.
') C. Maurer, Die Bekehrung der norwejrisfhea SUlmme zum
Cirii(t*i)tnin. Ie55, 1. ^. 41.
*) Erst gL'gen Kude des 8. Jahrhunderts scheint die Insel
te Henichengeschlechte bekannt geworden zu sein: C. Maurer,
Ulad vor seiner Entdeckung. Manchen 1874.
") (iattinger Studien. 1847. S. 5,
") Wenn ein so ernsthafter Geist, wie Hugo Grotius sich
tii diese Annahme ernllrmte, so genügt ein Blick in die Schriften
•Bne» Streites mit Lajftius, um r.ix erkennen, daß es hier iür
Um rieh nur uoi ein geialreichea Spiel gehandelt hat. Daran
bm auch der Kifer mit dem die zweite StreitBchrift angeht —
die «rate De origine gentium Americaoarum erschien 1(;42, die
iweite Altera Dissertatio, ll>4:5 — nichts ändern.
'*) Historie von Grönland. Barby 1765. 4. Buch, S. 333. Die
Schädel lergleicliUQg liat dasselbe Ergebnis geliefert. Vergt. die
Arbeit Wymans über grönländische und tschuktschische Schädel.
in der Z. f. Ethnologie 186!). S. 256.
'*) Gedenkwaerdige Gesantschapen etc. door Arnoldus Monta-
BUS. 1669. Widmung.
'*) Navarrete. Relations des quiitre voyages. Piiris 1828. II. S. 43.
") Ebend. II. S. 42.
3. Der gescliiclitliclie Horizont, die Erde und
die Menschheit.
Entwickelung der Vorstellungen von der Oekumene. Knge nnJ
weite Horizonte. Der insulare Charakter der Weltbilder. Die
Geographie des Halbbekannten. Verhältnis zwischen der bekannten
und unbekannten Erde. Beziehung zwischen der Oekumene und
den Vorstellungen von der Erde und der Menschheit.
Entwickelung der Vorstellungen von der Oekumene.
Jedes der geschichtlichen Zeitalter hat sich seine Welt
anders vorgestellt als das vorangehende und das nach-
folgende. Der Raum, in dem eine Menschheit zu leben
wähnt, ist aber vom größten Einfluß auf ihr wirk-
liches Leben, und Form und Ausdehnung der Oekumene
gehören daher zu den charakteristischen Merkmalen der
geschichtlichen Zeitalter. Viele Geschichtschreiber haben
dieser Thatsache Rechnung getragen, indem sie den Er-
eignissen, welche mächtige Veränderungen dieses Be-
griffnes herbeiführten, wie dem Alexauderzug nach Indien
oder der Entdeckung Amerikas, eine hervorragende Stelle
auf der Grenze großer Abschnitte der Geschichte zu-
wiesen. Wer wollte in der That leugnen, daß die Auf-
fassung, welche ein Geschlecht der Menschen von den
Grenzen und der Größe der Welt und und der Mensch-
heit hegt, von großem Einflüsse auf Thun und Streben
sei. das in diesen Grenzen, auf diesem Boden sich regt
und bewegt? Welche Kluft scheidet den Sinn des ein-
fachen Satzes : Die ganze Welt ist eine Familie , wenn
chinesischer Mund ihn ausspricht oder europäischer!
Entnkkelting it. lieotig. Voretellan^-eii v. i).0«4niDira^. 41
D^m Chinesen ist die Welt China, Aer Eoropier hat
sich die (fanze Erde für diesen Begriff errungen '), Welche
Konzentration des politischen Wollen» im römischen
Reiche anf den doch immer engen Kreis, .den die. «reiche
ihm angehörten, nicht mit Unrecht aU die Welt eni-
pf»Dden!' *) Schon das Altertum hat seine Oekumene
wachse», ja sich verdoppeln sehen. Die Welt Homers ist
Tiel kleiner als diejenige des Herodot, xa dessen Zeit eine
mtvrestliche Ausdehnung von «twa JOU jreogr. Meilen ang«-
oonunen werden konnte. Ptolemäus aber, der vom Meridian
der GlOcklichen Inseln bis zu dem der Hauptstadt des
Landes, welches die Seide erzeugt, fast einen halben Erd-
mnfang mafi, zag ihr die weitesten Grenzen, die sie je
im Altertum gefunden. Die ptolemäische Welt nahm
mindestens ein Vierieil der uns bekannten ein. Letztere
aber ist langsam gewachsen. Es fehlen ihr noch im
Anfange des Id. Jahrhunderte alle jene Strecken, welche
r.ördlich von Nordamerika jenseits der Baflinshai und
!•■? Lancastersundi's gelegen sind, uu'i bi« zu Cooks
'T-ter Heise hatte niac zweifeln können, ob ilie nur
rtrichweise von den Küsten her ungenau bekannten Süd-
länder Australien und Xeuseelau«! nur Oekumene zu
rechnen seien. Noch vor einem Jahrzehnt hat die un-
glückliche Greelj- Expedition Spuren des Menseben in
nördlichen Breiten nachgewiesen, die höher ak diejenigen
lind, in welchen man bisher die äuüerste Grenze gezogen
hatte. Wird man kaum hoffen dürfen, dieselben auf die
Felseninseln des innersten Eismeeres zu verfolgen, so wäre
doch denkbar, daß künftige Forschungen sie noch in
Dördlicheren Teilen von Grantland und Grönland nicbt
Tcrgeblich suchen würden. Das sind aber freilich kleine
Schwankungen im Vergleich zu jenen, welche ein so
•charfsiuniger Kopf wie Maupertuis noch für möglich
Melt, als er in der an Friedrich 11. von Preufeen ge-
richteten Lettre sur le progres des sciences bemerkte,
i»& man in den großen Ländern um den Südpol ^ Mati-
INTtois wufite blo^ von dem Vordringen Loziers bis
52 ' s. Br. ino Süd atlantischen Ozean — eine ganz andere
Schöpfung zu finden erwarten dürfe als in den vier an-
1
44 Robinsonaden.
wie nahe unsere Erde schon vor den europäischen Ent-
deckungen dem Zustande der Bewohntheit aller bewohn-
baren Teile gekommen war. Dagegen scheinen sie eine
viel größere Rolle in der Bevölkerung der Inseln des
Stillen Ozeans von den malayischen Inseln aus zu spielen,
wenn auch gegenüber jeder einzelnen Tradition die Frage
offen bleibt, ob es sich um eine erstmalige Besiedelung
handelte oder um Wiederholung. Auch die Eskimo haben
mehrere Ueberlieferungen von Entdeckung z. B. der Prv-
biloffinseln und der St. Lorenzinsehi durch stürm ver-
schlagene oder auf Eisfeldern fortgetriebene Einzelne *').
Der ausgiebigste Fall von unfreiwilliger Ansiedelung
aus geschichtlicher Zeit ist wohl der Schiffbruch eines
portugiesischen Sklavenschiffes bei San Tome, wodurch
seine aus Angola stammenden Sklaven frei wurden, die
nun einen unabhängigen Staat in den Bergen bildeten
und als ^Angolares*' sich bis 187S unter einem selbst-
gewählten König unter portugiesischem Schutz in der
Zahl von 14— ITiOO erhielten'^).
Einer der wenigen Fälle, wo europäische Robinso-
naden der daueraden Besiedelung vorangingen, bieten Ma-
deira und die Falklaudinseln '). Dagegen haben sich auf
den Südshetlandinseln schiffbrüchige Weiße nur vorüber-
gehend aufgehalten. Gerade die Augehörigen der europäi-
>chen oder amerikanischen Kulturvölker sind am wenigsten
berufen, an den äußersten Grenzen der Menschheit zu
siedeln. Die Thatsache ist eine sprechende, daß der nörd-
lichste Punkt der Europäer in Westgrönland Tessiusak in
7:V' 21', der heutigen Eskimo Itah in 78" 18' n. Br. ist.
Offenbar ist die Ausfüllung der äußersten Räume der Oeku-
mene nicht der höchsten Kultur vorbehalten, wohl aber
ihre Erforschung. Die Ansprüche der Kulturmenschen
sind auf die Dauer nicht mit dem Kampfe um die not-
dürftigsten Mittel zum Leben in diesen Gebieten zu ver-
einigen, welche den Randvölkern oder der Unbewohnt-
lieit zu überlassen sind.
Enge und weite Horizonte. Das Wachstum des geo-
graphischen Gesichtskreises fand in den Kreisen der
t^ge Uoriionte.
45
Sulturrölk» der Alten Welt statt, die immer größer
«erdeod, sich um die Mittelpunkte Mesopotamien. Äegypteii,
Gnechenland, Rom aneinanderreiliten, bis sie vom Ostufer
!ier den Atlantischen Ocean und in dieser Richtung weiter-
«achs«Dd Amerika und den Stillen Ozean umfnßten. Die
Spitz« dieses Wachstnniti bezeichnen die wissenschaftlichen
Beiaen de!: letzten Jahrhunderts, während iu seinen Än-
ftngen Afrika vom gröMen Einflüsse ist. Afrika, im
Tergleich mit den mittel meerischen Halbinseln ein Riese,
Int in dem Prozeli der Gewöhnung an gröliere geo-
graphische Maßstäbe die Schule der Alten gebildet. Der
geheimnisvolle Reiz des libj-schen Innern und vor allem
I ies Kn^uellenproblema beruht zum Teil auf ihrer Htaimeii-
erre^nden räumlichen ßröj^e.
In jenen Kreisen . welche dieser Entwickeliing fern
ttanden . tiberleben aber die ältesten , beschränktesten
WettrorsteUungeD. Es ist, als zeige man uns ein stein-
gewordenes Erdbild auff den Tagen Homers, wenn Cecchi
rrsählt, dilti die Guriigehäuptlinge ihn fragten, oh er lui
der Stelle gewesen sei, wo der Himmel ein Ende hat
und die Sterne mit den Händen /.u fassen sind^), dai^
sie. wie spätere Gespräche ergaben, die Erde für eben
ond vom Himmel wie von einer Glocke bedeckt glaubten.
Was aber die Weite des Horizontes anbetrifft, so finden
wir ihn bei dem Balubab er r scher Tschingenge nordwärts
jtnseits der Bassongomino von den fabelhaft grofiohrigen
und faltenhäutigen Batetela begrenzt, gegen Osten wuüt«
Kalamba nur noch den durch eingeführte Sklaven be-
bsmit gewordenen Lubilasch und nach Südosten weisen
die Kupferkreuze von Stamm zu Stamm bis Katanga").
Difts ist ein Wissen oder vielmehr Ahnen und Vermuten
TOB königlicher Ausdehnung, denn es umfaßt vielleicht
men Raum, der ein Dritteil Deutschland« beträgt. Das
Wissen gewöhnlicher Neger reicht aber oft von der
Käste nicht vier Meilen einwärts. Der engste Horizont
i'l vielleicht derjenige der Bewohner wegarnier Wiil-
i*t. wie Stanley sie im .groijen Walde' fand, die nichts
'Oa 4 Meilen entfernten Niederlassungen wußten, Der
('«ächtskreis der Mohammedaner muß natürlich ein weiterer
40
En^e Horizonte.
sein, die Mekkazüge sorgen dafür: aber Barth traf im
ganzen Sudan fast keinen Araber , der etwas von seinen
Volksgenossen an der Ostküste wuLHe. Nur ein einziger
«relehrter Mann kannte einen Namen von da: Sofala *®).
Die Horizonte
i Üedle.
47
AVir erstaunen nicht, daß Nachtigal dem weisen Kclnig
Ali über Bornu und Baghirmi bestimmtere Nachrichten
geben konnte, als dieser oder sonst jemand in Wada'i
be^aÜ "): aber daü das Wissen hoher Äbessinier in Ädowa
über die Länder nordwestlich von Abessinien, mit denen
kein Verkehr bestand , t'aat Null war , so daß RUppell
sich vergebens um Nachrichten bemühte'*), ist erstenn-
lich, denn wir sehen uns da in einem Gedchtskreis von
nicht über :W Meilen Radius.
Wir können diesen Zustand der geographischen Be-
zieh rünkt heil genauer bestimmen, indem wir den äufieraten
bekannten Punkt als in der Peripherie eines Kreises ge-
legen ansehen, der um den Wohnort derjenigen gezogen
wird, in deren Horizont dieser Punkt gelegen ist. Erin-
nern wir uns an Aurel Krauses Mitteilung, daß die ent-
ferntesten Punkte, welche einzelne Tschuktachen von
ü^e kannten, Kap Serdze im Nordwesten und Indian
Point im Süden waren. ,Es scheint aber, daß sie im
Winter gelegentlich Reisen bis zu den Russen an der
Kolvma unternehmen. In der Regel gehen sie aber nicht
über die S. Lorenzhai hinaus '^1." Hier haben wir also
drei konzentrische Kreise, welche die verschieden weiten
Gesichtskreise der Tschuktschen am Ostrande der Halb-
insel rerdeutlichen "), und deren Größenverhältnisse sind
folgende :
Engster Gesichtskreis 12 M. Radius
Mittlerer . 24 , „
Weitester . 150 ,
Innerhalb der allgemeinen Beschränktheit ist die
Verschiedenheit der Gesichtskreise eine bezeichnende That-
-ache. Wir erkennen aus ihr die Znsammenbangslosigkeit
der geistigen Besitztümer dieser Völker. Während die
Neitschillik über eine Küste von 1 4 Breiten- und 1 6 Längen-
graden, die Westeskimo von den Aleuten bis ;^uni Ma-
ckenzie Bescheid zu gehen wußten, sind die Bewohner
des Mackenziedeltas nur mit einem Kreis von wenigen
Meilen Durchmesser bekannt. Nach John Roß hielten
sich die Itahner für die einzigen Menschen, hatten also
von ihren Nachbarn im südhchen Ellesmereland keine
4S Der iasahir»? Charakter der Weltbilder.
Ahnung und tilaubten. di«e Qbrig^i Welt sei Eis ^''). Dies
ist uur eines der äuläerjttn Beispiele von jener Zu-
summenhangslosiijkeit. wekhe eine natürliche Begleit-
erscheinung des beschränkten Gesichtskreise? ist: am
anderen Ende stehe das \VL>$en. oia^ es auch kein klare>
sein, der Cumberland^sund- Eskimo von der Xordküste La-
bradors und vom Smithsund.
Sich in Unbewohntheit zu hüllen, sich einsam in
weiter Leere zu glauben, entspricht auch in rein kultur-
licher Beziehung der Aut'tassung. welche ältere Völker
von ihrer Stelluuir auf der EIrdtf hejften. Noch heute
scheidet sich jedes Volk Zentralafrikas und selbst die
höher entwickelten mohammedanischen Staaten des Sudan
vom Nachbar durch einige Meilen unbewohnten, womög-
lich wüsten oder dünnbevölkerten Landes. So auch China
und die hiuteriudischen Staaten und ebenso einst die
alten Ciernumen. Im Weltbild wiederholt sich in groüeren
ZüiTcn dieses Selbstir^nüiiTen . diese AbschlieüuniT von
seinesgleichen, die^e Kiu>chninkunir auf die nächste Um-
gebunvr. Bedenken wir nun noch, daü die Welt that-
siichlicli in den frühereLi Jahrtausenden viel weniger be-
wohnt war als heute , so mag in der Vorstellung einer
bi schränkten Oekuniene bei den Alten manchmal auch
cm Kv'>nilein j>raktischer Krfahruug liegen. Bei so weit
zerstreuten Völkern aber wie den Eskimo oder den Ost-
l»ol\ tiesit-rn ist diese Ursache al> die wirksamste zu achten.
l)t>i* iusuUre Charakter der Weltbilder. Die Thatsiiche.
da:"; im iJruiuU- .ili?'-! l.;u'.-.i uu^»:T«er Kr-i-e nur Insel eines vier-
lual so iirvüV/n Mtvrv-s ist. •■«:>cj.rkt cidtürlicii d'w Vorstelhm;::
\v»ii dot Vbi;t"sv'tiu»<5ior'i-ei': J-. i* W^'It. [r-, ..>.t iua,n l«?».it. InsotVni
als Ttio vom \Vas.<vr uTi»rl.;.<5;i:ri >:K=.i :rii^«eri «.ii-.- ält-estn-n uu'.I ein-
t*av*K*to»i NVoUMUUt a^'tl S^jm»'»;! tUs wa^r rrt'i<:h<?ti Planeten. Di*.*
m*.'i*tcu Vv^lkoi >iiid i:vii-':^t. il'iv Weit aU tii;i* lL>el in weiiem
>Uv'iv iuiüuftissou una o.j.-v.':.- '.ii-; Wi-ed-erk-.'iir dos «iedankens.
V i i \\ d tis . ' ',' n s\' it# \v f i i vi i j : ; .; t ■ • ' ' : • M-y^r:*-: ! : . v»' • * ' b ►?> a 1 s i:e-
^■.•*'I^».*solu'l• K'!ii: dou i-iu:': -."■.•:: K.Lr.-i •.■•;< W-.;:r.i..v-< umraiit, odtT
alx '.II sc? .:m vkv>tUvku*n Uoiiro'-.: *>;*-:. vV -'s \ou: Mn'vrt- al« in
^'..l.'i AH i-mou Stv oder Ki'.u; r-.: ■<:. od';'r oV rh'i.jhe V^>ueüen in ihm
N I • ■ I r I i; c u . o do r o l* ', ^.»0 i A « s: ra ^" -::'.' '. -a r : i o*e -^ ü n iii i n i:e ' > es täiid i g
^; I . NN at.soi \on ihm «aiiu'kbal:-.-:-.. o-i-jr :v endlich nur der Weff
d i"ri t!'«.'i W jxso» r'ahit: OS is": ?»i-.- ei'.i Tookenes Land. Höchsten?
Die Geographie des HalbbckuiiDt^ii. 41'
die Wüste ersetzt eioitiHi durch ihre uneriuefilicbc Weite und Flii*
«Aiokeit in BeIt«ncD TorstelluDgen. wie llerodot sie von den Aeg^'ptrni
berichtet, diu Meer. Bann aind die Geülde der Seligen Oasen, d. h.
Inseln iin Saadmeer. tio^r die Kahnrorin des Sarges, der Anf dem
Orabe aafgesleHle Hiniaturkahn '") aind letzte Andeatiingeii der
Wafaerlage de? Jenseits, welches so eaht«n Schiffervölkern wi«
kriechen und Polynesiern eine glückliche Insel wird, die Stunn-
verecblagene infllllig erreichen. Je kleiner mun sich die eigene
UFimat denkt, desto mehr vergrößert sich dieses jenseitige Land,
ans welchem im platonischen Atlantia-M;thus die Atlanten uus-
Kiehen, um die übrige Welt ku erobern, wie in einer Variante
die Heropiden kommen, um die kleine Insel der Oekumene kenneu
Wasserflftchen nnigrcnzen auch den Uorizont. in welchem die
ScbApfung der Erde vor eich g^hl. Das ist natOrlich bei Insulanern,
deren Land gleichsam im Meere schwimnit. Bie Erde aofznfiechen,
Biocht« für die Neuseeländer, die weit Ubers Meer gewandert waren,
«ia naheliegender Gedanke sein. Aber auch Tür viele Indianer
des Binnenlandes ist der Anrang den Lande» ein aus der tiefv
des Wassert heraufgeholter Erdenkloli. Findet aber die ente
SdiOpfung- nicht aas dem Waaser statt, dann tritt das feuchte
Element in einer iener weltweit verbreiteten Sagen der Eriränknng
und Neuschaffung der Krdi' .lus dtT Silnddul in sein Kethl.
Die Oeographie des Halbbekannten. Die Erweite-
rung der Oekumene bedeutet den Fortschritt der An-
gewühnung des Menschen an den ihm zugewiesenen
Raum. Dieser Prozeü vollzieht sich durch Aneignung
de:« Bekannten und Zurückdrängung de-s Unbekannten.
In jedem Zeitpunkt stuft sich unser Wissen vom Un-
bekannten zum Wohlbekannten durch eine halbe und
iQckeahafte Kenntnis hindurch ab. Die (rrenzen der
Oekumene sind, wo sie von Liindera gebildet werden, mit
am spätesten bestimmt worden und an der Nord- und
SQdgrenze liegt auch uns noch manche Terra incognita.
Die Klarheit für alles, was innerhalb der Grenzen liegt.
ist zum Teil erst noch zu erwerben. Abgesehen von dem.
was die geographischen Entdeckungen in kontinentalen
Gebieten noch zu entschleiern haben, bleibt immer die
Aufgabe stehen, für jede Erscheinung der Erde den plane-
tarischen oder tellurischen Maüstab zu gewinnen. Im
engen Umkreise gewinnt das Kleine an GrölJe und Be-
deutung und die Erweiterung des geographischen Hori-
zontes bedeutet daher auch die Zurückführung der Einzel-
Kitiel, Antbropogcogniihk n. 4
50 Die Geographie des Halbbekannten.
ersclieinungen auf ihre wahren Verhältnisse. Es gibt eine
geistige Strahlenbrechung, welche besonders die Erschei-
nungen des Horizontes verzerrt. Darunter leidet die Auf-
fassung der Völker vielleicht mehr als jede andere. Dali
auch die Ethnographie der Alten wie ihre Geographie
ein enger Horizont umschloß, das ist wohl zu beherzigen
gegenüber der Leichtigkeit, womit sie z. B. aus einem
Fischervölkchen eine vielgenannte Nation der Ichthyo-
phagen des Roten Meeres machten. Wenn der geographische
Horizont eines Volkes die Linie ist, durch welche die ent-
ferntest liegenden Punkte des geographischen Wissens
oder Vermutens verbunden werden, so wird diese Linie
eine geschlossene sein und wird konzentrisch um die
Stelle ziehen, welche jenes Volk auf der Erde einnimmt.
Aber sie kann keine scharfe Grenze sein, weil sie eben die
äufaersten Gegenstände im Gesichtskreise verbindet. So
kann ja auch die Linie nicht scharf gezogen werden,
welche unseren eigenen geographischen Horizont bestimmt,
denn wir wissen nicht, ob auf der Südhalbkugel die Ufer
von Wilkesland Eis oder Fels sind und ob die nur ge-
sehenen, nicht erreichten fernsten Punkte in der Arktis,
wie z. B. die nördlich von 82 ^ im Franz-.TosephsIand ge-
zeichneten Küsten, welche die Namen König Oskarland.
Petermannland und Kap Sherard Osborn führen, ganz
genau da liegen, wo sie auf der Karte eingetragen sind ^^).
Eine Geographie des Halbbekannten, des in
der Vorstellung Verwischten, Unklaren, oft nur Ver-
muteten, trotzdem aber fest an der Erde Haftenden, hat
nicht bloß eine Berechtigung, sondern ist, wie man sieht,
sogar notwendig. So gut wie der Kartograph hypothetische
Länder, vermutete Umrisse, Flußläufe, Gebirge, nur auf
Tradition ruhende Völker- und Städtenamen in sein Erd-
bild einzeichnet, womöglich mit der Vorsicht, daß eine
nur andeutende oder punktierte Linienführung gleichzeitig
das Schwankende der Sache und den Zweifel oder die
Schüchternheit des Darstellers wie eine gezeichnete Frage-
stellung ausdrücke, sollte auch in den geographischen
Werken eine schärfere Sonderung des Wohlbekannten
und Wenigerbekannten mit einer sorgfältigeren Beachtung
Geogruphie iler NatarvOUcer. 51
des letzteren Hand in Hand gehen. Vorzüglich gilt diea
Ton den historisch-geographiacben Arbeiten, Die ein- und
gleichförmig harte Linie, welche Terram Äntiquis notam
amreiÜt:, gibt eine V^orstellung von der Beschaffenheit des
geschichtlichen Horizontes, welche nicht ganz richtig ist.
Sie schlieüt in Eine Grenze Gades , Palibothra . Katti-
gara mit Athen und Theben ein und doch ist zwischen
dem geschichtlichen Horizont, an welchem diese, und dem,
an welchem jene auftauchen, fast ein so großer Unter-
schied, wie der. welcher flir den mathematischen Geo-
graphen zwischen dem wahren und scheinbaren Horizont
liegt. Gerade der historische Geograph mulJ anerkennen,
daU die Länder, welche das Aegäische und Jonische Meer
bespOlt, eine andere Wirklichkeit für die Griechen be-
Aal^en, als was an den Säulen des Herkules oder auf dem
goldenen Cheraonea gelegen war. Der Schauplatz der
Geschichte ist ein« ganz andere Sache als der Tummel-
platz gelehrter Vorstellungen, und über diesen hinaus liegt,
wieder dati dämmerige Gebiet der Spekulatiouen und
Mythen. Die Atlantis hat nie bestanden, ist über auch
nicht ein bloßes Märchen. Die mit Vorliebe westliche
Lage der Länder der Seligen und der GlUcklicheu Inseln
ist eine geographische Tbatsache. Eine ebenso würdige
Aufgabe des historischen Geographen wie die Festlegung
der äußersten Grenzen des Weltbildes irgend eines Volkes
und einer Zeit ist auf der einen Seite die Zeichnung des
Theaters seiner Geschichte, auf der anderen die Andeu-
tung der mythischen Ausläufer jenes Bildes. Denn diese
letzteren wirken aus dem Unbekannten ins Bekannte herein.
In dieses Kapitel gebären ohne Zweifel auch die Karten der
wissenschaftaloseii VOIlter, von denen ein viel au großes Wesen
gemacht worden ist, wenn man sie als Beiträge zur Geschieht«
geographischer Entdeckungen auffaßte. Man kann ihnen nur den
Wert psychologischer Dokumente zusprechen, welche uns unter-
ricfat«n Über die Weite des Gesichtskreises und den Grad der Be-
stimmtheit iler geographischen Vorstellungen. Ihrer Knletehung
nach sind es Umrijae aus der Erinnerung, an einmal gemachte
Wege angeschlossen, daher im allgemeinen richtiger in den Richtungen
als den Größe- und Formverhältnissen. So wie Krause sagt von
der Geographie der Chilkat: Indianerborichte sind sehr unzuver-
Ussig. Wir haben 7 verschiedene Indianerkarten, nur eine der-
r>2 ' »eoirrnphi-? r-jthiäci:-: LändrT.
selben stimmt ■ichemiitLs'.b. mit -irMu jetzt ^*?k<umten. wahren i^ach-
v»;rhalt ^''.i. so ha^Nifn izründlich art*»il«^ade Reisende in Afrika wie
in Polyne>ien die «ieoizraphit^ der Einireb«Dnrnen mehr verworren
als orientierend ;retun'len .St^U-üt dir Vorstell ongen viel und weit
wandernder polyn»fsisoh#rr .S:hi!fer <ind nur hinsichtlich der Rioli-
tungen zuverlä»$iir. fehlen •iii2*r:;en oh weit in den Entfernungen.
Auch darum ist die Vorstellung beachtenswert, liie
einer Zeit von dem Kaume vorschwebt, der auf Erden be-
wohnt oder d<Kh dem Menschen gestattet ist, weil alles,
was übtr ihn hinaus liegt, ja nicht leer bleibt, sondern
von der Grenze herüberwirkt. Dort ist vor allem die
Heimat der Sagen von einst volkreicheren, glücklicheren.
ergiebigeren Zuständen in den heute einsam gewordenen
Strichen. Der Mythus des goldenen Zeitalters erscheint
an der Grenze der bewohnten Erde hart vor der Thüre
des elenden Lebens von heute in der nicht allzureichen
Hülle eines Traumes von i^eriiumigeren Blockhütten, zahl-
reicheren Lederzelten, größeren Kenntierherden oder er-
giebigerer Jagd auf Zobel und Eisfuchs. So erzählen
die Jukagiren der unteren Kolyma, wie an den ufern
dieses Flusses einst «mehr Feuerstätten der Omoki ge-
wesen seien als Sterne am klaren Himmel". Ueberreste
aus starken Baumstämmen erbauter Befestigungen und
groüer Grabhügel, letztere besonders häufig an der Indi-
girka, scheinen dieser Sage einen bestimmten Hintergrund
zu verleihen, ähnlich wie in den mit Tschukotsch zu-
sammengesetzten Ortsnamen, z. B. dem Tschukotschja-
HuKi zwischen Kolyma und Laseja. ein Grund gegeben ist.
die von der Sage i)ehauptete einstige weitere Ausbreitung
des Wandervolkes der Tschuktschen nach Westen als
thatsächlich begründet anzunehmen ***}. Je enger das Dies-
seits, desto weiter das Jenseits. Weil dieses Jenseits so
nahe, wie das Diesseits klein ist. und weil dieses auf
allen Seiten eng vom Jenseits umgeben ist, können
Fremde ungewohnten Aussehens nur von drüben stammen:
sprechen sie aber die Spraclie der diesseitigen, dann sind
sie sicherlich die Geister der verstorbenen Glieder des
Stammes. Eine Insel von der Gröüe Belgiens ist nicht
zu klein, um solch ein Jenseits in ihrem Inneren zu
beriren. Auf der Vancouverinsel fand R. Brown die Sage
OeogräphJBuhe Lagu des Jenseits. ^3
von einein ganz isolierten Stamm des Inneren, 4er keine
Ikiote und keinen Verkehr mit den K^achbara hat. die
ihn nur zufällig entdeckt, indem sie einem Biberfluß auf-
würts folgten. Auch hier erweckten diese Fremdlinge
Schrecken, weil sie wegen ihrer mit der der Küsten-
bewohner übereinstimmenden Sprache für die Geister ver-
storbener Glieder derselben gehalten wurden*"}. Es ist
möglich, da& die auffallende Menschenleere üvs Inneren
dieser Insel mit dieser auch sonst zu treffenden Vorstel-
luug vom Geisterland zusammenhängt. Thatsächlich ist
Banksland als Sitz einer fabelhaften Menge von wei&en
Bären, das Innere von Kolgujew, die Taimyrfaalbinsel
als Geisterland verschrieen und verödet. Wrangel schil-
dert lebhaft die Furcht der Jukagiren vor der mit Riesen
bevölkerten und darum gemiedenen Bäreninsel "), die sie
übrigens doch später als Elfenbeinsucher betreten lernten.
Auch fUr die Tonganer lag Samoa bereits am Weg
zum Himmel (Bolotu) und daher konnten sie auch glauben,
daü ein Verschlagen werden Himmlischer zur Erde, ebenso
wie Erdgeborener zum Himmel vorkomme. Kühmten sich
(loch die Tonganer, Bolotu in ihren Kähnen kämpfend er-
reicht zu haben! .la selbst bei der Entstehung neuer Inseln
waren Sterbliche auwesend, die die Arbeit der Götter
vollendeten, wie die Tonganer von Savage Island erzählten,
ilaS die gefährlich steilen KOslen der einen Seite der zu
geringen Sorgfalt des einen von zwei Tonganern zuzu-
schreiben sei, welche aus ihrer Heimat hinUbergeschvi-ommen
waren, um die eben erst emporgetauchte Insel in Ord-
nung zu bringen. Die Eskimo Grönlands, auf den schmalen
FjordgUrtel zwischen den Gletscherabstürzen des Inland-
eises und dem hohen Meere beschränkt, dessen Wellen-
M'hlag und Eispressungen ihre Fahrzeuge nicht gewachsen
sind, bevölkern dieses wie jenes mit furchtbaren Fabel-
wesen, zwischen welchen ihr Leben auf den schmalen
KOstenstreif und sein Handeis sich ängstlich zusammen-
zieht. Auf den Felsklippen, die wie Inseln aus dem In-
landeise ragen, wohnen große Raubvogel, deren Krallen
Renntiere zu tragen und deren Schnäbel Felsen zu durch-
bohren vermögen ; wen aber die Jagdleidenschaft zu weit
54 Kleinheit der sinnlichen Welt.
aufs Meer hinausführt, der begegnet bedenklichen Wesen,
die ebenfalls in Kähnen fischen und jagen, und gerne
die Menschen zu Gefährten annehmen, um sie nie wieder
herzugeben. Fügt man hinzu, daß in manchen Teilen
des hyperboreischen Wohngebietes vielfach der Verkehr
der einzelnen Stämme trotz ihrer wandernden Lebensweise
sehr beschränkt ist — wir erinnern, um nur ein Beispiel
zu geben, an die Eskimo von Pt. Warren vor der Mün-
dung des Athapascastromes, welche, als der Missionar
Miertsching sie 1850 besuchte, keinen Verkehr mit der
Station der Hudsonsbaigesellschaft trieben, die ganz nahe
am Unterlauf jenes Stromes gelegen ist, überhaupt nur
mit dem nächsten westlich wohnenden Eskimostamme in
Verbindung standen -*) — , so erscheint die sinnliche Welt
dieser Völker oft nur wie ein Inselchen im Meere des
Uebersinnlichen , ein fast verschwindender Punkt. Die
Körperwelt versinkt in der Geisterwelt. Aus deren nur
geahnten oder im besten Falle durch unsichere Ueber-
lieferung halbbekannten Femen fällt aber doch noch ein
Schimmer in jene hinein, für deren Ansassen und In-
haber das Unbewohnte im nächsten Umkreis das erste
Jenseits ist, wohin zunächst die abgeschiedenen Seelen
gehen, von woher sie aber auch noch einige Jahre lang
zu den Gräbern zurückkehren, um Opfer zu genießen,
die ihnen dort in regelmäßigen Zwischenräumen dar-
gebracht werden. Später erreichen sie fernere Stufen
des auch bei den Eskimo und Aleut^n mehrteiligen
Himmels und endlich versinken sie im absoluten Dunkel
eines fernsten Jenseits wie in der Seele ihrer weiter-
lebenden Genossen die Nacht sich tiefer auf die Erinne-
rung senkt. Das ist aber auch nur ein Schimmer
erborgten Lichtes, schwach und arm. Verlassen die
Menschen eine so enge Heimat oder sterben sie aus, wie
die Insulaner von Pitcairn, Fanning, Christnias, How-
land u. a., welche die ersten Entdecker entvölkert, aber
reich an Spuren von Wohnstätten und Gräbern fanden,
dann geht die ganze kleine Welt unter und natürlich
verlischt nun auch der Schein, der aus der Seele weniger
Menschen her sie angestrahlt hatte.
Die Oekuinene und die Kvdi: dar WissMisebaft. 55
Welch ein Unterschied zwischen einem Leben, das
auf allen Seiten aich von den IVovinzen eines ungeheuren
Oeisterlsndes eingeschlossen sieht ui)d einem thätigcn Er-
weitem der wirklichen Welt auf Kosten dieser gedachten.
Dfirt sehen wir den hippokrati sehen Zug in der leidenden
Geschichte der Naturvölker, hier das hoffnungsvolle Hinaus-
streben thütiger Völker von handelnder Geschichte, welche
kühn und unermüdlich Ophir von Arabien oder Ostafrika
über den Ganges, nach dem goldenen Chersones, endlich
nach Zipangu verlegen, bis es zurQck nach Westen zum
Dorado gewandert uud damit der Erdball umzirkelf ist.
DieOekumene und die wissenschaftlichen Vorstellungen
von dem Erdgänzen nnd der Menschheit. Diese Ent-
wjckelung steht in einem zwiefacbeu Zusammenbange
mit der Ausbildung zweier zu den wichtigsten Besiti-
tdniem der Menschen zu rechnenden Vorstellungen.
Der geographische Horizont beschränkt sich nicht auf die
Grenzlinie, welche ein Stück Erde von bestimmter Aus-
■iehaung umzieht. Es ist eine andere und wichtigere
Eigenschaft, daQ die Gedanken ihn erfüllen, welche die
Völker verbinden, die von dieser Linie umfaßt werden.
Es gibt für sie mindestens dieses Land, ohne welches
die Oekumene ein toter Begriff wäre. Je weiter die Grenzen
der Oekumene hinausgeschoben wurden, um so größer
wurde das Bild der Menschheit; denn die Grenzen der
Oekumene sind die Grenzen der Menschheit. Endlich
wurden in unserer Zeit die äuliersten Grenzen der Oeku-
mene erkannt, nachdem sie im wesentlichen schon .«eit
einem Jahrhundert festgestellt werden konnten, und
damit steht nun die Menschheit in ihrer ganzen räum-
lichen Ausdehnung vor uns. Und da jenseits ihrer
Grenzen es keine zweite gibt, so ist sie die einzige auf
Erden. Damit ist unsere Vorstellung nun nicht bloß
räumlich fest umgrenzt, sondern sie erscheint in allen
Eigenschaften uns auch bestimmter, weil überschau-
bar. Wir erkennen die Uebereinstimmung in allen
wesentlichen Eigenschaften, die Geringfügigkeit der Ab-
weichungen und halten fester, als es jemals möglich
r>6 I^ic einzige Menschheit.
war. an der Ueberzeugung von der Einheit des
Menschengeschlechtes.
Der Verlafiser der Einleitung; zu Cooks erster ^Reise nach
ilera Stillen Meer", Kapt. King. Begleiter Cooks, geht soweit-, den
Cookschen Entdeckungen im nördlichen Stillen Meere eine groüe
Bedeutung für den chrintlichen Glauben zuzuerkennen, weil die-
i^elben „die IJngläubigkeit einen ihrer beliebtesten Einwürfe gef^eu
den mosaischen Bericht über die Bevölkerung der Erde beraubt*
haben. Die Bcstütigung und Erweiterung der Behringschen Ent-
«leckung durch Cook schien keinen Zweifel mehr an der Herkunft
der Amerikaner aus Asi^^n zu hissen, während zugleich die Ueber-
einHÜmmung der West-Eskimo und Grönländer eine ungeglaubte
Wanderfähigkeit auch bei Völkern auf niederer Kulturstufe nach-
wies. Beiläufig gesagt, hatte auch kurz vorher De Pages in seiner
Reise (franz. A. II. 90) von den Madagassen behauptet, die er
1774 besucht hatte, daß diejenigen unter ihnen, welche er nicht
für Eingeborene der Insel halte, ^klein und untersetzt* seien, daÜs
sie fast ganz straffe Haare hätten und olivenbraun wie die Ma-
layen seien, mit denen sie überhaupt eine Art von Aehnlichkeit
aufwiesen.
Man begrüßte jede Spur von Zusammenhang der
Völker als eine Bekräftigung der Vorstellung von einer
aus einem Punkte ausgegangenen Menschheit. Es ist an-
ziehend zu verfolgen, wie die Gewöhnung an die erweiterten
Vorstellungen langsam gewachsen ist. Daher auch die
über alle anderen Wissenschaftsgeschichten so hoch her-
vorragende Stellung der Geschichte der geographischen
Entdeckungen. Da der Menschheit nur diese eine Erde
gegeben ist, damit sie dieselbe zum Boden ihrer Ge-
schichte mache, ist ihre eigene GröL^e von der Erkennt-
nis dieses Bodens abhängig. Die Geschichte der geo-
gra[»hischen Ent<leckungen , weil sie diese Kenntnis ver-
mittelt, steht eben deswegen der allgemeinen Geschichte
der Menschheit so nahe, zeichnet mit den Grundplan der-
selben. Und so gewinnt selbst ein Zuwachs von ein paar
Meilen geographischer Erkenntnis in der öden Antarktis^
die Bedeutung einer menschheitsgeschichtlichen Thatsache.
Nur die immer fortschreitende Erweiterung des ge-
schichtlichen Horizontes hat es auf der anderen Seite
möglich gemacht; daß wir zu der Vorstellung von einer
einzigen Erde in Kugelgestalt gelangen konnten.
Immer mußte das beschränkte Stück des Planeten, das flach
üit- einzige Erdi
und vom krj'stalleneii Firmaniente überwölbt gedacht wurde,
entweder die einzige Erde bleiben oder wenn es sich ver-
vielfältigte, mußte man die Erden als besondere Scheiben
unter besonderen Firmamenten im weiten Ozean acbwim-
mend denken. Man muljte, mit anderen Worten, die Eine
Vorstellung sich vervielialtigen lassen, um zum Ergebnis
einer weiten Fläche zu gelangen, über welche flache
Erdacheiben ausgebreitet sind. Indem aber der sich er-
weiternde Horizont immer wieder nur die eine zusammen-
hängende Erde umspannte, rückte die Vorstellung von der
kugelförmigen Erde immer näher. Die Kugelgestalt, zu-
erst eine aiitronomisch-physikaliHche TbatHache. wurde
mr Voraussetzung eint-r überall zusammenhangenden, als
Ganzes zn umwandernden Erde, die jener einzigen Mennch-
beit zur Heimat geworden iet*^). So hängen die beiden
^ groüen Fortschritte innig zusammen. Diesen Zusammen-
I hang gedanklich immer mehr zu verwirklichen, ist die
Aufgabe unserer Wissenschaft. Das ganze Denken der
nii'>derntn Menschen hat s^chon ji/l/t einen mehr geo-
graphischen Zug im Sinne der bestimmteren VerÖrtüchung
der Vorstellungen, der häutigeren Verknüpfung irgend-
welcher Ideen mit Stellen oder Räumen der Erde und
der schärferen Erfassung der letzteren gewonnen. Wenn
man ihre Aufgabe pädagogisch im höchsten Sinne faßt,
ist für sie das Ergebnis der Entwickelung der Oekuniene
die hologäiscbe Erdansicht, welche in jedem Gebilde der
Erdoberfläche, der Hydrosphäre, der Atmosphäre, in jedem
Geschöpf ein Stück des Planeten, einen Teil des Ganzen.
abhängig vom Ganzen, erblickt.
'} In jeder erdkundlichen oder ((escIuL'ht liehen AbhandlunK,
die von einem Chinesen geachrielien, wird der Leaer Dichte finden,
Jäs nicht zn China gehört, eei e» durch Verwandtschaft, staatlich
oder znlUUig oder vorübergehend, kut diese Weise iet jede von
einem Chinesen verfafite Geographie oder Geschichte unveränderlich
eine Geographio und eine Geschichte Chinas, seines ganzen Keiches,
oder eines Teiles davon. Skatclikof, Die geographischen Kenntnisse
der Chinesen. Geographische Mitteilungen. 1868. S. 353.
') Moiomsen, Römische Geschichte V. S. 4.
') Oeuvres de Maupertuis. Dreade 1752. 4". S. 331.
') Anf den Auck landin sein sind freiwillige nnd unfreiwillige-
J
58 AnmerkuDgen.
RobinsoDaden öfters vorgekommen. Man hat Nachrichten von
solchen aus 1840, 1850, 1863, 1864. Zwanzig Monate auf den
Aucklandinseln. Geographische Mitteilungen. 1866. S. 103.
*) Vergl. Elliot, An Arctic Province, Alaska and the Seal
Islands. 1886. S. 194. Jacobsens Reise an der NordkQste Amerikati
1884. S. 190.
^) Richard Greeff, Die Angolaresneger der Insel Sao Tome.
Globus. 1882. Bd. 42. S. 362 und 376.
') Siehe die Erzählung des Schiffbruches des englischen
Kapitän Bernard und des Aufenthaltes seiner Mannschaft auf New
Island bei Wcddell Voyage toward the South Pole (1825). S. 89.
Auch von vorübergehendem Aufenthalt Schiffbrüchiger auf den
Neusüdshetlandinseln erzählt Weddell S. 144.
T Fünf Jahre in Ostafrika. 1888. S. 117 und 129.
®) Wißmann. Unter deutscher Flagge quer durch Afrika.
'<*) Reisen und Entdeckungen III. S. 133.
") Sahara und Sudfin III. S. 58.
'*) Reisen in Abessinien II. S. 299.
") Deutsche Geoi^raphische Blätter. IV. S. 30.
^*) Kaum bedari' es wohl des Hinweises, daß eine derartige
Konstruktion nur einen schematischen Charakter und Wert haben
kann. Wenn die Tschuktschen bis an die Kolyma gehen, brauchen
sie deshalb noch nicht die Kenaihalbinsel oder Point Barrow zu
erreichen, aber an dem Wege Uedle-Kolyma mißt sich die Fähig-
keit, nach irgend einer Seite unter gewissen Voraussetzungen eben-
soweit zu gehen.
^*) John Roß, A Voyage of Discovery. 1819. S. 123.
**) Bei Dajaken beschrieben und abgebildet von F. Grabowsky
im Internationalen Archiv für Ethnographie IL S. 124 und T. VIIL
*^) Für die Beurteilung wissenschaftlicher Kritik, mit welcher
Karten gezeichnet werden, gibt auch die Zeichnung der verschwim-
menden Umrisse, welche unseren heutigen geographischen Gesichts-
kreis begrenzen, einen Maßstab. Die Petermaonsclie Süd polarkarte
in den Geographischen Mitteilungen (1868. T. 12) zeichnet die
Umrisse von Wilkesland ebenso bestimmt wie diejenigen der best-
bekannten Gebiete der Antarktis, die Neumayersche in der Zeit-
schrift der Gesellschaft für Erdkunde (1872. T. 2) vermeidet den
Namen Wilkesland vollständig und setzt .Eiswand* an Stellen,
wo Wilkes Landanzeichen sah und ebenso ist auch auf der Süd-
polarkarte zu Neumayers Vortrag , Projekt der Erforschung der
antarktischen Regionen* in dem Compte-Rendu du Congres des
Sciences geographiques etc. zu Antwerpen 1871 (I. S. 290) ver-
fahren. Endlich sagt das britische Admiralitätsblatt South Polar
Chart (1887), indem es die von Wilkes gesehene Küste in einer
weniger scharf begrenzten Weise zeichnet als die anderen, «Land
roported by Commander Wilkes 1840"*, womit natürlich alles offen
gelassen ist.
»«) Deut.«che Geographische Blätter Vll. S. 2;^.
Anmerkuiig«!!].
59
'*} L.. 1. Engelhardt, Ferdinanil v. Wrang«;! und seine Reise
lingi det NurdkOsle von Sibirien und nuf dem Kismeer. 1885. S. 2b.
»•l Geofrraphische Mitteilunifeii. 1869. S. 89.
") Reise des k. rDBaischen FlottenlieuteDants F. v. Wraugel
iJogB d«r NordkUste Ton Sibirieo- 1839. I. S. 32».
") Reisetagebuch des UiBuooara Job. Aug. UipriEching. 2. Anfl,
Gnaaaii IBM. S. 36.
") Di^en Zusammenbang hat Sophus Ru^p in einer ungo-
mäa EMselnden Dantetlune Ueber die hietoneche KrweiU'ruiig
4u» HoriunUs (Globus XXXVI. 8. 61) behimdelt. Man kOontc
der Arbeit »ia Motto die einleiteode Bemerkung vonetteiL, daU,
,«ie der foracheude Blick wagerecbt in Binmer weitere Krdraume
ilringl, auch senkrecht der Blick tief in die H im Dielsräume hinauf-
02 ^>e aüdlichen Randvölker.
Die sfidliclien SandvSIker. Diesen Vorposten werdet
durch die Natur der südhemisphilrischen Länder viei
verschiedene Stellungen angewiesen; es sind die SOd-
spitzen von Amerika, Australien und Afrika samt den
Südinseln Polynesiens. Gemeinsam ist diesen, daß sie
südwärts in unbewohnte und unbewohnbare Eteg^onen
schauen, während sie zugleich durch das allgemeine
Gesetz der Verschmälerung aller Erdteile nach Süden
zu weiter entlegen sind von den Nachbarländern im
Nordosten und Nordwesten als die nächstnördlich an-
stoiäenden Gebiete. Gemeinsam ist ihnen dann weiter
die Lage in dem PassatgUrtel oder in grosser Nähe
desselben, wodurch in groüer Ausdehnung Dürre, Un-
fruchtbarkeit, Schwierigkeit des Verkehres mit den
mehr iiquatorwärts gelegenen Gebieten hervorgerufen
wird. Da der Fortschritt der Kultur ein Schätzesammeln
in Wettbewerbung der Völker ist, welche in Fühlung
miteinander stehen, ein Sammeln, das auf dem Austausch
zwischen ärmeren und reicheren Völkern beruht, und da
dieser Austausch hier ungemein beschränkt und schwierig
ist, entsteht Verarmung. An ihr trägt nicht zuerst, wie
man oft behauptet hat. die Naturanlage der Buschmänner,
Australier , Tasmanier , Süd-Neuseeländer , Feuerländer,
wohl aber die Armut der Hilfsquellen dieser Länder die
Schuld. Die Hauptursache bleibt indessen die Schwierig-
keit des Verkehres mit anderen Völkern, welche in der
Lage gegeben ist.
Die Aehnlichkeit dieser in die gleiche End- und
Randlage gebannten Völker ist schon früher hervorge-
hoben worden-), ohne daß man indessen auf die wahre
Ursache verfallen wäre. Malthus hat in seinem Buche
«An Essay on the Principles of Population", welches, 1798
erschienen, einen der wertvollsten Beiträge zur jungen
vergleichenden Ethnographie darstellte, in dem Abschnitte
über die „Hindernisse dos Anwachsens der Bevölkerung auf
den niedersten Stufen der menschlichen Gesellschaft** die
Feuerländer, Tasmanier, Australier und Andamanen-lnsu-
laner als die niedrigsten aller Völker zusammengefaßt.
Die Bewohner der Sttdinsel Neuseelands scheint er später
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42", nimmt Südafrika von 7 " an und die Sildhälfti^
AnstnJiens darchf^hnitÜich von 2r>" an *-in. Nifdrr-
schUgsarmut ist daher das Merkmal des griißton Toilfs
der eben abgegrenzten Gebiete, in denen wir l.andsrlmfton
mit weniger als 20 mm Niederschläge, am nnsgedehntostm
()4 Bevölkerungszahlen Australiens und Südafrikas.
im lunem Australiens, finden. So geringe Niederschläge
nähren keine zusammenhängende Vegetationsdecke. Step-
penbildung ist daher das bezeichnendste Merkmal der Erd-
oberfläche im südlichen Südamerika, in Südafrika und
Australien, und in beschränkterer Ausdehnung wiederholt
sich in schmalen Strichen Patagoniens, in der Kalahari
und im Innern von Westaustralien die Wüstenbildung,
welche auf der Nordhalbkugel in entsprechender Zone
mächtiger auftritt. Hoher Luftdruck und Niederschlags-
armut gehen endlich wie immer mit großen Temperatur-
schwankungen zusammen, welche gerade in den drei Ge-
bieten ihre südhemisphärischen Maxima erreichen. Die
Folge kann auf anthropogeographischem Gebiet keine an-
dere als dünne Bevölkerung sein, welcher der Ackerbau
versagt und der Nomadismus auferlegt ist. Groüe Gebiete
sehen selten Menschen, eigentlich unbewohnte Gebiete
von größerer Ausdehnung scheint es indessen selbst im
öden Innern Westaustraliens nicht zu geben. Aber die
dünnst bevölkerten Striche der Südhalbkugel liegen in
diesen drei südlichen Randgebieten, in denen ausge-
delmte Striche selten vom Fuße eines Menschen betreten
werden •^).
Die Bevölkerungszahlen sind hier immer nur klein
gewesen. Für ganz Australien werden heute nicht mehr
als 50 000 Eingeborene anzunehmen sein und in einer
besseren Zeit, d. h. vor den europäischen Ein- und Ueber-
gritfen dürfte die Zahl nicht 150 000 überstiegen haben.
Die Zahl der Tasmanier wird 1815 zu 5000 angegeben:
das würden auf die Quadratmeile 4 — <), also eine der
NaturbeschafiFenheik des Landes entsprechende dichtere
Bevölkerung als in Australien sein.
Was Südafrika anbetrifft, so nimmt G. Fritsch an.
daß die Zahl der Hottentotten der Kolonie zur Zeit des
Eindringens der Europäer etwa 150 0i>0 betragen habe,
mit Tindall weist er den Namaqua etwa 12 0O0 zu, die
Zahl der gleich den Namaqua schon teilweise verbasterten
Koranna schätzte ein Kenner 1858 ') auf etwa 20 000.
und endlich weist Gustav Fritsch den Buschmännern vor
der Ausrottung 10 000 zu. Das wären 102 000, wozu
■ BevölkeruugBzalilen Jec g<fmiißigl*n J^üdiimerilias. (15
uoch an Bewoliuern der Kulahuri vum Betscbu an ein stamme
einige Tausend kommen mögen, so dali eine sichörlich
nicht zu geringe, eher optimistische Schiitaung eine Dich-
tigkeit filr das Gebiet südlich vou 22" a. Er. und west-
lich Ton 25" 5. L. Greenw. von 7 — t* ergeben würde,
Endlich bleibt Südamerika, wo für Feuerland nacli
nlterer Annahme des Missionars Bridges, welche Bove
bestätigte, 8000 Einwohner angenommen wurden''),
während andere nur von ÖOO — lOOU sprachen Ea scheint
aber die Zahl 3U00 den jüngsten und gründlichsten Er-
hebungen zu entsprechen. Wie überall ist diese großen-
teils vom Fischfang und der Jagd auf Seetiere lebende
Bevölkerung verhältnismäßig dicht an den Küsten, während
ilas Innere der Insel nur im Osten von den guanako-
jagenden Stämmen regelmiißig besucht wird. Alle Völker
südlich vom Rio Negro und von Chiloe gehören zu den
ausgesprochenatcn Jagd- und Fiscliervölkern , die wir
kennen. Der Westrand gehört den Fischern, der Osten
den Jägern. Das Gebiet der letzteren ist zwar ungleich
griilk-r. aber ohne Zweifel auch viel dünner bevölkert, als
die Inseln und Küstenstriche, welche von jenen einge-
nommen werden. Musters stellte der Zahl von 400il Er-
wachsenen, die Fitzroy für ganz Südamerika südlich von
4'*" s. Br, annahm, von denen ca. 2501), also vielleicht
.jOO" Seelen auf die Tehuelchen kommen würden, 14U')
Seelen als die Gesamtzahl alter Patagonier gegenüber.
Seelstrang bestätigt diese Zahl''), Gewöhnlich wird diese
Zahl, welche eine ganz abnorm dünne Bevölkerung anzeigt,
als richtig augesehen. Sie scheint in derThat mit früheren
Angaben ') Übereinzustimmen. Aber in dieser oder einer
ähnlichen Summe sie festzuhalten, wird nicht möglich sein,
da sie von den zahlreicheren nördlicher wohnenden Pam-
peroa nicht streng zu trennen ist. Durch diese Verbindung
(gerade dürfte sie in den letzten Jahren erheblich zugenom-
men haben, denn als die argentinische Regierung 1870
ihre Grenze an den Rio Negro vorschob, wurden die
Pampas von Indianern gesäubert, die sich, insgesamt
auf äOOO geschätzt, zu den Araukanern westlich und den
Patagoniem südlich zurückzogen.
ICatzel, AnUiropogrogi'aphie II. .'i
(>6 Wechsel zwischen Bewohntheit und Unbowohntheit.
Wir erhalten also folgende Uebersicht der südlichen
Randgebiete und ihrer Völker:
Areal in Q.-M. ursprQngl. Bevölkerung Dichtigkeit
Südafrika 26000 200000 7.7
Australien 138500 150000 1.0
Tasmanien 1230 7000 5,7
'Tilief ( »7T00 10000 0.0
183430 3»w000 2.0
£s ist ganz natürlich, dali man in allen diesen Grenzgebieten
dem Widerstreit der Angaben früherer und spilterer Besucher über
Bewohnt heit und Nicht bewohntheit weiter Strecken begegnet. In
den weiten Räumen verschwinden die wenigen Menschen für den
einen, während der andere unerwartet auf ihre flüchtigen Lager-
stätten stösst. Stuart sah auf seiner zweiten Reise ins Innere von
Austrulien vom 1. Januar bis 23. Mai It^Ol keinen einzigen Einge-
borenen und begegnete auch nur sehr wenigen Spuren dt'rselben*).
Man wird deswegen doch nicht behaupten wollen, dali dieses ganze
<iebiet völlig unbewohnt sei. nur nähert es sich sichtlich dem
Zustande der L'nbewohntheit. Zerfällt ein solch ärmlich ausge-
stattetes Land in Inseln, wie z. B. das südwestlicliste Südamerika,
so bringt diese Unstetigkeit einer an sich dünnen Bevölkerung
die Wirkung der Gezeiten auf einem Strande hervor, den seichtes
Meer periodisch bedeckt und verläßt, nur daß dann Generationen
zwischen Trocken liegen und Ueberflutetsein folgen. C. Martin
hat die Archipele der Chonos und (luaytecas als unbewohnt be-
zeichnet'), spricht aber zugleich von Traditionen über ihre einstige
Bewohntheit bei den Chiloten. Auch sind auf den (Juaytecas
Hohlen mit Mumien und einzelne Steinwatten gefunden worden.
Nun hat al>er neuerdings ein britischer Seefahrer seine sehr an-
ziehenden Beobachtungen über die Westküste Patagoniens mitge-
teilt, aus welchen hervorgeht, daß nun wenigstens die Chono«
wieder als bevölkert anzusehen sein werden*"). Cnd zwar ist diese
Bevölkerung derjenigen des Feuerlandes nahe verwandt, gleich
dieser sehr dünn gesaet, arm, und veränderlichen Wohnsitzes.
Diese Veränderlichkeit greift noch viel weiter nach Norden in
Länder aus, die wir heute für paradiesische Zufluchtsstätten euro-
päischer Auswanderer empfehlen hören und welche jedenfalls zum
größten Teile bewohnbar sind. So dünn war auch Ostpatagonien
noch im vorigen .lahrliundert bewohnt, daß die beiden Missionare
Strobl und Cardiel, Mitglieder iler Quirogasclien Forschungsexpe-
dition (1745), trotz aller Bemühungen bei woolienlangem Ümher-
reisen keinen einzigen Eingeborenen zu Gesicht bekommen konnten:
das einzige, was Menschliches sie entdeckten, war ein Grab^M.
Polynesien als Randgebiet. In Polynesien ver-
schmelzen sich die Merkmale der Randhiu^e mit den
\
t
pKlftwsira »1» IUji<l)i«hii.>t. (17
k ULDÜehen KiK*^nllln]lichkeit(>ii iiimiliirtT ttt»
I Es i«igt in Keinen buUercii Stn«i:ki>n unil
wo gr^St-rv 1d!i<-Iu fvhlen, liio Wwicli-
des Kaudjfebiete». Weini im urkli-
mWb Bao^vbiet oder in Australien di« Stftinino nivh
«öl Knbvoea. um ihr Leben erholten 211 kOum<u —
(Dw Emüibo streben wie ander« Wilden dMiiirli, ihm
TEüti zem Lebensonterhalt dadurch m vermehren, dikU
äe eäa gvSfieree Ar»«] in AnHpruch nehmen ' - ho
greift hier das Meer ein, um Ober den grüütun Oxenn
lue äruliche Summe von lOOOU (juadratuioilnn Land
in Ge^lalt ron vielen Tausend Inneln ui «orstri'u^n und
itnih eine entsprechend weit, verbreitete Kev'illtururiK
m ein« Meng'e von einzelnen inuliertun Uruup«u xu /iir-
t«iIeD. Geringe Hilfsquellen und beüchränKtur Vurkohr
können uns unt«r solchen Umständen in den f{lUi:kli(ih«it»ii
Zonen entg^^ntoreten.
Wenn das Schicksal eines Volkes um «o nchwankendar
i-t. je ärniiicher die Hilfsmittel Heine« Wi>linniumos und
je gerintrer daher weine Zahl, «n wcnle» dl" Heividiiifr
vieler von den zahlreichen kltiiiirn Ium'Ih iIi.- Stilluri
Ozeans dieselbe Erscheinung »chwankeniler VidkN/.iililui)
bieten, wie wir sie in den Kiindländem der Oekuinniin
überall finden. In der Thut, wie die Wo^en iles MeereN,
denen sie so vertraut sind, wiindelii in beNtiludigi'Ui
Wechsel von Steigen und Fallen die Wellen potyiiüsisclier
Eilandvölker an uns vorüber. Pitcitirn wird stetM diiH
klassische Beispiel bleiben. ITü'i, uIh es von jenem re-
bellischen SchifFsvolk der „Bounty", desHcn Tliaten und
Schicksale die größte Hobinsonade der Wirklichkeit dar-
stellen '^), zum erstenmal betreten wiird, war diesen Kiliuid
menschenleer. Aber ea barg in nihen BildMilulen nun l^ava
auf steinernen Plattformen, die denen der OtiterinHel
gleichen und auch hier als Grabmäler gedient hiihen,
in basaltenen Steinbeilen, steinernen ScIiÜXNeln und
Speerspitzen, letztere ganz denen Tahitix ähnlich 11. u.
Reste einer Bevölkerung, die nicht bloD eine IIUt;htig vor-
Qherziehende gewesen sein konnte. Der seltsame Stamm
von Menschen, den nun hier europäische MatroMen mit
1
68 Schwankende Bevölkerungen in Polynesien.
Polynesierinneu zeugen, welche sie aus Tahiti mitgeführi.
zählte 181 :> 4(), 1825 60 uud hatte 1831 die Zahl von
S7 erreicht, aber bereits wurden Auswanderungen zunächst
nach Tahiti nötig, weil der Wasservorrat des 5 Quadrat-
kilometer grossen Eilandes sich zu gering erwies. Die-
selben ließen den kleinen Erdraum nicht menschenleer
zurück, der auch nach einem großen Exodus nach der
Norfolkinsel 1856, als die Bevölkerung auf 100 ange-
w^achsen war, nicht entvölkert ward; doch hinderten sie
den Fortschritt der Kulturentwickelung des neuen Insel-
völkchens, über ein nahes Ziel hinauszugehen^^).
Aussterben. Rückgang oder mindestens Mangel des
Anwachsens der Bevölkerung tritt uns so häufig in Poly-
nesien entgegen, daß wir — trüber Zustand! — darin
fast die Regel erkennen müssen, welche dort die Bevölke-
rungsbewegung beherrscht. Gilt sie doch auch für die
größeren Inseln, wie diejenigen des Hawaiischen Archipels.
Wir erinnern nur au Finschs Schilderung des Küsten-
striches von Waimanalo auf Oahu. wo die Spuren, daß
an der Stelle, die heute 50 nährt, einst Hunderte wohn-
ten, nicht bloß neue sind. Kann es doch für nachgewiesen
gelten, daß nicht erst die Europäer diese schwankende Be-
wegung der Bevölkerungszahl hervorgerufen haben. Die-
selben hatten seit Schoutens erster Fahrt sich von den armen
Paumotu ferngehalten, als Wilkes mit der U. S. Exploring
Expedition sie 18r50 zuerst näherer Kenntnis erscliloß.
und doch berichtet dieser von mehreren Spuren einer Be-
völkerung, die einst größer gewesen sein mußte, als zu
seiner Zeit, wo sie nur noch auf etwa eine Seele aijf
den Quadratkilometer zu schätzen war. Die gepflasterten
oder mit Steinstufen belegten Wege erinnern an die
Palau- und andere Eilande der mikronesischen Gruppe,
welche imposante Spuren einer einst dichteren Bevölke-
rung aufweisen, ohne daß man doch einen gewaltsamen
Eingriff der Weißen vorauszusetzen hätte. Die eine That-
sache schon, daß künstliche Beschränkungen der Vermeli-
rung. hauptsächlich Kindsmord, anerkannte Institutionen
in weiten Gebieten Altpolynesiens waren, deutet darauf
hin, daß mit dem Eintritt der Weißen in diesen Kreis
Partielle Bewohntlieil poIyiiUBiscber liiBelu. liy
die menschen zerstur en'len KrHfte vielleicht zugenomiiit-n
hahen, dali s^ie aber keioe ganx neuen Zustände st;haflleii.
Wir eriuneru hier auch an eine andere Gruppe von
Thatsachen, welche durch eine Erfahrung Cooks repräsen-
tiert sein mag, der bei seiner ersten Entdeckun}^ ilcr
Herreyinseln auf unbewohnt* Eilande tnif, während er
anf der zweiten Reise selbst auf den kleinen Otakutnis
Sparen zeitweiliger Bewohnung fand. Teils durch die
Natur dieser oft am notigsten Mangel leidenden Inseln,
teils durch geschichtliche Ereignisse ist nämlich eine
eigentümliche Art. von partieller Bewohntheit be-
dingt, welche häufig den Schlutj ku unterstützen scheint,
dn& die Bewohnuug eine Thatsache von neuerem Ur-
sprung. Abgesehen von der steinigen Beschaffenheit und
Wasser! osigkeit, welche auf den Pauraotu von 90 eng-
li^icben Quadratmeilen nur 3,5 Quadratmeilen bewohnbar
sein Iä£it und auf den UarshallinReln nicht mehr ab '.'mn,
auf den Pescadores nicht mehr als ','*"" der Oberfläche
der Bewohnung darbietet, gibt es ein nicht ganz klare«
Motiv für die nur dünne und teilweise Bewohnung mancher
besser gearteten Inseln und Gruppen. Zunächst ist auf-
fallend, daß das Innere ganz fruchtbarer Inseln früher
in der Regel unbewohnt, also auch ungenutzt lag. Die
Unbewohntheit des Innern der Inseln hebt schon G. Forster
selbst bei der Sozietätsgruppe hervor und *ie ist seit-
dem sehr oft bestätigt worden. Wir wollen nur auf
ilie eingehende Schilderung hinweisen, welche Moseley
den Admiralitätsinseln gewidmet hat, deren geräumige
Hauptinsel zur Zeit des Besuches des ,Challenger' nahezu
unbewohnt war. Die Challengerleute fanden auf ihr nur
eine einzige kleine Niederl^-ssung, wahrscheinlich neueren
Ursprunges. Im Übrigen aber waren die Siedelungen
auf die Ränder der kleinen weit auseinanderliegenden
Au&eninseln beschränkt, und selbst von diesen waren
wieder viele unbewohnt"). Als Grund dieser Verteilung
nennt Moseley den Schutz gegen wechselseitige Ueber-
Tälle. So findet man auf den Rukinseln nur die hohen
Inseln dauernd bewohnt. Bloti die Insel l'is macht hier-
von eine Ausnahme. Die niedrigeren und kleineren Ei-
i
70 Unbewohnte Striche im nördlichen Grenzgebiet.
lande werden nur zeitweilig des Fischfanges wegen be-
sucht^*). Ebenso steht es mit vielen der kleineren Inseln
der Paumotu, die nur zeitweilig von den Bewohnern der
größeren oder von Tahiti aus zum Zwecke des Fisch-
fanges aufgesucht werden. Man findet das Gleiche in
dem großen Korallenarchipel der Malediven wieder. Der
Inselkreis des Milladue-Madue- Atolls zählt hier 101 Ei-
lande, von welchen 29 bewohnt sind. Von den übrigen
Eilanden werden manche zeitweilig besucht und bewohnt,
wenn ihre Produkte gesammelt werden sollen ^*^). Unter
solchen Umständen könnte Kotzebues Vermutung, die ihm
beim ersten Besuche der Radakinsel angesichts der Jugend-
lichkeit der Anpflanzungen und der großen Kinderzahl
aufstieg, daß dieselbe erst seit kurzem bewohnt sei ^^),
für einige derselben wohl begründet gewesen sein, wie
denn auch die häufige Wiederkehr der Sage von der
Unbewohntheit der später bewohnten und nicht zu den
kleinsten zu rechnenden Inseln wie Rarotonga, Mangarewa,
Kingsmill, Tubuai in diesem Lichte verständlicher wird.
Unbewohnte Striche im nördlichen Grenzgebiet. Der
größte Unterschied zwischen den nördlichen und süd-
lichen Randvölkern scheint auf den ersten Blick darin
zu liegen, daß jene zwei breite, in sich zusammenhängende
Gebiete im nördlichen Europa, Asien und Amerika be-
wohnen, während diese auf schmale Halbinseln und Insehi
beschränkt sind, welche durch weite Meeresstrecken von-
einander getrennt werden.
Naturgemäß bilden aber auch dort den Uebergang
von den unzweifelhaft unbewohnten zu den sicher be-
wohnten Gegenden der Erde die eben besprochenen Striche,
die eine so dünne Bevölkerung besitzen, daß man bezüg-
lich weiter Strecken im Zweifel sein kann, ob sie bewohnt
seien oder nicht. Die Nordgrenze der Oekumene wird in
ihrer ganzen Erstreckung durch solche Gebiete gebildet,
in denen das Netz der Bewohntheit und des Verkehres
so breite Maschen hat, daß es oft fast unsichtbar wird.
Als gelegentlich des höchst unglücklichen Rückzuges der
Mannschaft des nordamerikanischeu Polarschifl^es „Jean-
Leere Stellen in Nordaaiea, 71
nette*, welches im Eise Kerdrückt worden war, nach dem
Leoadelta die Frage der Bewohntheit des letzteren auf-
geworfen wurde, atellte es sich heraus, daß eine so ein-
fache Antwort, wie diejenige Latkins. der von »drei
jakutischen Dörfchen Tum&t, Sagostyr und Ohofinginak'
auf den lusehi des Delta spricht'^), gar nicht gegeben
werden kann. Leider hatte man dies nicht früher Über-
dacht und De Long rechnete daher beim Antritt seines
Marsches durch diesen höchst schwierig zu passierenden
.Archipel großer und kleiner Inseln, welche durch ein
Netzwerk von Flüssen voneinander getrennt sind', wie
MelviUe treffend das Lenadelta nannte, mit größerer Sicher-
heit, als eigentlich in diesem Erdstrich nomadischer Wohn-
weÜB gestattet sein kann, darauf, buld hilfreichen Menschen
m begegnen '■'). Unglücklicherweise durchzog er nun
d«i zwischen dem Flusse Abibusey-Aisa und den Inseln
des fiatlichen Deltarandes gelegenen ödesten Teil des ganzen
Gebietes, von dem auch MelTÜle, der die Aufsuchung der
Leichname leitete, nirgends etwas Bestimmtes vernehmen
konnte. Die Hütte, in welcher das erste Cpfer, Eriksoii,
^t.irb, war den meisten Leuten unbekannt, sie war wegen
Wildarmut und schlechter Fischerei in ihrer Umgebung
nicht bezogen worden. Ebenso war die Hütte von Barkin
damals seit zwei Jahren unbewohnt. Eine Tungusenkolonie,
wie Kapitän Johanneisen sie bei seiner kühnen Einfahrt
mit dem Dampfer in die Lena Anfang September fand,
rriumte wohl im Oktober das Feld und in der That wird
von diesem kühnen Eisfahrer Tae-Ary (auch Tit-Ary) als
erste Ansiedelung an der Lena bezeichnet*"); und diese
liegt schon oberhalb des eigentlichen Delta. Die Jalmal-
halbinsel, das .Paradies derSamojeden", ein von melireren
Hundert Familien dieses Volkes Verhältnis mäiäig noch dicht
hewohnter Teil Sibiriens, erfährt im Winter dasselbe
Schicksal. Nordenskiöld sah auf der Vegafahrt keinen
Menschen, auch keine Spur von ihnen, auf der fast
100 Längengrade messenden Strecke vom Strande Jal-
mals hi« ?.ur Tschaunbai, ausgenommen ein unbewohn(«§
Uäuächenan der Östlichen Seit« der Tscheljuskinhalbinsel*').
Im Becken der Loswa leben auf 100 bis IJO Quadratmeilen
is.
2 Bevölkerungszahlen am Nordrand der Oekamene.
nur etwa 15 wogulische Familien in einer an Patagonien
und Feuerland erinnernden geringen Dichtigkeit. 16 Hütten
sind die grüßte Hüttenzahl, die an einer Stelle zusammen-
liegen, sozusagen die Hauptstadt Woguliens bildend, wäh-
rend in der Kegel nur 2 — 3 Jurten beisammen sind. Im
ganzen Ululi Bulun wohnen 221>3 Seelen, davon 800 in der
Waldregion der Lena und des Olenek, an der Waldgrenze
selbst zwischen Lena und Anabara 500 und in der Tundra^
namentlich auf den Mündungsinselu der Lena und des
Olenek zeitweilig über 000 =^2).
Die Gesamtzahl der nichteuropäischen Völker, welche
Asiens Festlandmasse und Halbinseln nördlich vom <>0.®
n. Br. bewohnen, können wir zu ungefähr 330000 an-
nehmen, welche schätzungsweise folgendermaßen auf die
Hauptstämme zu verteilen sind:
Samojeden 10000,
Wogulen und Ostjakcn . . . 25 000,
Tungusen . . ' 08 000,
Jakuten 211000,
Kamtschadalen 1 950,
Korjaken 2 750,
Tschuktschen 5 000,
Asiatische Eskimo .... 2000.
Es kommen also 2 bis 2,5 Menschen auf die Quadrat-
meile und in einigen Gebieten,* die wir bestimmter um-
grenzen können, wie Kamtschatka und Tschuktschen-
halbinsel, ist noch nicht ein Bewohner auf der Quadrat-
meile zu zählen.
Auf der amerikanischen Seite haben wir Schätzungen,
die fast an die Genauigkeit von Zählungen heranreichen,
in Alaska und Grönland, dort 25 000 bis 31000 Ein-
wohner ohne Weiße und Mischlinge, hier 10 300. Ferner
in Labrador OOOO ^^) (40OO Indianer, 2000 bis 2200 Es-
kimo nach Rink), auf den Inseln des arktischen Archipels
und dem Küstenrand Nordamerikas gegen 4000 Eskimo,
endlich Indianer in den Gebieten der früheren Hudsonsbai-
gesellschaft 30 000 und dazu 5O00 bis OOoO Indianer des
Athapaskagebietes, zusammen etwa 50 000 Indianer und
40 0<H) Eskimo im westlichen Teile der nördlichen Rand-
«ebiele der C»ekiuB«Dr. wm äme ^ . —
üeht einer St-tJe saf I QMfcwhwrJf betafat. Die Dichtig-
keit sinkt in lAbndur bdJ GifiidaBd raf 0.?4 und "^.
UnterMkiede der Bewahatkeil Aes aiirühtksiem Asn
Utd Aneriks. Du poUn A^en wird im gsszäi besser be-
wohnt, als das polaxe Anerika. «nl rt bmtrr, madiger,
ynnaifmut iliiMggpdgr eich in die aHrtncbcs Bcfpooea haMn-
streckt, dadi^ch wJe WeK*, tob deaen £e «iclrt^rtai
atirtli groie Ström« angezeigt atad. in die wfldHekefCT
Gebiet« besitzt, und in «iner. wem aucb «rati e ute n md
Jfinnen, w> docb jederai^it oSencn Yntiindinig nüt den
Ländern dichterer Berölkt-niiig im Sodoii st^hL Gewisse
VoraOge der Kataran^^tattuof; der Aken Welt finden da-
her ihren Weg bi^ in die einigen Gebiete des asiatischen
j Kältt;pob, welche die ?ielleicht kältesten Piinkle der Erde
Dmschlie§en. Da die Nordrolker AJter Welt das Ren-
tier !:um Zug- uml Reitlitr t-rhiibtti haWn. erstrecken
sich die Weideländer herdenreicber Rentiemomaden in
Gebiete, deren Parallel auf der neuweltlichen Seite nur
uoch die an die Etlsten gebundene Eskimobevölkerun*; in
kleinen, armen Gruppen erkennen läßt. Die Tscbuktschen-
halbinsel, zwischen dem .'lit. und 7:^." n. B., zeigt deut-
lich, von welchem Erfolg diese Tliatsaehe für die Völker-
verbreitung ist. Denn an der Küste nährt sie eine hin
und her wandernde, vom Fischfang lebende Eskimobevöl-
kerung, während im lonereii jene nach Abstammung und
Lebensweise weit abweichende Bevölkerung von Rentier-
nomaden wohnt, welche uns in den GrundzUgen ihrer
Lebensweise aus dem äu&ersten Nordostwinkel der Alten
Welt in deren äußersten Nordwesten, zu den Lappen der
norwegischen Alpen, versetzt. Als Reittier geht das Ren-
tier bei den Tungusen bis ans Eismeer, es wird bei den
.Takuten von den Zughunden abgelöst, aber in deren Ge-
biete geht zugleich das Pferd bis zum 71." n. Br., näm-
lich an der Jana, wo nach Ferd. Müllers Angaben außer
Pferden in Ustjansk selbst noch Rinder vorkommen. Daß
beide Tiere im Lenathale viel weiter südlich zurückbleiben,
ist er geneigt, zufälligen Einflüssen, besonders der ge-
74 VerhUltn. z. d. Südvölkern in Nordasien u. Nordamei'ika.
ringeren Thätigkeit der dortigen Eingeborenen, zuzu-
schreiben, welche nur äußerlich Jakuten, der Abstammung
nach aber Tungusen sind-*). Die Frage oflFen lassend,
ob die Jakuten die Viehzucht, welcher sie mit einer ge-
wissen Leidenschaft obliegen, aus ihrer türkischen Steppen-
heimat mitgebracht oder ob die Russen dieselbe erst bei
ihnen eingeführt haben, dürfen wir jedenfalls eine wesent-
liche Förderung der Besiedelung dieses Gebietes in dem
Besitze von Tieren erkennen, welche z. B. den Tungusen
am Olenek gestatten, alljährlich zwischen Wiljui und dem
Sjrungasee mit ihren Rentierherden Hunderte von Werst
zurückzulegen. Dabei mögen sie nomadisch im schärfsten
Sinne des Wortes, d. h. jeder festen Heimat entbehrend,
sein oder nur zeitweilig auf Wanderung sich begeben,
immer aber zum gleichen Orte, den sie als Eigentum
erkennen, zurückkehren.
Im arktischen Amerika hat ursprünglich die frucht-
bare Beziehung nach Süden gefehlt, welche Eisen und
Viehzucht, sogar Erzeugnisse chinesischer oder japanischer
Industrie-*) bis in den äußersten Nordosten des Erdballes
getragen hat. Die Völker, welche die äußerste Rand-
zone bewohnen, sind hier nicht von Süden gekommen,
sondern von W^esten. Bis zur Behringsstraße haben die
Eskimo ihren Weg von Süden her gemacht, dann aber
sind sie an der Küste und auf den Inseln bis nach Ost-
grönland hinüber gewandert. Ihr Verhältnis zu den süd-
lich von ihnen lebenden Bewohnern des nordamerikanischen
Kontinentes ist daher ein ganz anderes, als wir es z. B.
zwischen Tschuktschen und Korjaken finden. Die Eskimo
sind Fremde in Amerika. Sie gehören nur den Küsten
und Inseln an. die sie ganz anders ausbeuten, als es in
Nordasien geschieht, wo ihnen kein Volk an Schiffahrts-
kunde und -Kühnheit zu vergleichen ist. Gerade die-
jenigen Gebiete, welche wir in Nordasien ganz dünn
bewohnt und unbewohnt gefunden haben, sind in Nord-
amerika der Sitz des eigentlichen Randvolkes der Es-
kimo. Es ist sehr bezeichnend, daß im nordöstlichen
Asien, auf der Tschuktschenhalbinsel, wo wir zum ersten-
male den Eskimo begegnen, wir auch die dauernden
Nahningsquellen der nOrdliuhen RundvÖlkei-, 7r>
KüstendörtVr finden, welche nun bis Ostgrönland hinüber
nur wenigen Küsten Erichen gtiiiz feMen.
Die Abhängigkeit von der Tierwelt des Meere*
ist das Grundgese^ der Verbreitung des nenrktischen
Menschen. Mag er auch Landtiere jagen, so liegen doch
seine Hilfsquellen zum größten Teil im Meere. Viele
von den Läadero, an deren KUsteu man ihn findet, sind
durch Eisbedeckung unbewohnbar. Von Viehzucht kann
keine Rede mehr sein. Es ist also eine viel einseitigere,
leichter erschütterte und gefährdete Esistenz. Und nicht
vom Meere selbst, wie des Polynesiers. sondern niöhr
?om Eis hängt die Existenz des arktischen Küsten- und
Inse Im en sehen wesentlich ab. Dringt es vor, so schränkt
es ihn ein. schneidet ihn von seinen Hilfsquellen ab,
drückt ihn moralisch zwischen Meerei^ und Inlandeis zu-
sammen, geht es zurück, so erlangt er die Verfügung
über eeine Lehensquelle wieder. Diese Eisbarrikaden
bringen bis nach Island Notstände und der Rückgang
der ostgTÖnliindiscben Bevölkerung ist nicht zu verwun-
dern, wenn man an die unberechenbaren Eisscliranken
denkt, durch die am meisten ihnen der Polarstrom den
Zugang zur See verbaut.
Die Verunglückungen durch Ertrinken, Verschlagung
in Böten und auf abgebrochenen Eisfeldern nehmen in
den Totenlisten hochnordischer Länder eine hervor-
ragende Stelle ein. Schon in den FarÖer sind 8"n der
Todesfälle gewaltsam, in Grönland 11"/", worunter 7"ii
auf Tod durch Ertrinken fallen. Im Winter 1888,Sli,
den Nansen in Qodthaab zubrachte, ertranken nach der
Ang&be dieses Reisenden, der die Geschicklichkeit der
Eskimo im Kajakfahren so sehr rühmt, nicht weniger
als tj Kajakfahrer in den Umgebungen dieses Hafens **).
Und die isländische Statistik verzeichnet von 18-">0 bis
I87ü 202(i gewaltsame Todesfälle, wovon 1()47 durch Er-
trinken. Es ist eine Existenz, welche ungeheuer viel ver-
braucht: Zeit, Kraft und Leben, um sich zu fristen. Com-
mander Roß stellt einmal Betrachtungen über die Zeit
an, die der Eskimo braucht, um das so häutig wieder-
kehrende Geschäft des Schnee- und Eisschmelzens im
I
7() Der Nomadismus in den Randgebieten.
Steinkessel mit der Tliranlampe zu besorgen; der Euro-
päer besorgt dieses mit Blechnapf und Spiritus in 20- bis
.SOmal kürzerer Frist. Schon darin sieht er ganz richtig
eine Ursache des trägen und ebendeshalb so viel ge-
fährdeten Lebensganges.
Der Nomadismus in den Randgebieten. Als Czeka-
nowskys und Ferd. Müllers Olenekexpedition ihren Weg
an dem mittleren, östlich gerichteten Laufe dieses
größten unter den mittleren Flüssen Sibiriens sucht6|
begegnete sie in 4 % Monaten nur zweimal verein-
zelten menschlichen VVesen und zwischen diesen nur
seltenen Resten vorübergehend bewohnter Hütten *^.
Und doch durchstreifen die jakutischen Jäger dieses Ge-
biet bis an die See, wobei sie zu verschiedenen Zeiten
desselben Jahres vorübergehende Wohnsitze, die 150 bis
200 deutsche Meilen auseinanderliegen, einnehmen. Die
Jurten der einzelnen Jakutenfamilien liegen jenseit« des
werchojanskischen Bergrückens oft mehrere hundert Werst
auseinander, so daß die nächsten Nachbarn einander in Jahren
nicht sehen. «Diese Entfernungen/ sagt Wrangel, ^sind
größer, als das Weidebedürfnis erheischt, sie entspringen
dem Wunsche des Jakuten, einsam und abgeschieden za
sein* -^). Wir legen dabei nicht das Gewicht, wie russische
Schilderer dieser Verhältnisse, auf die Unterscheidung
eines vollständig heimatlosen Umherziehens, wie es diese
jakutischen und jukagirischen Jäger üben, und eines zeit-
weilig wiederkehrenden Hinausstreifens über die Grenze
eines fest umschriebenen, zu Eigentum erklärten Wohn-
gebietes, wie es bei Tungusen gefunden wird. In beiden
Fällen ist doch das Bestreben maßgebend, ^to cover a i^-ide
area**, wie dieses Parrv ganz richtig als unbewußt treiben-
den Gedanken in den Wanderungen der Eskimo des nord-
jimerikanischen Polararchipels gekennzeichnet hat. Ein
enger Raum erzeugt nicht genug zum Leben, die schweifende
Lebensweise ist also keine willkürlich angenommene Ge-
wohnheit, sondern ein Gebot der Notwendigkeit. Der
Eskimo muß bereit sein, den unberechenbaren Unter-
schieden im Auftreten der Jagdtiere und in den für die
78 Ausschliefilichkeit der nördlichen Randvölker.
früher andere Völker an ihren Grenzen Halt gemacht.
Es liegt in der menschlichen Natur, daß das Verschiedene
.sich ausschließen will, weshalb wir die Feindschaft des
mongolischen Nomaden gegen den chinesischen Acker-
bauer oder den Haß des besitzenden Betschuanen gegen
den Buschmann, den räuberischen Proletarier der Wüste,
verstehen. Aber in der Blutfehde, welche in der ganzen
weiten Breite ihrer Begrenzung die Estimo und die nörd-
lichsten Indianerstämme auseinanderhält, liegt etwas
Tieferes. Sie müssen aber auch AUeinheri-scher und
alleinige Nutznießer ihres Landes bleiben, denn ein Vor-
dringen der Indianer in dasselbe würde in Kürze ihre
Nahrungsqucllen versiegen machen, sie selbst dem Hunger-
tod preisgeben, und dies um so mehr, als die Indianer
bis in diese armen Gegenden herein unvorsichtigere, die
Schätze der Natur rücksichtsloser zerstörende Jäger sind,
als die Eskimo. Es schieben sich keine Viehzucht-
nomaden wie in Nordasien zwischen die Jäger. Wie
könnten die Eskimo, die so oft sich gezwungen sehen,
ihre kleinen Stämme zu zerteilen, um einen größeren
Kaum zur Lebenserhaltung aller zu umfassen, auch noch
andere Völker in ihre Mitte aufnehmen! Daher die fast
krankhafte Angst vor ihnen, welche die nördlichsten In-
dianer überall an den Tag legen und welche sicherlich
ihren Grund nicht nur in der Furcht vor der durch das
sfheußliche Massacre der Begleiter Hearnes hervorgerufeneu
Blutrache hat"'"}. Mit Staunen beobachtete Franklin die
Vorsichtsmaßregeln, welche seine den Tschippewähs ange-
liörigen indianischen Führer anwendeten, als sie in die Nähe
der Eskimo des unteren Kupl'erminentlusses gekommen
waren. Feuer wurden mit der größton Vorsicht angezündet
die auf Höhen führenden Pfade vermieden, der verräterische
Charakter der Eskimo in düsteren Farben gemalt. Selbst
in ihren Sagen spit'lt das Land der p]skinio die Rolle
^^ner fernen Insel, nach der einzelne der Indianer als
Le^ven fortgeführt werden und aus dem sie auf wunder-
wohi "Weise den Rückweg linden. Bis in die Ortsnamen
Eskiiken sich die blutigen Erinnerungen. Auch Killer-
s(hied*lie große Wunde," und Erkillersimavik, .die Stelle,
Feindschaft zwischen Eskimo und Nordindianem.
79
wo man verwundet wird" bei Niiin knüpfen an die Uebei-
liefemng von Kämpfen zwischen Eskimo und Indianern an.
Der tiefere Grund ist die Schärfung des Daseinskampfes
durch die Not, welche an dieser Grenze der Mensch-
heit herrscht, wozu hier mciglicherweise auch noch die
Erinnerung an die vielleicht nur wenige Jahrhunderte alte
Tsurpation der Küstenstriche durch die von Westen her
gekommenen Fischfresser (= esquimantsik im Algonkin) sich
ifesellt hat. Merkwürdig ist, daß wir dieser Feindselig-
keit auch an der äußersten Südgrenze der Eskimo der
Behringssee gegen die Stämme der Koloschen begegnen, wo
jedoch die Kämpfe zwischen Kaniagmuten und Koloschen
des Kadiakarchipels glücklicherweise zur Aufrichtung einer
Fremdherrschaft und -damit zur Anbahnung des ethno-
irraphischen Austausches, der diese Völker so eigenartig
bereicherte, und endlich wohl auch zur Ifassenmischung
:/'tuhrt h;i])on. So alt und all<;enu*in ist aber dieser
::-i!:dli<he (ietrensatz, dal.'; wir ^ar nicht erstiinnt >in<l.
'-^rViU Elli< lins von den grausamen Ausselireit untren der
iTi'iiiiner am Südufer der Hu«lson>bai und in Labrador
i'ir.ire ♦•rzäblt. die ^anz denen gleich«'!!, <lie blutig in die
I'-rricbte vi»n Hearne. Franklin, Hack mid Simpson ein-
.'•rZrirhnf-t >ind •''!.
Kr kiir.n klrin»; Völk»'r von «rroJ.'!»'r •■thiioi-'"ra|tlii<ilit'r KiLTi-njit
,--,-!i; «li'- lii^" ibi.'Wnlini.'i' li»'f»'rn in cifii v«*rsrlii'"l».'n>tr'n 'r».'il»'n «K-r
::■'■ d.itijr H*'l«\iio. Al)i*r in ilor Iu-lt»'! w»*iilen «li.« Völk'T. lür
.". 7.:L1 i;<-rijii5 sin<l. aut^li fthnoirriijfliisfli arm nurl »-intViih >»iii.
•\i* v.>r. .inü'-n Imm- zu ilnn-n «rt'laniji. v»Ml»rrit'-'l >i<li ni-rh iluri'li
:.Ti r.Tj.li ilinmi niflit frfnn:k'n Taus'.hvt'rkt-lir iili»'r «-in w»*.!'"^ ««•'-
r* ^.r...•ri^<.^ i-«t iil"»«r di\>, AufLT^^I'en •'inr^ Kult iirl'Hsit/.t ums. wenn
- ■.:\i\\i i:ur ^».'it»Mi> »'ini.-^ kloinrn Stamnirs ;,'i'.-rlii»'li1. «-in»' At-nur-
-_• ,'..-■ ••inen unv»'riiitltni>niäl.;i^ wi-itt.'n Kaum. |)if iiurnr-
.::■■:,•. ü'i: w».'it»' /«T'^trt-uunir einer u'eriniT'Mi M«MiLr'' von lili'-r-
" -T'-r. il'-r liicliard.'?on,-clir*n Ki"«meer-Kxj)i.-iliti(in. ilm^'n Tli. >im|'-
... ];; .I.ti:rr >päti'r bi«- Hatliur>t Inlot iM.'^ruMU.'t«'. <l«iiti-t «liuau:'
'. \\i'- VA^'.h <ii»" kl»'in».* Zahl tl«*r l'»f\\ohnor (li«\-r.< \\«.'itrn '!r-
•;''•..- •]:• — • Kfruniron-^ -liathMi an>l)r»-itt?n könnt«.*. Svlion vor
-.-. ! .li^ l'Hi ,IalH-»'n hat l[«Mrin- «.'i>»:*rne \V»>rk/.fni.'t' l-i-i «l».*n
.'•-:.:■.:■ -:*- KujttV'rtlus^o-^ anu'«:'tr<.iil'»Mi. die «loi.h im l{»'iclitum gt»-
.-*:n'. Ti Ku|'t»Ms ;:»'radt.'zu siiiwcJLrten. und wir .«ahen. ww Vireoly
i:;:.'-^ unlt.-r df*n nürillicli^t^'n Simren des hocharktischcu
■' :.>■:■!'■;• fand: alter am >chin;,'ri Mitt»'ll>rasiliens und am Ab-
l:orai]na in «Juvana ist dio Steinzeit eben ent im
( j . ■ -
gl) Rauche etbnographUcbe >'erändernDgen.
Seilwinden. Die erstaunlich raathe rmwandKluiig der PatH^aier
in ein Iti'iteivolk gelanfr leiclit liei einer GeEamtbevölkcrang von
wenigen Tausenden, und damit nitlimcn 2001)0 Quadrntmeilen ein
neue« ethnographische« üeprä^e an. Der groüe Abstand der
Osterinauliuier von beute und vor zwei Jahrhunderten konnte iieb
leicht in einer Bevölkerung erzenffcu, welche im besten falle die
Zahl von 2000 nicht Ulicralic^. >.s wird in iillen diesen und aiin-
liehen Ilillen der Widerstsnd fehlen, der auf eine grolie dichte
Bevölkerungeinenr^e sich stützt. Ebensowohl kann es nun aber
uuch vorkommen, daß in zeitweiliger Abschließung vom Beate einer
solchen weit verbreiteten Bevölkerung ein piiar fnmiliengruppen,
die einzigen Bewohner auf mehreren tau«end Quadralmeilen, irgend
einen eIhnographiHchcn Ke«itz aufgeben, wie die nördlichJrten
Kskinio Bogen und Pfeil oder ihre sndgrönliindischen Genonen
den Bundeachlitten und die iSclmcebUtte, ohne dafi man doch dii-
durcb berechtigt würde, auf weit zurückreichende Unterschiede
der Herkunft und Entwiekehing zu schließen. Von der Votstel-
lang den weiten Raumes beeinllulit. liut man viel zu großen Wert
auf denirtige Kn^cheinungen gelegt. Beim Rückgang einer solchen
kleinen tirui)|ie. der von Zeit zu Zeit mit einer gewissen Not-
wendigkeit eintritt, rfleken andere in die Lücke und die Besonder-
heit sehwindet ebeutio rusch vielleicht, wie sie gi'koinnicn. Bei
dem grollen Interesse, mit welchem man stets die KandvQlker be-
trachtet hat ' - ich urinnere an die Stellung, welche die Botcb-
iiiilnner und Australier ganz unten am Fuße des Ktammbanmes
den Men?chengi-8chleclilfB sieh iinweiseii lassen muliten — erscheint
es vielleicht angezeigt, diese (ieiiicbtApnnkte als Mabnnng zur
Yoi-sieht zn lielievuiffen.
Schwäche der Staatenbüdiing. Die Zerspljttei-uug
uiiil Zerstreuung ist das Prinzip der fte.-ieliacliaften und
Staaten in den Randgebieten, tirütierc Annammlunpen
sind mehr als unbequem, selbst mehr als schildlicli, sie
können verderblich werden. Gehen wir in Nordaräerika
von den DukofA. den Mandanen zu den nördlichen Nach-
biirii, deu Tschippev*-iih. so sehen wir die Stämme auf
ein Fünftel der Kopfzahl Ucmbsinkeu und alle bekriegen
sicli, jeder kämpft mit den Watfen ttlr die Unverletzhch-
keit seines .Jagdgebietes. Keiner der 10 ,Iiikutenstümint
Noi'dasiens dürfte über .'(00 Köpfe zählen und das ganze
ihnen benachbarte Vcilkchen der Omolven wird lieufe durch
drei Stumme darfiestellt, die in Summa 20(i Miinn stark
sind ^°). Wo auf - Quadratmeilen 1 Bewohner kommt.
wif im KoIvTiiagebiet. da ist eine stärkere Stammesorganisa-
tion undenkbar. Und docli sind dies Hirten, welche noch im
inneren des Tdchuktschenlaniiet). auf Hcrdtx rou Hiuiderbfu
TOD Beotieren geetfitzt, mit fKtitoiifffirbict«n<Jein Selb-
stindigkeitstrieb selbst den Eun^t^rn gr((«iiI>b«rtreleiL
WieTiel abhängiger sind dit llj[*erb(ireer S'ofdaJuerJluta,
welche die vorhin erwähnten Vorteilt ihrer i>Uwtitlk)t«n
Genossen entbehren, von der Natur ihrer Vutgvhunjf'.
Wenn schon bei den nüi-b-iUDdlicheu Iudi*nem ron der
weitverbreiteten Gruppe der T--*rlii)'pew&h ättliniue roa
2(X) JagdHihigen für groü gvtlvn, «* «nkt diu MhA ravcb,
|D wir nordwärts ku den KskJmo fofiwhreitfD. Itali.
fOrdliohste der heute beBt«head«a E«l(jmoui«d«r-
Bigeo in jenem Parodie« der Arkti«. wie Niirm diu
seMhOtzte und durch die Gezeiten frßh eisfrei werdende
Foulkebai genannt hat. besaß zur Zeit, ale es Kane von
seiner berQhniten Winterstation im KensseUerbafeD au*
besuchte, 1:^ Bewolmer, Bessels fand 2ü, in den Somuwni
1975 und \SSl war dos Dort' verlawteD, 1HA4 fnud die
Enlsatzexpedition, welche dit letzten 7 Mann dT Ladj
tranklinbaieitpeditifin vom Hungi-rtod rult^rti.-, diuiNidbe
wieder bewohnt^''). Von Igtlutuareuk in OKtgrönhuid,
Aas mit l'j Hütten wahrscheinlich ilie urQüte der oittgrön-
'üiclischen Niederlassungen ist, liegen bis Kap Ffirewell
lö Niederlassungen, von welchen inde^Heu die meisten
nur aus 1 bis 2 Hütten bestehen. Boas, der die Ver-
breitung der Eskimo nördlich von 7(1 " genauer unter-
sucht hat^*). kennt keinen Stamm nördlich der IJarrow-
'^tra&e, der mehr als 1(1 Hütten zählt. Dabei ist aber
"^ohl zu beachten, daß nicht die Zahl der Hütten ohne
weiteres auf diejenige der Bewohner schlieüen lassen kann,
ilenn schon Cranz wnßte. dafi Hütten, in welchen ein
Todesfall eingetreten ist, verlassen stehen bleiben, und
'^ gibt auch Wohnhütten, welche zur Aufbewahrung von
Vorräten dienen.
Diese Verkleinerung der Zahl der Stamme nach deu
Handera der Oekuinene hin , welche ebenso wie in den
eben beschriebenen Gebieten, auch in Australien, Süd-
westafrika und im südlichsten Südamerika vorkommt, —
Coppinger sah die Chonosinsulauer nicht in gröüer
'iruppen als zu zwölfen, wobei öfters das Verhältnis
ümtirl, Anlliropoe^OKrapbJ« R- Q
82 I^i^ Oekumene und die Völkerbewegungen.
Frauen, 4 Kinder, ^ Männer wiederkehrte, und Bove
bekennt, nur einmal mehrere lOO Feuerländer beisammen
gesehen zu haben, und zwar bei einer Verteilung von
Nahrung und Kleidung in der Mission — mutet uns wie
das Ausklingen eines Tones an, der um so leiser wird^
je mehr wir uns den polaren Grenzen der Oekumene
nähern. Wie leicht dieser Ton ganz verklingt, das lehrt-
uns der Verlust Mavklands, Hvitramannlands und Vin-
lands für Grönland und Island, dem für Europa im
ir». .Jahrhundert der Verlust Grönlands folgte. Wie zu
erwarten, betreten wir endlidi Gebiete, in denen dauernd
die Stille des Todes herrscht. Noch vier Grade über den
Funkt von 78 '^ 18' hinaus, welcher die am weitesten pol-
wärts vorgeschobenen Wohnsitze der Menschen bezeich-
net, gehen Ueste der arktischen Jägervölker, welche von
wiederaufgegebenen Versuchen erzählen, die Grenze des
Menschen weiter gegen den Nordpol vorzuschieben. Da-
rüber hinaus, und es ist der nördlichste uns bekannte
Funkt, scheint die Erde nichts von Menschen zu wissen.
Die Oekumene und die Völkerbewegungen. Mit Be-
zug auf die Massenbewegungen betrachtet.
welche als eine allgemeine Eigenschaft der Völker auf-
zufiussen sind, erscheint die Begrenzungslinie der Oeku-
mene als die Schranke, welche von den wandernd sich
drängenden Völkern nicht tiberschritten werden konnte
und bis zu welcher hin auch nur in Zeiten der Not und
des Dranges Völkerwanderungen sich ausdehnen mochten.
So wie die Eskimo der nördlichsten Teile Nordamerikas
und Grönlands nur ein kleinerer Teil der am Ostufer der
Behringssee bis 55" N. südwärts viel dichter wohnenden
Westeskimo sind, so weisen in Nordasien die Völker-
ursprünge nach Süden. In einzelnen Fällen läßt es sich
nachweisen, daü Verdrängungen in diese Randgebiete und
über dieselben hinaus auf die Inseln Völker weit polwärt»
geführt haben. So weit freilich zu gehen wie Nordenskiöld.
der in einer größeren Anmerkung zur Erzählung der Vega-
fahrt sowohl die asiatischen als die amerikanischen Rand-
länder mit Flüchtlingen aus den Völkerkämpfen südlicher
g4 ^^*' Oekuniene und die Völkerbewegungen.
können, sich nach dem Inneren der Oekumene wenden,
wo die Brennpunkte der geschichtlichen Entwickelungen
liegen. Daher die Häufigkeit der äquatorwärts auf beiden
Hemisphären sich bewegenden Völkerwanderungen. Ihnen
stellen sich aber dichtere Bevölkerungen entgegen und es
findet ein Ablenken in 0:»t westlicher Richtung statt, wie
es z. 6. in den letzten Jahrzehnten die Ausbreitung der
Hentiertschuktschen nach Westen erkennen ließ. Die
Eskimo haben an südnördlicher Ausdehnung verloren,
:iber kein Volk der Erde ist in einem so langen und
ohmalen Bande ost westlich verbreitet wie sie.
') Mii:sionar Mi*.*rtjiehin^ in seinem Hei<etat?el>uch aus den
Jahren 18-50 — 54. Gnadau 1856. S. 154.
*) Neuerdings treffend durch Virchow, der von der Eigenartige
keit der f^skimorasse spricht, und sie als etwas ganz Isoliertes, etwas
für sich Bestehendes bezeichnet, gleichsam als wäre sie in diesem
Norden entstanden, .^^o bildet sie gewissermaßen einen Qegeor
part zu den isolierten Bevölkerungen, wie wir sie an den Sfid-
enden der großen Kontinente linden, zu den Feuerländem in
Amerika, den Buschmännern in Afrika.' Verhandlungen der Ge-
sellschaft für Anthi-opologie. Berlin. XII. S. 256.
Daß Gerlands Zeichnung eines weißen Fleckes im Inneren
3
Westanstraliens zwischen 122 und 130* ö. L. ein Fehler, bemhend
auf Tukenntnis wichtiger Thatsachen, liat ausführlich Dr. F. Die-
derich in ^Zur Beurteilunir der Bevölkerungsverhältnisse Iimer-
Westaustraliens" , Ololms I.V. besonders S. 362 — S6S nachge-
wiesen,
^) Die Hottentottenstämme und ihre Ver!»reitung. Geographische
Mitteilungen. 1858. S. 53.
'") Die neuere Zählung, von welcher Missionar Bridges 1884
in den Mitteilungen der (leogniphischen Gesellschaft zu Jena (IIl,
S. 2t>8) berichtet, erg-ab circ-a 1000 Yahgan. 500 Ana und etwa
1500 Alakaluf. Er glaubt, die Bevölkerung sei 12 Jahre früher
doppelt so stark gewesen. Dabei würden aber immer noch die
7 — 8000 Feuerlander. von denen der chilenische Census von 1875
spricht, an den offenbar Bridges und Brown sich anlehnt, zu hoch
gegriffen gewesen sein. Der chilenische Census von 1875 gab
7— 8000 Feuerlander. 11—12000 Patagonier, 3500 Arnbanos-Arau-
kaner (nordöstlich vom Cautin), 15000 Huilliches (südlich vom
Oautin). 3000 Abajinos-Araukaner am Küst engebirg von Nahnel-
butu und 2.">00 Küstenaraukaner an.
") A. \on Seistrang. Patagonien und seine Besiedelung.
Deutsche geographische Blätter. VII. iS. 244.
*) Siehe S. 82 und d**n 8. Abschnitt im Anfang.
86
Anmerkungen.
Kupferlager an den Kupfermineniluß gesandt worden war, am
Ufer dieses Flusses nächtlicherweise einen friedlich lagernden
Eskimostamm, töteten alle Glieder desselben ohne Ausnahme in
der grausamsten Weise und begingen noch weiterhin Ausschrei-
tungen jeder Art gegen einzelne hilflos zurückgelassene Eskimo
und deren Besitz. Das GerQcht von dieser Blutthat erfiiilte noch
Jahrzehnt« später das nordische Amerika zwischen Hudsonsbai und
Behrin^ee.
'^) H. EUis, Reise nach Hudsons Meerbusen. D. A. 1750.
S. 188.
'*) Augustino witsch, Die Volksstamme des Kolymagebiet^
in Sibirien. Globus XL. S. 121.
") Kane Arctic Researches. 1856. I. S. 404. — Bessels. Die
nordamerikanische Polarexpedition. 1879. S. :340. — Greely, Drei
Jahre im hohen Norden. D. A. 1887.
'*) Ueber die ehemalige Verbreitung der Eskimos im arktisch-
amerikanischen Archipel. Z. d. G. f. Erdkunde zu Berlin. 1883.
S. 122.
'*) Die Umsegelung Asiens und Europas auf der Vega. D. A.
1882. II. S. 73, Anm.
' ) Castren, Ueber die Ursitze des finnischen Volkes. Kleinere
Schriften. 1862. 1. S. 119.
") Müller. Sammlung russischer Geschichte. VI. S. 151.
I
5. Die leeren Stellen in der Oekumene,
Hchen und Wirkaagoa der ITnWtvolinLlii'lt. Vi>rlimli|iill "Xil
rm tmbewohDt«r Gebiet«. Di» WDiileii utiil M«iifru. vtiuuur
Am: &«en. SOmpfe, Moore. riOwf. itlittM-hor. UoUlrii« KlUtiifi
i Flo&nfer- Der Wald. Dio puliliii-IxTii Wluli'ii. HrMiiD I»l<-
weiBen Flecke dnr ICnrlim,
ürsaclieii und Folgen der Onb<<wffhi]th«it Wt* liU-
erbreitun;,' alles Lt-heu« i>^l .li.- d.-- M^um ),.-.i uji .1...
■nie im tit-fstcii (irun.k- iiMiüngii.' v,.. ')■ r V,..,-,. iirM
Tüchtigkeit. Jene macht sich vur/.UK'i''' «"""'"' '"
T Abschließung der Oekumene H'-.U'-ti N"»"'! u'^'l MU'J,
lese dagegen Hegt einer Mi;ngf; von l,'nt'rl»r'i:|jij(i«"ii
u Grunde, welche die Verbreitung ii':r Mmim-ii-u Dln-i
I» Erde innerhalb der Oektimene f;rfä)irt, (»«■ M'-i-i
"it dem dreifachen UeWrgewiclil n-Äu-r Kli'u li 1^(111 n»-
'thnung macht alles Land y.a Inw.-In und di'; KlO»»-
ifbät den mit ihnen zuiiamio«nbängMid<;ri Hin?» und
'ümpfen verlängern diesen iwdierend<:n KiuttuU tmf itm
■and hinein, wo in hohen öebir^'.-n dif FiriiMd'r und
lire Eisströme die menttchen fei nd liehet': F'^rr« d';» Flfl»-
Igen darftellen. Wo zu wenig WaMi»er. l»|tribl d';r fHadw^d*
'uths aa.4. die Tierwelt Ti^ranut. und d-;«* MiiHwdi"-»'
thlen die Bedingungen dauernden AufeHtbalt*», KwJ-
(li tntwickelt in reichlicher Befeucbtting nU-.h *üii': Vi-g"?-
ix-.an. wtlcbe der MenM-h fallien und tunw.r r'wi u-m^m
Qrü<:kdräDgen mu&. um ilaum fDr HiMf^luii)^"» und W>?(^ir
ü ee«-imieD- Wenn schon die Verteilum; Olx^r Kr4UiiU^
od loM-ln die HeiuH-bheit in «bue Anzahl nai^i:kU iftu^r
t
88 Einengung der leeren Stellen.
Massen zerlegt, zwischen welche die Meere sicli t
schieben, so durchlöchert diese Massen also eine n
viel gröljere Zahl unbewohnter und zum Teil unbewo
barer Stellen, die mitten in denselben auftreten. K'
größerer Teil der Menschheit ist daher ein räu
lieh zusammenhängendes Ganzes, kein Volk wol
lückenlos über sein Land hin. Nicht die Notwenc
keit, die Wohnstätten mit Gärten, Aeckern und Wieset
umgeben, hält die Menschen auseinander, denn diese Act
und Wiesenfluren gehören zu den Wohnstätten, sind du
dichte Wegnetze mit ihnen verbunden, und einzelne Häi
und Höfe sind über sie zerstreut. Was aber trenn
mitten in der Oekumene sich zwischen dichtbesied
Strecken legt, das sind die Wasser- und Sumptfläcl
die Wüsten, die Hochgebirge und Wälder. Die scha
Tausende großer und kleiner Unterbrechungen des
wohnten Landes. Zwar müssen diese Lücken mit
fortschreitenden Vergröi^ierung der Zahl der Mensc
und der Zunahme ihres Verkehres immer kleiner
weniger zahlreich werden, aber niemals werden sie >
schwinden : ihr Bestand gehört zu den Naturbedingun
der Menschheit. Zunächst vermehrt diese innerhalb il
Grenzen die Mittel, ü})er welche sie verfügt, durch imi
mehr sich vertiefende Ausnützung. Die MiÜioneu einzel
Wohnplätze erweitern sich auf Kosten des sie umgeben
Naturbodens oft bis zur Berührung und Verschmelzn
Berge und Inseln verschwinden in einem Häuserm
das sie gleichsam überflutet. Meer wird durch I
dämmung zu Land, Inseln werden durch Ueberbrück
von Meeresarmen ans Festland angeschlossen, Seen
Sümpfe durch Austrocknung bewohnbar gemacht, Wüj
bewässert, und hauptsächlich werden Steppen und Wä
beseitigt, um aus ihrem Boden Aecker, Wiesen (
Baugrund zu bilden. Alle diese Lücken sollen eingec
und womöglich endlich beseitigt werden.
In dem Kampfe, den der Mensch mit der Natur
ihren Rändern führt, dauert wie in letzten Ausläufern
Kampf fort, dessen Ergebnis die Erwerbung der heuti
ohngebiet<3 und ihre Ausgestaltung zu Ileimatsgebic
^^T
'I
_— » ^ —
\
90
Die unbebauten Flächen.
wenige Länder sind so dicht bevölkert, daß sie keine
Flächen mehr bieten, welche der Urbarmachung und Be-
siedelung noch zugänglich sind. Selbst Belgien, Sachsen,
das Potieflarid, Aegypten, Bengalen, kurz die bevölkert-
sten Teile der Erde haben noch Wälder, Moore, Haiden
und üferstrecken zu gewinnen, deren Betrag als poten-
tielles Wohn- und Nutzland im Besitzinventar der be-
treflfenden Völker erscheint. Selbst die belgische Statistik
im Annuaire statistique für 1890 verzeichnet 202 477 Hek-
tare „Bruy^res non cultivees et terrains vagues* und
nach dem Statistischen Jahrbuch des k. k. Ackerbau-
ministeriums für 1876 gab es in Oester reich 7i) Quadrat-
meilen unproduktive, zur Aufforstung geeignete und
180 Quadratmeilen Weidefläche -in untergeordneter
Forstnutzung *", das sind über 2^o des Areals, die aus
fast unproduktivem Zustand heraus dem Nutzen des Men-
schen näher gebracht werden können.
Der Census des menschenreichen Britisch -Indien von
1871 enthält folgende interessante Tabelle:
Provinz
Unbe-
baubar
UaaiUhig
BeVtaut
Unbe-
stimmt
Summu
N.W.Provinz
2(5 727
12109
42174
393
81403
Audh
5 2Ü9
4 667
13 529
527
23 992
Penjab
46 613
22 434
32 706
76
111829
Zentralprov.
39 844
21 845
23 274
84 963
Berar
6 456
3 252
7 349
277
17 334
Afjsore
15 020
3 940
8111
27 067
< 'oorg
1715
122
163
2 000
Br.-Birma
49 192
35 117
3 414
833
88 556
1 90 842 108 480 130 720 2106 [427 154
Quadratmeilen (E.).
Es ist also ein Vierteil des Landes noch zu besiedeln,
während unter den 44 ^,o «unbebaubar** wohl auch manche
Strecken sich befinden, welche noch nicht völlig aufge-
geben werden müssen. Aus den 270 Millionen Menschen
Vorderindiens und Britisch-Birmas könnten also mit der
Zeit 340 werden, ohne daß auf den vorhandenen Flächen
*» Bevölkerung sich verdichtet. Daß das letztere aber
Die lehren Stellen und iliu SbUutik. Hl
Bebr wohl dniioWii möglich ist. urbellt au» der ThaK
Bache. 6sLÜ die U^bititv uoler britiHchvr VerwaUuQ||r ge>
rsde iloppelt so dicht beTÖlkert sind iils die I'rotektorat«.
Unter Berücksichtigung der heutigen Slitt«?! der Urbar-
machung und Ausbeutung ist Indiens potentielle Bevöl-
kerung auf 40u Millionen zu veranschlagen.
Es i.'jt Hehr zu wünschen. daU die 6eomet«r und 8tii-
tiütiker uns in den Stand setzen, bei jeder Arenl- und H<'-
vülkerungsangabe eines Landes die nicht bebauten anban-
ßhigen und die nicht bebaubaren Flnchen auszuscheiden.
In der erwähnt^'Q Aufzählung ist sicherlich der Unlerschivd
groß zwischen Britisch Birma. dessen brachliegendes bnn-
fähiges Land 41 V seines Areales bttrügt, und Audh, wo
diese Zahl nur noch l'.l erreicht. Wenn mir die IPGäpr
Erhebungen in Schweden b,2 ",0 Ackerland, 4,;t Wiesen,
39,t!' Wald, 1M,7 Gewässer angeben, wenn der nicht be-
weidete und nicht heBckerte Teil Deutschlands zu :i4 "i«
der Bodentläche, wovon 215 ".1 Wald, :!",., (^)ed!and und
4,j'',(i Wege und Gewässer angegeben wird, wenn die
unbebaute Fläche Italiens sich 1887 auf Ö084t)4 Hektart-n
belief, wobei aber als beni incolti nur thatsächlich cr-
traglose Flächen, also keine Wälder — und der Begriff
des wertlosen Holzes ist in Italieu enger als bei uns ') —
verstanden sind, und wenn dagegen die spauische Statistik
auBer 1545000 Hektaren unproduktiven Bodens noch
■2500000 Baldios (Brachland) und 08S2000 Dcheaas.
Psstos, Alamedas, Sotos und Montes auffuhrt'), so sind
dies von Land zu Laod verschiedene Dinge, die nicht
nur an sich , sondern besonders auch in ihren Folgen und
Eatwickelungen weit auseinandergehen. Wenn die Sta-
tistik diese für sie ja wesentlich nur negative Werte dar-
stellenden Größen einheitlich faßt, wird der Geographie
um so mehr die Äufgalje zufallen, die Sammelbegriife
Kulturland und unangebautes Land zu zergliedern. Sie
wird auch der Statistik damit einen Dienst erweisen ;
denn wenn in der angeführten apanischen Statistik der
Provinz Gerona 97, der Provinz Avila dagegen 70 (i78 Hek-
taren unproduktives Land zugerechnet werden, so liegt
tiarin in erster Linie ein Beweis filr ganz verschie-
il2 Verbreitung der Iceren Stellen.
dene Auffassungen und Verwertuniiffn i
Größe.
Yerbreitung und Form unbewolmter i
Reihe von Lücken in der Verbreitung i
ist derart verteilt, dalj Gestalt und Äum*
Verbreitungsgebiete durch sie beeinflußt i
Linie gebörcin hierher die W listen, w
satgUrtel der Nord- und Südbalbkugel zwei ^
von Unterbrechungen hervorrufen , deren 1
Ostufer des Atlantischen Ozenns bis
des Stillen Uzeans quor durch die Alte
und in Amerika am Ostufer des Stillen Om
anhebt, um bis über den Um." w. L, sich i
von Nordamerika fortzusetzen, während die t
Räume im südwestlichen Afrika, im Westen i
Australiens und kleinere Gebiete im Westen i
SOdanierikas unbewohnbar macht. Aeußernt
wohnte Steppen dehnen sich von den Ründern dieser!
aus und vollenden die Bildung zonenförraig ^
unbewohnter oder sehr dünn bewohnter Gebiete i
Erdteilen. Da ei- auf beiden Halbkugeln riich <
daü diese groljen Lücken bis nn die Grenzen der C
mene oder an die Randgebiete derselben reichen,
pie zur KerfAllung der „Erde des Menschen" und
sonders zur Auseinanderrückung der Kulturgebiete wose
lieh bei. Neben diesen sj:rotäen Lücken, welche in
regenärmsten Gürtel der Erde fallen, finden wir zahlrei
kleinere in nicderschlag.«reichen Gebieten, welche du
Seen, Sümpfe und FlutJnetze gebildet werden,
sind nur entfernt klimatisch, in erster Linie orographi
bedingt und wo sie in größeren Gruppen auftreten, hän|
«ie von der entsprechenden Verbreitung bestimmter Bod
formen ab, wie wir das in Nordamerika an der Se
kette wahrnehmen . welche vom Atlantischen Ozean
xum Eismeer zieht. Kleinere Gruppen ahnlicher .
erkennen wir in den Seenregionen Nordeuropas und
Nordrunde der innerasiatischen Hochebenen, Die (
tge und der Wald bilden ähnlich in den gemftßig
04 ^^^ leeren Stellen in subpolaren Gebieten.
ganze Erde zerstreut. Lage wie Gestalt aller dieser Ge-
biete ist aufs tiefst« beeinflußt durch die Thatsacbe, daß
die V^erbreitung des Menschen über die Erde nicht jene
Gegensätze kennt, welche mitten in den Eiswüsten der
Alpen und der Arktis Gärten erblühen lassen. Die Exi-
stenz des Menschen hängt zu is-ehr von den anderen Lebe-
wesen ab, als daß er sich nicht gleichsam mit ihnen
umgeben müßte.
Daß das nutzbare Land allmählich polwärts abnimmt,
hat uns die Betrachtung der Randgebiete der Oekumene
gezeigt. Der Vollständigkeit halber weisen wir darauf hin,
wie in Grönland nur schmale Flecken des Küstenrandes
nicht unter ewigem Eis begraben sind, wie in Island nur
die ISO Quadratmeilen des Tieflandes, also etwa 7 ^o der
Oberfläche, in Ostsibirien 18, in Westsibirien 32 ^'n an-
baufähig sind und in Schweden das Ackerland 5,2*^0 des
Bodens einnimmt, wo es in Deutschland und Frankreich
an r)0 ^ heranreicht. Diese Abnahme hängt mit zwei
großen Gruppen t^Uurischer Erscheinungen eng zusammen.
Die eine ist die Verminderung der Kraft und des Keich-
tumes des gesammten organischen Lebens nach den Polen
zu; aus der Mischung der Reste dieses Lebens mit dem
zerfallenen Gestein der Erdoberfläclie geht die fruchtbare
Erde hervor. Das andere ist das Herabsteigen des aus-
dauernden Firnes und Eises, deren letzte Ausläufer
schon bei 49 ^ 2.'»' auf der Siidhalbkugel den Meeres-
spiegel erreichen, um in den Polargebieten weite Strecken
zu überziehen. Daß die Nutzung des Landes im hohen
Norden die größte Aelinlichkeit mit derjenigen in den
Hochgebirgen wärmerer Erdgürtel hat, ist in dieser Rich-
tung sehr bezeichnend •).
Wie die Oekumene ihre dünnbevölkerten, auf weite
Strecken unbewohnten Randgebiete hat, so werfen auch
in ihrem Innersten schwierige Naturbedingungen einen
Schatten vor sich her. Die Nsiturmächte , welche dem
Menschen feindlich gegenübertreten, sind selten in so
enge und dauernde Grenzen einzuschließen, daß eine Linie
gezogen werden kann, die das Feld ihrer Wirkungen
barf sondert von demjenigen, auf welches diese Wir-
Die Küji«ier ler ■:*mfi
kuLütrü «ich nii-ht fr^tr'^i-ii-n. .j .-
■MrrL Br-rührunjjT von Lac •! ma \\..*- ■
'Xr-irT iiiii Meere, niK-h la u-n .•".:■—
iTTTÄiitTT. Die Veriinderiii.'hk-:!': lu-wy ^.:....
Lr-rr-i« hwemiuun^ und Brir-iin^ vvn:^- ;.. .
•.ch l''i*rr «Itrselben anziisird-f!::. A;«::i » •: •
1^- Wa.^»rr als das Bewegliche. S.'iiwi::^-.; • .
-.- Mr: -I ii mit seinen an den testet: Hoa^v. 4;^
i< • •• •
•*
Jll-I
ri'fi
90 I^e Foiin der leeren St-ellen.
fruchtbare Erde der Vulkane lockt zur Anpflanzung,
aber in der Regel liegen die Lava- und Schlammströme
der letzten Jahrzehnte öd und es hängt von der inneren
Beschafi^enheit der Lava und vom Klima ab, ob sie über-
haupt in einem Zeiträume, der nicht nach Jahrhunderten
zu meiüsen ist. bebaubar sein werden. Alle diese anöku-
menischen Gebilde sind also wie von einem Hofe um-
geben, in welchem ihre Natur sich abtönt und wel-
cher die Annäherung des Menschen zu dauerndem Aufent-
halt abwehrt. Indem die Wüsten durch Steppen, die ganz
unbewohnten Regionen sich durch wenig fruchtbare Striche
nach den bewohnteren hin abstufen, entsteht eine ähn-
liche Abstufung im Grade der Bewohnung. Im afrika-
nischen Wüstengebiet folgt auf unbewohnte Wüsten-
strecken die Zone der Hirtennomaden und erst an diese
schlieLU sich die der Ackerbauer an. Nennen wir als
Typen den unbewohnten Strich zwischen der libyschen
Wüste und Kufra, ferner das Oasengebiet von Fessan
mit 70 Einwohneni pro Quadratmeile und Bornu mit
vielleicht 2000 Einwohneni, so prägt in den Zahlen diese
Abstufung sich deutlich aus. Die Wtlsten sind erst die
Brennpunkte aller Wirkungen der Dürre und damit end-
lich auch der Beviilkerungsarmut, welche sich erst in
ihnen zur vollständigen Menschenleere steigert.
So wie die großen anökumenischen Gebiete verhalten
auch die kleinen sich sehr verschieden gegenüber dem
Bestreben des Menschen, seine Grenzen gegen dieselben
vorzurücken, und demgemäß ist ihre Form verschieden.
Der Unterschied von l.)auergrenzen und vorübergehenden
Grenzen ist auch hier zu beobachten. Der Steppe, dem
Wald, dem Sumpf, selbst der Wüste gewinnt der Mensch
Raum ab. Dabei gilt die Regel, daß die von organi-
schem Leben am meisten entblößten Gebiete ihm
am ablehnendsten gegenüberstehen. Auf dem ewigen
Eis, auf Felsboden, auf Wüstensand gedeiht auch mensch-
liches Leben nicht. In der Steppe und im Wald handelt
es sich dagegen nur um ein Zurückdrängen einer Lebens-
form, um an ilire Stelle dem Boden andere, neue ein-
■»lupflanzen. Das Getreide tritt an die Stelle des Baum-
P7
_ t Bbw. D» nehmen
Aa O ehiete aack gni mden Fonnen ml Die N^tur
U idbat aa flöögaB SUImi Toigmrbätet, indem ne
anttfa im ürwild fia Ui^ebmig eber Quelle in Natur-
«ien TCTwaDlalte nnd in ^ar Stnipe den dflonen wohl-
Itit^ WaUwadM 'm der IMia im Wawen faerrorrief.
ta walcheo Fonneo .die Koltor dieeen leeren Stellen ge-
gaulbeifaitt, in dieaelben Tordrinot, das h&ngt natürlich
am aüenneiatai von den infioen Bedingungen, teils aber
ladi TOD den Anfordarsngen ab, welcne jene itelll.
Wikten, Flnaee nnd Seen TerweiBen den Uenicbcn an
One Binder, wo dann niebt aalten am so dichter nein»
WolmatUten aicb anUbif«!. Wie dort die Vertiefungen
der Oasen, eo bieten hier liOhergelM»ne Stellen inwl'
haft beschrinhte, rereinaelte oder ni Gruppen vereinigtA
Wohwebiete. In die SOmpfe nnd Howe treibt man
Tom Rinde her Kanäle vor, welche gleichzeitiK dnr Knt -
irä«serung und dem Verkehre dienen, und Kt).it<;nsi>ri-' k'ri
dämmt man gegen die Fluten &)>.
Da der Mensch in stetem Kämpft- mit iIcki W;i^tif
leht, siedelt er auf Erhöhungen, wo <Iie»i-> abfti'lit. *iili
lieber an als in Vertiefungen, welchen '■* y.imvi-'iif . ri'i
inicht er in der Marsch die ßeestiuN'-ln hm-. Iri Wii'.U:i.
nnd Steppen dagegen lehnt er seine Wolin^r,'iM</i m. 'in
Kpärliehen Quellen oder klln»Hich trbf.hrt'fi l{ri)r.n'(
Dabei gilt die Regel, daß der MenN<:h di'r'"f> t,"i'.'<n, ■•m
so weniger abzugewinnen vermag, y- wuiif'' " '
in seiner Macht steht, ihren i^ritHit V.Ttn' h>-i. '•' ■
zukommen. Dies gilt besondere von 'l'o lfl,((i;i'j-' ►.• i.
Hindernisse der Bodengestalt könni!» iiiir'\it.t'>'.fii, -'."i-
und SOmpfe abgeleitet, aber bei Wa.*tw:rm»/ig'l ■*•■'.',■■' k\i n.-
WOsten nicht befruchtet werden. In A'-t. Vi*\^'i;. ■•'»>'
der Mensch die Lichtungen Mer !i':h»ffi; *ii.\i </.!'.>.'■ .'.'I " ■'■'
Siedelungen liegen zuerst im Waldir^'ti.f.lc-.J '-' 'fi'V-
sie verbinden und zusammen rnit ^i-t. 'i't. *-,"li'i.i.'i.i\' ■
Feldmarken immer mehr Zngäng^ «■.h*ff',,', I.i'i'.'' f' -U^'i
werden früherurbar gemacht; atü di/.r.r* ,rA *.r *>.'•*'. "•■
den Bergstämmen SDdindi^n*. 4»& *.*■■ ''*■'• .ti-ii-' K// •'■"•
Hainen vor den ,deädik'..n.ii /'»r*««* 4«* '/'///./ g*»»*'.
98 Wüsten und Steppen.
Endlich liegen die Heste des Waldes zerstreut zwischen
den Acker- und Wiesenfliichen, die nun das Uebergewicht
erlangt haben. Viele Landschaften Deutschlands zeigen in
der Verteilung der Waldreste diesen Ursprung ihrer Dörfer
und Höfe (s. Fig. 5). Der Wald kann natürlich auch vom
Rande her eingeengt werden und in den Gebirgen drängen
die Menschen an den Flössen, in den Th'alem aufwärt«.
Gerade wo bei uns die Kultur am jüngsten und am
schwächsten ist. in unseren Waldgebirgen, da erkennt
man noch wohl ihr zungenformiges Vordringen in den
Wald, der auf weite Strecken hin die einzelneu Kultur-
parzellen trennt. Dafür hat die Alpwirtschaft auf den
sonnigen Höhen jenseit«; der Waldgrenze höchst extensiv
gearbeitet und daher das überall wiederkehrende Bild der
Siedelung im Thal, des Waldstreifens am Gehäng, der
Alpwiesen und -Hütten auf den Höhen hervorgerufen:
zwei Kulturbänder und drei anökumenische Streifen
wechseln miteinander ab.
Wüsten und Steppen. Die auffallendsten Unterbrechun-
gen der Verbreitung der Menschen über die Festländer bil-
den die Wüsten, deren Begriti*auf ihrer Unbewohnbarkeit
beruht, die ihrerseits Folge der Vegetationsarmut ist; und
diese hängt von der Unzulänglichkeit der Niederschläge ab.
Die Lücken, welche durch sie in der Oekumene entstehen,
sind also groü und vor allem dauernd. Zur Urbarmachung
von Wäldern und Strauchst^ppen, zur Austrocknung von
Seen und Sümpfen braucht es nur ausdauernder mensch-
licher Arbeitskraft, aber der Wüste kann Kulturland nur
dort abgewonnen werden, wo Wasser über sie hingeleitet
und immer von neuem zugeführt werden kann. Die Menge
dieses Wassers ist im Vergleich zur Ausdehnung der
Wüsten verschwindend. Zwar schwankt die Menge der
Niederschläge Über Wüstenländem beträchtlich, und diese
tragen in heftigen, plötzlichen Niederschlägen ebensogut
wie in der Dürre das Merkmal klimatischer Wirkungen.
Aber die Summe der unterirdischen Wassermengen bleibt
klein. Selbst die vielgerühmten artesischen Brunnen haben
der französischen Sahara nur beschränkte Gebiete
Ts ia haraa. ''.<
feVw 'i »™«— —11111111111
UUk& AofiMlMaiie ff H l ■" *» «miipMi bmulurt
SnsiiHi mplo- *!nrt to 6A«» g^in^Ut Im \ vr|{l*>u^t
\ "i : . m ' r "^'^-■-^ *»!*«>«« klvitiH Kill-
■ Ticnt» NfU*'s itt. Silinii
. ^ „,„ ,_-.-- - ■" der \V(1,hU^ ,t,.r AI
i-iöt wo^iöi'i. Eö gal> eijjme ZOnfl», ilm ilit«
.'.:.--! <ii^ G«9cbäft da- BnnuKOgrabun^ bonorKtKii tiri'l
-~ -;-iit geringer T«l Aer Bnnmea in in- HnfiHrii |«|
'^iwfitt kanstSch geachaffen oder wraigütKiii VtliiHitt^h
tnrätert. Das KnltiiTtenil der Oasen der Libvurlinii Wn»t*
rertek »eh m demjenigen der Wüste »ellwt u»itf*Mk/
*ie liö'xi-f. Man sieht. dtiSt es «icli Iiii>r um \\mf,*
Ansafameii «on der großen starren [1«)(it| (l«f \t.ff^nf,^
ttJoDDentaler Gebiete in der Pasüntzdii» \ttmA^\t 4.t<>
pwfiere Ausnalunen betreffen doch nur tt-ih.:,lu....j..j. .
«igeGebiete. Nach den Angaben in Afnn i V,-
udenne et moderne'^) nimmt da« Kul<>i',
-',**« der Gesamtfläche ein. Niu'h Vi-.-
planimetriecher Berechnung hut OhfttjtJff**'- '^■f."-' f^
Fajam) nur '><;73 Quadratkilnni*^r K«lte#t*u4 i\'l\ fäk^
(intmeilea). so daß letztere» in img fliwf ^r *fM*9>*
traFhtft wfr<ten kann. I)j.. K-iMv-^^y* - /■. -j.- ' ■ -
'lei }iü vüfl Kairt; Li; A*.— ^. ««(», .„; >^^-j.,-.. „ ,,
10 Kilometer beziffeit werd*». A«<i> «.a "/< *.■ , y,,
Zentralasiens sugdiaid« BdhwUMy 4w b'/.^^vv!''^ '
]()() \fui \Vfi».t^*nl/«; wohner. — Gasen.
Uutlt't \tM ihn? OnMizen. Je weiter die Netze der Be-
wlli>im:rnu^*'.kiiiiiiUi ihr Wa.sser ausbreiten, desto gröber
wird aui'ii di<; V'erdiinstungHHlirhe und damit der Wasser-
v<'rluH(. ^jan/(f FlHHse werden dort gleichsam autgefasert-.
Wie di«f An'iili* verhalten sieh die Bevölkerungen. Die
UeNanit/ahl «Ut lii'Wolnn?r der Libyschen Wüste verteilt
hirh auf .'» Oa<-eii und Oasengruppen und es kommen auf
\i*Ai:i\ Hcwohncr etwa IT» (Quadratkilometer. Diese Be*
vvoliiiM' flehen ül)enill unter wesentlich gleichen Natur-
('intlU^sim, da im Kultursinn die wichtigsten Eigenschaften
d««r WliHti« negativ«* sind. Die Ausdehnung der unbewohn-
ten und nirht regelmäliig besuchten Gebiete der Wüsten
läiit in eigentlit hen Wilstenländern weit die Ausdehnung
der bewohnt(*n Striehji hinter >:ich. Auf dem westlichen,
kdi/eren aber wüsten hafteren Wege von Tripolis nach
Mtirsuk, den Kduard Vogel \H»)Jj in :H8 Tagen zurQck-
legte"), liegen von bewohnten Orten jenseits des hart bei
Tripolis beginnenden WUstenstreifens Benjolid (Dahür),
dann Mnfiitl und nach langem menschenleeren Zwischen-
raum bt*reit.*« in Kessan Bondschem, dann Sokna und jen-
seits der Sal/wüste Sebha und Mursuk. Zwischen Aud-
srhila und Taiserbo durchmaß Hohlfs 50 Meilen menschen-
leerer Wi\ste. In Tibet begegnete ein Pundit. der von
lihassa nach der Donglakette reiste, während der ersten
ISO Meilen Toon Zelte, wiihrend der übrigen auf dem
TM'hangtang zurückgelegten 240 Meilen fand er nur
■» Reiter, die er fUr Käuber hielt, und eine Karawue.
die aus der Mongolei nach Lassa zog. Auch Prsche-
waUkv betont die vollkommene Menschenleere eines Striches
VOM mehr als lOi» Meilen, den er 1S72 an der tibetani-
schen Nord grenze durchzog.
Dir Oasen sind auch im anthropogeographischen
S:cne 'icu Inseln ^u vergleichen. Bewohnt o^ier doch be-
wohn i^ir mit teil im Unbewohnten auftauchend, sind auch
>it kltir.t Welten tur sich, zur dichten Bewohntheit, stati-
>t;>v::t': Krührtit-i. reibst Uebervolkerung, dann Auswan^e-
: ui-c ^tLiici-::, ::--vh mehr abiresehuitten von der übriffW
Wel:, <o liiiiT-. kr iL:- Karawane, hirr das Schiff vertretend.
^ int Vvr?*r vj!:^ 2::: «ien bewohnten Ufern, den Ländern
••-•• • 1
'•Xcr Kir. 1*.', ;.'■ - .-jT
1.-1. Mir-- ^-TT.r. :
j-iiiniTi. r. i.'.r-.-:. .
^':rK»:ir->-r. ir:. -
Mm:.,:. :
1.. -
■/
'. .-►-,
.. z
i;. :-
/ .
« r ■•
■. 1
V t
• I
■-:»• •*.'■»;• r:*»-\ K
102 t^Jc Oa«engruppen und -reihen.
1
wie die Keilie der in 10 Meilen Innger Linie von
scherri bis Qatrun ziehenden südlichsten Ortschaftc
Fessan, den Verlauf eines fluchen, wasserreichen '
andeuten. Ebenso bezeichnet die Linie Biskra-Tu)
Tidikelt den gegen 150 Meilen langen Verlau
W. Igharghar. Hier entsteht eine Aneinandern
der Wohnplätze an dem Faden des Wassers, gan
_., in einem Fhiüthal oder in einem Fjord. Es b;
Ifjj keiner Quellen, das W^asser zieht in der Tiefe lai
seinem Falle nach und wirkt befruchtend nach obei
in Otyimbingue, der Missionsstation im Damarnlan
eine der seltenen Ackerflächen dieses Gebietes ga
Bett des Schwachaul) angelegt hat. Dasselbe blei
Vierteljahr feucht und da der Flulj von Mai bis D
)»er nicht fliegt, kann die Ernte geradt? im Nov
noch eingebracht werden *"). Wo eine andere Aj
Zusammenhanges zwischen Oasen und Wasservert
sich in dem Vorkommen der ersteren am Kande un
Ijr.!' größerer Erhebungen zeigt, wohin das Wasser ai
w Höhe fliegt, treten die bewohnbaren Stellen insulai
weder in Längsstreifen dem Zug der Thäler folgen^
am Südrand des Atlas oder in breiten Zonen auf
Land, welches sich um ein Gebirge legt, wie Dar Fi
!'j . einer Gruppe großer, nach innen sich verdichtender .
fj pele zu vergleichen, deren Kern eine grobe Insel
Marragebirge. bildet. Andere Oasen sind mehr \
zelte Einsenkungen. welche bis auf die Grundwass
reichen, ihnen kommt für die Verbreitung dt*r Mei
5 natürlich nur eine geringere, mehr vermittelnde Bede
zu. wenn sie auch, jede für sich, durch Größe und ^
reichtum so hervortreten wie Siwah in der Libi
Wüste oder als Stationen der Wü.stenwanderer so ^
sind wie Audschila. Sind auch hi den W^üsten noch
nicht alle anbauiahigen Gebiete entwickelt, so b
doch ohne die Erschliel^;ung unterirdischer Wassers
i durch Brunnenbohrung nur Strecken von unbeträchi
' Ausdehnung dem Ackerbau und damit der festen Be
I lung zu gewinnen. Die früher bewohnten, mit F
I bestandenen libyschen Oasen Aradj imd Ain el Wadi,
Y
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1
1
104 ZurDckdrAntiUiig der äteppc.
Blick immer zuHum menge worlVii wurden sind, so wem);
bind sie im Kultm^inn zu verwechsüln. Behm hatt«
voUkoimuen recht, iik er jener pi-ssiniidtischen Äut-
lu^jsung entgegentrat, wclclii' in Aui«tralien eine einzige
groÜe Wüste sehen wollte. Was schon 1 Sti4 Lefroy
iiussprach: hi Australien haben wir tUglich (lutt Bei-
spiel vor Augeu. daü frQher tilr umiuhbur gehaltene
Wüsten sich rasch mit groljen Herden belebten'') hat
sich fortdaueniil neu bewnlirheitet. Sturt hatte damals
bei seiner Uflckreise (I8C1) die M<^lichkeit. Herden durch
den Kontinent von Süd- nach Nurdaustralien zu führen,
/.uerst »lu'hge wiesen. Heute weiden liings den Südnord-
linien. wo die ersten Krtorscher dem Verdursten ange-
setzt waren. Tauseiide von Schafen, nahrhafte 6rä.ser
haben Scrub und Spinifex. die gefurchtesten Hindernisse
des ^'ürd^iugens in diesen tiebieten. verdriiugt. Tfaat-
sächlich .lind Burke uud Wüls umgekommen, wo heute
Herden weiden. Die .heulende Wildnis" Australiens ist
nicht Uli widerruf Hill dem Mensihen verschlussen, um
wenigsten in den mit Stachel st riiuch er n bedeckten Gebieten,
die einst die gefürihtelste» wuren. Auf den lichten Graa-
zungeu. welche in ilcn Scrul) sich liinein erstrecken, wird
dieser durchschritten, wie man die Thäler benutzt, um in
Gebirge einzudringen und l'äs?e, um sie zu übersteige».
In einem groüen Teile von Australien werden so die
unbenutzbaren Strecken immer mehr eingeengt. Mit Hilfe
von künstlichen Seen uud Flüssen breitet- sich die Be
vitlkerung aus und mit der Zeit werden die WUsteu um-
si'blosson und liegen wie unbewobnte Inseln mitten im
Bevölkerten'"!.
Ein uasenhutler t'harakter wird indessen diesen halb-
künstlichen Kulturlitndeni immer uutgeprägt bleiben und
sie werden dünn liovölkert untl kulturlich wie politisch
schwächer sein, als ihre Ausdehnung entarten lüt;t.
Ländern, wie Persicn. das zu molir als der Hälfte
Steppe und WOste, Buchara, dessen Kulturland kaum
ein Aclitel des Areals beträgt, fehlte, wie sie sieb auch
ausbreiten mochten, stete der ilUckhalt eines starken Be-
YÖlkennigskernes. Daher das Schwankende dieser Existen-
et) wom «« «mläfkart^ta Fvadaninit: In /nI*« mib*
^öt^w S A » i chc hMtn ^ SbemMW dm Nnmkili-n dttMvr
I itiJr BScfaap- ^id An-ftHfigwiirlp. in dcDMi sie hßrkxl
gffihriicfce HBavFcände weHeo. Arabi«n ist nnch tnX-
» r h irfet» alt Pmka aar l>tseiilaDd. daher Itigtti »M»
die Süiwctpvnkte 4^ paliti»clim Gebilde. «Vkhe iw
EnberanK Kiraf. MtfaAtIb d«r dOon und un);lt'ir)i
bnälkMtm HaJbii»^. wmn auch, vor^iclitt^ Kc^Ahll.
^ nahe wir Kuro oder Bagdad. Aehitlitlt wml i-iuiit
tin groSer Teii de» ost«fnkaiiis<-ht>n UoihlandcH seiu. l>io
Waste Ton Ui;cip> ond selb«! die Makatacbene, wo ki-iiit«
"■ledelimg aof deo 70 Kik>inetem zwitrhi'n Siiiibabwtini
und MbatnlM liegt, werden WOgteninäeln iii <li-i) <)ort. lu
Ffhoffendf-n Koltnrflichen bilden. Der (;t?srhirhllirhe (,'ha-
rakter aUt^r dieser Länder lie^ darin, da& die Natur wvdvr
ilem Ackerban noch dem Nomadismus das UeWr^ttwieht
zugesproclien hat. Daher erßUU der Kampf mit derSt«p{>«
und dem Ifomadentuni die Geschichte Irans und heschät-
ligt den Geist stiner Völker: Die ägyiilisclie Kcli^;ioii i^^t
i aul die Natur des Nillandes, die persische auf den Aulmu
?on Iran gegrCnd et (Ranke). Die Ideen des Zend-Avcstu
brlangen etwas Antochthonisches . sie eracheiuen natur-
l^emä^ in diesem aus Oasen und WQsteii bunt Kusamiuen-
Kesetztea Lande. Man kann in einigen Üeziehuii^eii
Aununazda als Gott des Ackerbaues »uffasseu, wUhronil
Alvrimau ihm alle Schädlichkeiten der Steppe: Sturm,
ItQrre, Sand und L'ngexiefer entgegen wirft. Wir werden
sehen, wie der ganze Grenzstrich zwischen Wüste und
zusammenhängendem Baulaude den Stempel deH Knmjift's
in unzähligen Ruinen trägt, die bald der Sand verschüttet,
bald die Nomaden zerstört haben.
Zum Schluß erinnern wir an die in Trennung und
Vereinigung der Völker wichtigen Salzgebilde der
Steppen. Direkt unbewohnbar, zugleich wegen Dürftigkeit
des Bodens und wegen Mangel an trinkbarem Wasser xind
immer in den Stejipenländern die durchsalzenen Strecken,
besonders die Salzpfannen tiefgelegener Steppenregiouen,
in welchen das zusamniensickemde und verdunstende
Wiis.ser seine Rückstände lüljt, welche in langen Zeit-
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räumeD mächtige Lager hildrn köaaen, za dereo Am-
WutuDg in industriellen ZciUll«ni dicht« Bevij^IwntBga
kaii«tlich hier erhalten wrnJra. wie ain Ehonwe odor b
den Salzoasei) der Sahnra. In solch«!) Gebieten wird onr
in beschränkten) Malie du ABalsngeii de* BtidtB» mdfflicti
^ein. wie es Pallas Ton der Oegesd roa /«rilzin be>
schreibt und wie es großartiger durch Hilfe nw«hflief*ea-
der Bergbiiche des WasatÄtligebirg«. «m <^»*tTand de«
Großen Salzsees Ton Dlah gi-atit wir"). Hier hat e» die
nährende Boden- d. h. AckertläcJir in erbeblicbeni !!■&«
vergröiiert.
Die ungleiche Vert4:ilung der Niedencbäf;« in der
Zone der regenla^en Somnier täfit an der iaäenUm Qreaxt
noch eine insulare Verbreitung der Koltor birrortratai,
die von den Oasen der WOste sich all<?rdij^ weit da-
durch unterscheidet. da& die KoitnriiwelD grOfer uai
viel zahlreicher sind. Aber ea iat doch kcni nuammctt' <
hängendes Ackerbauland. In den i^adlJcb«m Mttb>'liDC«r- '
landem, wo die regenamii' Zeit frinf jMniu- .)u)ir<^)iÄlftr
eiuiiininit. bilden die anbaußhigen tirunditQckemit wenigeo
Ausnahmen nicht wie bei ud^ aasgedebote und xtuammvo-
hängende ^Oebreiten", «oodem «ie «ind ooaenartig Ter-
teilt. So li^^n z. B. im Peloponne^. wo die Boden-
beschaffenheit diesen Zu-'^tand begGmrtigt. die Koltoren
als Oasen in den öden, steinigen, kahlen oder lon itaclie-
ligem Buschwerk dürftig aberzogenen Berglehnen ' '). Daß
ist der Tvpus des Karst, der rom Kap Mntapan bijt Krain
dfr Kulturkarte einen gesprenkelten, durch Taua^mde
nahe bei einanderliegender Oa«en bewirkten Charakter
aufprägt. Die Konzentration ibn fni<'htharen Bodenn in
den B^escblos»enen Trichtern der Dolinen iFig. 4) kann
dabei das scheinbar Paradoxe rerwirküchen. da£ ein Karat-
gebiet fruchtbarer ist als ein Gebiet mit ri^elmiDiger
ThaIV.n.t'J(,_'. .1 'n.f-l.^lMn- Kr.!.. v..n .i-n f-lGn-^-n
lortge3<:iinciuaii isi.
Der Pflanzengeograph reiht den dOrren Steppen die
Grassteppen. Prärien. Pampas. Llanos an. welche
pflanzenphysiognomiflch durch den Waldmangel ihnen
»hnlich sind, aber der Kultur gegenOber eine ganz andere
lOK I^ic Prärien uiul ihre Bewohntheit.
Kiitwickduiif^-sfähigkeit aui'weiseu. wenu auch steppen-
liiiJ't«* Zll^i« ihrem BoJeii und ibri-r Kultur — in der
iiiif^iirisclicii TiefVlM'nc sind von 11. '»0 Quadratmeilen 5,7%
Wald 1111(1 ln.r*o unproduktiv — nicht ganz fremd
hirilii ti. Ilirc Niedcr.scIiIa^^Hnienge und ihre natürlichen
\Va.»«M5r\orriit«' sind ^rolenteils genügend, und ihr Boden
gi'jiörf in wt'ifcr Au>dehnung zum fruchtbarsten. Die
M\i* Srliwiirzcrdr SüdrulJlands kehrt in Illinois und Iowa,
in V( iir/iirla und Argentinien wieder. Die Gebiete des
«•rlragrrieliNten Ackrrlmues fallen in den Vereinigten
Staaten mit echten PriirieKtaaten wie Illinois. Iowa, Wis-
( onsin« Missouri, dem östlichen Kansas und Nebraska zu-
»animen. Der schwache Ackerbau der Indianer scheint von
dem fetten Hoilen dieser offenen Ebenen wenig angezogen
worden zu sein. Ks wird behauptet, daU dieselben vor
der enropäischen Kinwanderung groüenteils unbewohnt
gewesen seien. In derKthnographie der Stämme desFelsen-
gebirge.s und i\vs Mississippibeckens liegt jedenfalls keine
Amh'utnng einer so entscliiedenen Trennung und die ersten
wissensehatt liehen Heisenden, welche diese Steppen durch-
querten, fanden wenig Hewohner, aber längs der großen
riüsse tles Westens scheinen dieselben nie gefehlt zu haben.
Autt'allend i.st aber die lläutigkeit der sowohl bei den west-
lichen AlgtMikin als den Sioux zu tindenden Ueberlieferung,
daij sie von Noiden her, d. h. aus einer wald- und wasser-
reiehen Kegion in das Steppenland gezogen oder über
ein gnilJes Wasser gekommen seien. Es scheint nicht
/weilelhat't zu sein. daLi die Umgebungen der nördlich
die Prärien begrenzenden Seen viel dichter bewohnt waren
als die weiten fetten U rasebenen.
Es ist also keineswegs so sieher, daü die Grassteppe oder
die l'rärie früher unbewohnt war, während im ^Yalde die
rrbarmaehung sehon t'orlgeschritten war. Aus Nord-
amerika haben wir zahlreiche Beweise dafür, daii dichte
Waldungen gen\ieden wurden. So ist im Nordwesten
das wild- und waldreiche Vancouver im Inr.ern, die Ufer
des ein/iiren l.eeehtlusses ausuenon^men, auch in india-
nischer /eil unbewohnt gewesen. Bnnvn schätzte 18(53
die Zahl der an der West-, Süd- und 0<tküstt ansässisren
LkrflU«^. n iMttf^t -hf^tr- .-".r.i-- .;
110 Seen und Sümpfe.
jenige Dänemarks die 75 Quadratmeilen für Binnenge-
wässer mit einrechne oder nicht. Die Dichtigkeit der
Bevölkerung ist eine wesentlich andere Größe, wenn
sie das Verhältnis zum bewohnbaren Flächenraum, als
wenn sie dasjenige zu einer aus unbewohnbaren und be-
wohnten Gebieten zusammengesetzten Fläche ausspricht.
Sie nähert sich in der ersteren Auffassung mehr der geo-
graphischen Wirklichkeit, in der letzteren der statistischen
Abstraktion.
Nicht nur die Größe der Wasserflächen, auch ihre
geographische Verteilung wirkt auf die Bevölkerung ein.
Länder wie Masuren, Finnland, Neufundland, Maine,
Minnesota, deren Oberfläche mit Tausenden kleiner Seen,
Sümpfe und dieselben verbindender Wasserläufe durch-
setzt ist, erlangen einen amphibischen Charakter. In Neu-
fundland kann man kaum 1 Kilometer gehen, ohne auf einen
der Seen zu stoßen, welche in den Thälem, auf den Pässen,
selbst auf den Hügelrücken sich einstellen und den Ver-
kehr erschweren. Rechnet man die tundraähnlichen
Sümpfe hinzu, so ist wohl die Hälfte des Landes Wasser-
fläche oder durchfeuchteter Schwamm. Man begreift, daß
die Kolonisation nirgends weiter als 10 Kilometer von der
Küste ins Innere vorgedrungen ist.
Weniger ausgedehnt sind tiefe Becken, in welchen
das Wasser zu Seen zusammenrinnt, als hohle Flächen,
in welchen es den Boden durchtränkt und zum Sumpfe
umgestaltet. Sümpfe sind als üebergänge zu größeren
Wasseransammlungen häufig an Küsten, Seen, Flüssen
und prägen weiten Gebieten den Stempel der ünbewohn-
barkeit auf, wenn sie eine Ausdehnung erlangen, wie in
Russisch-Lappland, dessen Oberfläche zu fünf Achtel von
Sumpf und Tundra eingenommen wird. Die orographischen
und klimatischen Bedingungen ihrer Existenz erfüllen
sich in Tiefländern und auf Hochebenen am häufigsten
und im ausgedehntesten Mal-ie. In der Provinz Hannover
sind 14^/0 der Bodenfläche Moor und im Kreise Ober-
bayern nehmen die zwei geschlossenen Moorgebiete des
Münchener Beckens und des Donaumoores 40 OQO und
1 7 000 Hektaren ein. Einst waren hier von 1 6 725 Qua-
Ttockeoleguiigen. | ] |
di«tkilcHD«t«n) 8ä0 Hoor, wovon 225 iler Kultur Kugo-
iWirt sind. Dort Kegen die grüßten Moore xwiHohen
UntcTBlbe and Cnterweser nnd westUcli der Kni«; hi«r
l^m sie eine Zone DÖnllich der Vürlundseon und xind
mcb zwischen diese eingelagert. In wärmeren LiLndwu
•vai die Stlmpfe als Fieberherde gemieden. In dem ho
didrtbeTölkerten Italien sinkt in den Maremmen die Volks-
dicbte auf 30 a. i. QusdratkiIometE>r herab, iingebeiuere Laiid-
^khen sind unbewohnt, liegen brach und der Kapitalverlust
durch Malaria wird auf jährlich 40 Millionen gei^cbiltzt **).
Je seichter ein Wasser, desto leichter wird es auö-
getrocknet und dem Anbau oder sogar der Bewohnung
i^wonnen. Auf der bayerischen Hochebene alnd mehrere
Seen, die noch Apian in der Karte von 15ö8 zeichnet,
in anbaafahiges Land oder Moor Übergegangen. i)iut
■Senken* der Seen ist auf der pommerischen und mmk-
Wburgiscfaen Seenplatte eine ganz häutige Erscheinung^.
Nicht hloü um Ackerland zu gewinnen, welches den Wort
ier Bodenfläche in einzelnen Fällen vertausendfacht, aon-
iera auch zur Mergel- und Kalkgewinnung linden die
Trockenlegungen statt. Bald wird der Kopaissee in
l'JOOO Hektaren Fmcbtland verwandelt .'^ein und auf
«inem Boden werden mit der Zeit vielleicht 100 UOO
Menschen der Bevölkerung Oriechenlandä zuwachsen.
-Noch näher stehen die Sümpfe und Moore ' dieser Ver-
handlung, die duä Antlitz ganzer Länder, u. a. auch
Deatschlands umgestaltet hat. Wie groß der Gewinn hier
««in kann, lehren die Trockenlegungen im TheilJgebtet,
in den großen Sümpfen Rußland», in den Maremmen.
b Hannover wohnen heute ca. 20000 Menschen auf
kultiviertem Moorboden, Ende 1879 waren von den po-
le.üwhen oder podlachischen SQmpfen 8^/4 Millionen Hek-
taren trockengelegt, wobei 1812 Kilometer Kanäle gezogen
wurden. Man gewann über 21)0000 Hektaren anbau-
fähiges Land nnd vermehrte das Nationalvermögen um
14 Millionen Rubel. Die Maremmen Toskanas wurden
seit 1780 von Cometo bis zum R. Cecina teilweise durch
Kanäle und Straßen der Besiedelung zugänglich gemacht
und hatten 100 Jahre später bereite 86 000 Einwohner.
/
112 FlQsae Dnd ihre Uebenchwemmtingeii.
Flüsse. Die Flüsse bilden sh^ifenartige Unter-
brechungen der Oekumene, die i» Beltenen Fallen so breit
.lind, d&& ihre Ueberschreituug grolje Schwierigkeiten
macht. Ihre Gesamtfläche ist in mä&ig bewässerten Län-
dern nicht unbedeutend , wird aber weit Ubertroffen von
der Gröüe ihrer Ueberschwemmungsgebiete , welche im
natürlichen Zustande, wie wir ihn in Mitteleuropa nicht
mehr kennen, sehr groU sein kann.
Wenn die Schneeschmelze der Anden die FlOsse des
Ostabhanges in breite Ströme verwandelt, bilden sich im
Inneren Südamerikas SuBwasserozeaue von Hunderten von
Leguas Umfang. Dieses Meer lüuft in zahllose Golfe
und Buchten aus und ist mit Inseln besäet, wovon einige
aus den sparsamen Anhöhen bestehen, also wirkliche sind,
während viele von den aus dem Wasser hervorragenden
Waldparzellen vorgetäuscht werden. Die Erscheinui^
wiederholt sich von der Sierra von Abunii im Norden
bis nach Argentinien hinein und ist im Ost«n vom Hoch-
land Brasiliens, im Westen ungefähr vom liO." begrenzt.
Im Becken von Paraguay sind es ,die periodischen Seen"
von Xarajes , im Gran Cliaco ist der Pilcomayo in ein
Sil Ij Wasser meer verwandelt. Die»e wiederkehrenden Ueber-
flutungen sind eine Thatsache. mit der Landbau und Ver-
kehr hahen rechnen lernen und man erwartet sie fast
mit derselben Sicherheit, wie der Aegypter den Nil.' Zu
derartigen regelmäUig wiederkehrenden l'eberschwem-
mungen neigen unzählige Flüsse im natürlichen Zustande.
In Afrika kommen sie am oberen Nil. wie am Zambexi
und GoDgo vor. Sie fehlen nicht ganz im norddeutschen
Tiefland, z, B. dem Fluügeflecht. in welchem Leipzig
gelegen ist.
So wie das Meer einen Landstreifen jenseits der
Grenze seine.« Wasserstandes itls Strand noch beansprucht,
einen Streifen, den der Mensch gewaltsam ihm abringen
vauü, ^o nimmt der bewegliche FlutJ rechts und links
Ueberschwemmungs- und AnschwemmungsUnde in An-
spruch, An der Isar sind diese kiesbedeckten Striche an
manchen Stellen fQnf-, an anderen dreimal — zwischen
Ober- und ünterföhring unterhalb München verhalten
ifiaii hniw»g. Der Fhfi farlOTl gdqgMÜkh «mir R<r<»>t<-
zar4^ u4 vm so iiiB y i c r. je «Mkir tob 4«itM>tb«*i
xarSck. in Kanäle z«rfii$*'n. tirftt«! rr Mch >u riitrm S*>r
au^. C«ber die Gefahren, welch« mit d«-m Sv!>k-tu ttrr
HersasfOhrnng «ines StroDirs aus seinem Belt verkiin|ift
sein köonen. belehrten die verwasteoden rebersrhwtin-
inaDKeD des Munihab im FrQhJAhr ISSii. |tn der Fliill
»us seiner natarlichen Kinne auf das Hache Lanil }t<>l(«t
i^t. verwandelt« er nach dem schne^reiche« W'inlrr Aw
Oasen in Seen. .verschßHcU- FeliiiT um! ifrriß lür Ititniiiie
der BewÄsserungskauSle.
Pim und Eis. Die jrröliten AI>lnKeruiineii xLirrvii
'NVassers, das uicbt blotj der Itewohnuit);. wie tli» fKlHui^o,
sondern auch dem Verkelir widerstrebt , heliitil<'ii «irli
aiitierhalb der Oekumene. Aber SDd^frttuland , cU'müoii
Spitze noch von der Waldgi'eny.t^ gesohnittcn wird, ktitiiitn
bis ober den Polarkreis sn gut wie iHliiiid bewohnt Hein,
wenn sein Inneres nicht vorKletscburt wilre. Und von
Islands Oberfläche sind 270 Quadrat nieilon mit Ki« Iw
deckt. Die gesamte VergletNcherung'flfl liehe dyr A Incii
wird auf 70—80 Quudratmeilen tfeschiltzt. Von Nor-
Ratiel, AntliropoKroKnpble II. D
114 i'ira und Eis.
wegen liegt ' i ,-. unter Scimee oder Eis , was allerdinj;;«
nur ein kleiner Teil der unbewohnten zwei Dritteile
dieses Landen ist. In den gemaE^igteii und warmen Erd-
gUrteln sind diese Firn- und Eislager grolaenteils nur in
Höhen zu finden, wo ohnehiu die Menschen nicht dauernd
zu wohnen pflegen, aber es ragen einzelne Gletscher der
Alpen bis unter die Grenze des Getreidebaues herah und
der Verkehr ist durch Vergletscherung von Kam ni ein-
schnitten vielfach erschwert. Die von Keil hack greif-
biir geschilderten ,Sandr" Islands führen in weiten
Ebenen gletscherzerriebenen Sandes die Wirkung dieses
tlietienden Eises weit über dessen äußersten Saum
hinaus. So wie in der Gletscherbewegung das Fließen dee
Wassers sich selbst durch die starren Formen des Krys-
UiUisiert-, d. h. Gef'roreuseina ausspricht, so greift es auch
beweglich über die Grenzen der Eis- und Firnfelder hin-
über. Das Vor- und Uückschwunken der Gletscher, die
Gletscherbr flehe mit ihren Ueberschwemmungeu, endlich
die Lawinen umgeben jedes vereiste Gebirgsgebiet mit
einem Saume wiederkehrender Vorstölje und Verwüstungen,
L'eber die jetzt bewohnten Hütten in höchster Lage fin-
det man zahlreiche Spuren von verlassenen, besonders von
Lawinen zerstörten Wohnstätten, Alphütteu, Ställen").
Der dazwischen wild hingelagerte Lawinen- oder Morä-
nenschutt verstärkt die Aehnlichkeit mit dem Ueber-
>chwemmungsgebiet eines sehr starken Flusses.
Die uubewolmteu HShen. Mit zunehmender Höhe
nimmt mit der Wärme, dem fruchtbaren Boden und den
/Air SiedeluDg geeigneten Bodenformen die Bevölkerung
in der Regel ab, bis sie die Grenze nach oben hin in
den Firn- und Feieregionen erreicht. Diese Grenze hebt
sich wie die Firngrenze äquatorwärts , ist aber auch in
hohem Grade durch örtliche Umstände beeinflußt. In
(Grönland liegen alle Ansiedelungen nur unbedeutend Über
dem Meeresspiegel, im üimalaya und in den Anden über-
steigt eine große Anzahl von Ansiedelungen 4001) Meter.
Jen.iieits der Firngrenze gibt es nur Hospize und in
neuester Zeit Observatorien: Mt.Lincohi und Pikes Peak im
lliy Die Alp Wirtschaft.
liegen -2 Pfarrdörfer über 1500 Meter, und von ihnen ge-
hören 1> zu Xordtirol. Es wohnt l,Ji'^;0 der Bevölkerung
jenseits dieser Höhenlinie. Geht auch die Masse der Be-
völkerung am Südabhang der Alpen höher als am Nord-
abhang, so gilt das doch nicht von den höchstgelegenen
Siedelungen, in deren Verbreitung auch andere als kli-
matische Ursachen wirksam sind. In Kärnten hat der
Bergbau noch höhere Siedelungen veranlaßt (Knappen-
haus am Sonnblick 2341 Meter). Die höchsten Siede-
lungen haben auch in unseren Mittelgebirgen bezeichnen-
derweise mit dem Ackerbau nichts zu thun. Es sind
Industriestädtchen, wie Gottesgab im böhmischen Erzge-
birge (1027 Meter), Oberwiesenthal im sächsischen Erz-
gebirge (ins Meter) mit 181»4 Einwohnern, zugleich die
hcichste Stadt des Deutschen Reichs ^^').
In allen höheren Gebirgen der alten Welt hat sieh
ein besonderes Wirtschaftssystem entwickelt, welches sich
an die natürlichen, jenseits des Waldgürtels gelegenen
Alpen wiesen anlehnt, um diese iiir eine erweiterte Vieh-
zucht auszubeuten. Damit ist vorübergehende und teil-
weise auch dauernde Bewohnung in Regionen vorge-
schoben, in welchen der Ackerbau nichts mehr zu suchen
hat. Diese Bewirtschaftung der Gebirge nimmt große
Flächen ein, in der Schweiz 308O0OO Jucharte= 1 lOOO(M)
Hektaren »'), in Tirol G89 7SG Hektaren = 34 ^. des Bo-
dens, im Lechthal sogar 45^ <• ^^). Indem sie rückwärts
in den Wald eingriff und ihn in großer Ausdehnung
in künstliche W^iesen verwandelt hat, findet diese Alp-
wirtschaft ihren Sitz naturgemäß am häufigsten hart
über und unter der Waldgrenze. Ueber -ä der Alpen
der Schweiz liegen zwischen inOo und 2<)00 Meter und
verhältnismäßig am stärksten ist der Gürtel von llOO bis
13(M) Meter besetzt. Die 3,2"'.., die oberhalb 23UO Meter
liegen, gehören fast alle den südlichen Kantonen Wallis,
Graubünden und Tessin an. Ebenso liegt von den Ty-
roler Alpen die große Mehrzahl unter 20()0 Meter und
nur im Eisack-, Etsch- und Pusterthal finden wir eine
gWißere Zahl noch über 22(M) Meter.
W^o diese Methode der Bewirtschaftung nicht Platz
118 Leere Küsten.
thaler Alpen liegen 73,2, in den Stubaier 63,7. in den Ziller-
thaler 52, in den östlichen Tauem 51,3^.0 der Oberfläche
über 1900 Meter. Ebenso verschieden ist auf der anderen
Seite das Areal der tiefer gelegenen, dauernder Bewoh-
nung und dem Ackerbau zugänglichen Strecke. In den
Oetzthaler Alpen beträgt die über 1250 m liegende Fläche
9,5, in den Zillerthaler 19,2 «,o.
Leere Küsten. Küsten sind unbewohnbar, soweit die
Wirkungen der Gezeiten, der Brandung, der den Dünen-
sand verwehenden Winde reichen. Viele 1000 Quadrat-
meilen sind als Gezeitenland unbewohnbar. Sogar im
Meerbusen von Bengalen liegen 700 Quadratmeilen
Flutland, das nicht bewohnbar ist. unter der indL^schen
Sonne*"). Der unsichere Boden, die Fieberdünste, endlich
die Mangrove- und Pandanusdickichte machen die nassen
Ufer weithin in den Tropen unbewohnbar. Fast men-
schenleer ist die weite Küstenstrecke Westafrikas vom
Kap Bojador bis zum Senegal und dann wieder vom Cu-
nene bis südlich vom Oranje. Die Westküste des Golfes
von Suez und deren Verlängerung bis Kosseir kann als
unbewohnt bezeichnet werden. Ein durchschnittlich V- g.
M. breiter Strand von Korallriffen und -sand bildet
eine wasserlose, von lebenden Wesen fast ganz ge-
miedene Region. Pizarro fand an der XordwestkOste
Südamerikas weite unbewohnte Strecken, von denen
manche mit Urwald bedeckt, andere von Rohrwäldeni
umsäumt waren. Er stieß, von Panama kommend, auf
grölaere Zahlen der Eingeborenen erst bei 7 ** s. Br.
Weiter im Süden sa&en bis nach Araukanien hin die Be-
wohner in seltenen, weitzerstreuten, kleinen Gruppen.
Ganz unbewohnt war natürlich Atacama und das nörd-
liche Chile. Spärlich sind die l)ewohnten Punkte der Ei.<-
meerküste. Schon die Strecke der murmanischen Küste
vom Kolafjord bis Ponoi ist außer der Fischzeit des
Frühjahrs und Sommers unbewohnt.
Diese weiten unbewohnten Länder liegen neben Ge-
bieten dichter Bevölkerung, die an das Meer herandrangt
und doch nicht unmittelbar mit demselben sich vereinigen
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121} K(Ut«n8Chutz unil Lundgewinn.
sondern nur diese WattenlaiidHclinft, die auch amphibi.-'c-fa
insofern, als sie, ungleich dem überall gleichen Meere,
eine groüe Zahl bennnnter Orte umschließt. In den
Watten trngen Hühen und Tliäler ihre Namen und die
Watte nströ nie kennt der Schiffer, der sein Fahrzeug
dnrchsteuorn will, genau. Es gibt nuch historische Na-
men der Stätten, wo Dörfer standen uad Fluren higen.
In Küstenticl 'Hindern , wo Land und Meer sich in-
ei n an derd rängen, nimmt das Streben nach Schutz und
Landgewinn einen groüen Teil der Kulturarbeit in An-
spruch. Es ist ein unaufhörliches Hingen mit dem Meere,
das ebenso erstaunlich durch seine Geduld — das ganze
1">. Jahrhundert hat an dem 1-l!>2 fertiggestellten ersten,
■i Meilen langen Führer Deich gearbeitet ~ wie durch
seine Kühnheit, und das eine ganze, höchst belebte Ge-
schichte hat. Die primitive Eindeichung hat durch Zu-
Kummen drängung der Wassermasse und schwache Anlage
(Sommerdänmiel dem zu schützenden Lande mehr ge-
schadet als genutzt. Es muüte der Wasserbau eine
Wissenschaft werden, um zuverlässige Schutawehren für
die Dauer zu schatten. Erst wird durch Schutzbauten
die vorhandene Grenze gesichert, dann wird das Meer
durch Eindeichungen zurückgedrängt und zuletzt folgt
die Austrocknung abgeschlossener Meeresteile. Jenes erste
Bestreben bildete die Schule der Notwendigkeit für alles
Spätere. Der Schutz tritt dann mit der Zeit zurück, der
Landgewinn und die Erwerbung anderer Vorteile werden
die Hauptsache. Man schafft neues Land, schließt Inseln
ans Festland an — an der Laudfestinnchung Ameinnds
wird in den Niederlanden seit Jahren gearbeitet und in
der Verbindung Ftihrs mit .\mruni durch einen dem
Insellande reichlichere Ablagennigen zuführenden Schutz-
ilamni liegt für viele die Gewähr einer schöneren Zu-
kunft der nordfrie»ischen Inseln — , gräbt Kanäle nn der
Stelle von Untiefen, macht das Binnenland zugänglicher
und wandelt eine Salzwasserbucht in ein Reservoir von
Süßwasser um, das zur Bewässerung tauglich ist. Man
diskutiert gar nicht weiter die Ausführbarkeit eines
Planes, wie er 1H77 für die Abdämmung des südlichen
122 Nene Küsten.
gehen lä&t. auch ihr Klima bedingt und ihnen selbst die
Keime ihrer ersten Lebewesen zuträgt. Der Strandver-
schiebungen bemächtigt« sich die Volkssage, welche die
Meereskanäle zwischen den Inseln auf einem hineinge-
legten Pferdeschädel überschreiten, auf weilaeni Rosse
ttberreiten läßt u. dgl. Für die Friesen hing einst die
ganze östliche Inselreihe von Helgoland bis Amrum zu-
sammen. Der gleichen Leichtigkeit in der Annahme von
Landentstehen und -vergehen begegnen wir bei den Poly-
nesien!. Es ist ein Spiegel des Wechsels der Insel- und
Küstengestalten unter ihren Augen und eine andere Form
(s. o. S. 48) des Hereinspielens des überall sichtbaren
Flüssigen in den Horizont der Menschen.
An den Kändem des Weltmeeres und durch dasselbe
hin zerstreut liegen als neue Küsten und jugendliche
Inseln die erst im W^erden begriffenen, noch nicht mit
Pflanzenwuchs bekleideten Länder, deren unvermittelter,
unorganischer Boden dem Menschen nichts als Stein
bietet und den noch oft genug die Wellen überspülen.
Von den Koralleninseln der Südsee sagt Dana: Der ge-
ringe Betrag bewohnbaren Landes ist eine hervortretende
Eigenschaft dieser Riffinseln. Fast ihre ganze Oberfläche
ist Wasser und das Land rings um die Lagune ist nur
ein schmaler Streif, dessen größerer Teil bei Hochflut
unter Wasser zu stehen pflegt-^). Dana bringt eine Liste
größerer Koralleninseln aus der Paumotu-, Kingsmill-
und Uniongruppe, wobei sich ergibt, daß durchschnittlich
nur ^2 4 der Oberfläche trockenes, wahrhaft bewohnbares
Land ist. In den Pescadores beziffert er diesen Betrag auf
nur V*oo. Das unbewohnte Drittel der 225 Fidschiinseln
umschließt fast nur Koralleneilande. Eine andere (Gattung
unbewohnbarer Inseln liegt, in den kälteren Erdgürteln,
wo auch auf hoher, dem Wellenschlage entrückter Unter-
lage die Bildung eines Pflanzenbodens nur unter beson-
ders günstigen Umständen möglich ist. Daher die Felsen-
inseln in so großer Menge: 17 unbewohnte in der aus
22 bestehenden Färöergruppe. nur 50 bewohnte in der
mehrere Hundert umfassenden Aland-Gruppe, 1000 un-
bewohnte unter den 1211 größeren Inseln der norw^i-
■iffllll 1
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> Lamtraa der Erdv. dir IS Motixii
Tm SjalAmk neh imUkaiL Ein«« «ItT n('i)4>ivu ht'i
^de ener duck nlkaniidi* TUlti{(kt>it iiiilittwuliiiluir
gmuchtn Lnd Wt«! dw Insd MitiEJHi) Wi Itnliiiiilii'tii,
die 1B61 durch den Ausbrach ihr*-» ViilkuiiN <>« m>ihII>I>I
ward. da& die B^rölkerun^. wolilu' noili um Lol» ii i>>
Hlieben war, dieseibe verließ -•>,
Wald. Noch nielir schwimli-t ihv licwnln
ztisammeD. wenn man auch die Kliiclicii nl'/
Vegetationsdecke den Anbau, die HrwuliniiiiK,
!>chon die Durch «an dem Dg aUHHi.hlii'IJI. I<;i> j.
'steppen, die fast undurchdrinf;H('li Hiti<l iiu'l
der Scrab Australiens ist an viclcu Hli-Ili n
grofies Hindernis de« VerkchrH wie iiii 1^/
die Wälder bieten unter dii'xen Itildiitit/'-n 'li>- »
Problem, weil sie zuerst f(ri»üc llio'l« nu' '
-teilen, um dann einen Boden 'lur/ul/fi' r.
^testen Kulturböden (fehOrt. In lUr WMn ■/■',•
und Neuen Welt ist UrhHrtna'^liii»(/ fji-i ■/',■ ■
mit Entwaldung. Aeltertr Kultijris<r>'l' i •■ i •>
ärmer als jüngere. Europa //•jjf» i, ,> , ■■ '
die TerhältDismäßige Jogend ■i-irj'v '/' •■ i • < •>
t'ritannien mit 4. Di^icIiUnd «.-• ^'. )■.;..
Schweden mit 'M*'- Vt'M x^iicrr. A ■"■■'■/■ ■
»lter= und der BeriJlk^pjriy«),' ;.'/»- ■ ■•
' Kmi
»lil .1.1
,l..ll ...II
ll.l 11» .
124 Verdrängung des Waldes und seiner Bewohner.
amerika nehmen die alten Staaten Massachusetts, Rhode
Island, Connecticut, New York und New Jersey die meist
entwaldeten Gebiete des Waldlandes ein, das einst durch-
aus so dünn bevölkert war, wie das jetzt auf ib^fa
Wald reduzierte Maine, welches als echtes Waldland seine
Bewohnerzahl am langsamsten von allen östlichen Staaten
vermehrt hat *'% Die Zurückdrängung der Indianer ist be-
zeichnenderweise in diesen Gebieten parallel mit der Vernich-
tung groüer Wälder gegangen. In den östlichen Vereinigten
Staaten haben sie sich am längsten im waldreichen Maine
gehalten. Jetzt sind sie fast tiberall in die Steppe hinaus-
geschoben (s. u. 10. Abschnitt). Die gleiche Erscheinung im
Süden des Erdteils. Der patagonische Urwald ist von 3r> **
s. Br., wo seine Reste die Abhänge der Anden bekleiden,
bis südlich von 37 ^ s. Br. zurückgedrängt und ebensoweit
haben die Chilenen die Araukaner zurückgeschoben. Die
deutschen Kolonien zwischen 40 und 42" bei Valdivia
und am See von Llanicuhe' sind Kulturoasen im Urwald,
die denselben Prozeß vorbereiten. So treten wir in den
Schatten alter Wälder ein, die längst vergangen sind,
wenn wir bis zur ältesten Geschichte unserer eigenen
Heimat vordringen, die bis auf den heutigen Tag im
Besitz ihrer weiten und dichten Wälder eine jüngere
Geschichte bezeugt als alle west- und südeuropäischen
Länder-^).
In Europa gab es einst ebenso ausgedehnte W^ald-
strecken, wie im Nordamerika des 10. Jahrhunderts, deren
erste Besiedelung noch in die Helle des geschichtlichen
Tages fällt. In den Ortsnamen wimmelt es von Belegen
für die Neugründung von Ansiedelungen auf frischge-
rodetem Waldboden. Die Reutte, Rüti, Lohe, Grün u. s. w.
gehen großenteils auf die erste Lichtung der großen Ur-
wälder Germaniens zurück: diese Arbeit zog sich aber
durch Jahrhunderte und so sind Leopolds-, Auersberg-
reut, Bischofsreut im bayrischen Wald jüngere Ort-
schaften bischöflich passauischer Gründung. In allen
unseren Waldgebirgen sind einzelne Ortschaften aus
Köhler- und Holzschlägeransiedelungen noch im vorigen
Jahrhundert entstanden. Im Altvatergebirge nennt Paul
\i,i
12(3 i^i^' Lücken des Waldes.
Dur Waldwuchs überzieht uirgeuds ganz lüekeuloä
ganze Länder. Flüsse, Seen, Heiden erzeugen Lichtungen
und arbeiten damit der Kultur vor. Auf die .sehr be-
merkenswerte Thätigkeit der Biber in der Lichtung der
Wälder hat Creduer hingewiesen. Auch an baumtötende
Insekten und endlich an Waldbrände, durch Blitz ent-
zündet, ist zu denken-*'). Daü diese Lichtungen z. B. im
alten Deutschland zur Kömerzeit schon ausgedehnt gewesen
sein müssen, beweist die charakterisierende Benennung der
Gebirge als Sylva hercynica, Odenwald, Ardennerwald
u. dergl. Es lagen waldlose Strecken zwischen ihnen. Das
deutsche Wort Am Freien"* spricht wohl auch den Gegen-
>atz des Lichten, Luftigen zum Waldesdunkel aus. Die
„ Patana " , jene ungemein scharf abgegrenzten Grasflächen der
Urwälder Ceylons, die im Gebirge am häufigsten, doch bi:»
(>00 Meter abwärts gefunden werden und die Ausgangs-
punkte der großartigen von hier aufwärts wandernden
Waldverwüstung durch Anlage von KaifeepflanzungeD
gebildet haben, gehören wohl auch zu diesen natürlichen
Lichtungen - ").
Es ist ein gewöhnlicher Fehler der Historiker, daß »e sich
die \Väld«*r, in welche in Mitteleuropa die Kultur urbarmachend
«•indrang, als weite, menschenleere, ttherall gleiche Waldöden vor-
stellen. Alle unsere Waldgebirge sollen bis ins frühe Mittelalter
unbewohnt gewi-.si>u sein. Allzu wörtlich nimmt man die Ausdrücke
unbewohnbare, schauerliche Wildnis. Drachenlager (cubile draconumi
und ähnliche, von denen der baverische (ieschichtsforscher v. Koch-
Sternfeld einnull &agt, s^ie kämen ihm wie Formeln oder Typen
vor. die in den Nachrichten von Klosterstiftungen wiederkehren.
Fast mit gleichen Worten wird z. ß. in der Geschichte der Grün-
dung von Berchtesgaden. von ßayerisch-Zell und von Dietramszell
der W'aldwüste gedacht. Wir haben früher für das oberste Mang-
fallgebiet, wo Hayerisch-Zell liegt, die Unwahrschoinlichkeit nach-
zuweisen gesucht, daß nicht schon in römischer und keltischer Zeit
die Wälder um den Wendelstein bewohnt gewesen seien-*). Wir
erlaubrn uns, einige Sätze aus jener Darstellung hier anzuführen:
„Der Ausdruck Wildnis, dem nian in der Geschichte der Besiede-
lung der Alpen öfters begegnet, wird leicht mißvei*standen. Es
ist nicht anzunehmen, daß in einem Gebiet, um welches rings*
ht>ruin >eit Jahrhunderten die Kultur geblüht und gewirkt, sich
eine vullkomnun menschenfeindliche Wildnis erhalten habe. Waren
Fetersberg. Mons Madrona und vielleicht auch Mens Oriinnus (Oerl-
berg neben dem Kranzhorn am rechten Innufer) früh mit Christ-
II Wkid ^«tHc isräoL w fräbc Kirfjiluif flu
iJen Th&rügervtiJd pnhas ''i. Aoct fä: ner >iiessan is! niw,
i«tit bereit all*- Bc^ühnmig. (Jen BochsTieasurl »o*f?(a)i>nini(^. vor
aiuKuetzen.
Die VerteiloDg der BeTÖlttrunp im Waiiir
hängt TOD der Koltnrstirfe und der durch diej^i- ^Sotfuon
Lebeneweise ab. Die BeTöltemnii ist r*hr dünn, niil
atQ dOnnateo. wo sie Kam Zweck der Jagd, dei' Booivn-,
Honig- und Wnrzelsuchens sich im Wald zef>tn'nl^ Im
nördlic listen Aeien und Xordameiika, in dt-r Hvl»t«>R SHd-
Amerikaa und den großen Waldungen de^ üquatoridli'U
Afrika sind die kleinen Siedelungen der WaMlH'wohm'v
fünf Meilen und mehr voneinander entfonit. Ofl ini*gi'ii
da die Fäden des Verkehres abreiten, durch wclchi' hii'
verknöpft sind und einzelne Gruppen von rtiedli'ni wio
128 Verteilung der Menschen im Wald.
auf Inseln im grünen Meere leben. Breite Waldstreck<
werden absichtlich unbewohnt erhalten (s. u.). Der Ve
kehr sucht die Wasserwege auf und an diesen liege
die Siedelungen verhältnismäüig dicht, während den Wa
nur Jagdpfade durchziehen. Es sind nicht bloli kleii
Jägerstämme, die zerstreut im Walde wohnen; in alh
Zonen gibt es eine besondere Art von Ackerbau, der v(
dünner Bevölkerung im Walde betrieben wird und an d<
Wald sich anlehnt. Mit ihm geht eine entsprechende Ve
breitung der W^aldbewohner und -vernichter auf Lichtung^
einher, welche im Walde zerstreut sind und verlassen we:
den, wenn ihre Fruchtbarkeit erschöpft ist. Das ist das Lebe
nicht bloß der W^atwa und Akka, sondern auch einzeln«
Negerstämme im zentralafrikanischen Wald, das Leben d(
Veddah in Ceylon, waldbewohuender Bergstämme in Voi
der- und Hinterindien. Aehnlich trieben viele Stamm
Nord- und Südamerikas ihren Ackerbau im Wald. Ab«
dieser zerstreute, schwache und mühselige Feldbau de
Waldbewohner genügt nicht zur Lebenserhaltung. Wui
zeln und Früchte müssen mit herangezogen werdei
Das ist selbst dort nicht besser, wo der Reisbau sein
reichen Ernten gibt, vde bei den Bannar des großei
Grenzwaldes zwischen Siam und Annam, deren 25 Ot)0 See
len auf einem Raum von 15 — 20 Meilen Durchmesse)
wohnen ^ M- Auch die Aino gehören zu diesen Waldacke^
bauern, denn ^ :. von Jesso sind noch Wald^-). Aber sie
sind zugleich große Jäger; man hat die Zahl der jährlich
in Jesso erlegten Bären auf 50000 geschätzt.
In den höheren Gebirgsteilen Europas, wo der Acke^
bau wenig ertragreich geworden, findet nicht nur die
Bodennutzung durch Forstwirtschaft die größte Ausdeh-
nung, sondern hier schließt sich auch der Ackerbau noch
inniger an den Wald an. Die Arbeit des Holzfalleos
und -fahrens oder -flößens ist vielfach in unseren Wald-
gebirgen wichtiger als der Feldbau, der sie als Erwerbs-
quelle in den langen Wintern ablöst. Eine eigentümlich
W'irtschaftsart, bestimmt Streu und Weide zugleich m
liefern, sind die Birkenberge des Baverischen Waldes,
welche einen Ackerbau im Walde, aber in Verbindung mit
«« £e F«
mtdan mitteti ia £ckt:hvT6(k«*zs T ' m ^ - / >^ ±üi^ vr
. fnt menschefilcei« ViU«. h •'»KrMy»!^ as^ b>^
^ »eh meDeeiTHt im diett'et Wil; rTrii'^r ■"iji- ■=:~^s<t-
licbe Wohnrtin*-!: r^ *tri^- I-: ^-_- -.-- ?;-.: i
Winkel nacb S=*-h&c- flL-- ::l- ; -.-.- jr.: .-•--.:-
lithe Einsamkeit. It^r >jz--^'-iTZ^£ ' -r:"----T. -l - --
KiJile im Kreise Sa^a:. iNi-ri^r- ü— .-l ---ri- . .- t :
Wchnplätzt-n. nämlich -icerü'-7r"r---r'. :_"? ----r- t.-.
Hiifcm PechotVn ncl einem ät'.t.-t-. -.- _.- ;:-i::i_-:.
'^-f Ein wohn eni auf i'"." tifaaii-i'Ü.v-r*-:— S:V-t„
man die Beiitutucjr desWal-i^ i:^ H----;.i>-. ]■ : N.-.t
*Brdi)jen lernte. V>*-s:aiin man srV'-' '.t-'i-> ::■! -en-Ji-r..
«elclie Torher öde gcleiren wür^r.: 'ür K-->:T-r-r.- "li-.r:.
'laWi liesoiiderJ> viel eew^nn^E. In: Kir?: -:i.i i:: ■"■--:".
leiten Jahren Ober eine Milliim BjniE' ht:: :ni .l;ihrc -^r.-
l'flanzt worden. Seit Gathe =em Buch .I'i- Lar.lf Brai;:.-
«hweig und Hannover" tr>cheinen liet, iicd äir- l^-wal-
•Jeten Flächen Ostfriesland-^ von ".'■ aui mihr nU '-
■1« Areals gestiegen. iSeit l^^Tl h^i die OberHriflif de<
Ijfpartementa Gironde 1 Ott Quadratkilometer durch W ;tlil-
«npdanzung aus dem DOnengebietp gewonnen. Selbst
Belgien hat den bis H^iill stetig vermindeit.n Wuld
ntuerdings wieder zunehmen sehen. Es ist im diesem
Vorgänge der kflnstlicben Bewaldung von Idogcogriipbi-
"tliem Interesse zu eehen, wie die Wiederbewahlung di-n
K»ir.F\, Antluapogcagmphi» II. i*
WalJreste.
Weg zurückmacht, i]en die EntwalduDg t-ingeschiagen.
Sie beginnt an den Resten des Waldes in Thiilem uni
Schluchten und steigt in ihrem Schutze in die Rohe.
Oft muli sie den Humusboden, Rasen. Strauchwerk erst
wieder schaffen, welcher verloren ging, sils die Wurzeln
der Bäume ihn nicht mehr umklammerten.
In alten Kulturländern sind die Wälder /.u In^^eln
zwischen Kulturflüchen und Wohnstätten geworden. So
ist in Mitteleuropa der Wald Überall zerstöckt; er bildet
zusammenhängende Bestünde von beträchtlicher Größe
nur noch in den Gebirgen, in sumpfigen Tiefen (Spree-
wald) und PluIJniederungen , d. h. dort, wo er eich tta
natürliche Hindernisse einer dichten Ausbreitung des Men-
schen anzulehnen vermag. Wo dichte Bewaldung mit
dichter Bevölkerung zusammengeht, wie in der Pfalz.
welche die dichteste Bevölkerung (0455) unter den baye-
rischen Kreisen und dabei doch am meisten Wald (39 "/i.
gegen -^4,4 in Gesamtbnyern) aufweist, fallen bewaldete
Bergländer ins Gewicht, Unterfranken verdankt sein Wald-
iireal von 38 "/n wesentlich dem Spessart, in welchem
schon früh die Waldsiedelungen beschränkt wurden.
Die Schweiz (2(1% Waldboden), das Algäu (2-2»
zeigen, wie selbst im Hochgebirge dort der Wald zurück-
gedrängt ward, wo die Weide sich ausdehnen konnte.
welche in beiden Gebieten durch Bodenart und -gestalt
begünstigt ist. Die Lichtung schritt hier von oben, Wft
sie Alpenweiden schafft, und von unten, wo sie Ackerfelder
lichtet, voran, so datü der Waid nur noch ein Band zwiscbui
Alpe und Acker bleibt. Der Scbwarzwald, der klimatiscli
und durch seine Bodenbeschaffenheit der Bewaldung sehr
günstig, ist auf der badischen Seite doch nur zu 4"J "fn be-
waldet, am dichtesten im Kreis Baden, der 40, am dünnsten
im Kreis Villingen mit seinen bevölkerten HorhflacheB.
der 3 1 V Watdland zählt. Im badischen Schwarz waldgebiet
stehen Wald- und Ackerbaufläche etwa gleichgroß neben*
einander, in ganz Baden verhalten sie i^ich wie 1:1,50.
In der Regel ist die Waldääche kleiner, wo die Be-
völkerung dichter, doch gilt dies selbstverständlich nw
von Gebieten Hhnlicher Boden- und K lima Verhältnisse,
Dil? Waliliand^diiin.
I.SI
kann DBlrantien, dessen Boden nur /u l<j "ja be-
llet tmd nur von 20l><i Menschen auf der Quadratmeile
wohnt wird, nicht mit Niederösterreicli verglichen wer-
■ien. wo mit 32 %) Waldfläche eine Dichtigkeit von ÖSÜO
nimiDmt- ngeht. Die einen urtümlichen Eindruck raachen-
iiti Wälder von groÜer Ausdehnung, in welchen die
:'i]|turilH>'heii wi(j In^ieln liegen, können nicht dicht be-
"liat, aber diet^e Inseln können von dichten Bevölke-
iiiugen bewohnt sein. Der nahezu 40 Quadratmeilen große
Bezirk Kimpolung in der Bukowina ist zu 78,2 "'" Wald,
<]as gro&e Komitat Marmaros hat auf 17') Quadratmeilen
11" Qaadratmeilen Wuld. d. i. l)2"/o;^ort wohnen 900,
'der U'iO Menschen auf einer Quadratmeile: aber einige
r dichtesten Bezirke Niederösterreichs wie Hernais und
■■■:chabaii3 zeigen ihre städtisch dicht wohnenden Bevöl-
1 in Gebieten von 87 und '>b "« Waldfläche,
mburg in Böhmen bat über 20000 auf der Quadrat-
|äle und 4r>,7 "o Waldfläche.
Das Bild eines deutscheu Waldgebirges liegt heute
ßt ab von zuHammenhängenden dunkeln, weglosen Wäl-
, die Thal und Höhe mit wenig Lücken überziehen.
i breiteren Thäler alle sind hoch hinauf bebaut, reich
I Ortschaften, die engeren Wiesenthäler haben durch
liesenbau den Wald auf die Thalhänge gedrängt und
1 ihnen fehlen nie einige Häuser. Ueber den Wald-
Hern liegen längs der oberen Hänge und auf den Hoch-
□ blühende, gewerbreiche Ortschaften, Häusergruppen
I verstreute Höfe mit Gärten, Wiesen, Feldern, oder
Ii Bur Reutfeldern und Weiden, in buntem Wechsel von
"iild durchbrochen oder umrahmt. Es werden jenseits
i*^r höchsten Wälder die Moore ausgebeutet, und das
'^ eideland zieht über die höchsten Kuppen weg. Die Be-
'uldung ist noch am stärksten, wo enge Thäler, steile
'lange, steiniger Boden, rauhe und abgeschlossene Lage
lie Urbarmachung an raschem Fortschreiten hemmten"").
Dif Beschränkung des Waldes, welche im Interesse
:'. r Kultur liegt, artet leicht in einen Vertitgungskrieg
I-. dessen Ziel die Entwaldung, die Vernichtung des
•\ aldwuchses ist. Die Landschaft ganzer Länder und
V-i-Z
KrilWHldung.
der geschiclitlichf Bodun ganzer Völker erfahren dtidurcb "
mächtige Umgestaltungen. Es schwinden mit dem Walde
<lie ihm zugehorenden Funiitionen den Schutzes und d««
atifgcsammeiten wirtschaftlicht'n Wertes. Mit der Ent-
waldung hat sich das Kümo in vielen Gegenden der alten
Kulturwelt verschlechtert und ist der Bodenwert gesunken.
In schneereichen Gebirgen wächst mit der Entwaldung
die unmittelbare Bedrohung des Lebens durch Lawinen-
stürze und die Schädigung der Wohlfahrt durch Ueber-
schwenimungen und niedere Wa«serstUüde. Es wird leicht
vei^eäsen, daiii der Wald das Erzeugnis eines langen
Wachstumsprozesses ist, welcher Jahrhunderte brauchte,
um die Holzmassen und den Humusboden zu schafFen, nacli
deren Zerstörung erst wieder in entsprechend laugen Zeit-
räumen der Boden denselben Wert erlangen kann, wenn
er nicht durch Freilegung und Abachwemmung überhaupt
unfähig gemacht ward, sich wieder mit Wald zu bedeckeu.
Da der Waldscbutz eine wesentlich moderne Erscheinung
ist, haben vor allem die Länder der alten Kultur durch
Entwaldung verloren, was der an die Stelle des Waldes
getretene intensive Ackerbau nicht ersetzen kann. Nord-
amerika ist das in Kultur und Entwaldung ruscheat fort-
schreitende Land der Erde. ' ') Die Kehrseite der so viel
bewunderten, groläen Kulturf ortschritte ist die Waldver-
nichtung im MaiJstube von '2 — ^"Z" jährlich, wie sie in
Ohio in den Jahren vor 1880 festgestellt wurde.
In den Tropen ist die fast vollständige Entwaldung
ausgedehnter Gebiet*', wie Ceylon. Mauritius. R^'uuion.
die Seychellen sie durch den FJantagenbau erfahren haben.
wesentlich eret im Gefolge und im Interesse der europä-
ischen Kultivation geschehen. Diese ins groüe arbeitende
Plantagen Wirtschaft hat ungemein rasch mit dem Urwald
aufgeräumt. Junghuhn fand 1844 Kulturflächeu, wo \Süh
Leschenault die ganze Strecke von Sumber bis Panarukan
im Walde zurückgelegt hatte ^''). Auf fruchtbaren, dicht-
bevölkerten Inseln wie im Indischen Ozean Mauritius,
Ri^union, Mah^ haben die Kulturen die einbeimische Flon
auf die Höhen der Berge zurQckgedrängt, alles andor«
ist Ein Kulturland. Die ceylonischen Urwälder
td« in iler Hfliic jeuseib lUlJn Mt-ter, wo der Kaffee-
; Arifsten sie verwQstet Imt, vorher fnst unberührt
i«ii sein. Üie einzigen eigentliffaen und alten Walij-
icT C«T)ons. die Veddali, sind kaum jemals volkreiche
me gewesen. Vorher hat. wie (iberail in tropischen
Iräldern. das hier als .Chena' bezeichnete System des
irkflrbaupÄ die Arbeit eines hundertjährigen Pflauzen-
i mit Feuer vernichtet, um ein wenige Jahre dauern-
t Feld von Eleusine coracana auf der Brand.'itätte zu
■itogen. Aber diese Lichtungen waren klein, zerstreut
ul wurden nach Jahren sich selbst überlassen. Ek ist
11 ht wahrscheinlich, dag durch sie eine gioüv und
ii^nide Hrnwandlung von Waldland in Kulturland oder
-.L-<land stattgefunden habe'"). Die Wald Verwüstung ist
--ntlich Sache der Kultur, dichterer Bevölkerung,
II Werkzeuge. Selbst die Waldbrände sind am
■ ji. wo die Berührung zahlreicher Menschen mit
,M erleichtert wird. Eine Anzahl von historisch
^...libi^ten Fäili-n fa.st vollständiger Entwaldung, wie
Madeira und St. Helena sie bieten, zeigt, daß auch in
i-wm Falle ilie Inseln den ausgedehnteren Binnen-
k'ebieten voraneüen'"). Auch Island hat durch Ver-
nichtung seines ärmlichen, aber an der Waldgrenze um
fo wichtigeren Birkeuzwergwaldes seinen Kulturcfaarakter
veBeatlich verändert und Qroübritannien ist unter den
bdem seiner Zone das waldärmste.
Derartige Thatsachen dürfen aber nicht zur Grundlage
r Auffassung gemacht werden, dali die Erde Überhaupt
IfrOheren Jahrtausenden, ehe die Menschen Ackerbau und
icbt trieben, viel reichlicher bewaldet gewesen sei,
L dafi sie vielleicht großenteils mit Wald bedeckt gewesen
Besonders ftlr Südafrika werden zahlreiche Fälle
Ttuer rücksichtslosen Zerstörung durch Grasbrände ange-
Milirt und die südlichen Mittelmeerlünder sollen ihr Klima
und ihre Fruchtbarkeit wesenlhch durch Entwaldung ver-
iblechtert haben. Man überträgt hier doch offenbar zu
ich dii- Erfahrungen des nördlichen Waldgürtels und
Inseln auf anders geartete Länder. Einen mittel-
ropäi^chen, nord amerikanischen oder sibirischen Wald
\:^^ Waldver^'Qstung in den .Steppen.
haben die mit Trockenzeiten beglückten Länder nicht in
historischer Zeit besessen. Sie waren waldreicher, aber
der Wald spielte in ihrer Kulturentwickelung nicht die
Rolle wie dort. Sicher ist allerdings das eine, daü er
rascher vernichtet werden konnte, wo er von Natur schon
zerstreut und nur an begünstigter Stelle erhalten war, und
daü sein Rückgang hier um so empfindlicher wirken mußte.
Ganz anders noch wirkt die Waldverwüstung in
den Steppen, wo der Wald klein und ohnehin klimatisch
bedroht, und wo sie eine notwendige Folge des Stepi>en-
lebens ist, als im Urwald. Hier ist der Wald der
mächtigere und dort der Mensch. Das Klima, die Sorg-
losigkeit der Nomaden in der Verwertung der Natur-
schätze, die natürliche Armut des Baumwuchses: alles
das wirkt zusammen, um die Nomaden als ein höchst
wirksames Werkzeug in der Entwaldung der Steppe er-
scheinen zu lassen, die wohl nicht immer diese völlig
ungebrochenen Wiesenflächen bot wie heute. Nun ist
auf weite Strecken hin der Argal das einzige Brennmaterial
und wenn vielleicht der jirimitive Mongole, der nichts
anderes kennt, an diesem festhält, so wütet der halb-
zivilisierte Nomade um so unbarmherziger in den Wal-
dungen. Eine vor etwa zehn Jahren entworfene russische
Generalstabskarte, die Ujfalvv in Troitzk erhalten hatte,
zeigte in dem Orenburger Gouvernement m eilen weite
Waldflächen, die jetzt fast nur noch Steppe waren. Der
Ackerbauer leistet bei ständiger Anwesenheit in dieser Be-
ziehung noch erheblich mehr und vielleicht ist der Chinese,
der mit der Asche dün^, mit dem Holze baut und heizt
und dies alles mit rücksichtslosem, rührigem Eifer betreibt,
der denkbar gi*ößte Feind des Steppenwaldes. Die acker-
bauenden Immigrant'^n aus Schensi und Schansi haben
der Mongolei unendlich geschadet, indem sie ganze Striche,
wie z. B. den ganzen Bergrand am linken Ufer des
Hoangho auf dem Wege von Kaigan nach dem Inschan
vollständig entwaldeten. Sogar die t*inst schon bewal-
deten Waldgründe in der Nachbarschaft von Jehol sind von
ihnen trotz aller Verbote verwüstet worden. Waldbrände
wirken nirirends so zerstörend wie im trockenen Steppen-
■H: sie u^stfireii die Wnneln and Kob» b» n Jn
ni^ itilKia und freäaen fnrt. ^is sw nrf ciae L iett— g
In Bcataod imd FeUeo leif^ der Walrl die hriWinr
Bt4««tng der iMren SteU«a in d«r Oefcanwive. die dem
HiBKfccD eni VediSitiiH txtr ^istnx Tr h»h*Ti Er dnrcb-
ädi WMtBen KoHndKnder Bit c
hA, UAi vuA üt me nnkeadeB j
im Körper der Völker kiteL Am Aem ^TaU eigieit
■cb an Strotn tob Po««ü dorrfa Kunst aat Diditeag,
« wird immer fOr sinnige Gemutet in ffgead «tncm
ÜUt> Grande die ,blaae BIoib«'' bergen. Ei irt ht-
mithnnui. wie *oa aUen äeitet) her die ErbohmgaBlUleB
dir ■hgiMteUctBn Sädtcr sidi io ihn hineioei sli ««.km
olcr an iba sich ulekaea. Er ist nicht blolt im Slkk
Katav. aoodem andi «in SUck Cneit; in ihm htpi eine
Totmidiine mit tta<«rer Va;K*Bsnilk>il
Folitiadie Wisto. Aas einer ^anz^n Anzahl von
tjrandeD meiden Völker aaf tieferen Kaltnratafen Vie^timmte
^iretken ihres eigenen Land« oder zwL^chen ifarem LanHe
<md demjenigen eines Xacbbom. I>ie cieiiere KalCorstafe
jetzt meD?ehenleere oder Jünn bevölkerte Striche Toräo.'«.
^ie braucht dieselben Ha •'iFenz^tri'^he. ^ Jagd^biete. *ie
!chaK sie dorcfa kriegerische Verwüstung, «e dnldet sie
ländlich, "■eil sie derselben wirt*t:haftli<;h nicht benfitiijt iat
■-'itr nicbl benötigt m sein meint. E>äbei wiegen politi-
sche und soziale Moti»e "| vor. wie»ohI aneh die Relijriftn
ins Spie! gezogen winL Wir wollen diese leeren Stellen
aij poliiiäche Wasten den natärÜfihen Oeden ge^en-
Gbersiellen. too welchen wir hUher sr^prochen. Da der
Mensch sieb mit Absicht von ihnea znrü<:kziehr. tritt die
Xatiir in ihr Recht nnd die Wirfcan;: anf die Verbreitnng
■ie* Menschen wird dieselbe. I>azn tritt aber t'Qr die
politisch -geographische BetrAchtang diich da.- Wichtige
hinzn. da& die leeren SteQen sich zn einem Netz nea-
naler Striche znaammensehliefien- in denen das politisch
nii-ht Organisierte, organisiert Gewesene oder der Orga-
nisation Zostrehendc aofierhalb de^ Bereiches der ge-
lUÖ OrL-üiHÜaU-n auil
6chloäl^euen Staaten und Stammt: Mvh bewegt, z. B. iu
Zentralafrika die wandernden Handels- und Jäg(>r8tämiue.
Barth hat in seiner üebersicht der Bevölkerung des
Sudan zuerst die allgemeine Regel ausgesprochen, <lali
neben den Terhältnistnaläig dichten Bevölkerunj^en der
Heidenländer und inoh um nie danischen Reiche ,die Grt'iiz-
gegenden Kwi>ifhen verschiedenen Beichen mehr odi-r
weniger entvölkert und daher dicht hewaldet nind*')."
Durch Nachtigal wissen wir jetzt, daß da* unbt—
wohnte Grenzgebiet zwischen Dar Por und Wadut, mit
dem Thale und dtn Gehäugen des Wadi Asunga zu-
sammenfallend, an der Stelle, wo der Weg Abt-sche-
Fascher es durchschneidet, zwei Tagmärsche, d. i. 4 — Ti
Meilen breit ist. .lunkiT hat uns diese Grenzstriche in
ihrer sehr großen Bedeutung fUr das Leben der Afrikaner
noch näher kennen gelehrt. Er fand diese Grenz wildnisse
Tagereisen breit im südlichen Sandehlande und gibt zu
bedenken, daß die Länder der SandehfUrsten in der Regel
nicht viel Über Uli) Quadratmeilen groß sind. Man er-
hält also Tausende von QuadrntmeUen derart unhewohutt-a
und selbst nicht Dberall durch Jagd ausgenutzte», also
t'Ur die Bevölkerung totliegendes Land. Junker hat «ogar
die Ansicht ausgesprochen, dalü das bewohnte Areal dort von
dem unbewohnten an Ausdehnung übertroffen werde*"),
Wir haben f ine Meng« Zeugnisse Über diese Grenzwildnissp,
die Speke z. B. zwischen Usui und Karagwe in einem Tag-
marsche durcbmaß, und von denen Emin Pascha im SchuU-
und Madiland mehr die wirtschaftliche Seite hervorhebt,
indem er von der Umgehung des Chor Boggär schreibt:
Diese 12 — l."i Stunden langen und ebenso breiten Fläclieu
Graslandes werden im Schuli- und Madilande absichtlich
nicht besiedelt, um den Elefanten und dem Wilde Zu-
flucht zu gewähren und so den Einwohnern Jagdgründe
zu sichern'"!- In Asien ist derselbe Grundsatz altein-
lieimiech. Der leere Grenzstrich gegen Korea durfte früher
bei Todesstrafe nicht besiedelt werden. Auch zwischen
birmanischem und britischem Gebiet blieb nach dem Krieg
von 1 S.'iS bei Thajetmyo ein Grenzstreifen von einer halben
Meile neutral und wurde die Reiniat von Räubern :
Dieb«n. BirmA biell auch dit SchanprOTJux
I gegen Siun zu gelegen, ale oeatroles Grecx^l
Im alt«Ti Genniuiien t^t^n arben Fli n ujc
Wilder als Grenzen. Der bothonische W; trennt-
(.blatten und ("beruBker von den Sueren. J. Ä. fon Helfer
hatin dem Aufsätze, Die ehemalige Wald-Veste Böhmen' '
den .mehrere Stunden bi« /» ganzen Tao't-reiseii breitj-
Ürwald, gleichsam ein g uger lebtt.— ^er Zaun. t<
dem das gamte iiinero ( i umfriedet war/ aih alw
Natnrgrenze Iteschrieben. ■ haben die Römer ange-
sichts der dunkeln, feuch Ider Germanieiis zaudernd
gestanden, bis sie die ncwege ihrer Militärsti:afiea
diirch diese seit der Ä vht im Teuto burger Walde
such militärisch ganz be "lers zu fürchtenden Wälder
tu legen begannen. Die ^Ihafte Auffassung des her-
cjnischen Waldes als eiuet> uns ganze westliche Deutsch-
laad erflÜlenden KueammenfaEngenden Waldes, die wir
bei Cäsar und Mela finden, spiegelt die Vorstellung
wieder, welche die Römer sich von Deutschland mach-
teo. — Der Glaube, oder wenn man will, der Aberglaube
wirkt mächtig mit auf die Erhaltung einzelner Land-
strecken im Naturzustande und hindert damit die natUr-
lithe Ausbreitung und das Wachstum der Bevölkerung.
Durch Verbot, tabuierte Gebiete zu betreten, entziehen
jieh Völker von starkem Glauben, wie Maori u. a., weite
'lebiete und oft gerade die der ßesiedehing zugänglichsten.
Wie einst in Gallien und Germanien ehrwürdige Wälder
läßt man in Westafrika Dickichte auf , Fetischland" stehen
und war hierin wohl einst standhafter als jetzt, wo, nach
Zöllers Angabe, z.B. in Lome „mit Hilfe entsprechender G«-
■thenke derartige Einwände leicht hinweggeräumt werden"
konnt«n ' '). Barth beschreibt einen heiligen Hain der
Marghi als dichten, mit Graben umgebenen Wald, dessen
größter Baum besondere Verehrung fand.
Minder dauerhaft, dafür aber ausgedehnter sind end-
lich jene , politischen Wüsten", welche Ergebnisse kriege-
rischer Verwüstung verbunden mit Menschenraub und Mord
sind. Vollständig menschenleere Strecken von ein paar
hundert Quadratmeilen sind in Innerafrika nicht selten.
GreuzwOiit^ii ti
1:{8 Die WUst«! des Kriegee.
Livingstone fand auf seinem Wege nach dem Njassa
am oberen RoTuma ein solches von 20 geographischen
Meilen Breite. Die Menschenleere der Küsten war selb)<t
in Westafrika schon im Anfang des 17. Jahrhunderts eine
große Schwierigkeit der Schiffahrt, da sie die Verproviautie-
ruDg erschwerte. Man lese W. C. Schoutens Bericht Über
die Fahrt an der Sierra-Leoneküste im September 1<>15,
Der Menschenraub grassierte so, daü Neger sich nur
gegen Geiselstellung auf Schiffe wagten. Auch die neueren
deutschen Erforscher haben nahe bei der Küste, z. R
beim Zusammenfluß des Wuri und Dibombo ganz menschen-
leere Strecken gefunden, die auf die Verwüstungen innerer
Kriege zurückführen.
SchloflS. Wir sehen. da£ in der Natur der zwischen
Mensch und Erde obwaltenden Beziehungen eine Ver-
breitungsweise begründet ist. welche sich als Zerstreuung
einer Menge kleinerer und grofierer, durch unbewohnte
Rllume voneinander getrennter Gruppen darstellt. Da ist
nicht Wald und Wiese, es ist die von den Botanikern
.parkartig' genannte Verb reitungs weise der Baum-
gruppen in den Uebergangsgebieten zwischen Wald- and
Steppenländern oder das kolouien artige Auftreten se-
dentärer Meerestiere in Muschel bänkon oder Korallriffen.
In den Betrachtungen, welche über die Verteilung der
Menschen über die Erde angestellt werden, ist dieser
Thatsache der Wert einer fuudanieutaleu zuzuerkeunen.
Zu den leeren Räumen, welche, wie wir sahen, die Natur
des Erdbodens bedingt, kommen jene anderen, deren
Ur.sache in dem Leben der Einzelnen und der Völker
liegen. Auf diese wird uns die Betrachtung der Bevölke-
rungsdichtigkeit (s. 7. Abschnitt) fuhren. Sie alle sind im
anthropogeographi sehen Sinne nicht minder wichtig tis
die bewohnten Stellen, und die Grenzen der größeren unter
ihnen zu ziehen ist eine Aufgabe, die an Bedeutung nur
der Bestimmung der Grenzen der Menschheit nachsteht.
Diese Verbreitungslücken sind aber weit entfernt, ent-
sprechend gewürdigt zu werden. Es gibt eine weitverbreitete
Auffassung des Begriffes Unbewohnt, welche das zerstreute
Schlufi. 1 ;^9
oder zeitweilige Verweilen von Mäuschen in festen VVolin-
<täUen ignoriert und Gebiete toq ganz geringer Bewolintheit
tk luibewohnte anspricht. Gerade in diesen Gebieten werden
j» TomuBsichtlich einige wenige enge Stellen sehr dicht be-
vohnt sein. Natürlich kann sich die Wissenschaft mit einer
«olchen ungenauen Vorstellung, die Änlajj zu vielen Miü-
Terständoisseu gibt (s. d. oben S. 12tj über die unbewuhnteii
Gebirge Gesagte), nicht befreunden und möchte seibat den
Schein »erraeiden, als ob sehr dünn bewohnt und unbe-
wohnt überhaupt nicht zwei weitgetreunte Dinge wareo.
Wenn das 188tJer Censuawerk der Vereinigten Staaten
jener Auffassung graphischen Ausdruck verleiht, indem
te die Bäume mit weniger als 2 Einwohnern auf der
engl- Qoadratmeile ebenso weiß läfit, wie die vollständig
leeren, und als besiedeltes Gebiet ,SettIed Area", nur die
tcm mehr als 2 Bewohnern auf der engl. Quadratmeile
beeeti:ten Räume anttieht, so ist das mehr als ein tech-
nischer Mißgriff, dem gegenüber mau die Kegel aussprechen
kann: Je dünner eine Bevölkerung, desto mehr ist eine
S»)grapbische, statt der statistischen A ut'tuf^sung geboten.
Ändere weit^e Flecken, die auf den BevSlkeruugskarten
ertcheinen, sind häufig nur der Ausdruck ganz subjek-
tiver Ansichten. Man betrachte sich die weißen Flecken
Mf der so fleißigen Kart* der Bevölkeruiigsdichtigkeit
^er Erde von Behm und Hahnemann. sie bezeichnen nicht
iw wirklich leeren Stellen, sondern die großen ttäume
dünnster Bevölkerung. Nun ist es aber bei der Bedeu-
tung der thatsächlich unbewohnten, anthropogeographiseh
l«reo Bäume unzulässig, die weißen, scheinbar leeren
flecken auf Bevölkerungskarten zur Sjmbolisierung dünner
Bevölkerungen zu verwenden. Selbst dort, wo ,im Yer-
fiältDis zur enornjen Ausdehnung des Areals die wenigen
^'□Eesireuteii Dörfer verschwinden'", wie F. Sarussin in
«Jer ii^rklaruug seiner Bevölkeiungs karte von Ceylon
sagt*^), bleibt die absolut leere Stelle etwas anderes al.s
die jetzt dünne, vielleicht einst oder später dicht besie-
delte Stelle. Die Darstellungsweise beider ist also ge-
trennt zu halten. Inwieweit dies thunlich, wird der Ab-
schnitt Ober die Bevdlkeningskarten im 7. Abschnitt zeigen.
1 40 Annii'rkunKCn.
') Audi die (■teichsetzDiig der Kidnzioni di ten'eni IxMcbiuti
11 coHurii und der ProsciugumeDti cd irrigazioni in der italieni-
scheti Statistik lAnnuurio \SSS. S. t>Bl)2) ixt bei tieferer Krwfigung
Dicht gestattet.
'l RcBena geogmüca v stiidi^ticH du K8]).tMit. Madrid 1888.
S. :.345.
') Der Reichtum den Landes an üppigem (iraHwiicIiB (lUr
Viehzucht), der Gcwüeser an Fischen und natzlichen VSgeln ist die
(irundluge der Krwerbsthatigkcit der iBÜliidcr; ohne diese Gaben
n-Orde dns Land nooh heute so unbewohnt «ein. wie vor tangend
Jahren. Keilhack, lilnndii Xatiir und ihre Kinttüsse nuf die Be-
vQlkeruDg. Deutsche lluographische Blätter IX. ^. 14.
') In Fars, dem Staiurolande des iiersiachen Reiches, sind so-
gar unterirdische WasserlÜufe un<l IjnellsnnimJuDgrn in gro&er
Auailehnung angelegt. Vgl. F. I-tiihc in den Verhandlangen der
Gesellscliaft für Erdkunde. IJerlin 1880. S. 141.
") Alfxandrien 1884, S. f.l.
') l'ebcr die verschiedenen Wegi> Tripolis-Kuka b. Nachtigals
vergleichende Darstellung in Siihiini und ^udän I. 8. äS.
'I Oeogniphische Mitteilungen. Ergänzungsband II.
'l C. t.i. Bfittner. Die Misxiousstntion Otvinibingue. Zeitschrift
des Vereins für Erdkunde. 18»5. S. 5S.
') UeographiBehe Mitteilungen 18ii4. ^. "iU7.
'") Regelmäßige C'istemenweihcr. wie man sie in den .St^peo
1'urkestans findet, 7.. B. auf dem Wege von Buchara nach Taschkent
in der 150 Kilometer breiten Steppe von Kartchi, sind in der Sahan
iiie gebaut woiden. Man versteht. daQ sie da sind, wenn nun
die üppigen Kult urHil eben betrachtet, weh'he zu beiden Seiten die
iSteppc einfassen.
") Vgl. l'hilippsons Schilderung in den Verhandlungen drr
tiesellschalt fiir Erdkunde. Berlin. XI. y. 450.
") (icographiBche Mitteilnngcn 1809. S. fö.
") Trolle. Das italienische Volkstum. 188,5. S. 20.
'*) In Tyrol wird die Zahl der durchschnittlich im Jahr dutrh
Lawinen zerstörten Menschenleben auf 20— äü. der OelAude s«(
12—15 geschätzt IStaftler. Tirol, I84'i. I. S. 77.
") (ieographische Mitteilungen. 18i)'J. S. 104.
'"') Prettner, Die höchste Mensch enwohnnng in Europa, ft-
rinthia 1875. S. 1M7 -205.
"} Die Alpcnwii'lsehuft der Seliwcii'. . heransgeg. vom lääf-
Stntistischeu Bureau. 18i>S.
"I Statistik der Alpen von Deutsch-Tirol. Innsbruck. leSO-t
"l Vgl. Hochstetters Bericht (Iber Whitcoinbes Beise in d«
(ieographischen Mitteilungen 18ti(). ^1. 21(i.
"•) Hunter. The Indian Empire. 188(i. S. 44.
") Corala and Coral Islands. 188.5. S. ItiO.
") Dr. Bernsteins Reise in den Molukken. linograpbische Mit-
teilungen 1872. ^>. 208.
"i Maine war 1790 mit 9^.540 Einwohnern der 11. unter den
Acuivrkungi-ii.
17öb«t«ii tJerrnion. 18<0 war is der 13. imtei- 3U, i) der 27.
not« 47. 86m^ BerOlkerang war seil 1820 um wecii nr 100%
g«w&ehien . wahrend diejenige lon 'Jliici «icii veräecii it hatte.
l?80 war Uaine nach Florida der dilnnst bevG1kert( atlaitti-
Khen Staaten.
"f Die Beiträge xur Forstet atintik des DeutEi'h)^ii Reicbea
(antOehefte d«r.St«ti*tüt des DeufacheD B*iche«. 1884. VlIlJ v^r-
idctiiieD foleendo im Vergleich zur Volksiahl Uberraschcnd gioSe
Waldß&cbc m Proienten de; "" " itflach-- '^ ' jarzburB.Rudol-
Hsdt 44, Soch^ea-Meiuiiigen 'wTnz iiacuburg 42. Erm
lUrlsnihe 41. Provio? Hetseu- ^'i idi Birkenfeld 40,
Schw&n waldkreis SU . Kheini • nd hat abo noi^
ageatlicbe .Waldlündcr' au! . u.:! ich und Süden im
Erdteile seit Jahrhunderten d' r.
") ZeitBcirirt der Genell U ,. Krdkunde. XVII. 8.234.
") Im CencDSJuhr 1880 itelcn sich in allen Teilen dar
in Waldbrände Aber 1027E res ana und vemrüuchlen einen
Verlmt. der anf mehr als 2'> m asa Dollars gesch&tit wurde.
I*ie Haupturaa^en waren das Livuten des Waldes durch Fener
und vemaclil&äsigte- .Ctiiup-Firea* der Jlger. Bekanntlich ändern
^« Waldbrande IsngsMn aber grOndlicb den Waldhest«nd nnt, da
l>9e Bäume üuf den Brandslütten nicht wieder erscheinen.
'1 .lungliuhu »eist 6fteis auf die Schürfe d':r Grenze hin.
Iic die höhere Waldregion in .lava. von den tieferen Graa-
Slchen in 3-400Ü Fuß trennt. Er glaubt sie nur durch eine früher
*eiu-r ausgebreitete Kultur erklaren zu kennen und .daß sich im
l'ruutuid Javas die Walder bis an den Fuß der Gebirge, ja bis zum
Metrtsitrande herabzogen und üaB sie allein durch die Kultur bis zu
■Wer jetzigen H3be ausgerottet sind* fTopogr. u. uaturwiss. Reiaen in
W 1845. S. 234). Die Graaflüchen, welche an die Stelle der Walder
''tten, werden in Java fast ganz aux dem gesellig und gedrän^
■achaenden Alaoggroe flmperata Koeoigii) eingenommen. ,!cfa habe
''mnd, KU glanhen,* sagt Junghahn, .daßdaeAlEUiggrae während dem
nnprOnglichen Zustande Aea Lande» auf einige nntruchtbure. darre,
*töerieere Fläehen der heilten Zone angewiesen war und besondere
iiuf i<chweren, leicht auftrocknenden, harten und eisenscblissigen
■ '^ontioden beschrünkt war; da& aber gegenwärtig überall , wo
[ oiiu diese« Oras auf einem l'ruchlbaren lockeren Boden und an
I »ei^geh^gen oberhalb von 2000 Fnü trilft , die« ein Zustund ist,
I 'Jer erst durch Meosclienhände hervorgerufen wurde,* (.Tava. seine
Geiteit elc 18&4. I. S. 158.)
"J Der Wendelstein. Geaehicbtliches. Z. d. d. u, Ö. .^Ijien-
^ereins. 1886 S. 376.
'"1 Fergunna von Heinrich SchurtK. Ausland 1890. Nr. 16.
' ) Thüringen doch Hermundurenland. S. 58.
") Das Volk der Bannur. Mitteilungen der Geographischen
•iewllBchaft ?.a .Tena. 111. H. 2.
'■') Nach Kreitners Öchätiung in den Mitteilungen der k.
k. fJeographiiichen Geaelischaft zu Wien. 1881. S. 225.
1 42 Anui^rkuugeu.
"l Vgl. (lii; genau« Heschreibung in I.iiiileiiiAiii Mitleilunt
Übel' Oen Burerüthen WhIiI HII). Deutpcbe <ieograph»che Blilii
VMI. S. 28. ■
"l Eitit- Erscheiiiiinj;. die ebenso io Tirol wie in ilcr Schwi
dort über stnrher benortritt, ist der RQckgang der WeideHach
der groDenteUs durch Verwandlung der Weide in Wiesen o>
Wald, Eiahegung zu Jagdgebieten, zum kleiuereo auf ^Erdrutschen u
linderen ElementarereigDissen, auch VorrOcken üee Oletacber beni
") Träger, Die Volksdichtigkeit Niederschlesicrs. Z. I'. wiss
»chnfiliche Geogniphie VI. S. 171.
") ^'b'- Forstrat Schuberg. Die Bewaldung des Schwarzwab
in Deutsche üeograp bische Blätter, X (1888). S. 257—77.
") Wie weit aelbst in den waldreichsten Teilen Nordaineril
die Entwaldung schon vorgeschritten, zeigt die alle Ursuchea i;
Folgen derselben scharfsinnig erforschende Darstellung C. S. Sarge
im 9, Band des Census von 1880 (Keport on the Forest Trees
North .\nierica. 18»1). Dazu den Vortrag KcBlers: Wald u
WiildzerstJirung auf dein westlichen Kontinent in den VCTha:
lungen der »Jest'llschatt für Erdkunde zu Berlin. 18ai). S. :>99— :!
'-f Javn. 1. i?. 155.
Die VcrwOstung der Wälder auf den Seychellen wird
•.'inor der GrQnde der .-Venderungen ihrer Fauna angegeben. V
Wnllnce. Islund Life. 1880, S. 405.
") Zahlenbelege ftlr die Wald Verwüstung in lUdagaskar
bei Baron, Reise durch das nordwestliche Madagaskar 'mit
teilungen der Gcogra|>hiEclien tJeeellschan zu -lena VII. S. 5.
'"') Das ist nicht bloG eine aDthropogeographi:iche. es ist e
biogeographische Thatsache. welclie sich ebenso deutlich in d-
frilhzeitigen Aussterben zahlreicher Pflanzen und Thierformen ,
Inseln ausprügt.
"1 Wenn 0. Liebscher von Japans Boden nur ',• ani;i.'bi
^ein bißt, $0 ist hierfQr weniger der gebirgige Charakter des Lun<
als die aus iiolilischen Gründen geschehene Beschränkung t
Acki-rlandes mit der daher rülirenden Neigung zu gartenartigi
Anbau und dem Mangel an Viehzucht vcruntn örtlich zu mach-
"I Journal R. Üeographical t;ociety. 18tW. :^. ll:?.
"i VViKsensi'faattliche Ki^bnisse von Dr, W. Junkers Reis
in Zeutrulafrika. Geographische Mitteilungen. Krgänzuugsli<
Nr. std. t;.ai.
'*) Rejsebriefe und -Berichte. I(t88. :^. ^6.
*'l Cushing. The Central Fart of British Burma. 1870.
*"1 Mitteilungen Jer k. k. Geographischen ' Jesellsthnt'r Wit
XHI. .'S. ^89— .MS.
'•1 Zaller, Togiiland- 1SS.>. P. ^^
*'l Verhandlungen der Uepelli-chaft tiir Erdkund'-. Berli
XIV. -;. :.M1.
ZWEITE ABSCHNITT.
DAS STATISTISCHE BILD DER MENSCHHEIT.
iflUlTif U-r TilAiSM-Jlrrl. £:- SJ. . ■ . v : ■» ' Al wv
rtiija^-iiTuiü »irr iü^€r^i:: - :- :t<i::- . ' x*.* ^'
^r iiHni--:iii icii-i. in d:^: »lUr : -. rij: -. : . \\i\\ ^ : . ■ . » . ■ . • v
:iiiCäsiat}-:ii irtr3pri»ciiei wero-i k«»:.iv v. ^^^^
■'■-■ E trL L t ( t ! Er üt 7.1 i»i-simimrM
14G ^i^ Statistik und die Bevölkerungszahlen.
die KeisebeschreibuDgen zu den ersten Quellen der Statistik
gezählt Letzteres begreift sich wohl in einer Zeit, in
welcher nicht nur die offiziellen Angaben über Bevölkerung,
Wohlstand, Bildung u. s. f. mangelhaft und spärlicn
waren, sondern auch so ungern an die Wissenschaft mit-
geteilt wurden, daß Büsching, der bekannte Verfasser
des größten geographischen Handbuches des vorigen Jahr-
hunderts, selbst von Friedrich dem Groüen mit seiner Bitte
um Mitteilung offizieller Daten abgewiesen ward. Damals
schätzte man die Bevölkerung von England, so wie man
heute die von Uganda schätzt. Aber eigentümlich ist es.
daß dann die Statistik sich in ihrer wissenschaftlichen
Entwickelung so ganz von diesem geographischen Boden
entfernte, dem sie entsprossen war, um teils eine prak-
tische Dienerin der Staatsverwaltung zu werden, teils auf
jene Gebiete sich zu beschränken, wo mit exakter Methode
zu arbeiten ist. In der Vervollkommnung der sogenannten
statistischen Methoden ging sie lange Zeit so entschieden
auf, daß man nicht ganz mit Unrecht sagte, sie sei mehr
Methode als Wissenschaft.
So ist denn der Geographie, die von allen Wissen-
schaften das größte Interesse an den Ergebnissen der
Bevölkerungsstatistik hat, ganz von selbst die Aufgabe
zugefallen, jene Zahlen selbst aufzusuchen und, wenn
nötig, zu bestimmen, fUr welche die Bevölkerungsstatistik,
so wie sie sich entwickelte, kein Interesse haben konnte.
Und das Verbreitungsgebiet dieser Zahlen ist groß. Wäli-
rend in West- und Mitteleuropa die Statistik sich ver-
vollkommnete , blieb in Osteuropa der Zustand bestehen,
welcher dort im 18. Jahrhundert geherrscht hatte. Die
Diskussion der Bevölkerungszahlen des türkischen Reiches.
Griechenlands, Rußlands, besonders in den ., Areal- und
Bevölkerungsangaben** der zwei ersten Bände des geogra-
phischen Jahrbuches erinnert daher in ganz charakteri-
stischer Weise an die Betrachtungen, welche vor 80 Jahren
Hassel über die mögliche oder wahrscheinliche Bevölke-
rungszahl Englands anstellte, ähnlich wie die Zweifel Ober
die Bevölkerungszahl Afrikas die Schwankungen der An-
gabe über die Bevölkerung Europas (Maltebrun 1810
lii>. Bergbaus I
)b&e wiederholen.
AesHen hiuzaföget
ütäMj Zahlen
h^ied, und >
tbrem Wet«n liegenden Ta
kt«atnU. mit rollM-KnftJeri
die Pi liill t^iinlilllBiM MJitii (\
«ekb« ein
Stutekunde
uifwiesen. W« i
der EteTfllkei
4e trotz »j betör i
•ckiehte von letrtenv Md* id» MnrHuäl JMM^-kttuui »«««l
nd t«Us aus ditaaa Ona4*v Awk «ittr hu-)»- *«tl iIm»
QMgrsptn«, aidi m «■( «■ 4Bt I*in)r8w|<iii wwilrtili'.
dk& bekanntlicli UAiieFt niafeft A L&u^- «m! I^Umi
konde bezeichnet wird arf x»m. **m ä« l>uo^ (oq&«*
noch immer mit rJiiiiciii BmÜ,
■Bertexcirhaf tow BAy ttr 4« )af«äuitl»<vM4r 4m(
Wimeuchaftca ia icr yymwfcnnui hj t^M'ii.t teik tU
""niiiil. Hlflriffiia liii "jai<r<hiwili ' il 1 1 ' •m
•M ÖMA kiJMilM 8||radttllw4tn. 4*» ]«•«»&> j»' ^tM.»
Hin- iot, 4» GMgnflH! huni^irnniiini n ukC «mci*'
SWiitik «nrtit. 4er «Am ii<liwwidll «m« W«uimu»
4w« , .
4r- <faM» «r HrMUH&4i^ «.^.4^
dem. wat Bau «tffi»«b(nHlf'<MfHubj(^ wsuwil iui«e. wuii
148 Geograx)hie und {Statistik.
nur noch die Geographie gerecht und der Geographie
gegenüber nimmt die Statistik in allen Fällen , die uns
hier interessieren, nur noch die Stellung der Methode zur
Wissenschaft ein -).
Auch die Geographie hat sicli seit Büschings Zeit
selbständiger entwickelt, indem sie ihre Aufgabe, die
Landesmerkwürdigkeit^n darzustellen, während die Staats-
merkwürdigkeiten der Statistik überlassen blieben, beson-
ders in der Richtung auf die Darstellung der Natur des
Landes und endgültig der Erde vertiefte. Zu einer voll-
ständigen Lösung der alten Verbindung ist es aber nur
bei einigen Theoretikern und nirgends in der Praxis ge-
kommen. Die räumliche Anordnung der Staatsmerk-
würdigkeiten wird in der politischen Geographie nach
wie vor beschrieben, auf den politisch -geographischen
Karten dargestellt, und ein geographischer Unterricht,
der von Grenzen, Verkehrslinien, Städten, Staaten und
Völkern schwiege, würde jedermann als ein Unding er-
scheinen. Doch ist da> statistische Material so sehr an-
gewachsen, da& neben den politisch-geographischen Dar-
stellungen einzelner Länder rein statistische ihre volle
Berechtigung erwiesen und gewonnen haben.
Je reichere und genauere Angaben die Statistik be-
sonders durch die statistischen Bureaus gewann, desto
mehr entfernte sie sich selbst in der Behandlung des
Geographischsten von der Geographie. Statt zu beschrei-
l>en. gibt sie Zahlen und Maße. Die Form einer Landes-
grenze, die Gestalt des Erdraumes, den ein Staat bedeckt,
sind ihr gleichgültig, wenn sie nur dort die Länge in Meilen,
hier den Flächenraum in Quadratmeilen anzugeben im
stände ist. Sie will womöglich keine Behauptung ohne
einen Zahlenbeleg aussprechen und Zahlentabellen ent-
sprechen ihr mehr als Beschreibungen. Und aufäerdem
bringt sie doch das Geographische nur aus dem äußer-
lichen Grunde, weil Staat und Bevölkerung ohne Boden
und Begrenzung nicht zu verstehen sind.
Es ergibt sich hieraus, daß die Statistik um so geo-
graphischer wird, je aufmerksamer sie dieses Verhältnis
zwischen Staat und Boden betrachtet. Das Ergebnis sind
lleogmpliisch'KtJitiMische Wcihi:.
149
ma geographische Beschreibungen mit reichlicher fta-
i-tischer Ausstattung, von denen wir noch neuerilings
1 in Tielen Beziehungen treffliches Beispiel in Huntere
le lixltan Empire (2. Ausg. I88Ü) haben erscheinen
lien. An Wappäus' Brasilien (1870) als ein Werk, das
!v recht unter dem Einflüsse des göttingischen slati&ti-
tchen Genius loci entstanden ist, sei hier ebenfalb er-
amart. Es winl immer als ein sehr gutes Beispiel 'ler
mfigüchst innig sich durchdringenden geographischen und
lUtistiBchen Behandlung gelten dürfen. Kfinftig wird
nelleicht daran« die Lehre gezogen werden, dali die beste
I)arstetlung eines Landes nur in der Verbindung der
- 1^1 »graphisch en und statistischen Methode zu erreichen ist.
m vorwiegend statistisches Wtrk, wie C. F. W. Die-
ricis Hnndbuch der Statistik des preuJMschen Staates
>">l), erteilt in seiner Trefflichkeit und Einseitigkeit die-
.he Lehre. Dietericis Definition: die Statistik hat die
lufgabe. den gegenwärtigen Zu:«tand eines Staates als eines
Ichen in Zahlen und Thatsachen darzustellen'), bedflri'te
aber der Erweiterung .in Zahlen, Thatsachen und Äuf-
•lecknng seiner [Beziehungen zur Erde und zu seinem Boden* .
Mit Thatßacfaen und Zahlen allein kann keine vollständige
Darstellung eines Stnates gegeben werden, sowenig wie die
Beschreibung einer Pflanze in Zahlenan:«drUcken zu fassen
i«L Hochzivilisierte Staaten, deren statistische Äemter
jeder Bewegung und tiegung zählend nachgehen, mögen
neben der geographischen Beschreibung den statistischen
Almanach hervorrufen. Ein Buch n-ie ,das Königreich
Wtlrltemberg' *) «eigt aber doch wieder, wie hoch eine
wissenschaftliche Verbindung beider über der einseitig
.'pi>grapbiscben oder statistischen Behandhing steht. Nun
-i^t es Länder, Ober welche nur sehr wenige statistische
'ihlen zur Verfügung stehen und deren Beschreibung
iber der Statistiker unterlassen mulJ. "Wir erinnern
n ein Land wie China, dessen Areal nur in einer großen
-iiden Zahl zu geben, dessen Bevölkenmg nicht genau
■ kaont i<t und von dessen Wirtschaftsleben nur der
', nüenhandel der offenen Häfen wissenschaftlich kontrol-
i:/i wird. Nur die Geographie kann allen Ländern der
ir>t>
unvollkommene Uhlniig»ii.
hekaniitcri Erde beschreibend gerecht werden und da weit'
aua der größt« Te'Ü der Erde von Ländern eingenommen
wird. Ober welche man keine genauen statistischen Dat«n
besitzt, ist die Aufgabe der Geog^Tiphie neben der Sta-
tistik selbst räumlich noch eine sehr grolje.
UnvoUkommene Zählungen. Wir kehren zur Bevöl-
kerung der Erde zurück. Zahlreiche Völker kOmmeni
um ihre eigene Zahl sich ebensowenig wie um diejenige
der Kachbam, andere legen ausschließlich aus praktischen
Tirtlnden Wert auf Zählungen, die ungenau, weil ohne
Wissengchaft unternommen sind. Dort tritt der Zustand
ein. den am treffendsten der Sultan ron Sansibar auf
Guillains Frage nach der Bevtiikerung von Sansibar be-
zeichnete, indem er sagte: Wie könnte ich das wissen, da
ich nicht einmal weiß, wie viele Personen in meinem Hans
wohnen? Eine genaue Volkszählung ist nur auf einer
hohen Stufe der Kultur denkbar. Ist doch selbi>t im ge-
bildetsten Europa die wissenschaftliche Bevölkemngs-
statistik eine junge Pflanze. Nehmen wir 174!' als Jalir
der erst«n Volkszählung in Schweden, so sind die ersten
genauen Bevölkerungszahlen noch nicht 150 .lahre alt.
Es ist bezeichnend, daS unter allen europäischen Ländern
die Türkei am wenigsten genau nach ihrer Bevölkerungs-
zahl bekannt und Konstautinopel die eiDKlge tiroUstadt
unseres Erdteiles ist. deren Bevölkenmg nur geschätzt
werden kann.
Uennani) Wa^er hat üu 0, Heft der , Bevölkerung der Erde*
alle Länder ziisammengestelit , in denen bis Anfanft de« JahrM
1880 Yolkizählungen stuttgefunden luiUen. Diese Li^t« lunElfit
alle europ&üclien Stualen mit Auenuhine Rußlands. derTOrk^imd
der Balkanslaateii. 1879 bat Griechenland. 1S8T Berbien, 1888
BultfAiiea eine Volkszählung vorgenommen. Montenegro hat ciae
Volks^hlung veranstaltet, deren Eigebnisse nicht verSfFenUidit
tnirdea. In Amerika führt Wagner GrOnland, Ober- und IToler-
Canada, die Vereioigten Staaten, die englischen, fianiQsiBoheu.
spanischen, däniechpo Kolonien (eweifelhaft Surinam). Guatetnds,
S. Salvador, Venezuela, Colombin, Peru. Chile, Argentinien, Pon-
jtoaj and Brasilien uof. Es bleiben alao der voiiteliend nicht auf'
geführt« Teil von Britisch-Norduuierika einscbJiefilicb des gesAinlen
urktüchen Amerika. Alaska, Mexiko, Iloodura«. Costurika, Kitn-
nigua. EcHador. Bolivien ond der zu jener Zeit zwiichen Chile und
f.Ilaalfen hinnehnKn. 'onä diew- MjuipeJtiiLfüirtfit der BevSlternngs-
zah)m wird auch nicfcl t* huid in tttlieV-fij Bein.
IMe Zäblnng^n rind nicit MoEi riet Yrupt des put™ Willait
und der Kinsicht der Bebörden tdzi« Lücdf». E* (.-ilit WrbSJi-
DiBüe. die da* enit.t««ie Slrrfien nath ErlniLirnnp richtaper Volts-
7ahleii Tpreit^ln. lud hau pteäch lieh können aJle Läüdcr. in denen
*s nomadisthe BeySlterongen gibt. aU solche Itieichnel werden.
dwen VolkBiihlunper niemalr lollkomuien sein können. Selbst
in den etoWn Cenmeliänden dtr Vereinipten Staaten von Amerika
liilden dir Indianer immer den , dunkeln Fleck''. Die schwanken-
den Zahlen der nichtenropäitchen BetSIternnp .tipiers |lf-61
i3230e5, 1856 2:M)7349. 1861 2732S51. 1872 213.'.(».ii>, 1:^77
3472 129) bind immer nur aU annähernd richtig angesehen worden,
und Kenner der SchwieripkeilCD einer Zählung in einem großen-
teila steppen hallen, von Wanderstümmen dünn bewohnten (lehiel
haben denselben nieuiale groües Gewicht beigelegt. Zudem ist in
d^ Gesamuahl ftlr Algier immer noch als .Complcinent |>our le
.Sahara algerien jusquau 80™« degre de Lat." eine HnllkOrliihe
Zahl enthalten ■''). Dieselben Schwierigkeiten stellen »ich den
Zählungen in den ebenfalls Meppenhafien lit'liioten Zeulra Indiens
«benao entgegen, wie in dem Archipel kleiner Inseln der i'mi-
DioUi, deren Bewohner zu hüuflgen (.'mstedolungcn gcz\viiiigi>n
»ind. Auf welchem Grunde die iin8pruchHvoll''n llevölkcniiigi'-
lahleii europäischer Kolonien dort ruhten, wo ein Antrii'li r.ii gi--
naueii Feststellungen weder bei den Herrschenden, noch bei di'ti
Beherrschten sich fand . läGt uns die .Studie zur ItfvnlkiTuiigi.-
Statistik der Thiliiipinen* erkennen, welche F. Blumeiilritt vi'rJlffoni-
152 Schätzung der Bevölkerungszalilen.
lichte *•)• Wir sehcMi, daß alle Angaben vor 187G sich auf den Steuer-
census stützten, welcher nur die wirklich zahlenden umfaßte, d. h.
die Familien und erwachsenen Ledigen der unterworfenen und
nicht durch Prinlegien steuerfreien Stände. Man kann sich keine
schwankendere Basis vorstellen. Steuerfrei waren nämlich die
Weißen und deren Mischlinge ^ die Vorsteher der Chinesen- und
iMalayengemeinden, die Nachkommen der von den Spaniern deposse-
dierten Fürsten, sowie besonders verdienter Eingeborener, die
Kinder, Greise, Krüppel und Bresthaften und stelbstverständlich
alle unuoterworfenen Stämme. Selbst ganze Ortschaften, wie z. B.
die Stadt Cebü, waren steuerfrei. Welche Fehler in die Listen der
Tributzahlenden die gerade auf den Philippinen üppig wuchernde
Korruption willkürlich hineinbrachte, ist nur zu ahnen.
Schätzung der Bevölkernngszahlen. Wenn es als
festgestellt gelten muß. daß eine genaue Bestimmung der
Bevölkerungszahl nur innerhalb der höchstkultivierten
Gemeinschaften der Erde, d. h. im größten Teil von Eu-
ropa und in einigen europäischen Toebterstaaten und
Kolonien möglich ist, so muü es als eine wissenschaft-
liche Aufgabe, die in vorderster Reihe ihren Platz nimmt,
angesehen werden, die Bevölkerungszahlen in Gebieten,
wo regelrecht« Zählungen nicht stattfinden, mit dem
größtmöglichen Grade von Wahrscheinlichkeit zu bestim-
men. Und um so mehr ist dies geboten , als wir noch
für viele Jahrzehnte auf Zählungen von europäischer Güte
in dem größten Teil der Erde nicht rechnen können.
Die Wissenschaft kann nicht immer das absolut Sichere
erreichen, sie muß sich zwischendurch mit Erkenntnissen
von nur annäherndem Werte begnügen. Und es gibt
etwas Mittleres zwischen mythischen Volkszahlen, die mit
Begriffen wie Sand am Meere oder wie Sterne am Him-
melszelt umgehen, und den Ergebnissen wissenschaftlicher
Zählungen. Es ist eine Aufgabe, freilich eine beschei-
dene, die die Wissenschaft sich stellen darf, in dieser
Mitte das Ziel einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu er-
reichen, mit welcher man sich begnügen kann, bis Besseres
errungen ist. In der Lösung dieser Aufgabe wird aber
die Geographie wohl den ersten Schritt zu thui; haben.
Die Geographie ist dankbar für genaue Bevölkerungs-
zahlen, sie kann aber ohne dieselben weit gehen. Die
Unterscheidung von dünn und dicht bevölkerten Gebieten
Dif gei>gni|iliiscl)i( Sebatzung.
i:.;(
ür ihre Zwecke häufig geaUgend. Die geograplii-
I Karten der Bevölkerungsdichtigkeit bieten ja auch
; mehr als Abstufungen zwischen den Extremen Un-
Imt und Dicht bewohnt. Und Rlr den Geographeu
- viel wichtiger, auf einer Karle der Bevölkemngs-
.LUgkeit ijuropfts den dQnnbevülkerten Schwarzwald sich
»clk irgend einen Ton oder äcbrat^erung vom dichtbe-
llkerten Rbeinthal abheben zu lassen, als die Bevölke-
mgastnfe. in der sie beide ver§cbnioIzen sind, mit einem
ihlenausdmck fDr den Bezirk Freiburg genau bezeichnet
I finden. Im Zweifelsfalle zieht er eine deutliche Änt-
wt anf seine Frage Wo? den bis auf die Einer ge-
■•=■1 Zahlenangaben vor, die bloß auf Wieviel? ant-
-t-n.
Diese geographische Auffassung tritt in ihr volles
r, sobald es sicJi um Länder handelt, deren Bevölke-
_' zu einem großen Teile nur geschätzt werden kann.
' --teht in erster Linie Afrika, dessen Bevölkerung
:h:iupt in keinem einzelnen Gebiete, in keiner Kolonie
--uropäischer Genauigkeit gezählt ist und wo inmitten
f-r Unterschiede und Schwankungen die Auffindung
f liesamtsumnie der Bevölkerung, auch wenn sie niiig-
wäre, Tiel weniger wichtig ist als die Einsicht in die
rnde Ursache jener Unterschiede und den Betrag der
-vankuugen. Die Bevölkerungszahl Afrikas wird erst
ferne Zeit feststellen, welche den Verwaltungsapparat.
-ine Volkszählung ihn voraussetzt. Qber den ganzen
tiuent ausgebreitet haben wird. Auf lange hinaus
.il^u wir schätzen müssen. Aber es ist der Wissen-
'bafl nicht zuzumutben. sich lange mit so unsicheren
tüüen zu schleppen, wie die 29 Millionen, welche Stanley
Kr dea Congostaat nach dem Satze von 770 auf der
Jnadratmeile annahm. Die geographische Schätzung
' iit anf das Material von Aufzeichnungen zurück, wel-
• in den Reiseberichten zuverlässiger Beobachter sich
■i-atet nnd weist an dessen Hand den dichten und den
■i>-n Bevölkerungen, die wirklich beobachtet sind, ihre
''■vn auf der Karte an. Unbeschadet zeitlicher Ver-
bungen bezeichnet sie so im ganzen die Gebiete, in
154 ^i<^ Bevölkerunggkarte des Geographen.
welchen immer wieder dichte Bevölkerungea sich samn
werden und sondert jene aus, welche niemals überha
bewohnt oder doch nicht anders als dQnn bewohnt s
können. So schafft sie eine geographische Bevölkerun
karte, die ihre Ergänzung in dem die gezählten und
schätzten Zahlen vereinigenden und kritisch besprech
den Texte finden wird. Ob dabei mehrere Stufen
Bevölkerungsdichtigkeit unterschieden und gezeichnet \i
don können, wird wesentlich von dem Material an Schätz
gen abhängen, Ober welches man zu verfügen hat.
allem wird es immer wichtig sein, Einblick in die '.
gebnisse jener spärlichen Zählungen zu erhalten, welch<
von Naturvölkern bewohnten Gebieten zu Zeiten vorgenc
nien wurden, wo diese zum erstenmal in europäische Ha
kamen, wie z. B. Kaffraria. Natal, Neumexiko, Alaska,
zweiter Stelle müssen die zuverlässigsten Schätzungen
rücksichtigt werden. Und endlich ist an die Anthropog
graphie die Anforderung zu stellen, aus Vergleichunj
mittlere Dichtigkeitszahlen zu ziehen, welche typisch s
für gewisse natürliche oder kulturliche Bedingungen,
endlich eine wahrscheinliche Gesamtzahl für ein grö&e
Gebiet , wie z. B. Afrika , zu gewinnen , so ist die
statistische Ergebnis als ein sehr wünschenswertes Neb
produkt anzustreben.
Fehlerquellen der Schatzimgen. Die Aufgabe der ]
Völkerungsschätzung ist weder in den statistischen Ha]
büchem noch in den meisten Anleitungen zu wissenscha
liehen Beobachtungen erwähnt, geschweige denn gest<
und mit Bezug auf die Quellen des Irrtums und <
Maß des Erreichbaren näher definiert. Selbst in gul
Handbüchern werden die Bevölkerungszahlen unverae
lieh vernachlässigt. So in Meineckes „Inseln des Still
Ozeans •*, wo man alles andere, Pflanzen, Tiere. Steil
Kiffe eher besprochen findet als die bedeutende
Thatsache der Bewohntheit oder Unbewohntheit. Nie
selten bleibt man ganz im unklaren über diesell
Wenn der Pundit, welcher 1870 von Leh nach Lhas
reiste, einmal 2<)W Antil(»pen zählte, aber von d
*
m
15f) Veränderliche Bevölkerangen.
wenn nicht die Dünnheit der Bevölkerung viele Striche
den oberflächlichen Beobachtern als unbevölkert erscheinen
ließe. So wurde die Gegend am Rio Negro (Patagonien)
öfter besucht, ohne daß Eingeborene getroffen worden
wjiren^*), und daher für unbevrohnt erklärt, unsere
Betrachtungen über unbevrohnte Inseln haben uns ähn-
liche Fälle kennen gelehrt. Vergl. o. S. 69. Ferdi-
nand Müller, der sehr erstaunt war, auf 4 V^ monat-
lichen Reisen im Olenekgebiet kaum eine Seele gesehen
zu haben, erfuhr später, daß die Anwohner des Flusses
aus Furcht vor den Eindringlingen, deren Zweck nie-
mand kannte, sich verborgen gehalten hatten^*). Niemals
wird wohl entschieden werden, ob Grönland so toU-
kommen unbewohnt war, wie die Normannen es im Jahre
der ersten Besiedelung durch Erich den Roten 982 ge-
funden haben wollen. In Gebieten, die so dünn bewohnt
sind und wo Hunger und Krankheit so häufig auftreten,
wo Reisen ganzer Familien über Hunderte von Meilen in
Einer Jahreszeit keine Seltenheit, könnte die Bewohner-
schaft überhaupt intermittierend sein. Das Aussterben der
normannischen Kolonisten in Grönland gibt nicht allein ein
Beispiel dafür, auch ihr Zurückziehen aus Markland und
Vinland ist bezeichnend.
Ebenso leicht wie die Beweglichkeit der Völker im
Raum wird auch die Thatsache ihrer Dauer und ihrer
Aufeinanderfolge in der Zeit übersehen. Darin liegt die
Schwierigkeit der Abschätzung nach den Kulturspuren.
Ein Stück Erdboden, auf welchem im Laufe der Zeit die
aufeinanderfolgenden Generationen Zeugen ihres Daseins
hinterlassen haben, kann auf den Nachkommenden leicht
den Eindruck machen, ala ob eine dichte Bevölkerung
hier gehaust hätte, und doch war dieselbe in jedem Zeit-
punkte nur gering. Es haben sich eben die Rreste ge-
sammelt und gleichsam verdichtet. So sollen z. B. die
ausgedehnten Ansammlungen von Muscheln (Kiökken-
möddinger) auf den Palauinseln das einstige Vorhanden-
sein einer dichtem Bevölkerung bezeugen. Sie können
aber hierin irre führen, da es zu ihrer Anhäufung nur
langer Zeiträume und weniger Hände bedurfte. Solche
Städte anil deo eotapmbnidct) Uc^rs^ae aos der haam-
'iK^n St^p« ia die üppig«! BamopäanningeD d^r L'm-
^bungeo dc-r feflcB Niedertasjv&gec ge^fhilden "i. IVab
Cebei^aä ao Bäninea aicU «och reberflnfi an Men^brn
bedeutet . sieht man kicU ein. wi«Koh] allt-fdioi^ kein
eiiuig«r Ton aü diesen BiameD obnt- die Ptleg« d«s
Menschea da wäre. Und i»k gerade in den dGnnWriSl-
kerten Steppcnge bieten die Bewohne cschaA der Städiv.
>D deoeti uomerkÜch die Ruinenstsiten iu die Behitusungeti
ifs Lebenden Qbergeben . «on au^rordeottich schwan-
tender Grö&e bt, wird nie in einem späteren Abschnitt.-
an manchen Beispielen klar werden. Hier mögen tiuch
'Üe Spuren der gegenwärtigen, noch fortlebenden Kultur
iii erwähnen sein.
Im allgemHh«n ist es natflrlicb. dnti dichte Biviil-
«Tungen unterBchätxt werdeo, ebenso da& dünne Bevfll-
(eniDgen leicht grö&er erscheinen, als sie sind. .Jene
"od gleichmäßiger, diese ungleichmäütger verteilt, ott
^DiuDDi engedrängt. In der engen Wechselbeziehung
^"ischen Dichtigkeit der Bevölkerung und Kulturhfihe
u<^ 63 begründet, daü wir die Bevölkerungszahlen dicht-
ifv'Olkerter Länder besser kennen als diejenigen dllun
tum Ä
15«
ml UntersdiKtzungen.
hevßlkerter oiler ungleich bevölkerter. Die Ueberschäteui
der letzteren ist eine Folge «lavon. Dazu kommt i
subjektiTe Feiilerc|UelIe , welche in der Abneigung lie{j
nach oben oder unten von bekannten mittleren Verhfij
nisisen weit abzuweichen.
Vor den genauen Volksiäblutigeii ludiuna wurden die 1
lölkeniDgazahlen der diditbenohnlen (.lebieti-- weit imtencfaU
Für Aadh gab Tliornton 2&70000, Campbell 5 Millionen, endti
die erat« Stalietik 8071075 Kinwohner. Seitdem iit Audh (l»
mit den Nord weil ptovinzen lereinigt worden; I88I zählte moffl,
den 3 It«nrlien Lucknow. Sitapur und Faisabad 8ti:j08TT Einwohi
FUr Bengalen hat. mau noch 18TI 40 Millionen aDgenommen, wl
rend die Zahlung von 1872 ichon lU Millionen er^b, ebenso Oh
traf die letzlere die Annahme von 11 Millionen mr die Pifiaide
Hchafl ßnmhu; um 5 Milliooen. Die Schätzungen der Uevfllkeru
von Biniia in den Grenzen von IBä3 betragen 8 Millionen bei C
und 3,7 bei ßalbi, nachdem Symes sogar 17 and Aeltere 30 M
lionen angenommen halten. Beute zählt BntiEch*Binna, daa
Vergleich xam nahen Bengalen immer dünn bevölkert war, nl
Fitarker Zunahme »700000 und Ober-Birma erst 1Ü75000").
Die Schätzungen Cooks, der Förster, Vancouvera UJ
ihrer Zeitgenoeeen sind fast ausnahmslos Übertrieben. &
lernten alle zu wenig von dem Inneren der Inseln kenai
deren dichte Üferbevßlkerung ihnen maßgebend fOr i
Gesamtfläche erschien. Daher Annahmen, die uns ga:
unbegreiflich vorkommen, wie 4l'0OOO fOr die Hawti
schenlnseln(Cook), 120— 2011 000 ftlrTahitifG. Förster)'
In einem Scbriftcben; ,Are tbe Indian« dying out', das Ol
zietlen Umprung« ial'*), sind die Hauptgründe im einzelnen |
nannt, warum besonders die Reisenden und Ansiedler der frflhni
Jahrhunderte in Nordamerika eine so auffallende übereinstimmen!
Nei^ng in übertreiben deo Schätzungen der Bevölkerungszahl i
Indianer bekunden : Kriegerische und friedliche rnteraehmoiV
der Kuropäer lockten gro&e Volksmengen auf einem Funkt ■
lammen, besonders der Handel war in dieser Beziehung «ehr m
■am, die Europäer siedelten sich an denselben Stellen aa, dsi
gute Gelegenheit schon den Indianern eingeleuchtet halte; ä
Indianer üelbet hatten meiat ein starkes Interesse, ihre KaUl
vergrOßtrn, und das gleiche Interesse wohnte vor allem indevSl
mangelhafter Kntwickelung auch vielen MiEsionaren und Sdnü
steilem inne. Auch dudurch, dafi derselbe Stamm versdiieda
Namen führte, wurde die Volkx^nhl Übertrieben angenommen. DSM
Fehlerliste kann man hinzufügen, daK in Ländern mit onvoUkN
menen und vor allem uowiBsenschaftliclien BevQlkernngsgcbätEa
wie China, die Tendenz der fnlschen BevQlkerungsnngaben^
ion maeiir. Mir. •-.-.i—.:
"' ; j K' — ■ ■ ^
i!ir :;"^:.*-T'i :;:..:
»•fT '"f: •■•■' . r- /.i«. . . . -•
i a,: ••"" . j,- .-.-....-
■rTHr •■•|l l»-•^^^-r» .- :
'»-i- "".1- i;: i--
..." »-^ 't- • •-■^ t.i 1 . ,
. . . .' i i ■- . ! 1 1 1 . . : I ■ '^ . *■ . • • ' . •
»• •
i.ii" ..:'■■. j .: . . .;.'-•-
1(50 Ungenaue Ausdrucksweise.
Methoden der Schätzungen. Der Mittel, um i
Schätzung der Zahl einer Bevölkerung zu (
langen, sind es mancherlei. Gemeinsam ist indessen alli
daß sie mit der größten Vorsicht angewandt werd
müssen und keines von ihnen ist untrüglich, weshalb m
die durch Schätzung erhaltenen Zahlen sofort beisd
legen muß, wenn man sie durch das Ergebnis auch n
halb zuverlässiger Zählungen ersetzen kann. Ist m
aber in der Lage, solche Zahlen zu benutzen, dann soll
man niemand einen Zweifel darüber lassen, daß di
selben nicht zu Schlüssen von derselben Sicherheit b
rechtigen wie die Ergebnisse von Zählungen. Ebena
wenig sollten die beiden Arten von Zahlen zusamme
geworfen werden, wie es in einer ganzen Anzahl n
80gen. Volkszählungen in außereuropäischen Ländern g
jichieht.
Die einzelnen Menschen sind beweglich, sie ei
gehen leicht dem zählenden Auge, indem sie sich
der Landschaft verlieren, es ist schwer möglich, sie u:
mittelbarer Zählung zu unterwerfen, wohl aber sind ih
Wohnstätten leichter sichtbar und minder bewegUc
Die Schätzung geschieht daher am leichtesten und e
folgreichsten in der Weise, daß man die Zahl der Wohl
statten ermittelt und berechnet , wieviel Köpfe auf je«
derselben kommen. Hören wir, wie ein wissenschaftlich
Reisender, Nordquist, der Begleiter Nordenskiölds auf d
Vegafahrt, seine Zahl gewann: „Um die Kopfzahl d
Tschuktschen annähernd zu ermitteln, sammelte ich b
verschiedenen Individuen Angaben über die Menge d
Zelte in den einzelnen Niederlassungen und zog dara
das Mittel. Darnach ist die Zahl der Zelte 432; nehi
ich an, daß durchschnittlich jedes Zelt von fünf Mensch
bewohnt wird, so würde die Kopfzahl der am Ufer d
Eismeers lebenden Tschuktschen 2100 oder rund 20
betragen." Er fügt dann hinzu, was wichtig zu wiss€
daß die Dichtigkeit der Bevölkerung nicht überall di
selbe sei. -Die Strecke von der Insel Koljutschin 1
zum Ostkap hat etwa achtmal soviel Bewohner als c
Strecke vom Kap Schelag bis zur Insel Koljutschin, o
h^ äsa^i^i^ » mm- :^^^ ^«HB^B^ s
liofaannii: Witt. $- '■ inf ■> ?4rsinira y. ufc.i Ä«r Smc
der 'mHuiUufiiSL »«wiäinHi-''- Fan« jinunx Kiütj/-
Tfffciind»igi. vn ÜESi Zül v^riüitiv r/r>rä:. tta ixi
162 Die Kopfzahl der Wohnstätten.
sich dieselben doch nicht auf diese Verhältniszahl. Um-
gekehrt hat Ghavaniie in seinen Schätzungen der Bevöl-
kerungen des unteren Congolandes zwischen Küste und
Stanleypool 4 Einwohner auf jede Hütte berechnet
unter der Annalime, da& die Polygamie ein Privileg der
Reichen, dais der Kindersegen gering und der Geburten-
überschuß in dem ungesunden Lateritgebiet überhaupt
nicht bedeutend sei*^). Auf 7 per Jurte kam auch Ru-.
danowsky bei seiner Schätzung der Ainobevölkerung von
Sachalin ^0- Und Nachtigal hat für Wadai dieselbe, wahr-
scheinlich zu große Zahl zu Grunde gelegt. ^^) Stebnitzky
stützte sich in einer früheren Uebersicht der kaukasischen
Statthalterschaft^*) für die Bergvölker des daghestanischen.
kubanschen und Terschen Landstriches auf Hauszählungen,
die mit 4,5 vervielfältigt wurden. In einigen Listen
mußte indessen die Häuserzahl aus dem Durchschnitte der
Dörfer ermittelt oder die Zahl, welche nur männliche
Bewohner angab, mußte verdoppelt werden. Die Irr-
tümer werden am größten, wo die Verhältnisse so un-
bekannt, daß alle in Rechnung kommenden Größen in der
Luft stehen. So erklärt sich die übertriebene Schätzung
von Symes, der Birma 14400 000 Einwohner zuschrieb,
weil er „ annahm *", daß 800O Ortschaften mit riOO Häusern
zu je (5 Einwohnern in Birma seien.
Die Aufgabe wird noch schwieriger, wenn das Sippen-
oder Clanhaus mehrere Familien umfaßt, oder wenn die
Bevölkerung nach Alter und Geschlecht getrennt wohnL
oder wie in den Ekanda der Zulu kaserniert ist. Es
ist sehr wahrscheinlich, daß Semper sich irrte, indem er
eine Bevölkerung von 10000 für die Palauinseln annahm*
sich stützend auf die Schätzung von 17 Mann in jedem
der 213 Kaldebekel des Archipels. Kubary nahm 187!^
nur 5000, zehn Jahre später ca. 4000 an*').
Aus alledem ist zu schließen, daß es keine allge-
mein gültige Verhältniszahl zwischen der Wohnstätte und
ihren Bewohnern gibt, daß dieselbe vielmehr für jedes
Gebiet wieder zu ermitteln ist, etwa nach der Methode^
welche Francis Galton bei seiner Reise ins Ovampoland
anwandte: Er ermittelte in Ortschaften, wo er einige
rTiTiüh Hrrnl «Uli D«tw«/h!ii r/.iJii im- i..- ,•,, i .
)A30 :Ür •''in lirr ß*rV',ririrr.i.' j,.- i,.i i. i,m,.i.,i,,
'
■ I
.1-.
'^ 1 1
1(54 Erhebungen über die Wohnstfttt^n.
Verhältnis zu einander. Viel vorsichtiger verfuhr der
britische Konsul Gardner in Tschifu, welcher die angeb-
lichen 29 Millionen der Provinz Schantung prüfte. Er
zählte auf einem Raum von ca. 100 engl. Quadrat-
meilen die Häuser und kam zu dem Ergebnis, daß jene
Angabe keineswegs unglaubwürdig, vielleicht sogar mJir-
scheinlich sei.
Aus verschiedenen Gründen ist diese sicherste Methode
der Wohnstättenschätzung häufig schwer anzuwenden.
Nicht jedem Beobachter ist ruhige Zählung der Dörfer
und ihrer Häuser vergönnt. Besonders in den Tropen,
wo häufig die die Wohnstätten einhüllende Vegetation um
so dichter, je größer die Bevölkerung, und wo die Frucht-
und Schattenhaine statt der von ihnen verhüllten Dörfer
im Landschaftsbilde erscheinen, ist der Ueberblick über
die im Grün versteckten Wohnstätten sehr schwer. Eckardt
hat dies in seiner Arbeit über die Salomonsinseln mit
ihrem „von so unermeßlich üppiger Vegetation bedeckten
Terrain" besonders betont. Hier kann dann die Abschätzung
der Kulturen einen ungenügenden Ersatz gewähren.
Eckardt hat in dem augeführten Beispiele die Schätzung
der Ausdehnung der Kokospflanzungen vorgeschlagen,
von deren Erträgen die Bevölkerung dieser Inseln in
mehrfacher Beziehung abhängt -^). Das ist so, wie wenn
P. J. Veth aus der Ausdehnung der Reisländer von Sigin-
tur am Batang Hari schließt, daß jenes sehr bevölkert
sei^^). Kann man damit überhaupt weiter als bis zu der-
artigen allgemeinen Ausdrücken kommen? A. Meitzen**)
legt besonderen Wert auf die Schätzung der Zahl der
Arbeitshände, welche für die Bebauung bestimm-
ter Bodenflächen und für die Ernte von denselben not-
wendig sind, verkennt aber nicht die Schwierigkeiten,
welche aus der Verschiedenheit der Arbeitsweise sich er-
geben müssen. Gegenüber den Völkern auf tiefer Stufe
der Kultur halten wir diese Methode für nicht anwendbar,
weil ihr Bodenbau gering, veränderlich und nur einem
Teile der Gemeinschaft, sei es den Weibern oder Sklaven,
übergeben ist. In einem Lande wie England, wo kleine
Strecken von intensiver Kultur hart neben ausgedehnten
Abschäliung der Kulturen.
i6;>
wUelder» liegen, ist die Schätzung der Bevölkerung,
Üche jene bearbpitet, vielleicht noch schwieriger, Sie
«rde Tielleicht am ehesten in so dicht bevülkerten und
■ntensiv kiütivierten Provinzen Chinas, wie Scliantung oder
>< iiansi, möglich sein, wo von der gleichen Fläche gleich-
gearteten Bodens gleiche Volkazalilen nach weitverbreiteter
i!ter Gewohnheit leben.
Die Bewegung der Bevölkerung ist eine zu
■ihwHnkende Thatsache. aus welcher wenig Festes für
iiiäcren Zweck zu gewinnen ist. Von Land zu Land
leben Geburts- und Todeszahlen in anderem Verhältnis
,iir Bevölkerung. In europäischen Staaten schwanken
iie Geburten zwischen 1 : 17 und 1 : 4u, die Todesfälle
zwischen 1 : 30 und 1 : .tÜ und die Zahl der OD— TüJäh-
rigen zwischen 3ö,5 und 73,4 auf 1000. Wie unerwartet
verschieden die Verhältniszahl der beiden Geschlechter in
-inem Volke sein könne, werden wir später zu betrachten
liehen. Sicher ist es, da& alle diese be Völker ungsstatisti-
-rhen Verhältnisse weit entfernt von einer Beständigkeit
|ad. welche Scblflnse aus einem Element auf die Übrigen
Ganz unzuverlässig sind die Versuche, aua dem Ver-
Luche notwendiger oder wenigstens allgemein begehrter
Igenstände auf die Grö^e einer Bevölkerung zu scMie&en.
p Mexiko z. ß. braucht allerdings jeder Indianer ein seit
Ige genau festgesetztes Mali von Manta, grobem Baum-
^Ollenstoff, für seine Bekleidung, das in der Regel all-
jährlich erneuert wird. Wer möchte aber die Fälle ab-
schätzen, in denen das obnebin schon bald beschmutzte
■jder zerfetzte Gewand auch länger getragen wird? Man
kommt der Möglichkeit der Schätzung näher, wo die Re-
hrie^ning geordnet genug ist, um eine Steuer gleichmäßig
zu verteilen, wobei am häufigsten die Hütten und Zelte,
I Herden, die Aecker und ihre Erträge, in Segseg die
icken, von denen man annimmt, da& eine l3 Menschen
JDähre, zu Grunde gelegt werden. Crawfurd hat nach
Menge des verbrauchten Petroleums^') für Birma
_ 1 Pegu eine Bevölkerungszahl (ca. 2 100 000) geschätzt,
Blche der Wahrheit sehr nahe kam.
Schlitzunji noch Verbraucli und Steuer.
Die Hchntzungen der Bevölkerung Bosniens und der
Herzegowina hatten von 1867— 1R79 zwischen 1240000
und 900 OOO geschwankt. Die Zählung der Oester-
reicher ergab gleich nach der Occupation (1879) 1 158000.
Aber diese Schätzungen mit Zugrundelegung der Tribul-
zahlungen haben doch häu&g auch sehr unrichtige {Er-
gebnisse geliefert. So gingen die Spanier bei ihreo
Schätzungen der Bevölkerung der Philippinen von der An-
nahme aus, daß auf je 1 Tributzahler li Einwohner ml
rechnen seien, vervieirältigten also die Zahl der ersten
mit 6. Schon Ä. B. Meyer hielt dieses Verhältnis für
viellaicht etwas zu hoch'") und seine Bedenken haben
sich bestätigt. Auf diese Art haben die Japaner ihre
frühere Zahl von 16000 für die Äino von Jesso er-
halten. Eine andere Methode der Schätzung ist die
nach den Waffenfähigen. Selbstredend ist das eine der
unvollkommensten, denn dieser Begriff ist wesentlich
schwankend. Die Spanier, welche es auf den Philippinen
und den Nachbarinseln mit Völkern ähnlicher Gemeinde-
und daher auch Kriegs verfatisuug zu thun hatten, mochten
es nicht für allzu gewagt halten, die Waffenträger der
Suluiusulaner mit ö zu vervielfältigen und so die Volks-
zabl zu gewinnen^'). Dasselbe System wird aber bei
anderen Völkern zu viel unrichtigeren Ergebnissen ftihreii.
Wir erfahren durch Kubary. daß in Palau von 4000
Menschen 1500 als Waffenträger gerechnet werden**).
Bei der Berechnung der Bevölkerung unter Zugrunde-
legung der Zahl streitbarer Männer werden zu diesen,
in dem von nomadisierenden Arabern bewohnten Gebiet die
männlichen Individuen über lü Jahre gerechnet, wenn
nun deren Zahl mit 5 vervielfältigt wird, mul^ man
sicherlich unwahrscheinlich hohe Ergebnisse erhalten.
Ruppell fand denn in der That die Zahl von etwas Ober
7000 Köpfe fQr die 300 Quadratmeilen zwischen Sun,
Akaha und Bas Mohamet (Suez und Wadi Araba «ts-
genommen). welche auf diese Art berechnet ist, wenig-
stens um ein Vierteil zu hoch""). Dr. Behms erfolg-
loser Versuch, aus den Bewaffneten, welche einige Länder
des Westsudan stellen, die Zahl der Qesamtbevülkemng
ler
igt i—lli A 4w rimrerUaKigkfHl iwMV
■ioB 4» Angaben vtw lleinnch IWiti
I dach ffebrte du" Rtclinan^ ni f»l^«n-
■ifc.1 gehenden V«rfaiÜtniMaihl<-n: Anf
1 K iiigei m Wigfciim 1K>. in Kuseiui :U), in K)iiH> IT B«-
■■■ MfieUc cUiib««. dafi hirrtMT *urh AQg«l>«n
wie Sbuiley sie z. R Ohvr dip Arm^v
rMtosa l^7ö die WasogA lu twkrtoi^iMi
t jmtT CO IMm^mi Krie^^m (nettst riiv«
lUOOOO Wcäbcra tnd Kindern) schätat*'). Dt>nin*clt wOr-
itn SV der dawaliggo Berölkeruog fgnndaa nich vmSfia-
I anf iau Knegspfad befunden haben. Ks ist iit-
lat xm sehen, wie diese Zahl nirht Übel xu dei^
pak&t, welche Uei. Wilson an» einer «itihoflich
nirht äachdjKefi Schätzung ableitet. Er nimmt die Qv
aamtbeföikening xa '> Hillionen hu, davon sollen Aber
nur l 40«) OÜO männlichen Gesrhlechta tind von diewn
wiedenun ■'> — fiO*'f>(iM WafFentrS^r sein, l'nter Behcr-
iigung des Wilsonsohen Siitzes: Ks ist niclit wubrschein-
lich, da& jemals im höchsten Fall mehr als ein Priltoil
dieser Zahl zu gleicher Zeit kriegsbereit gemacht werden
können^^*), kommen wir auf die Stanleysche Zahl.
Einer g&nz anderen Gattung von Schlüssen gtihßren
die allgemeinen Beobachtungen an, welche eine Seite der
Knitarlandschaft hervorheben, die in Verbindung mit
der Volksdichte steht oder gebracht werden kann. Sie
können von geographischem Werte sein, verhattoii »ich
aber der Statistik gegenüber höchatens andeuti^nd. Wir
rechnen hierher, dai^ Gallatin in der Archaeologia Anic-
ricana * ") sich auf die unverminderte Zahl der Bullt^l in den
Prärien und der Hirsche in den Wäldern Nordamerikas
gestützt, femer auf die Leichtigkeit, mit der die .lilger
u. a. Bedienstete der Handelsgesellschaften ihre Niihrung
hier erwarben, um zu beweisen, diilj die indianische Be-
völkerung Nordamerikas niemals das Maximum der !^ahl
erreicht habe, deren sie auf diesem Boden filhig gewoHun
sei. Im entgegengesetzten Sinne findet in Uhu WilJmann
die Bevölkerung so dicht, da& das Wild fast verschwunden
ist"). Auch Livingstone hat auf diese Beziehung ochon
108 I^ic Kulturlandschaft in der Schätzung.
aufmerksam gemacht. Die Hervorhebung derartiger
Kulturmerkmale ist von geographischem Interesse;
weisen gleich der Wohnstättenschätzung auf die
Völkerungsdichtigkeit als ein Element der Kulturland«*
Schaft hin und führen uns auf den geographischen Boden
zurück.
Ein geographlsclies Element in den Soh&tznngai.
Allen den Methoden der Schätzung, welche wir angeftihrfe
haben, haftet etwas Tastendes an, und sie scheinen fiach
gar zu verschiedenen Seiten sich wenden zu wollen. Das
Gemeinsame, was ihnen eigen ist, hat mau mehr instinktiT
gefühlt als erkannt und doch liegt in diesem Gemein-
samen die Quelle ihrer wissenschaftlichen Berechtigung,
die Möglichkeit ihrer Prüfung durch Zurückführung auf
allgemeine Grundsätze und ihre Fähigkeit der Fortbil-
dung. Eine geographische Bevölkerungsschätzung hat die
Auffassung eines Kulturbildes im Auge, sie erfaßt die Be-
völkerung als ein Element der Kulturlandschaft.
Man geht den Spuren des Menschen nach, ob sie dünner«
ob sie dichter sind. Darin liegt der geographische Zug,
darin auch der Vollzug der Wohnstättenzählung, welche
der geographischste von allen bisher versuchten Wegen
ist. Darin der Grund, warum nicht die Sti\tistiker, sondern
die Geographen die Methode der Bevölkerungsschätzung
wissenschaftlich zu entwickeln gesucht haben. Leider ist
dies sehr spät geschehen und die Geographie hat sich
die bis heute nachwirkende UnvoUkoramenheit ihrer Be-
Y()lkerungszahlen selbst zuzuschreiben. Man kann es
Burton nicht übel nehmen, wenn er es für eine Unmög-
lichkeit erklärt, sich eine Vorstellung von der Zahl der
Bevölkerung in den ostafrikanischen Ländern zu bilden.
Livingstone, Heuglin liegten die gleiche Abneigung.
Barth hat wohl Schätzungen gegeben, doch scheint
«•s nicht, daß er gerade ihnen besondere Aufmerksam-
keit zugewandt habe. Die Missionare sind auch hierin
den Reisenden, begünstigt durch längere Aufenthalte,
vorangegangen. Die Berichtigung der hochgegriffenen
Schät/Aui^en der ersten Erforscher der Inseln des Stillen
Die VoIbzaU k«e^ «c- 2 &-x>«i=i: »■-• ;>- Ai.>.-
Volkszabl für em 6«*»« iarrii diej«lö^■. »•vKHv wii
einem anderen. geognphif«h ihiilki geartrten inkswut wnv
Bei längerem Leben Bebras würde aus dt» Bi-ifU'itwt^riiit
la der Karte IHe Bevökening der Kniv (KrsSH»»!!«»*»'^
1 70 BchuiH Methode der Schatiung.
der Geogi'aphiRcheii Mitteilungen Nr. ^ö) eine wissen-
schaftliche Darstellung der Beziehungen der Volkszahlm
zu Nntur und Kultur haben hervorgehen mDssen.
Es ist interessant zu sehen, wie die Fehlergräßan -
der schwierigsten Probleme bei dieser Behnndlung gani
erheblich zus am mengescfa wunden sind. Böhm mulJte ISttÜ
noch bekennen. daE ftlr die Schätzung der Bewohnerzahl
von Neuguinea alle Grundlagen fehlen. Und doch brachten
ihm xeine Schätzungen ein Ergebnis, dan sich mehr
der Wahrheit nähert als Omwfurds Annahme, der
200000 Einwohner fOr wahrscheinlicher als 1 Million be-
zeichnet hatte. Die Niederländer hatten fUr ihren An-
teil von 3210 Qundrutmeilen diese Summe von 200 000
schcm allein in Anspruch genommen, woraus Behm eine
Dichtigkeit von 02 auf die Quadratmeile ableitete, die
ihm aber fUr die ganze Insel doch wieder zu niedrig er-
schien angesichts der zahlreichen Nachrichten, die die
Küsten Neuguineas als bevölkert, teilweia sogar dicht
bevölkert erkennen lieben. Er zog es vor, die geschätzte
Dichtigkeit von Borneo zu Grunde zu legen, welche damals
XH betrug, und gewann so eine Zahl, die er auf 1 Million
herabsetzte. Heute ist die Bevölkerung von Neuguinea
jedenfalls auf mehr als '* Million anzunehmen. In
diesem Beispiele erscheint Borneo als der Typus, nach
wek'hcni Neuguinea bezüglich seiner Volkszahl viel rich-
tiger beurteilt wird, als es z. B. Meinicke gelang, der
Neukaledonien und die Loyalitätsiiiseln. die viel weniger
gDnstig geartet sind, nach dem Satze von 120 — 130 per
Quadratineile schützte, wobei ihm dann allerdings das Er-
i^ehnls von 2 Millionen selbst zu hoch vorkam. Die
gleiche Methode, typische Bevölkeruiigs Verhältnisse zu
finden, aus welchen Schlüsse auf die Bevölkerung un-
l>ekannt«r Gebiete gezogen werden können, ist ftlr Afrika
in ausgedehntem Malie zur Verwendung gelangt und
nicht zutallig gerade fUr Afrika. Es ist die einzige Me-
thode, welche ilberhaupt auf so weite Gebiete Annendung
finden konnte,
Bcliui Mt eH. ilcr damit dus Problem auf den wüseiucbaft-
lii;hen Hoden verpflonxte. indem er der einftebOrgerten. ohne Begrilii-
«■ wie^«>t-l»oUeTi Zahl ir
.(eltea lTDtemPhni'«i. '
lA kMinhetideiu Fleilw <>ii<l «rvücr .SafhhrfiiitiiM d
btebduiien sntg«frcn*t"ll*- °™> VerdicMt M kuim gettim •«
wenden »nd NaEbrol« hAt w tii* hraU bm^I inftuuittt
KX enien SchlUxitnK "° ßM^phurfwfi JaMiMch. I (IMiW|.
m, Midie 188 Millioam er^. btwirfcl« (Imm ArticU iwd irr»ftr
kudiritl«. iüe acbnf janM Büd (l«r KtrTMkminfliTRbilBikit m
IHe BevdUtenin« i
uioai antl AfHJi'.
171
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liMaen Ortlfifltftg» bn bMU «idi bcwUirt tw><Mi,
«cte du Oebiet de« rein HjpoÜMiwdica ■DTeinr» immvt kl
■tenctn. IHe Art, wie Dr. athtn flir diiMen weiÜKO i'UvJt »im lU-
nb 70000 Quadrätmeilen di* Bnftlkenmg it*» 4'i MiJlioMn «i-
iUl — er berechnet eine VolluOidil« ton IMI aw ilan HilUI
lir Ai««b«a rar alle angrwiMtiileD Urbj«t« (* •- O, I, %. 100) -
lUbt mathodiacb inlervnBnl. aucli wenn luiui U*|pt Immt*
ICit») der Uestinununft der Volkauilil crlsnfrt haiira wird. Pttr
'hl ÄtiÜirt>pOBM>Kr»pI>«i '•* « jedwihll« in ti«li*ai (imd* lehr-
lod. duB ttllEaäMictie HeruiiKKMtBltini ünmtiKriwrtr Xalitmi «—
'({«1. Verl«
ScbätKDnf^en Behnu zu Terfol|;m. VEf1«Ueii wir
•nl imtö licrvor^tTeteneD Angaben (mf rMt« gcoirraphiMha (Ja
birt« — wna, Mlänfig K^XMI*- ^"^ d^ KliwaiilEFndM AnffMauoR
der Irtster«n nicht »o einfafli i«t — ra mhiill"^ »ir un!'»i-l<-li''ii'li'
Vfrgieicharciheo :
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1
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1866.
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2.5.
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15.Ü.
2*,4.
47
4..V
4.3.
20«.
Da« Ergebni» der ersten Schätiiiag vun 1^^: ]8ä HtlliuiHTii,
'rbCble sich 186^ auf 191 weMntlidi dadurch, dufi Mnda4^4>kur
nach Ellis' achon frah>:r Wkannter und von Itchoi iinKefDlirUii'
SchälzDDg 5 >(att 3 Millionen xofrewie»vii und «afk-rdi^m lieavndt-ni
fSr Algier und die KapkoloQJe habere, «or^ltig <TUiilU'lt».' Kuhlen
iiing^elzt warden. Aach 1870 zeigt den f urtuvlirtll in Nord' und
Südafrika, durt la Aegypten. hier unl<!r einzelner HerabaeUuuK
lnrcfa eine etnu habere Zahl fHiNatal. Die Summe bettigt 1^2.
17:
liif Uevölkening^xühl Atrikiu.
1^72 witil keine lii^BBintaiiniDie gngL-ben. doch werden bftliene Zahlen
fQr Marokko. Aegjpten. Nalnl angeführt. 11^74 dnd die Zahlen
fDr Marokko. Aeg^pten, den ägyptischen Sudan, den Westandaa,
das DOrdäcjualoriale Gebiet und. wie immer. Südafrika orbQht)
während diu Saharii, teils aus OrOnden der politischen Zuteilan^,
und Madagackar, letzteres nm l Million, verloren faabea. Die
< jeKamltumme ist immerhin bis auf 203 gewochsiüi. Ks sind we«icat>
lieh die Angabeu von Rohlfs nod Schweinfurtb . anf welche diese
Erhöhung lurQckfDhrt. 1875 und fttr Aequatorialatrika weiters
.'Jch&tiungen von Scliweinfurth verwertet, und xuni eret«nmale tritt
das dichthe^ölkeite l'ganda nach Long« Anguben hervor. Dagegen
verliert die Ge^amtsamnie Ö Millionen ISTÜ. Die HerabeetEung der
Zahlen lUr den mittleren Sudan, eine Folt;^ der Erkandigun;^»
Naohtigala. wird nicht aufgewogen dnrch etwas höhere Ang^ien
für den OBtliohen. Kbenso treten die norde qoatorialen Gebiete
RarQcb, für «eiche, soweit aie in die Macbiipb&re Aegyptms fallen,
genanere Scb&tzungen xur Verfügung stehen, und MndagaiJiu
wird auf 2,.5 Millionen herabgesetft. Von 20D auf 305 steigt d»
Zahl 187^ wesentlich durch Erhebung der ZiSem für die afid-
Aquatorialen Gebiete. Und 1880 und 1S82 h< sie sich auf 906
durch Erhöhung der Sumnie fQr das unbekannte Innere, wtildie
hanptsHchlich aufKecbnang der mit den nordSquatoriiilen gleieb-
gestellten s ad äquatorialen Gebieti' kommt; zugleich geben die
Zahlen för die Sahara und den Sudan etwas zuröek, während die-
jenigen filr SüdaMka und die Inseln eich heben.
Man Meht. da& der Kern de; Problems dieser Summe dw
Berechnung der BevSlkeruDg dos unbekannten oder wenig gckunnles
Innern int. Hier liegt ancb, nm es gleich auszusprechen, der Haupt-
fehler der Schätzung. Die zwei am weitesten gegen dies Unbe-
wohnte Yorgeschobeuen Gebiete, die damals durch Livingstone Dnd
Si:hweinfurUi bekannt geworden waren, Ma^jemn und dbs Land
der Sundeh oder Njauinjam. haben am meisten ta dem verhUtaii-
maOig hohen Ansatz von 42 Millionen für die 70000 tjuadratmeüen
unbekanten Landes in Inneralrika beigetragen. Schweinfurth hatte
eine Dichtigkeit ton 660 auf die Qnadratmeile far das letztere U-
genommen. Du er das benachbarte Land der Monbuttu als MD
noch viel dii^hter bevölkertes schilderte (4500 auf die QaadtatmeiH
erschien diese Annahme nicht zu hoch. Was Monjoiiis anbetriSl.
so hatte Livingstoue, der Entdecker des Landes, zuerst von der
wunderbaren Dichtigkeit seiner BevBlkerung gesprochen und darans
war durch Bebia der Schlufi gezogen worden, dali auch Uaiyeint
eine Dichtigkeit ^on ti — 7C0 zukommen kSnnte. Stanley hat «
dann in vielen Strecken verSdet gefunden, und Wilimann hat M
der Gr«Dte und im Innern ausgedehnte Waldwildnisse mit Bat«»
ansiedelungen durchzogen. Die Bevölkerung kann nar mlLfiig i^-
Indem man nun alleXänder. welche dieses unbekannte TniiMe
umgrenzen und deren BevfilkeruDg geschätzt werden könnt«. »0*
sammenstellte. erhielt man folgende Dichtigkeiten: Fellatorodie
l.SOO, WadaT ia57, Dar For 1000, Njarnnjam 666. Bashirmi Sffi.
dvr BcvMkei'uijg (1^8 untiekanul^u Im
I7;t
Jf Ostaifrika xwiachen dem Mücre und dem Tunjtanjiku
^100. Da« Mittel ans dlmen Zahlen i^rgibt tt— 7ü<J uuf
meUe hIs die wahrscheinliche Bevßlhoruiifniialil von
Da& dies zugleich die Zahl den von SchweiDfurth
I I^arnDJamlandes war und toii deijeiiigen Msi^emiu
äch aieht weit eu fatfcrncn schien , crhBhtc ihre Wahrichcinitch'
IIA noch. Und eo kam man denn tsn der Summe von 42 Millionen.
mr aber ein sehr ungeogTaphiscfaes Verfahren, weichet die
terejchen Länder der gewerb- und verkehrareichen HaiiMK,
I nnd Eaouri uuf eine Linie Btelltc mit den balboden Ot-
1 der .\atbropoi>hagen im Celle- und Congoland. Die eigonl-
t N^erlilnder ergaben nach Behm« Methode nur 27^1 itatt
r Kuf der Quadratmeile "). Und doch durften vorwiegenil nur
her ini unbekannten Innern Afrikas vermutet werden. Du 1^ nach
■ BahUaUDgen Wüsone uud Felkinij eich noch ein Gebiet mit
BD niif der Qnadratmeile in Uganda fond, konnte mOulichci'wiiiiir
'^i~Zah1, nicht aber die Methode blutigen, nach welcher dieiellif
.^AOtmcD wurde. Dieses Vorgehen aberaiebt nicht bloQ den Unt«r-
(liod. welchen in der Bevdlkenutgavertcilung die viel niedrigere
'.üllarBtufe dar siadt«- und wegelosen . des groBen U&ndeU und
l'-r fDr ihn arbeitenden Gewerbe entbehrenden Negerländer hervor-
' ruif^. BonderD auch andere elhnographische KigentDmlicbkeiteD,
< ekhe die geographische Verbreitung der Neger initbeatiuinieii
irid als wnentÜctiEtee Merkmal ihr die Ungleicbma&igkei t
' ilpti^ea. Wir erinnfm an die .politischen WOsWn* des vorigen
A'tfCtnittt^ und werden im 8. Abschnitt von dieser folgenreichm
: .:g«mefaBft lu «precben haben. Aber auch die NaturbeschuRcn-
' ii Jt in frage kommenden tiebietc konnte nicht aus ihren
"mgebungen geschlossen werden. Damals gerade erschien
• I riatvau* Zentral» frikas zum enjteamal auf den Karten
.~ti.>iies ,LetEl«>n Tagebachem' und wurde die Vertun tung
lUtli grobe Waldläuder im Innern Afrikas vorhanden «ein
:. viiU'u. Wir kennen jetit ein dannbevOlkertes Waldlund <on •
ii^-elahr 15000 Quadratmeilen im Herzen des Congolaudea. Die
..□der a1>«r. (on denen man aof dieses Land schloB, gebOren den
:rtiieteit der Park- und Gulerienw&Ider. dem Uebergang von der
LUmpuie zum Waldiand an nnd diese gerade «ind überall durch gr6-
tere nad srS&te BcvSlkemngi>zahIen aucgexeichnet. Wir sehen, wo
der GrniMlehler jener Schätzungen li^: Sie nehmen eine geogra-
MaAe sad aatlvopogeognipliiscfae Kontinuität an, die weder in der
Nabv, mkIi der ElerOlkernng Afrikas ihre Verwirklichung findet.
Dinetben nnd mit anderen Worten nicht hinreicb^nd geognU)hi*di
vaä eUmugrapbiMh fundiert gewesen. Indem sie gro&e Fachen
gUidunUig l>edeckten. schufen sie statistische Abstiaktioiien, statt,
wie die Oeo^iaphie es verlangt, die Probleme tu lokalisjeren, jedci
>n wiiii III Orte aufzusuchen. Indem Behm zaietit 206 Milbonoi
ttr Afrika annahm, in welcher Summe unzweifelhaft zu grofi die
ZaUai IDt Inaerafrika nnd da« ftquatoriale Süda&ika. «ahnctieitt-
Utk KoA SU gn>& diejenigen für den Sndan sind*'), ift er ran
1
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1 -: ?- -■■: -.r. :--rirr> Wrtr.od'r.
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.r. ■>:.- ";.•-.-• .r."i:^;r._: !,i*'. I •:'=■.'*.': .i'-z.;ni:-n »ier Bevö;
...:ri •■->■. :.-.•:. h-ri.hr- * :.%\.ii-.<v :. • i^ '..-r riniijrD Jdh
I» M:.!:.!.vr. :!.i 4*-; M:'..: r.-T.. /.\\ii: Klrinficrn T
'•r;r.i -.i— • A •.f-:r..i:-irrjv'r>L* ir. -i-r •■ erschiedenen
Hvj. ';::•=:-. "j^*-. .:>.- : ■■: i!.^r.:"r:-L A.it./ri-r. Korea mit u
:*-.:.<v;r._' •;••.- ?'.-•. ^lä•;^.:^.::: K-.r«.-.* >'/::'a-aEk: zwischen 8
.i-'.r:-:;. Ir. i'.-"T. -■•■:.-:'. BTf.!.. ".r.'i Wä^iivr *'; mit d
• -li .'*• 'J M.j!:-!.-:. ::r -i.is •.■is:'=-i.:'.:cr.e China und die 3
:r.'l '• 1 ':•>'.■'••> !ür ■"» r vi^r üL'.-.rti.äniircn Länder. al»o
Jijr 'ia- «.irir./-.- -•■;: !.:ri:»j nich: uilt-in. Die*e Zahl näh
••on :->.*J Mi'.Üvi.-ii . w.-;i.i» div ii-tzt«.^ vollständige Z
l'jrj ».TLVtJ-. A»'f.r.!:oh- Zahlern i.ui-er. S. W. William»
fiohvr-r Hi'l.'i.uirn 'ir.-l AMv I'av^ti ■4-0> angenomme:
k.iijT.t.f '.hiri"*i?«.ht- >!üat'ii.aiir. . Marquis Tsenjj. beka:
-in-r ].-'.iliri>i:h».ii H»;iii' v'!'cntari< /u 4*2'> Millionen**). Di
Atj-»-in.:ri'i»-r^'-Lfn lieirt »in starker ZwtitV-l an der Rieh
chiiJv-i^ri.»Mi Crn.iiij-aiiL'iii.-en zu «irunae. Eine Bevölkerai
'j.ih #•* ihjTi i.i»". wa« man C'i-n^us nennt, diente nur ]
/.wefk».-n. Im»* älteren (.onsusrvihen des chinesischen Rei«
uni/'-Inrure >chwankuiii:en . die nur zum Teil mit den
ra.-rih wi'iLsolntlr'n ]>i.iliii>chen iieschicken dieses Reicl
-fHinnirM.hani: jr»?! 'rächt werden können. Wir finden i. i
''i V. r],;-. -ji Milliont-n. im .lahr 105 53. im Jahr 124 4*.
!'.«• 'Hl. zwischen «len .fahren 2'20 imd 240 nur noch 8
Man h<'^rtit't dies einigermaßen, ^enn man erwägt, de
ilen Bedürt'nii^sen und der Lage de« Staates grofe Kla
riick?icliti>;t hlielien. .«o die an Zahl schwankenden Ski
Fk'wohner der von Mißwuchs oder Ueberschwemmiui(
suciiten Gebenden, die ^oße Menge der in Leibeigen
ratenden. Außfrdem ist an die willkürlichen Fehlerq
frinnern, welche o)>en berührt wurden (siehe S. 161). K
Hun^rerrinöte sind in China aber alles Maß verheerend.
«glaubt, da(3 seit der letzten Zählung von 1812 63 Millioi
Krie^' un«l Hnnirer umgekommen seien, und v. Richthof
in >»*iner Arbeit: ^Ueber die Bevölkerungszahl von \
:Hi Millionen als die geringste Zahl der Menschenleben a
«li«; Taipinp-evotution kostete. Vor diesem verwüs
krici; war seit der Mandschu-Erobening des 17, ^tihxbmn
s]tn.'clitrnd dtT im allgemeinen ruhigen, friedlichen.
die i>i-vülkerung nutch und stetig gewachsen. ]
37. 1742 142. 1761 201, 1776 268, 1812 862 und
n'vidi'-rten Census von 1812) 413 Millionfli nkae di
17(5 Schluß.
1842 die Bevölkerung Chinas zurückgegangen ist, so glauben wir
doch dem vom GothaiBchen Hofkalender, von Popoff und wohl in
Anlehnung an diesen von Emil Levasseur in der Statistique de la
Superficie et de la Population de la Terre^*) gegebenen Zahlen
größeres Vertrauen schenken zu sollen.
Schluss. W enn wir von der Bevölkerungszahl der
ganzen Erde sprechen, nennen wir Summen, die um 1480
und .1 45Ö Millionen schwanken. Der Fehler könnte viel-
leiclit 100 Millionen betragen , wäre aber auch selbst mit
diesem unwahrscheinlichen Betrage klein im Vergleiche
zu der Schwierigkeit der Aufgabe, diese aus so unglei-
chen Größen zusammengesetzte Zahl zu gewinnen. Es
ist eine große Leistung der vereinigten Anstrengungen
der Statistik und der Geographie, daß wir für eine so
wichtige Größe wie die Zahl aller Menschen der Erde,
deren Besitz eine der auszeichnenden wissenschaftlichen
Errungenschaften unseres Zeitalters ist, der Wahrheit so
nahe gekommen sind. Zugleich dient uns diese Zahl als
ein schöner Beweis dafür, daß die Wege der Statistik
und der Geographie in der Wirklichkeit einander näher-
geblieben sind, als theoretische Methodiker uns glauben
machen wollten, denn die größere Hälfte jener Zahl kön-
nen wir nur darum mit einem noch vor 20 Jahren un-
möglichen Vertrauen hinnehmen, weil sie durch unthropo-
geographisch geprüfte und berichtigte Schätzungen gewon-
nen ist. Sowohl daran als an jener Zahl wollen wir als an
wichtigen anthropogeographischen Thatsachen festhalten.
*) Schlözer, Theorie der Statistik. 1784. tS. 8(>.
^) Nur anmerkungsweise kann auf einen späteren Versuch, eia
anderes geographisches Gebiet der Statistik vorzubehalten, hin-
gewiesen werden. Blum zu Dorpat sagt: Die Erdkunde und die
Geschichte; bieten eine natQrliche Beziehung zu einander, von
welcher, wenn wir eine jede für sich betrachten, nur klar zu Tage
liegt, »daß*, nicht «inwiefern* sie besteht. Dieses «inwiefern* in
untersuchen, ist die Aufgabe einer dritten Disziplin. Hier hätten
wir also eine Wissenschaft, die man wohl unter dem Namen der
Statistik begreifen könnte. Demnach wäre es das Geschäft der
Statistik, die Beziehungen zu entwickeln, welche zwischen dem
Festen der Erde und dem Veränderlichen der Völker stattfinden
Kasimir Kizywicki, Die Aufgabe der Statistik. Dorpat 1844. S. 46w
') S. sein Buch S. 2.
j
178 Anmerkungeii.
ausgeschlossen, also nahezu 6 Personen auf die Hütte. Deutscht
Geographische Blätter. V. S. 27.
'^ 5J ergab sich auch als die Zahl der Personen, welche
durchschnittlich auf ein Zelt in einem Bezirke der Provinz Tiuqgai
kamen, die Tillo genau zählen ließ. Vgl. die Bevölkerung der
Erde. IL (1874) S. 37. Die Verallgemeinerung dieser Znhl kann
höchstens in der Kirgisenstoppe zulässig erschemen . wo die Ver-
hältnisse Turgais sich im ganzen wiederholen.
'') Chavanne, Reisen und Forschungen im alten und nenen
C'ongostaat. 1887.
^*) Geographische Mitteilungen. 18(>8. S. 384.
") Sahara und Sudan. III. S. 177.
2") Geographische Mitteilungen. 1865. S. 121.
>') Ethnographische Beiträge. 1885. S. 145.
") Im fernen Osten. Wien. 1881. S. 555.
«») Globus. XXXIX. Nr. 20.
'^j Die Expedition nach Zentral-Sumatra. Geogpraphische Mit-
teilungen. 1880. S. 13.
'*) Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen.
II. (1888) S. 15.
'-) Die Petroleumquellen von Yenangyang werden schon lange
ausgebeutet.
^') Die Einwohnerzahl der Philippinischen Inseln in 1871.
iieographische Mitteilungen. 1874. S. 78.
*•) Die Bevölkerung der Suluinseln nach A. Garin. Vnn
F. Blumentritt. Globus. XLII. S. 335.
**) Ethnographische Beiträge. I. S. 145.
»') Reisen in Nubien. 1829. S. 198.
^') Im Geographischen Jahrbuch. I. 1860. S. 94.
^») Durch den dunkeln Weltteil. 1878. I. S. 333.
=»») Uganda and the Egyptian Soudan. 1882. I. S. 151.
*') II. S. 151.
**) Unter deutscher Flagge quer durch Afrika. 1888. S. 240.
*^) Geographische Mitteilungen. Ergänzungshefte 33, 35, 41.
49, 55, 62. 08.
*^) Merkwürdigerweise dieselbe Zahl, welche Junker erhfilt
iler die Bevölkerungszahlen der von ihm besuchten Gebiete sehr
vorsichtig iiehandelt^ In dem von ihm vielfach durchreisten Sanddi-
gebiete will er nur eine Dichtigkeit von 275 auf die QuadratmeOe
anerkennen, denn er nimmt für das Sandehland auf einem Aicil
von 1800 Quadratmeilen nur 500000 Einwohner an. Wissenschaft-
liche Ergebnisse von Dr. W. Junkers Reisen in Zentralafrika. (Geo-
graphische Mitteihmgen. Erganzungsbeft 93. S. 31.) Wir erinnem
uns dabei, daß schon früher Oskar Lenz 200 a. d. Quadratmeile »I* |
mittlere Dichtigkeit des Küstenstriches von Corisco bis Kammi
imd landeinwärts bis zu den Oshebo angenommen hatte. (Cortt-
spondenzblatt der Deutschen Afrikanischen Gesellschaft. 1876. Nr.20-*
**) Behms Zahlen sind wenig verändert in zusammenfassen«!^
Werke übergegangen. Wir ünden aber in Levasseurs Zosammw
ABaMrtongn. 17(1
dar Eide (Statüttqne de Ift Hapurtlaie et
^'- de U Ten«. Bnllstm de l'InitltDt
. . XL 2. 1887) nur 197, in Habnen
TUbI (ISKH 808, abaneoTiel in Tanmellii OeograB» c
~- - " (1890). Hermann Wagner, der nuidrackliah
, daA Belim die SdbKtinaaen der BOTOlkentna AfriJiH
«■iB iwatgi habe (Qntha- Wagner, Läirbndi der Oeegnpnie. 1868.
L S. S7>). KOBini 1888 anf SDO sorflck, die er ■!• MuiinalMhl
Hat nm oaoli, leit Behm in «einer leisten Bchltianv
Q88S) 906 MaK»«M or^ohte, keine PrOfnaft von ifanlielier (Irflnil-
lirfc%»ift « toUg eftmden, m üt doch offenbar ein Oafabl dafür vnr-
kiailTTi. dal dieae Bnmme daa BOdute bedeiit«n mOcfal^, motu illh
ÜMtKuag der BerDlkenng' dieaea Erdteilea nnter BerOckricbtiKnng
iar Bi IUI II IUI Bnd neiMatai Beridite fllbren kann. Freilicfa mf>rM<>n
vk abs weder LeuaMOU» nodi TaraneUt md BelliM dtioi an-
■efttito ZaUea aJa nm warttona Baweia Ar (tie Richtif(kf-H;
•nor TennatoBp ansidien. Dea enteren Arbeit i^t nicht a1* fini-
geogntphneben Hinne o<\er mtufit
K Leneaenr nimmt dM /ahJm,
_. er soMst ein* (irrAmtimmmt' tim
in MilliJoaai addivt, ao läai darin ganz inivereinhitre (Mfititi,
ine I. S. Stanleya 29 HilHonen fOr den Confro^attt. 7,1 MiWinrfti
fb CoD^o fTBütais. neben a50iXN> ftr Portoirie^*-h 'nT^rrikrf .m'l
^ Mütioüea für Portugiesisch-Weatafrik* Fi,- A^/.'.f-'ir-;,- ';<i,i.l.
und keine B^völteran^er; K«r«b«n. ;. ß :'■',:• -li,' '.v.ri '(.-r, Kri/
lindem beazupmchten Xigerjrebiete. Ber^ra. 1^-' prir*-')^,"! -''>,>' ' '»,
p)1ui(i. E>ie Zahl kann aUo nicht mit <1«>n ßArini-'i't-i''n '■'r;flir.i'.,-ii «"r
dm. Wad ab^ Taramdli un<i B^llio 3.a<:-Mfa-^.. 'O ;.:t .i..> i.,',.'ii f
Einielheiwn getreu aus Behm iin-l Witfii.TH .Uf/i.'n. K-/riB'/..nK,.l..-P
'Sr.'Si heräberjienommen : 4b«r durch '■»■■i -n'!!-'--'»* : ■r'*.ln'l,j'-1.i. A'Mi
iKnufcbler iät die Sanimt; am DLkht^iiu .1 M,,i.<,!i-^ii /.i m-uj,.../ ^,,r ,if„
*i Die Ftevaikanin^ it-ir Eni-. V.- i.-v:>j *■ (;
*-i ülobtta- XXSIX. Sr, -j.
*"[ CLTiert h«i Behoi ami iVtifn-r "l—T,/.- m^ l.-r Kvl.-
TU. S. ;J-2.
**; Verhandlnngen der i-ies. ^. Kr.ik.iml^ -.-i li.TSn ;.^', i ■; ;i,
") Derartig dummen lin^t ,ii ./r.';iiHr.-i- /Cm- fm./.-imiiit ,,r
xiiem Bache: -Diu 'ihinmiM'h-' .\.ix-riiirf'>i-iiiv !<'••: mii .n
^Wiitriiren dazu im iilobu» XXXi.X inil <i.
"I Ver^L die Zahlen im '>ofliai«'Ji«i H'jlVni.-ml.-r 1-«H ' lii
'«bVeraffentlichunj^endesohitiiwiichMi ,■' iiuiiy.iiiii<i'<,>ri<ii>i'- iml i'.M
AU äbereiiistiliimend PopolT.m J<>nm»l il' ' h'- •'ixU-iii'^i •■•/•iH. •■ .
"** »milichen 'inellen von 187!» in.r :.-;y<J A'i .«,I1ii,.i.-m -(-.rh."!.
'-■) Zweiter Teil. Bulletin l" "n-fitiit iit..ni»ii..nHl 1^ -i«.
^W. 11' (18*^71.
7. Die Dichtigkeit der Bevölkenmg.
Die Verteilung der Menschen über die Erde. Durchschnitti
der Bevölkerung. Die geographische Methode und die stati
Bevölkerungskarte. Die geographische AufTassung der Be^SlkA-
rungsdichtigkeit und die geographische Bevölkerungskarte. Ite
Grundzüge der Verteilung der Menschen über die Erde. Ungleidit
Verteilung. Die Verteilung einer dünnen Bevölkerung. Ah- und
Zunahme der Bevölkerung mit der Höhe. Einfluß der Bodenfom
auf die Verteilung der Bevölkerung. Verteilung einer dicbiM
Bevölkerung. Natürliche Zusammendrängungen. Die Dichtiglraft
am Wasserrande. Uebervölkerung.
Die Verteilung der Hensclieii über die Erde. Ak,
bevölkerungsstatistischen Thatsachen erlangen ihren eohY
fachsten geographischen Ausdruck in der Bevölkenrnfln-r
dichtigkeit ^), welche sich aus dem Verhältnis der Zahl llft?
Menschen zur Größe des von ihnen bewohnten RauiMI^^
ergibt; dann aber auch in der Verteilung der
platze und in deren Größe, sowie aller anderen Sj
des Menschen au der Erdoberfläche. Denken wir
einen Augenblick jeden Menschen auf der Erde
stehend und uns selbst in der Lage, das Bild der
Oberfläche frei zu überschauen, so würde dieses Bfld
von Land zu Land sehr verschiedenes sein. Es
zwar in den dichtest bevölkerten Ländern immer
ein großer Teil Land unbedeckt bleiben, aber die
Städte würden schwarze Punkte darstellen und die
lebten Verkehrswege dunkle Fäden, die zwischen
hin und her laufen. Denken wir uns aber dann
für einen Augenblick die Menschen weg, wie verachii
Br."
»iivi
„.v^
f;""'-
Ig2 Durchschnittszahlen der Bevölkerung.
jede Fläche gleichen Ausmaßes ist gleich fähig bevölkert
zu sein, nicht jede Fläche gleichen Ausmaßes empfangt
und erleidet die gleichen Rückwirkungen durch ihre Be-
völkerung.
Die nackten großen Zahlen, mit denen so manche
geographische Schilderung sich begnügt, und die schein-
bar viel wissenschaftlicheren Durchschnittszahlen der Be-
völkerung, deren Wert sich für uns fast ganz an der
Breite ihres wirklichen Vorkommens auf der Erde mißt,
sind wie Mauern, welche den Blick in die weite, an-
ziehende Perspektive dieser beiden Gruppen anthropo-
geographischer Probleme verbauen. Man kann es nicht
genug wiederholen, daß für die Geographie das Wo? die
Grundfrage bleibt. Wie verhält sich dazu die Bevölke-
rungszahl ohne Angabe ihrer Verteilung? Sie ist auf
jene Frage stumm und daher ist sie eine ungeographische
Angabe. Jede Bevölkerungszahl wird beredter, indem
sie auf den Boden gestellt wird, dem sie gehört. Tote
Zahlen schöpfen Leben, indem sie geographisch begrün-
det werden. Und je geographischer diese Begründung,
desto weiter entfernen sich die Bevölkerungszahlen von
dem Schwanken zwischen dem Wirklichen und dem
Schematischen, welches unseren Betrachtungen über Be-
völkerungsdichtigkeit sonst anhängt.
Durclisclmittszalilen der Bevölkerung. Der Durch-
schnitt der Dichtigkeit einer Bevölkerung ist die Miiie
zwischen den Extremen: wo diese am wenigsten weit
auseinandergehen, wird die wirkliche Verbreitung der Be-
völkerung dem Durchschnitt am nächsten kommen, d. b.
wird die Durchschnittszahl sich in der weitesten Ver-
breitung in der Bevölkerung eines Landes verwirklicht
finden. Das Umgekehrte wird eintreten, wo die Extreme
weit auseinandergehen, also in Ländern, welche sehr
dichte und sehr dünne Bevölkerungen zugleich umschliefien.
In Ländern letzterer Art gibt die Durchschnittszahl keine
der Wirklichkeit entsprechende Vorstellung. Sie ermög-
licht nur die Vergleichung ganzer Reihen von Ländern
untereinander. In ihrem Wesen liegt es, daß sie selten
:i dti' DurcbBclmittaziihien.
i»a
^Bbätändig auftritt, sondern meist den Uebergang zwiBchen
^Hb Extremen bildet. Uie durchschnittliche Volksdicht«
HKb Deutschen Reiche;;^ von 3785 uuf der Quadratmetle
n^S.i) kummt nur in heschränkteu Gebieten praktisch
'lir Erscheinung, am meisten noch in einzelnen Teilen
win Hannover und Thüringen und ist selbstverständlich
.luf den Grenzen der näcbstdi elitären und nächstdQnneren
\'erbrei tu ngs weise als Uebei^ngszone zu finden, die aber
-tfhr selten eine größere räumliche Ausdehnung gewinnt.
\ehnlich findet man die mittlere Dichtigkeit Frankreichs
011 4030 (ISyti) nur in den beschränkten Gebieten ver-
' irklicht, wo eine ländliche Bevölkerung in zahlreichen
kleinen Siedelungen ehenmä&ig verbreitet ist. wie in Ue
et Villaine, Deux Si'vres. Loire inf^rieure. Das Zea-
tnUD, der Norden, der Osten kennen sie kaum. Ebenso
wheo findet sich der Durchschnitt der Volksdichte tbat-
tAcbltcb verwirklicht in den beschränkteren Abschnitten
«nea Gebietes. Der Saale- und Man^felderseekreis be-
aüien eine Volksdicht« von 70P5, aber die N.- und NO.-
Hälfle des Gebietes liegt im allgemeinen darunter, die
SW.-üälfte darüber. Es gibt Länder und Landschaften,
in deren Wesen der schärfste Gegensatz der Bevölkerungs-
' erliältnisse liegt, denen gegenüber die DurchschnittB-
;ililen bedeutungslos werden. So Oberitaüeu, wo die
''rovinz Novara eine Dichtigkeit von 5200, der engere
^'ezirk Novara K5Ö0, Domodossola, der neben Sardinien
oiksärmste Bezirk des Königreiches, 1200 hat.
Auf je gröUere Flächen der Erdkugel eine Durch-
I hnittsberechnung der Bevölkerung sich ausdehnt, desto
einer erscheint ihr Ergebnis für den rechnenden Stati-
uki;r, welcher die OrtlicTien Besonderheiten ausfallen lassen
' ill. Aber in demselben Ma&e verliert dieses Ergebnis
ju Wert fUr den Geographen, dem gerade die örtlichen
il.-Mjnderheiten das Wichtigste sein müssen. Die Durch-
hnittf werden daher nur in jenen Fragen von Nutzen
i;iu. in denen ein Teil der Menschheit von seinem Boden
^^wgelöst gedacht und ohne jede Rücksicht auf diesen der
^^■■tiatiBchen Betrachtung unterworfen wird. Es gibt Falte,
^^B welchen die durchschnittliche Zuteilung einer BevÖlke-
184 Wert der Durchschnittszahlen.
rung an bestimmte Gebiete viel wichtiger ist als die
geographische Verteilung in diesen Gebieten. Wer eine
Karte der Verbreitung der Chinesen außerhalb Chinas
zeichnet, steht vor solchem Falle. Er bedeckt die Philip-
pinen, Borneo, Califomien, Peru und die anderen einzelnen
Länder, in denen Chinesen wohnen, ruhig mit der Farbe
des Durchschnitts. Der Geograph wird besonders in den
politisch - geographischen Betrachtungen von derartigen
Zahlen um so lieber Gebrauch machen, auf je größere
Areale sie sich beziehen, und es ist bekannt, wie häufig
die großen Zahlen der Gesamtbevölkerungen der Fjrde,
der großen Staaten, der großen Städte in der Anthropo-
geographie und politischen Geographie zur Verwendung
kommen. Sie sind immer am Platze, wo es sich um den
großenüeberblick handelt. Geht aber dieBetrachtung ins ein-
zelne, setzt diese Zahlen in Beziehung zu den zugehörigen
Arealen und vergleicht sie mit anderen, dann müssen sie
in ihre Elemente zerlegt werden. Unzerlegt wird man
sie auch dort verwenden, wo ihre Elemente unerreich-
bar sind. Ihr Wert ist dann provisorisch. Mit Dank
sind Barths Schätzungen der Bevölkerung des Sudan auf-
genommen worden, welche der Voraussetzung zu Grunde
gelegt wurden, daß im östlichen und zentralen Sudan
1000 Menschen im Durchschnitt auf der Quadratmeile
leben. Nachtigals genauere Angaben für Bornu und
Wadai begegnen demselben Danke, wiewohl man sich
sagen muß, daß 315 auf die Quadratmeile, wie sie filr
Wadai angegeben werden, eine sehr unrichtige Vorstellung
von der Verteilung der Bevölkerung in einem Lande er-
wecken, welches im Norden kaum 10, im Süden aber
mehr als 1000 auf mancher Quadratmeile ernährt. Nimmt
man dagegen die Ergebnisse der Zählung Japans Ton
1885, so hat Japan auf dem Räume von 0770 Quadrat-
meilen 37 8(38 987 Einwohner, das sind 5445 auf der
Quadratmeile. Zieht man aber Jesso und die Kurilen ab,
80 erhält man 7200, eine Dichtigkeit, welche selbst die-
jenige Großbritanniens übertrifft. Diese Dichtigkeit i«t
aber für Japan wichtiger als jene Gesamtzahl und muft
in dem Augenblicke, wo Japans Bevölkerung aufhört.
t 'ftsT Tli iiffllli 1 1 1 1 ini^jiii II 1 1.' '> Hl I uBwknnA. Tim
BK ai£ «onc iMTis iirf 1f~'rlii 111111^. lÜi liiitiin r
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1 Widl< » <f-Mte^ aafc nr <tKr tSHMAftK Ar
186
KaTtogramm ond Kiute.
Karte, oder wie sie ee nennua äag KaTtogramu, dw dne IW'
3t«llutjgB weise unter vielen ist Sie finden es in vielen F&Ubh
EWeckina&ig und vielleicht manchninl aueh nur bequem, ihre Zahlen
in l'unkte, Linien. Figuren umzueeUen und daa Kurtogramin bietet
sich dann neben anderen Verdeutlicbunfren. Und doch liegt in
Karlo^mm der Vergleich schon in der TbaUache der Auftragung
statistiacber Krecbeinungen auf eine geogruphlscbe Kart« offen, wäh-
renil dae Diagramm damit verglichen eine Darstellung im Leeren
ist. Gahaglio gibt in seiner Teoria Generale di Statistira (I8SS1
unter tablreichen Dia^frammen nur ein einziges Kartogramm mri
dieses ist sehr unvollkommen. Verhältnime, die der Geogiapb
nur kartographisch darstellen würde, bringt der Statistüter lieotf
in einer geometrischen Form. Die Daratellung der Verbreitanc
der Itiiliener auf der Erde, welche Gabaglio auf seiner Tafel ££■
gibt, indem er nach der Zahl der Erdteile b Ausscbnitta ein€»
KreiseB bildet, die dem Prozentsatz der auf die 5 Erdteile eotfikl-
lenden Italiener entsprechen, ist nur Diagramm. Nur die VerteüuDg
einer Zahl boU verdeutlicht worden; diese interessiert den Statistiker.
Der Geograph würde Grflße, Raum und Luge der von Italienen
bewohnten Gebiete bevorzugt und die Linder mit der ihrer Zabl
von Italienern entsprechenden Farbe bedeckt haben.
Man begreift, da5 unter diesen Umständen der StatistikH
sich die Frage vorlegen kann, ob dos Kartogramm ein notwendige!
Forschunga Werkzeug sei; die Uebertra^nuiE^ ^^^ Zahlen auf Flficho.
ihre Uebersetzung in Linien und Punkte ist. ja nicht immer leiebl
und kann Zweifel wachrufen. Wenn man aber versucht, Uunblvfi
Vorschlag durch Jiufahren, welcher an Stelle der statistischen Kwl»
gramme Tabellen mit geographischer Anordnung der Bezirke setWfi
will, so erkennt man, wie wenig das lineare Priniip der Aufz&hlRlg
den mannigfaltigen Lage- und BerQhrungsvcrhältnLjseD der llAdm
gerecht werden kann, Ancb l>evai»eur hat in seinem Berichte Bbtf
die geographische Methode in der Statistik, dem internationaln
Kongreß der Statistiker zu St. Petersburg 1872 erstattet, nar di*
Karte als Diagramm im Auge. Er betont alle Vorteile der topognpU-
sehen Grui>pieruog, welche die geographiat-he Auabrcttuag, dia Ört-
lich verschiedene Intensität erkennen, mit Einem Blick die vencUt
denen Grup)ien, ihre Entfernung und Nacfabai-achaft übersehen un'
sicher und raj^ch gewisse Beziehungen zwischen diesen GniMa
lind den natllrlichen Bedingungen des Bodens, sowie lu anOBM
sozialen Gruppen wahrnehmen lassen. Dabei bestreitet er (■ffi
daä diese Methode eine .methode d'invention' sei, aber asdot^
aeitfi gibt er auch zu, dafi sie insofern doch diesen Namen W*
diene, als sie die statistischen Gruudthataauhen in einer WvK
darstelle, welche den geistigen Uehall aus ihnen hervorgehen lam^
An dieBem Punkte, bei der Benutzung der Kart«
also als natürlicher Rahmen statistischer EintragungSB,
stehen zu V'leibeii wird der Statistiker sich ent8chI io 6lB<l
1 88 ^i^ geograph. AufTasaung der Bevölkeningsdichtigkeit.
Die geographisclie Auffassung der Bevölkerungsdieb-
tigkeit Für den Statistiker ist die Dichtigkeit der Be-
völkerung die Beziehung zwischen der Flächenausdeh-
nung eines Gebietes und der Zahl seiner Bewohner. Sie
ist ein Verhältnis, welches in einer einzigen Zahl ausge-
drückt werden kann und gerade für diese eine Zahl hegt
der Statistiker ein besonderes Interesse. Für den Geo-
graphen ist die Dichtigkeit der Bevölkerung der Zustand
eines Gebietes, welcher hervorgebracht wird durch die
Zahl der auf demselben wohnenden Menschen. Dieser
Zustand kann gezeichnet und beschrieben, aber niemals
vollständig in einer Zahl zum Ausdrucke gebracht werden.
Die Abstufungen der Dichtigkeit von Ort zu Ort, auszu-
drücken in einer Mehrheit von Zahlen, sind es, die den
Geographen ansprechen. Ihre Zeichnung und Beschrei-
bung begegnet aber großen Schwierigkeiten, weil von
den zwei Elementen, die bestimmt werden sollen, Bodea
und Menschen, das letztere beweglich, also veränderlick
ist, weshalb mehr die bleibenden Spuren des Mensches
als er selbst zu berücksichtigen sind. Daher die Neigung,
die oft unter einem gewissen Zwange arbeitet, geogra-
phische Größen durch statistische zu ersetzen; daher die
Unmöglichkeit, der letzteren in der Geographie zu ent-
raten. Die Statistik kann füglich Länder ohne Volks-
zählung vernachlässigen; aber zu den Aufgaben der geo-
graphischen Beschreibung eines Landes gehört immer die
Darstellung der Dichtigkeit der Bevölkerung, welche ia
Ermangelung von statistischen Zahlen ganz besonders auf
die Verteilung der Wohnstätten Rücksicht nehmen wird.
Wer so viele Seiten- und selbst bändelange Länder- und
Völkerbeschreibungen vergebens'*) nach sorgfältigen An-
gaben über Bevölkerungszahlen und Bevölkerungsdich-
tigkeit durchsucht, über die entferntesten VölkermeA-
male, nur nicht über dieses Wesentlichste Auskunft ge-
funden hat, wird mit uns die Vernachlässigung dieses
Problemes in Handbüchern und Anleitungen lebhaft be-
klagen.
Die Verteilung einer gleichen Zahl von Mensches
über einen weiten Raum könnte hauptsächlich zweierlei
KtrUichen Formen des VorkoromoDa der Menschen. Jg^ '
flehe Formell an nehmen. Dieselben könnten
ileichmäßig auf Her fraglichen Fläcbe verbreitet
dafi ihre Wohnstätten einzeln oder in kloinen
ID mäbigen Abstilndon Über dieselbe zerstreut
r sie könnten an einigen wenigen Orten dicht
Igedrüogt sein und weite dazwischenliegende Ge-
K fr^ita^eo. Das Verhältnis ihrer Anzahl zu
bnten Fläche würde dabei das gleiche bleiben.
eben sind dünn bevölkert, aber mit sehr un-
^irkung auf die Bevölkerung selbst und auf
I, Jene erstere Form der Verteilung ist in ihrer
iapi«gUDg nirgends zu finden, denn ihr wider-
te der stärksten, wellweit verbreiteten Neigungen
chen. die Neigung zum geselligen Wohnen,
len Frau und Kinder mit dem einzelnen Wohner
ipe. eine kleine Anhäufung von Menschen auf
»e^rt^Dzten Erdstelle; dann schlielJen »ich Dienst-
^ren und bei weiterer Entwickelung Stanim-
I (Glieder des Clan) an den kleinen Kern an
itsteht die Siedelung iu Form des Olanhauses,
trs. des Dorfes, der St^dt. Sie ist eine That-
Erdoherfläche. An ihr, an den Bevölkemngs-
id -keimen hat nun die Geographie ihre Unter-
let Verbreitung der Menscheu zu beginnen. Sie
ünfacheten der wirklichen Formen des Vor-
des Uenschen auf der Erde, können aber nicht
I werden ohne Berflcksichtigung der unbewobn-
D zwischen ihnen. Daher die Vorfrage:
le Arten von Bodeofläciien sind bei Bealiinmung der '
■V Grunde zu legen? Und diese Fnige leagt die
iktlMfaere Frage, welche Teile der BoJeuflÜchen vor
umang ausiiuchcidt<n seien. Boden6ächen, welche Qber-
K Besiehung zur Dichtigkeit der Bev&lkerung haben,
n vornherein auuuschliesscn, wogegen Nutzflächen aU
F Fllcfaen mit den bewohnten unter Üniständen vereinigt
len. AlsWälder, Weiden. Wege können sie eine Abstufung
feude*, gleichsam Kultarland zweiter Klasse darstellen.
Iner, Sfltnpfe, Hoore, die bewirtschaftet weiden, kOnnen
Ni. Allerdmgf ergeben sich dann viel kleinere DicbLi^-
IHt, wo nur das Kulturland zu Grunde gelegt wird, vae
li «einen Berechnungen der BevSIkeruiigsdichtigkeit
190 ^6 Bevölkerungflkarte.
der libyschen Oasen, des Fajum und Oberägyptens gethan hat. Wenn
da Dichtigkeiten von 18 280. von IG 500 und 9300 erscheinen, muß
man sicii erinnern, daß von der zu Grunde gelegten Fläche die
Gesamtheit, wie Jordan selbst hervorhebt, „zur Erzeugung von
Nahrungsmitteln fast das ganze Jahr hindurch dienf '). Eine solche
Dichtigkeit kann schon mit der fQr Unterägypten (6300) nicht Ter-
glichen werden, weil diese sich auf eine mit zahlreichen Wasser-
flächen. Sümpfen und Dünen durchsetzt« Fläche bezieht, und nodi
weniger mit den Dichtigkeitszahlen für Deutschland oder Frank-
reich, die sich auf kaum zur Hälfte als Kulturland anzusehende
Flächen beziehen. Legt man bei der Berechnung der Dichtigkeit
der deutschen Bevölkerung nur Wohn-, Acker- und Weideland,
also Kulturland im engeren Sinne, zu Grunde, so erhält man nach
der Zählung von 1885 eine Dichtigkeit, die fast doppelt so grofi
als die gewöhnliche. Daher die Regel: Um vergleichbare
Dichtigkeitszahlen zu ergeben, müssen die zu Grunde
liegenden Bodenflächen nach mindestens annähernd
gleichen Grundsätzen gewählt sein.
Die Bevölkenmgskarte. Die Bevölkerungskarten der
Geographen sind Karten der Wohn platze im Gegen»
satz zu den Bevölkerungskarten der Statistiker, welche 1
die Menschen aus diesen ihnen eigenen und f&r sie j_
charakteristischen Anhäufungen herauslösen, um sie über '
eine kleinere oder größere Fläche gleichmäßig, d. h. an- .~
wirklich verteilt zu denken. Die Schraffierungen oder ~
Farbentöne einer Bevölkerungskarte sind Symbole einer
abstrakten künstlichen Gruppierung, während die Punkte, j
Ringe u. s. w., welche auf unseren geographischen Eartea i
die Wohnplätze bezeichnen, Symbole wirklicher Gruppie* ^
rungen sind. Auf Karten gröiseren Maisstabes treten endÜidi h
Bilder (Pläne) der Wohnsitze an die Stelle der Symbole und I
die topographische Karte ist eigentlich schon zum Teil -
eine statistische; sie würde hinreichen zur Zählung der '
Städte, Dörfer und Gehöfte, der Brücken und Türme, ;
sogar der einzelnen Hütten auf den Feldern, zur Aue»
messung der Länge der verschiedenen Wege und Kaiuüe.
Aber diese Dinge sind hier alle in erster Linie topo-
graphisch aufgefaßt, d. h. so weit sie zum Boden gehören,
dessen Zeichnung der Zweck dieser Karte. Anders die
eigentliche statistische Karte, welche gerade von jenen •
gesellschaftlichen Thatsachen ausgeht, um sie nach Mat
und Zahl genau begrenzt, also nach ihren quantitativen
1
1
Die B«i4ttk«raDgskiirte.
i
riiältnissen zur Anschaanng zu bringen. Di« ogra-
bcbe Kart« ist freilich auch hier nicht bloS ) Tlage
1 die statistiscbe Karte ist mehr als eine andere Form
t statistischeD Diagramms. Dieses strebt nur die aion-
be VeraDschatiltchung der in den Tabellen gebotenen
Uennachweise an, jene fägt den Nachweis der geo-
■phiscben Lagerung hinza und steht wi^enschaftlich
ber').
Die Bevölkeningskarte e itsnricht aber dem geographi-
ken Zwecke nicht, wenn sit Tbatsache der wirklichen
vbreitung der Menschen in ueu Hintergrund treten Iu£t,
I die statiäti^he Thatäacb der Durchschnittsdichtigkeit
r Bevölkerung voraozustel n. Man fragt sich verge-
Bs, wo der VVert der Bedeckung ganzer Gro&staaten
t einer der £)ichtigkeit ihrer Bevölkerung entsprechen-
B Farbe liegeu soll, wie z. B. Maurice Block sie in
r Karte zu .Die Machtverhältnisse der europäischen
uten" gegeben hat. Das Ideal einer anthropogeo-
kphischen Bevölkeruogskarte der Erde würde vielmehr
le Karte nller Wohn^tStten 't^ir, n^ch ihr^r Bevötke-
ngszabl abgestuft; eine solche Karte würde als eine
nbolische Karte der Bevölkerungsdichtigkeit aufgefaßt
^en können. Diese ist für die ganze bewohnte Erde
:ht möglich, da zahlreiche Völker keine festen Wohn-
ttten innehaben, und da letztere wieder in anderen
bieten zu dicht heisammenliegen , um in einer Ueber-
Mskarte im Atlasmaästab noch keunbar zu sein. Es
. hier also ein mittlerer Weg angezeigt, welcher in den
ibieten dichterer Bewohnung auf die eben angedeutete
trstelluug verzichtet, um entsprechend der generalisie-
nden Arbeit des Topographen dieselbe nur in jenen
^enden zur DurchfQhrung zu bringen, fiJr welche die
DBeinanderrOckung der Wohnsitze ebenso bezeichnend
le wichtig ist, für Gebirge, Sumpfländer, Wüsten,
igegen ist bei allen Darstellungen in gröLierem Ma&-
ibe die Zeichnung des Wirklichen anzustreben und
mit die BevÖlWerungskarte geographisch zu fassen,
e topc^raphische Karte bleibt von etwa l:2öll000 auf-
bte auch im anthropogeogrnphi sehen Sinne die mög-
192 I^io topographische Karte als BevÖlkemngskarte.
liehst treue Abbildung eines Stückes Erde, in welcl
aber allerdings das Element der Dichtigkeit nur un^
kommen hervortritt, sobald die größeren Siedelungen
zeichnet werden, in denen jenes Verhältnis zur äelt
kommt, das die Statistiker unter „Intensität des Yi
nens" begreifen. Ueberall wo in mehrstöckigen Hausen
Menschen übereinander hausen, wird die Grundfläche n
Bewohner tragen, als wo die niederen Hütten eines Do
stehen. Das Bild des Wohnplatzes fallt in dem letzt<
Falle immer breiter aus als in dem ersteren. Die
schiedene Zusammendrängung der Häuser in Städten
Dörfern wirkt in der gleichen Richtung. Im allgemei
werden die Bilder der Dörfer immer zu grots, die
Städte zu klein im Verhältnis zur Zahl ihrer Bewol
ausfallen. Es is also die Treue doch nur topographi
nicht anthropogeographisch, d. h. nicht mit Bezug auf
völkerungsdichte verwirklicht.
Von einer anderen Seite her kommen wir hier auf e
Weg mit Sprecher von Bemegg, der in der Einleitung za M
, Verbreitung der bodenständigen Bevölkerung im rheinisi
Deutschland im Jahr 1820* ^) die Maßstäbe der Karten der
Völkerungsdichtigkeit eingehender bespricht. Kr kommt dabe
dem Schluß, daß Dichtigkeit^karten größeren Maßstabes i
wesentlich anderen Prinzipien gezeichnet werden müssen als M
von mittlerem und kleinem Maßstab. Eine vergleichende Prfli
verschiedener Dichtigkeitskarten zeigt ihm, daß ,mit der
größcrung des Maßstabes der geographische Gesichtspunkt, wel
die Abhängigkeit des Menschen vom Boden, den er bewohnt,
läutern will, in den Vordergrund tiitt*. Es gibt einen Pn
sagen wir beim Maßstab 1:250000, wo man mit dieser Kiw
rung der Grundlage bei dem topographischen Maßstab ania
wie dies Sprecher von Bemegg im 3. Kapitel seiner Einleil
ausgesprochen und beim Entwurf seiner Karte bethätigt hat
hier findet dann auch alles Anwendung, wa^ wir von der t
graphischen Karte als Karte der Dichtigkeit gesagt haben.
Sollen die Bevölkerungsdichtigkeiten für ein gröfii
Gebiet unter Beiseitelassung der einzelnen Wohnsta'
bestimmt werden, so wird man die Bodenfläche in na
liehst zahlreiche kleine Abschnitte zerlegen, auf wel
die Bevölkerungsdichtigkeit bezogen werden kann. !
eher Abschnitte gibt es vielartige, in der Natur um
den politischen und wirtschaftlichen Einrichtungen
Di« HMbode der kicilutcn ItAuiue. |>I3
iete. Uao kaon ein Land nach den klimaÜ;%ben.
igisch«n und H<!thenu[iterscbi«d«n einleileD. ninn kann
die vorhandenen VerwaJtuDKHeinteilungen, s^lbsit
Jiche Einteilungen berdcksichtigi;» . und die Unler-
de d*-s Vnlkstuius. der Kontessionen oder der wtrt-
Uichen Tbätigkeit künnen ebenso Anlaß zu Ver-
i^en geben, deren Ei^bnis dann mit der Bevölkt-
sdiclitigkeit rerglicben winl. Aiu weitesten »er-
st iit nun die Methode der Zugrundelegung no-
her oder Verwaltungsbezirke, eintuch weij die Ite-
mingsdichtigkeit am häufigsten als eine politische
e gesucht und ausgesprochen wird"). So finden
im Gothaischen Älmanach die Dichtigkeit der Be-
ming der verschiedenen Reiche, ihrer Länder und
iBzen mit unter den Zahlen tiufgemhrt, die dort
Dtlicb xum Zweck der Abschätzung der politischen
wirtetchaftlicheo Kraft der Staaten mit so muster-
!r Emsigkeit zusammengetragen werden. Wird die
■Ikerungsdichtigkeit kleinerer Teile eines Ueiches unter-
t, so werden mit Vorliebe die Kn.'i'f um! Bezirke ku
ide gelegt und dies um so eher, al- die Vnlk,-/,üh-
en ihr Material nach denselben ordnen und verüffent-
n. Spärlich sind dagegen die Arbeiten, in welchen
rliche Gebiete mit Bezug auf ihre Bevölkerungsdich-
;it untersucht und dargestellt wurden. Ich nenne
Versuth 8teinbausers über die Beziehungen /wischen
anläge und Beviilkerungsdichtigkeit in Niederöster-
i, welcher Nachfolge in ähnlichen, zum Teil aber ein-
uderen Studien Burckbardts Über die Bevülkerung!<-
:igkeit des Erzgebirges gefunden hat '").
Bei allen politischen Abgrenzungen wird aber die
sdicbte auf Räume bezogen, mit welchen sie nicht uii-
ilbar zu thun hat. Es tritt das als Uebelstaud besonders
ier naheliegenden Verwertung der so erhaltenen Ver-
liszahlen zu kartograpli Lachen Darstellungen hervor.
Iscbaften von ganz verscliiedener Yolksdichte können
lig in einem Bezirke vereinigt sein, die Schraffur oder
e, die seiner Durcli.schnittszahl entspricht, deckt sie
hmätüg zu und trennt sie vielleicht zugleich von
iliel, Aii1hiupogt!OBrnpliif n. 1;{
1 94 Die Verteilung der Bevölkerung auf politische Gebiete.
einem Nachbarbezirk, in welchem Teilstrecken von ganz
ähnlicher Dichtigkeit sich befinden. Zwingen einmal
die Ergebnisse der Bevölkerungsstatistik dazu, auch bei
der Herstellung einer Karte der Bevölkerungsdichtigkeit
von dem politischen Gebiete auszugehen, so wähle man
sie so klein wie möglich. Denn je kleiner die Bezirke,
deren Bevölkerungsdichtigkeit in die Karte eingetragen
wird, desto größer die Annäherung an die geographisch
allein zu wünschende und zu rechtfertigende Wohn-
sitzkarte. Das geographische Ideal der statistischen
Bevölkerungskarte schiene nun wohl die Karte der Ge-
markungen mit Eintrag der Bevölkerungszahl jeder ein-
zelnen durch SchraflFur oder Farbenton zu sein, aber die
Zufälligkeiten der Ausdehnung dieser Bezirke über Berge
und Wälder läßt sie viel ungeeigneter als kleine künst-
liche Bezirke erscheinen. Gegen die neuerdings von
Träger in einer Arbeit über die Bevölkerung Nieder-
schlesiens ^ *) angewendete Methode der Zerteilung des
ganzen Gebietes in Quadrate bezw. Trapeze von gleicher
Größe, die je nach der Zahl und Größe der in sie fallen-
den Siedelungen mit dem Farbenton oder den Schraffen
einer Dichtigkeitsstufe bedeckt werden, spricht der etwas
zu große Umfang dieser Grundflächen und einigermaßen
auch die Gefahr der willkürlichen Zerteilung der in meh-
rere Quadrate fallenden Wohnplätze, die ja nach keiner
ZählungsHste und mit keinem Aufwand von Arbeit so
zerlegt werden können, daß die Anteile mit ihren Be-
völkerungszahlen genau nach dieser oder jener Seite fallen.
Die Anwendung von Sechsecken von 7,2 Quadratkilometer,
wie Gelbke sie in seiner Arbeit über die Volksdichte des
Mansfelder See- und des Saalkreises ^-) durchgeführt hat.
unterliegt demselben Bedenken. Schwerer wiegt uns aber
der grundsätzliche Einwurf, daß diese Methode sich von
der rein statistischen entfernt, ohne den Weg der geo-
«i^raphischen bis ans Ende zu gehen. Sie bedeutet aber
immerhin einen Fortschritt über die erstere. Gewiß steht
Johann Müllners Karte von TiroP*^) über den Versuchen,
die Dichtigkeit der Bevölkerung dieses Gebirgslandes durch
Durchschnitte der Verwaltungsbezirke aUvSzud rücken. Aber
Auf«chnltiing der Bevälkenrngsmitttilp unkte. 195
sie entgeht den Einwürfen nicht, die wir soeben vorge-
bracht Die scharf abgesetzten Trapeze bieten in ihrer
V erschied enfarbigkeit ein hüchst ungeographischea Bild,
besonders wenn sie z. B. mit dem 'S». Meridian gchema-
tisch abschneiden! Der Zeichner dieser Karte ist nicht
auf die naheliegende Erwägung verfallen, dalä die Methode
der künstlichen Zerlegung der Bodenflüche nirgends weni-
ger angezeigt sein kann als in LUnderu so großer Gegen-
tütze in der Bevolkerungsdichtigkeit wie gerade Tirol.
Eine unangenehme Notwendigkeit, welche an alle
rcUemat lachen Karten der Bevölkerungsdichtigkeit heran-
tritt, ist die Ausschaltung der grot'ien Mittelpunkte
der Bevölkerung. Es hegt auf der Uaud, da§ das
Bild der Bevölkerungsverteilung im oberen Rheinthai ge-
talscht würde, wenn man die ätadtehevölkerungen von
Basel, Mühlhausen, Preiburg u. s. w, über das Thal aus-
breitete. Oberhayem hat ohne München und seine Vor-
orte eine um ',3 geringere, England ohne die Städte Über
-IMOOO eine hiilb so groiäe Dichtigkeit. In welcher Grenze
.soll nun diese Ausschaltung geBchehen. die zwar im Zweck
zusaRimenfällt mit der Ahsscheidung der leeren Stellen, an
>^ich aber dadurch grundverschieden wirkt, daü sie Zusam-
mengehöriges trennt? Uafn hatte die Schwierigkeit erkannt
und seine Kurven unter Beiseitelassung der Städte und
Flecken nur auf die ländliche Bev^ilkeruug begründet, Behm
lielJ auf seiner Bevölkemngskarte von Europa die Städte
über 501)00 Einwohner aus und empfahl, bei Karlen von
größerem MaListahe die Ausschließung bis zu der Stufe
von lOOuO und tiefer zu erstrecken, andere sind bis 8000
nnd .'.(HH) gegangen, wobei der MaIJstab der Karte die Ent-
^cilei(lung giih. VViUkUrlichkciten werden bei dieser
Ausschließung um so weniger zu vermeiden sein, als
<iie Frage in Gebieten verschiedener Dichtigkeit ganz
verschieden liegt. An kleinen Städten reiche Gegen-
den, wie wir sie in Württemberg und Bayern finden,
werden durch die Einrechnung derselben in den Dich-
tigkeitsdurchschnitt ganz anders beeinflußt als großstädtisch
bevölkerte gewerbreiche Gebiete im Uheiuland oder West-
falen. Außerdem liegt ein innerer Widerspruch in der
1 96 Verbindung der statistisch, und geographisch. Methode.
Verwendung zweier so verschiedener Methoden: die Sig-
naturen für die ausgeschiedenen größeren Orte gehören
der geographischen, die Farben der Durchschnittsdichtig-
keiten auf den Flächen der statistischen Auffassung an.
Die Berechtigung, beide auf dem gleichen Blatte zu ver-
wenden, kann ausschlielalich nur in technischen Erwägun-
gen gesucht werden; wissenschaftlich betrachtet, wider-
strebt die Vennengung und wir fragen uns: Warum
schreitet denn die Ausscheidung nicht dazu fort, alle
Wohnplätze an ihrem Orte zur Darstellung zu bringen?
Die Vermengung der statistischen und geographischen
Darstellung ist nie vollkommen zu billigen ^*).
Diese vermittelnde Methode ist die des 1880er
Censuswerkes der Vereinigten Staaten, welche die Städte
mit mehr als 8000 Einwohnern als Kreisflecken ver-
schiedenen Durchmessers einträgt, während sie die übrige
Bevölkerung nach der Durchschnittsdichte auf die Fläche
verteilte. Sie nähert sich ein wenig der geographischen in
den städtereichen Gebieten, bleibt von ihr aber besonders im
städtearmen Westen noch sehr fern. Sie versucht allerdings
eine noch größere Annäherung durch die Zerlegung aller
größeren Grafschaften und aller derjenigen, die von sehr ver-
schiedener Dichtigkeit sind: da sie aber auch hier die Ver-
teilung auf die Fläche beibehält, bleibt sie trotzdem weit vom
Ziel. Die so hergestellten Kartenbilder machen mit ihren
<> Stufen *•') kaum einen lebhafteren Eindruck als Dich-
tigkeitskarten, welche diese Sonderung der städtischen
Bevölkerung verschmähen. Die Einschaltung einiger
Zwischenstufen und die Vermeidung der leeren weito
Räume für Bevölkerungen von 2 und weniger auf die i
englische Quadratmeile würde sicherlich günstiger gewirkt
haben. Eine ähnliche Methode der Darstellung ist auf dtf
Karte befolgt, welche 1878 der Arbeit über die Bevölke-
rungsdichtigkeit des Deutschen Reiches in den Monatsheften
zur Statistik des Deutschen Reiches beigegeben wurde.
Hier sind aber nur die Städte ^'^) über 20000 und über
100000 ausgeschieden und die 834 politischen Bezirke
von sehr ungleicher Größe, auf welche die durchschnitt-
lichen Dichtigkeiten aller Wohnplätze von weniger ils
Die BafuBcfae Metbodc. 197
20000 Einwohnern sieh beziehen, eiud Flächen von durch-
*>c]iDittli( h fast 12 Quadratmeilen. Dtu- sind schon Flüchen,
auf welchen sebrgroÜe Unterschiede verächwinden niUsüen.
Ein Blick auf das Thal des Oberrhebes mit seinen Hand-
^birgen zeigt das geographisch Unrichtige, ja Unwahr-
Kbeinliche der dort angewendeten Zeichnung und man
gewinnt wie bei allen mit );roL'en Flächeneinheiten arbei-
tenden Karten mehr den Eindruck einer schematischen
Ueberaicht als eines wahren Bildes der so mannigfaltig
wechselnden Yolksdichte. Was hier gegeben ist. darf
auch nicht mit der Oeneralisierung einer topographischen
Debersicbtskarte dieser Gattung verwechselt werden. Es
ist eine Generalisierung nach einem der Sache fremden,
politischen oder administrativen Schema ").
Kine andere Gruppe von Karten der Eevölkerungs-
dkbtigkeit lehnt sich an die Ralnsche Methode an, die
Dichtigkeit der einzelnen Theile als Hüben aufzufassen,
welche durch ein Sjütem von Isohypsen zur Darstellung
gebracht werden. Nur konnte Rain bei seiner Karte der
BeTÖlkerungsdichligkeit des Königreiches Dänemark (1857)
die Aufgabe mathematisch scharf fassen, indem er dieses
kleine Gebiet, ohne die Herzogtümer, in 1700 Abschnitte
zerlegte, in deren jedem er nach seiner Dichtigkeit eine
Senkrechte im Mittelpunkt errichtete, so daß er aus
1700 Punkten die Krümmungen der Flächen bestimmte,
welche in Höhenstufen von r)()Ü, lOOU u. s. w. über-
tragen, die Dichtigkeit der Bevölkerung dieses Landes
darstellte. Behm hatte es, als er diese Methode auf seine
Karte der Verteilung der Menschen über die Erde und
seine Dichtigkeitskarte von Europa {beide 1874 in den
QeographischeD Mitteilungen, 35. Ergäuzungsheft, ver-
öffentlicht) anzuwenden suchte, mit Gebieten zu Ihun.
deren Bevölkerung großenteils nicht gezählt ist. Er hatte
also von Schätzungen, besonders auf Grund der Zahl der
Ortschaften auszugehen, welche auf den geographischen
Karten angegeben sind. Er zog die Kurven zwischen den
Gebieten verschiedener Dichtigkeit so, dali z. B. zwischen
zwei Gebieten von 2500 und 4500 die Kurven von 3000
und 4000 unter Berücksichtigung der Verteilung der Ort-
i
i
198 ^^^ Bohiusche Methode.
schafteu durchgeführt wurden. Indem die Rafnsche Karte
sich für das kleine Land Dänemark auf 1 700 einzelne Be-
völkerungszahlen stützte und zugleich die großen Bevölke-
rungsmittelpunkte ausließ, erreichte sie praktisch ein fast
reines Resultat, wozu natürlich auch die verhältnismäßig
gleichartige Bodengestalt Dänemarks das Ihre beiti^t:
aber sie ist keine geographische Methode, denn sie benutzt
politische Flächen, um die Bevölkerungsdurchschnitte über
nie auszubreiten, statt nach dem Wo? der Bevölkerungen
auf dieser Fläche die genauere Frage zu stellen. Man
kann die Rafnsche Karte als die möglichst vervollkomm-
nete statistische Bevölkerungskarte bezeichnen. Behm
und seine Nachfolger haben dies wohl erkannt, am besten
Behm selbst, der (a. a. 0. S. 98) den für jene Zeit ge-
radezu überraschenden Satz ausspricht, allerdings ohne
ihn gebührend auszunutzen, die topographische Karte
sei der genaueste Ausdruck für die Verteilung der Be-
völkerung. Sie haben in diese Karten geographische
Elemente hineingetragen, im größten Maße, Sprecher von
Bernegg in seiner Karte der Verbreitung der Bevölke-
rung im rheinischen Deutschland (s. o. S. 195). Die
Dichtigkeit eines Bezirkes bleibt zu Grunde gelegt und
ihr wird erst in zweiter Linie durch den Vergleich mit
der topographischen Karte jene Gliederung, man möchte
sagen, das «Relief erteilt, ohne welche eine Kluft
zwischen jener Durchschnittszahl, deren Farbe den Bezirk
bedeckt, und der wirklichen Verteilung klaffen würde.
Es liegt auf der Hand, daß es hierbei ohne WillkOr
nicht abgehen wird und daß die Güte einer solchen
Karte zuletzt wesentlich abhängt von einer eigenen Kunst,
aus der topographischen das zum Menschen Gehörige
herauszulesen. Mit dieser Karte ist von der statistischen J
Grundlage aus auf das geographische Ziel so weit wie
möglich gegangen, wir können aber mit dem Verfasser
derselben nicht des Glaubens leben, daß im Gegensatz
zu den Behmschen Karten in ihr dem statistischen Ma-
terial nur Hilfsdienste zufallen. Es ist nur die geogn-
phischste aller jetzt vorliegenden statistischen Dichtig-
keitskarten ^*).
Ttii r^iiMliilB^ifairti fiiKlawi^iii "laii^iiiili IW
Bei der ZiöAa^^ 4er VoIk>4icbie ^Moer FWtTtb-
oder iet EMe kSrn fa bbb ^tsaben. «» verac^nmAcB ftr
Zoimigbettm der pelitiwelicn Begr^aumg. wcbb aawh
t{a02e Lander natii ibiiv 4"Fi'*fi4mf**'r**— ' IMcAttig^bBt
rar Dari^^-Uiiaje gelutgts. Aber g rr m J t iäts tiitt tton
in Mangel der allbekaBatoi BeDdmigm zvi«d>en dtr
VoUudichte nod deo grilHcn Z^n der Bote^oa ü tt
^wtuti herror. LeTiiiiimim BprtBtcn n ijp fart« tc« Bi r o fi
Ol 188.^ ■') lä» iiicfat «o^ 4h Bhöalmad mi d«ti
Sdiwarzwald luitefscheiden. Eint FaH« ied^ BW B^JM.
Sachen. Bobinen. Gslizien d. i. f. Fruiinvidi. nach klei-
neren Bezirken berechDet. zeigt trio nslSriicbem Aos-
'eben. lüljt aber die Deck^rben anderer (iebiete am
M> deutlicher sieb abheben. Man gewinnt den Eindruck
einer in Farben umgesetzten «tatististheD Tabelle. Auch
die Karte der Beröikeniog der Erde, mit der derselbe
seine Arbeit Stetisüqae de la superti^ le et de bt popuU-
tioü des contr^es de laTerre-"! begleitet, gibt die Dich-
tigkeit nach politischen Oebit-ten. ist als^i wieder ein
KOckschritt hinter Behm.
Die Darstellnng der beTÖlkeruo<j:sstatistischen
Gegensätze, vei^leichbar den Karten der Temperatur-
maxima und -miniina, ist lehrreich als ein Licht- und
Schattenbild. Der Wert ist aber mehr ein pädagogischer:
es ist der Wert einer weithin sichtbaren eindrucksvollen
graphischen Darstellung. Das Wesentliche liegt ge-
rade bei der Verbreitung des Menschen nicht in den Ex-
tremen, sondern in den Uebergängen, welche ja schon
durch ihre räumliche Verbreitung herrorragen.
Geographigcbe Gruppieruugeii der Staaten, wie sie dur
Petenb arger Statistische Kongreß, nachdem sie lange üblich wanm.
für Europa xo fixieren sDckte, indem er die (iruppen Nordwest*, Zen-
tral-, Süd- und Osteuropa vorschlug, können keina Uro Gen von
absolutem Wert sein, da sie für den Statistiker politisclie. wirt-
scbafllichc und soziale Kigenschaflen enthalten, neklie nicht alle
von einer einigen Grenzlinie umfalit «erden kSnnen und als ge'
»cbichtlicbe GrClien manchmal von jeder Himnielsrichtunjf unab-
hängig sind. Ks gibt Bettach tun gen, bei denen Finnland, weklies
grßäere .biologische AfGnit&ten' *■) zum Nordwesten als zum Osten,
oder Polen, welchea Zentralen ropu näher steht, vom Osten nhxu-
irenaen sind, um dem Nordwesten, bezw. der Mitte doa Krdleilec
200 üeographische Gruppierungen der Staaten.
zugewiesen zu werden. Es gibt andere, in denen Westeuropa alle
Randlünder des Atlantischen Ozeans umfaiit, und andere, in denen
Poi*tugal und das nordwestliche Spiinien zu Südeuropa zühlen.
Groüe Teile von Süd- und Westeuropa wird das romanische Europa
in sich fassen u. s. w. Derartige Einteilungen kommen am meisten
zur Geltung in geographisch-statistischen Beschreibungen, die von
vornherein auf rein geographischer, orographisch und klimatisch
begrenzter Grundlage sich aufbauen. Werden aber solclie natür-
liche Landschaften statistischen Berechnungen zu (^runde gelegt,
dann ist es notwendig. daLi dieselben scharf umgrenzt und nicht
bloß als unbestimmte geographi.cche Hegriife hingestellt sind, wie
z. B. Appalachian Kegion, Atlantic Piain, die wesentlich unsta-
tistisch sind, solange sie nicht genau umschrieben werden.
Zum Schlüsse möchten wir von den hierher gehörigen
Diagrammen eine Gruppe erwähnen, welche die Dichtig-
keit der Bevölkerung Inder Weise darstellt, daß man sie mit
der Zahl der Menschen in die der Fläche dividiert, auf wel-
cher die Menschen leben. Man teilt dann nicht den Menschen
dem Räume zu wie auf der Karte, sondern umgekehrt den
Kaum dem Menschen. Da hierfür die großen geographischen
Flächeneinheiten zu groß sind, w^ählt man die kleineren
Ackermaße. Während dort die Zahl der Menschen ver-
deutlicht wurde, welche auf einer größeren Flächeneinheit
leben, wird nun gezeigt, wie viel Fläche auf ein Indivi-
duum kommt. Zuerst haben englische Statistiker dieses
Verhältnis zu einer hübschen graphischen Darstellung ver-
wendet-^), indem sie die Flächen durch Kreise von gleichem
Kadius darstellten und in diese in gleichen Entfernungen
so viele Punkte eintrugen, als auf ihnen Menschen wohnen,
während ein um jeden Punkt gezeichnetes Sechseck die
Fläche darstellt, die dem einzelnen zukommt, d. h. über
die er sich ausbreiten könnte, wenn alle Bewohner de»
Bezirkes gleichweit voneinander entfernt wären. Die
Fläche des Sechseckes wurde dabei als „density** die Ent-
fernung der einzelnen Punkte voneinander als „proxiraity*
bezeichnet. Dies ist eine Durchschnittsziehung in Li-
nien, deren Wert für Statistiker und Geographen gleicher-
weise in der größeren Uebersichtlichkeit liegt, die
der graphischen Darstellung im Gegensatz zum Worte
und zur Zahl innewohnt. Sie ist aber nicht dasselbe wie
jede andere Verdeutlichung dieser Art, wie z. B. der D«r-
I>ie ZeicbaiHift de* B«i3LkCTXiBg«kai1ni. jOI
Bg der Dichtigkeitsitnlerschieiie durch RechWcke vou
ler Basis und Tereciii edener Höhe, wie jüngst wieder
»cur «ic Kur Anwendniig brachte*'): denn sie stellt
nur fin Verhällnia dur, indem sie einfach die Zahl
m geometrisch« Figur verwandelt; sondern sie bringt
wei Größen, aus deren Vei^leicbung das Verbältni»
Tgeht, den Baum des Bodens und die verhülhiis-
^ Zahl diT Mtnschtii. Allerdings gibt sie dieselben
in ihrer nalQrlichen Lage. Sie verdeullicht daher
nn Größen-, kein Lager erb ältnis und besitzt fUr <!ie
raphen denselben Wert wie der Zahlenaiisdruck der
Sachen Dichligkeit.
Endlicb noth eia Wgrt Aber einen w^heinbnr rein tecliiiihi'lieii
in tter Herstellung der BeiÖlkerungskatt eu"). In
'itg«\ lind die Eilreme der BeTOIbernngedirfalifckeit dnrcb
gt^e (cnnitteH; »clIeD eioil schroffe tie^uuätz«, diu am
I d^r WBsien bewobalM and nie bevobobares Land neben-
ior legea. Wo lolcha GwenAtze ed leicbnen sind, da mag
arlograpt] in Farbea and Scbrnffen in die Extreme ([p-ben
laG noch weiter Riehen, als es bisher üblich g'-weseii, «o dnf
icohnte und Dnnnbe wohnte io der Kei;el in dem weilieo Flf*ckt'
imm dargestellt wurden. Genide die mensebenleeren ätcllen
sieb recht scharf abheben. Anders in jener Qberwieiten-
ithl von Falko, wo das Bczeicbnende die l'eber^nge sind.
ttte man aieh, die olinehin EL-bematiBcbe Flachenverteibing
«rSlkeruni; Bocb «eiler von der Wirklichkeit abzufahren,
j man vcrwandti- Zustände wie Gegenhätte darstellt, um
iebiet flieüender Cctertchiedo in ein Schachbrett in ver
flu, wo die schreiendsten Fntben nebeneinander liegen.
haben wir einen von den Füllen, wo die Fordernngen den
en and des SchSnen sich decken. Diese schreienden Kar-
nd UDwahr und unsehOn, nnd sind nnscbOn, weil sie mehi'
inwahr. nQmlich uDwafarscbeiiilicb ond selbst onmCglich
Der tjrundsatz Riner Gattung antbropogeographischer Er
langen hucIi mit Klineni Farbenion gerecht zu werden, soll üci
wie mSglich testgefaBtlen werden. Er kann es in den Bt-
rnng^karten mehr, als z B. in den HOhenschichtcnknrten. weil
drängte Aufeinanderfolge schmaler Bünder wie hier seltener
lonit. Die Verbreitung» weise der Uenschen nei^ mehr zu
D FISchen. Derselbe roll mit den Anderen, speziell auf diesr
in Karten anzuwendenden verbunden werden, daß in niSglichsl
'irben Abslat'ungen die UebergUnge möglichste BerO ck sieht i-
finden. Die Bevfilkerungskarte cleri Deutschen lleiches mit
tafuiigen der Dichtigkeit in grauen Tönen und Schlaffen bezw.
ungen (s. o. S. 19ü) ist eine von denjenigen, welche dies<
ruDgen zu ertüllen suchen. Leider sind die Schraffen am
>
Ilie Kurbcii luiil SchraHen im RevIMkernngBkurt^
der Ttm kiuide niulit ^ut gewühlt, jene xu undeutlich, diesQ
Die Beb III- Honen MUiBcbrii Karten der Berelkerunf; der I
Europa«") kommen ihtien entgegen, indeni e'ie mit sehr
neutralen T6nen die Stufen von 1—3000 daretellen, wonu a
Blau und Rot fQr die hSheren Stufen kommt. Achnlich die k
^nannten Dichtigkeitsbarten im 18B0er Üensugwerk der Vereinig
Staaten, wo leider nur die grofien Städte darch die unfönolit
GrSßen der sie darstellenden Kreitscbeiben und am cotgG)
gesetzten Ende die dünnliev3tkerten Gebiete, die als weiße tli
dargestellt werden, st6rend wirken. Noch weiter entfernt sich
Dn rate llimgB weise auf der Le Monienchen Kane der Diehtig
der Bevölkerung von Oeeterreich-Dngam") von der Wirklicbl
Hier sind weiß die Bezirke mit weniger als 10 Bewohi
auf 1 Quadratkilometer und au&erdem die Sl&dte über 10
gelassen. Dazu noch 11 TQne von Gelb, Grün. Kot und Bi
^ der Eindruck ist ein tabellariacb 'bunter. Wie anders m
das Ergüniungsblatt, da« in 2 Farben und T GrO&enstofsB
ÜrUgemeinden von mehr als 2000 Einwohnei-n bringt! Dm
ein !^tQck Erde im Bild, eine Ann&berung un die unthropo|
gmpbiBcfae Karte. Am pnaxendslen wflrite Qberbaupl die Dan
lung durch Paukte verschiedener Dichtigkeit erseheinen, weil I
die Unnatur tter scharf nbgcgrentteii Flüche mit ihren Farbenti)
wegeilt. Denn dulj, wie Bebin ganx richtig sagt, fast ulk
FarbentOnen ausgefiüirten bev5lkerungsstatibtischen Kart«n e*
Steife« und UnnatUrlicbes haben, liegt nicht blo&, wie er glw
darin, dafi die politischen Grenzen als Grenzen fQr die Farbenl
beibehalten werden, sondern es liegt in den gleichniä5ig mit Du
schnitten bedeckten Flächen, Da« kleine Kärtchen Petermum
den Geographischen Mitteilungen von 18Stf "). welches neben Puak
auch Schraffen verwendet, zeigt, wie viel natürlicher die Ueliei^
sich aut diese Weise geben lassen. Doch ist es klar, daä in
schon einmal Punkte gezeichnet werden, man besser «ofort anrl
trsgung der Lage der Wobnstatten übergeht. Jede DarBteUnnit '
Verhältnissen der Volkerverbreitung mit Hilfe von Ponklen
Ringen, die mehr oder weniger dicht auf der Kart« ittehen, M
den Eindruck des Wahrscheinlicberen. Selbst die Verlimhwg I
Dichtigkeit der Einwanderer in den Vereinigten StftEiten naä i
h&ui'teächlichsten Nationalitäten (Jahrg. 1887 der Zeitachrift iL
PreuÜiischen Statistischen Bureaus), die diese Methode scbenMti
verwendet, nimmt »n die.'em Vorzuge teil. Die Ausbitduiig
«tatistischi'n Kitrtogrammes zur anlhropogeographischen S|
scheint nur auf diesem Wege möglich zu sein. Dir Schummen
kann i-benfalU der Wahrheit näher komtaen als die Flücfaes
Ijung, hat aber nicht die Vorteile, welche eben erwähnt wori
Featgehalten sollte werden, da& die wsiljen TSne aat '
unbewohnten Stellen lieseichncn, nicht wie uuf der norduaerihl
neben ") die Stufen mit 2 und weniger Einwohnern pi-r tjuadratk
meter oder gar die mittlere Dichtigkeit (3300— 39ÜÜ) wi* r-*
Tnrij II ansehen Kurte von Frankreich "), der sonst riM
i. yvtöL d. M MMben über die Eni«. 2ltH
■Md Bot und ihi«ii die initUeKn GrOftm
bebachtet, vmteht fcani gut. dali
,___ JCB, eine Kmrte der BevOlkorant; der
1 n MJbea*^ Wir Terweiaen noch «nf dt* im
&■ ÜMfaritt ttbor du y-»*fc»^»g der te«ren St«HeD in dor 0«kn-
■■t 0<^{to aad wad^ im 14> auf die Bedeatan)r der Wef^
Ik die BevOlkBB^rinite sorilckkonimen.
Mb OtaililBB im Tertdliisg der MeiueliAB ftber di«
Mb. Die pofie» ZC^ in der Verbreitung der MenscJien
m1 1) das VvliaBdMiseiii der beiden grofien unbewohnten
fliUtte in den artüschen nnd Antarktischen Kegionen.
vdfk irir bei der Cmgreozong der Oebuinene kennen
idint hsbai: 2) die dDnne Bevölkerung in dem Faasat-
iMel der Nord- und Sfidhalbkugel . welche dir ausge-
iftiilniliii unbewohnten Gebiete, welche in der Oekumene
■ laden, in dem nord- und sQdhemii>phürisrheii Wflsten-
Oid Steppengebiet, auftreten lüLit: ■i) die Itcsclirunkmi};
ifichter Bevölkerungen in kontinentalen litUieton luif die
Jtotdfaalbkugel und zwar nut* den gemiit.) igten (lUrtel der-
«tlben: 4) das zerstreute Vorkommen dichter Heviill\e-
niDgen auf mittleren und kleineren Inseln: ■'>) die Häufung
der Bevölkerung an ozeanischen Handern nml ihre Almalime
nach dem Inneren der Lander: (>) die dichtere Bevölke-
nmg, welche im Inneren der Länder die tiefer gelegenen
Strecken, besonders die Fluüthiiler, im liogensitt/ /u den
dOnner besetzten Erhebungen eiiuiimmt: 7i die .\iihniihnit'.
welche von dieser Kegel die tJeliirge in troiii.-selien Ki-
gionen und in den PassntgUrteln bilden: S) endlirh die
wachsende Abhängigkeit der BevülkiTiing uller Knltiir-
linder von den Verkehr> gebieten und -wegen. Hs ergilil
«ich bald. daB es die Wärme, die Feuchtigkeit, die Ilr.lieii,
Bewässerungs- und Bewiieh-sungsverhälfnisse sind, welche
die Verbreitung der Bevülkerung bestimmen. (JemüDigti-s
iilima, mäfiige Erhebung und nicht allztidielite Bewuehüung
baben offenbar in der Verbreitung der Mensihen, sti wie
"ie heute besteht, die wesentlichHten der liegHnstigenden
Faktoren gebildet. In örtlicher Besclirunkung sind ihnen
unterirdische Schätze, besonders Kohlen, xu Hilfe ge-
204 Dauernde U runde der Verteilung der Menschen.
kommen. Und wenn auch das statistische Bild der Mensch-
heit in den meisten Ländern der Erde noch alle Spuren
der Unvollendetheit zeigt, sind doch auch in den leich-
teren Umrissen die angedeuteten Ursachen als von lange
her wirkende zu erkennen. Je stärker diese Wirkungen
des Bodens in dem Zustande einer Bevölkerung sich gel-
tend machen, um so dauernder wird dieser Zustand.
Dies gilt vor allem von der Verdichtung der Be-
völkerung, die in vielen Gebieten keine neue und wenn
unterbrochene, doch wiederkehrende Erscheinung ist
[n Deutschland ist das obere Kheinthal wegen seiner
Fruchtbarkeit schon in der Römerzeit und im Mittelalter
dicht bewohnt gewesen. Das Erzgebirge ist unverhältnis-
mäßig dicht bevölkert, seitdem seine Erzschätze er*
schlössen wurden. 171K) wurden Flandern, Elsaß, Nor-
mandie, Bretagne und die Umgebung von Paris als die
bevölkertsten Teile von Frankreich bezeichnet und die
Zählung von \SW führt die Departements Seine. Nori
Rhone, Seine inferieure. Gebiet von Beifort, Pas- de- Calais,
Loire, Bouches du Rhone. Seine-et-Oise, Finist^re, Loire
inferieure und llle et Vilaiue als die 12 bevölkertsten anf.
Blicken wir weiter umher, so sind durch die Be-
ständigkeit einer dichten Bevölkerung die Gebiete Unter-
iigvptens und Xordchinas zu einer geschichtlichen Ehr-
würdigkeit ohnegleichen erhoben.
Klima und Bevölkerung. In den großen Zügen der
Verteilung der Bevölkerung über die Erde sind zuvörderet
die klimatischen Wirkungen sichtbar. Vier Gebiete dünner
Bevölkerung umzirkeln die Erde; es sind die kältesten
und trockensten Regionen. Damit sind auch die dicht-
bevölkerten Gebiete zu zonenartiger Anordnung zwischen
diesen Gürteln dünnerer Bevölkerung gezwungen. Nur
mäßige Wärme und hinreichende Niederschläge lassen
dichte Bevölkerungen über weite Räume sich ausbreiten.
Der starke Einfluß größerer Erhebungen auf die Bevölke-
rungsdichtigkeit ist ebenfalls wesentlich klimatischer Natnr.
Aber nicht das Leben an sich wird dem Menschen nn-
möglich fifemacht. sondern die Ausbreitung über weiten*
vliiuu und ijevölkenin^'. 2ß.'i
■eben. Ais Einzelner oder in kleinen Gruppen würde
t Mensch am Nord pul von den Überall verbreitete»
Mrestieren leben knnneu. Aber wo er in größerer Zahl
R Boden besetzen »toll, mul^ der Boden ergiebig sein.
Beziehungen zwischen Wärme und Dichtigkeit der
irölkening vermittelt am wirksitmsten die Bodenkul-
;t. Wo der Boden die Hälfte des Jahreü und mehr
den Fesseln des Frostes liegt, wo aeiue Fruchtbarkeit
it nicht zu entfalten vermag, weil jene Summe von
knnegraden utcht erreicht v.-irct, die zur Keife bestimmter
llturpäanzen erfordert wird, da ist die Ackerbauende
irölkerung notwendig kleiner als in den [{«gioneii unge-
BHnten Ertrages eines fruchtbaren Bodens unter einer
■tue. welche nie bis zu winterlichem Tiefstand herab-
kk. In der kalten gemäßigten Zone sind 2000 Köpfe
i hochgegriffener Durchschnitt der vom Ackerbau aul
Qnadratmeile lebenden Bevölkerung, in den frucht-
rsten Löligegenden Mitteldeutschlands sind ea ll.'tOO und
warmen wasserreichen Ländern erhöht sich dieser Satz
F das Fünffache. Innerhalb der gemäßigten Zone wächst
wohl am allermeisten in den Weinbaugegenden , die
bst im südlichen Deutschland stellenweise eine bedenk-
be Dichtigkeit erreichen. Die pfälzische Ha<irdt weist
ischen Dürckheim und Edenkoben über 15000 auf der
ladratmeile, eine seit Jahrzehnten nicht mehr wachsende,
enbar an der Grenze ihrer Hilfsquellen angelangte Be-
Ikening auf. Im Zusammenbange damit steht die Ver-
eitungderhervorragendsten Kulturpflanzen, deren Grenzen
len tieferen Zusammenhang mit dem Klima nicht ver-
nnen lassen. Jenseits der Weizengrenze gibt es in Eu-
pa keine Bevölkerung von mehr als 1000 auf der Qua-
atmeile, ausgenommen in den Umgebungen der unteren
ewa, und jenseits der Gerstengrenze wohnen nur in den
'inkeln von Hammerfest und Tornea mehr als 50. Vom
influß der Weinrebe wurde soeben gesprochen. Die
chtesten auf weiten Gebieten vom Ackerbau lebenden
srölkerungen kommen nur innerhalb der Grenzen des
iiaes vor und thatsächlich ist der Reis die Xiihrung
r grö&ten dicht wohn enden Volk)
Ist- und ^
206 Kinflufi der Bodenkaltiir.
Südasien, die mehr als die Hälfte der Menschheit aus-
machen.
Das einzige einer wissenschaftlichen Zählung unter-
worfene Gebiet von solcher Ausdehnung, daß gro&e kli-
matische Unterschiede in ihm zur Geltung kommen müssen,
sind die Vereinigten Staaten, in denen wir Maxima von
4<) und Minima von — 48" verzeichnet finden, und über
deren Gebiet hin die mittleren Temperaturen des wärmsten
Monates von unter 1 T» bis über 32 " und die mittleren
Temperaturen des kältesten Monats von unter 18 bis
über 18" schwanken. Die beiden grolaen Erhebungen im
Osten und Westen des Landes kommen hinzu, um den
Linien gleicher Wärme einen höchst unregelmäßigen Ver-
lauf zu erteilen und die Beeinflussung der Bevölkerungs-
diehtigkeit durch die Wärmeverteilung zu komplizieren.
Wir sehen nun beim Vergleich mit den Bevölkerungskarten,
daß fast OS"/o der Bevölkerung zwischen den Isothermen
von 4,5 und 21 wohnen und daß gegen drei V^ierteile in
dem Gürtel wohnen, den die Isothermen von 7 und 15"
begrenzen. Die größte Dichtigkeit fällt in das Gebiet,
welches Temperaturen des wärmsten Monats zwischen 21
und 27 aufweist. Fast alle Großstädte gehören diesem
(lebiete an.
Die Abhängigkeit der Bevölkerungsdichte von der
Niederschlagsmenge ist viel deutlicher zu erkennen
als die Abhängigkeit derselben von der Wärmeverteilung.
Bei der letzteren kommt der Mensch allein in Betracht
und er ist fähig im Warmen und Kalten zu leben, ebenso
wie er Kulturpflanzen und Haustiere für warme und kalte
Kliniate herangezogen hat. Hört der Reis bei 12" mitt-
lerer Jahreswärme auf. so geht der Mais noch bis 10".
der Weizen bis <>*' und die Gerste bis -^ ". Vom Aequator
bis 70 " n. Br. flnden wir also Getreidearten. Der zahme
Büffel bleil)t im allgemeinen südlich von 4r> ", aber das
Uind geht ül)er den Polarkreis hinaus. Wärme kann
durch Hüllen und Hütten und durch Feuerung bis zu
einem gewissen Grade ersetzt werden. Aber Wasser mu6
entweder aus den Wolken oder aus der Erde kommen.
Die irdischen Quellen kommen noch in Gegenden v«)r, wo
BavUkeraBgadiehti^eit aaü NiedanefaUgtuieiige. 207
die himiiilischeD faat veni^ sind; wir deoken an die
Qadlen in den Oasen der WQsten. Aber wenn auch siu
ausbleiben, kann der Uangel der Feuchtigkeit nicht ersetzt
werden und wir sind in der baren WOste, wo Pflanzen-, Tier-
nud Menschenleben alle drei einmal direkt durch Wasser-
mangd znrllch^edr^et sind und die beiden letzteren noch
indirekt durch den Verlust des Haltes leiden, welchen sii-
an der Pflanzenwelt haben müssen. Auch der unter-
irdische Wasserrorrat, welchen artesische Brunnen erboh-
rei^ und im alten Fars unterirdische, ror Verdunatunfj;
flchtltzende Gänge weiterfahren, ist durchaus von der Zu-
fuhr Ton oben abhängig und
nimmt ab, wo diese kleiner
wird. Man nimmt in den
westlichen Vereinigten
Staaten an, da& weniger als
:100 Millimeter Regen in der
Wachwtumszeit des Getrei-
(le». also im FrOliling und
?>onimer. eine ungpiiilgende
Kefeuchtinig darstellen, die
'larrh künstliche Zufuhr er-
gänzt werden niüsfie. Dicsi-
kUnstlitlie Zufuhr ist aber
abbän^i;^ von der Wasser-
menge in Flüssen, Quellen
lind Brunnen und diese
nimmt in demselben MiilJe
al). in welchem die Trocken-
heit xunimmt. In den Ver-
t'inigtfn Stiiitteii zieht die
Westgren/e der hinreichend
Ijewässerten Region durch h^.
Ilakotiu Nebraska, Kansas Fic. «.UfvoihrruncsiiK-htiiche:
tmd das mittlere Tnxns in d?gt>t,en
(ödüUdwestlicher Richtunir. V'' ^'^^'''
_ .'Iiniii Uii'htitckrii^u
,, , , iiiT Bi'TulkerUBB''n viin l> liii *"! auf der
'in der Nordgrenze den ■>!*. ijHminttmeiic . <)»■ iiunkti^npn Linien
d.T SllJgrerae <leii Kl:!. " S^ZSTZr":"?. «"SSlt""
L. Iieriihreud. Die West- Jahrosnurt.'i.
208 Bevölkeruug80U8en im westlichen Nordamerika.
grenze der Gebiete, in denen mehr als 40 Menschen auf
der Quadnitineile wohnen, zeigt im ganzen und großen
einen ähnlichen Verlauf, nur ist die südsüdwestliche Kieh-
tung in viel geringerem Maße ausgesprochen und im Ge-
biete der ZusamniendräHgung der drei CordillerenabilQsse
Arkansas, Kansas und Platte hat zwischen 42 und 37**
II. Br. die Bevölkerung sich vermöge der künstlichen Be-
wässerung weit über die klimatische Grenze nach Westen
ausgebreitet. Das Gebiet stärkerer Niederschläge im öst-
lichen Pelsengebirge zwischen 41 und 37 ^ n. Br. und
am Wahsatschgebirge zwischen 4.3 und 49^ n. Br. er-
scheinen beide auf der Bevölkerungskarte in derselben
Lage und selbst in Einzelheiten der Gestalt ähnlich, mit
Dichtigkeiten bis zu 1000 auf der Quadratmeile und mit
den beiden einzigen gniL^eren, nicht rein vom Bergbau
lebenden Städten des trockenen Westens. Jn kleineren
Gebieten sind die Unterschiede viel schroflfer. Die ganze
Halbinsel Californien hatte (nach Orozco y Bcrra) 1865
12 420 Bewohner, davon kamen aber in dem von tropi-
schem Regen berührten Teil 1 auf 2 Quadratkilometer, in
dem im Passatgürtel liegenden 1 auf 27 Quadratkilometer**).
Wärme und Feuchtigkeit sind die Grundbedingungen
alles Lebens, das überall auf der Erde sich üppiger
entfaltet, wo diese reichlich vertreten sind. Der Mensch
ist nun nicht blolä im geschichtlichen Sinne die höchste
Entwickelung dieses Lebens, sondern auch insofern
steht er über demselben, als es die Grundlage seiner
eigenen Existenz bildet. Jiv macht von allen Wesen der
Erde den weitesten und vielfältigsten Gebrauch von den
Pflanzen und Tieren, die ihn umgeben, und seine Abhängig-
keit vom Klima ist vielfach zunächst die Abhängigkeit
von den Plauzen und Tieren, die nur in einem gewissen
Klimagürtel gedeihen. Die Dichtigkeit der Bevölkerung
wird «ladurch auch ein Maüstab der biologischen Inten-
sität der Erde. Um letztere, die für sich noch nicht ge-
luiu bestimmt werden kann, kennen zu lernen, ist es
geboten, jene zu studieren. Das Problem sei hier nur
i)eis])ie]s weise näher bezeichnet durch den Hinweis auf
<lie Unfähigkeit der nicht ganz genügend bewässerten
k Ar ^bmAi. Vanw» mii itmAat»
■MfcMlnii 4» B(4ftts IHM HAn-
( aar ^Mnf Z^ <<«b XntM^^n «scIi «nf
■ UiA i^Rfc A<kflri«ii ankm^- ^ wir m
Aer 4WK* anf 4« <|fi)»Arai«M>ä}# &m «s^
AtaalH* te- BefOkang mit 4a- BS)m. Oiejmifrra
B&e «tut- ihnlKb«- Atwxliiriitltui« «V
ITHi die Pi'It. Ä' wii OS 4*hor
Drlxxi i-iiHrr fifrkmj Wald- Linii B. ;imi:riii?< such i^iin
gibt e» MAnii Höbf npreiirrii -irr Mvism hhtil . !Ui « .'l.-lun
iknlicb«- ErscheinuDiffD /ii Tiiür tixitii. wie iim Kaiiii>-
4er Oekumenr und t-> wit-.ji-rh>-li-n sich Aw iiuWw'»liiito«
Kuime um Xcrd- und Siidj-.'] in den um di«' luVhsIoii
ftipfcl der tiebii^t gel€«eiit-n Liiiidriiumcii. von don'n Tii-
bcvohiitheil Wivit.* die Rt^e iv;ir (s. .i. r*. 1 1 4t Niu-h dioson
Bifiiscfaeiilt^reii Stellen zu nimmt in der Koifcl di<' Ui'-
TSlkeniD); »h und Hüben- und Hi-völki'rimiTskitrti'ii \i-r-
biilten sich daher umgekehrt, indem mit /.nm-hnieiidiT
Hübe die Dichtigkeit der Bevölkerung sinkt. Für .1»^
Maß dieser Abnahme bietet die Berechiiung der ;iut eui-
wlne Hühengflrtel entfallenden Menseheu/nbKn eini'H
sicheren Halt. Su gab eine Verteilung der He\."ilkeniiiK
'kn Eronlandes Niederöster reich auf die l'tO Met er- Zonen
Jer Seterreichisclien Genentlstabskiirte A. SteinlniUMer ' >
fulgende Reibe
über lOOU m
017
. 90(1 ,
r.:HU
210
Abnahme der Bevölkerung mit der Höhe.
n
über
800
700
000
500
400
300
200
100
m
fl
1 (> 003
:i5563
öo 398
140165
113624
1 52 656
605167
1 205 827
2330621
■0
0,7
1.5
2.3
6,0
6.i»
6,7
25,V»
51,8
100.0
Im Schwarzwald sQdlich der Einzig wohnen
Keumann
16 qkm
DUO
über 1300
. 1200
, 1100
. 1000
, 900
800
700
600
m
auf
II
27
121
280
470
465
425
:J8r»
Einw.
21 ^ 0,8
irwjz..- l,ls
5100= 18
11700- 25
28 700 -^ r»2
1 8 400 = A A
20100= 52
Im Erzgebirge^*) wohnen, nordwestlicher und sü«i
i'>stlicher Abhang zusammengenommen, auf 1 qkm
1000—1200 m
1000—1100
900—1000
800— 900
700— 800
000— 700
500— 600
400— 500
300— 400
200— 300
15 Einw.
1 507
0440
31 293
03291
138534
172190
281362
512346
125 950
1»
Im Oetzthal*'^) wohnen auf der
Höhe
Staffel von Oetz 700-1400 m
Becken « Umhausen 930 — 1000 .
Län<Tonfeld 1100-1500 .
3,80
50,40
52,32
43,71
92,08
1 29,30
• 122,88
191,52
489,97
(nur Nord-
westseite).
Länge Bew.
0,2 km 1882
5,5 . 1300
7,8 . 1301
Hohe Unge Bew.
Beckeo von Sölden l;{iHf— UiOU . ij, . MÜ
Zdieselstein 1500 m 1,1 km 67
«urgier Thal 1700—1900 , 9 . XZi
Venter , 1500—2000 ,15 . 179
Fa^c^ wir ganz« Läniier ior; Auge, so «eben wir dif
jleicb« Tbatsache. Nur t},:i loa 1000 der Italiener wohnt
j.n*eü« 1700, 7,3 wohnen Ober 11<"), die Höbtiimtufen
't-öO and 100— :M)0 beart2«o mit 264 und '^72 ron lOOO
die grO&en Hälfte der Q'MamtbeTüIkening. Blwo« axtitsr*
liegen die VerbSltoisw ia einem Uebirgsland. wo die ganxe'
Beralkerung gleicbaam in die Höhe gescfaubeu encaäat.
In Tirol wohDen 2H »-»n lOW." ober lOOO Meter und der
betölkertste HöheDgürt«! mit 'SÜH von l'KJO liegt zwischen
äOO und 700 Meter. Und datl dies« Abstufungen nicht
liloß hd eigentlichen G^trge statthaben, lehrt die That-
laebe, daS im mittleren Saalegebiet. das zwischen 50 und
-"^ Meter QWt d<r Ostsee liegt. !'4,7 " ■ dt-r B'-vöIkeniiig
iwi*<h>it '•" uiiii 17.'i Meter «ohnen'')-
Kteioe Ungleichheiten dieser Abnahme führen ent-
weder aof den Oebirgstiiiu zurSck. der in waa^rreichea,
ragen Thalgrflnden die Besied elung ebenso erschwert.
wie er sie auf den TerrMsea d*;r Thalwände begOnatigl
nnd ganz be«onders jenseita der mittleren K»mmlinie.
wo die benedeibaren Flächen oft rascher abnehnieu ab
die Bei&ikenmgen , so daß örtliche Verdichtungen wie
im Erzgebirge entstehen, wo wir in den Höhenstufen
i*— 1100 eine grö&ere Dicht^keit finden, alu zv.ircbta **
bli 91)0. Lä£t man Einzelheiten bei S«ite und fa&t
IWchüchnitte in« Angtt. mu <ti«ht man tSberall im gemääig-
Im Klima den liegenaatx zwischen beTGikerter Tiefe und
■Oenscbenleerer Höhe sich erneuern, welcher darin liegt.
<I«S die Gebirge den Bodeu und seine Menschen in eine
kalte Höhenzime erbeben, »ie im bei&en Klima in eine
gemäfiigte. Dither finden wir in den Alpen jenseita
•'fOO Meter die BeTöIkerungsdichte Norwegeu« und lu Hoch-
pem oder Mexiko jenseit« 2-J0<i Meter di«jeuige >!^paniens.
Am ^härfsten tritt er natGrlich in Gebirgen herTor. deren
^^^^V^nS ^lauun^ iiod Vi>i'iinniiiin){ der Bevülkt-riiii^. ^H
^^H Fuß von verkehrsreichen MetTen bespült wii-rf. In den
^^H Becken von Genun, B«piiIlo, Spezziti Qherstdgt die
^H Dichtigkeit I5i)00. während dk- hart duhintcr ansteigen-
^H den Höhen sehou von .>I1(> Meter nn menschenarm -äad.
^H Das dünnbevölkerte Cnstilien bnt iin Beärke von Ciuiiad
^V Iteiil nur 715. das industrielle Cntalonien in dem von Bnrce-
^m Inim «iOOO. Wo der Gegenseite von 6«bii^ und Tieflnnd
^^^ schroS' ivuftritt, da findet eine wahre St.iuung der Beviü-
W "*^^ ' fl
^H kerungswoge gegen den FuLi des Gebirges statt: fiBB^
^M findet sie iiuch im Erzgebirge, wo in der Höheiistufe von
^1 :l— 4U0 MeU-r.dit deminiMittel:i77 Meterhohen Nordrand
^H entspricht, tuet dopiielt so viel Menschen wohnen, ab in
■ der nächsthöheren (41,3 und 21.8). Aehnlich am Abhnng
^M der Westalpeu. wo in der Provinz Tnrin fast nlle Bevöl-
^V kerung4gru])pen von mehr als 100 a. d. Quadnitki1otn«lvr
uiiter7501iifet«- liefp'ti. wihreDi] tmi lOxi'Sfetera» r»&didi«
Abnahme. beginBeDd bei der Stnfe von '«0 a. d, Vnatlnt-
kOometer. bis »ir Meiuiobenleera der Fels- und Cimr«^!!
Ibrtecbreitet. Vprt^hr und 6*«rerbc fVerwertiing der
Wasserkraft«) habeu ad dieser Aufstanuog ihren Ädu-iI.
iloc4i wflide bei nibiETer UuUreudiaQg skb wohl aoch ein
rein uiechanUches Moment nacfaweisea lassen. Der SOd-
rand U^imbarBii verb^ ^toh baOglirb der VoIk9dic^hte
«im PaogHoithal, iviv der Westabhrag diM< Scb wur rwldeB
xum Rb^inthtil: die- Gvbirgsbfinge dicbl<T. dii- Thnlnied«-
niDgen dünner bevE^k'.'rt. Am Sodrand U^niBbara» liegt
auf Stnhlmanns Roatv alle 2.4 Kilometer, ani P^iigani
nur alle H Kilometer ein !>t>rf. Auf der rechten Seit*
dm Obcrrbeintbalee zeigt dah Uro&berzogtum Uudeu, desseti
mittlere Bevülkerungsdicbtigkeit 106 auf dem Quadmtkilo-
■Bt«r boträgt, '227 im Tbotgnmde und 300 auf den Hängen.
Aer nur noch 52 in der Böhenzone zwiscben ölK) und
700 Meter lind etwas flberl in denHöhenjenseitsllOO Meter.
Am Rande der Haardt wohnen lOUOO, im Gebirge kaum
nocb der zehnte Teil. Das ZUlerthal hat zwischen 5'2li
xaiA I'200 Meter in einer Länge von 3'* Kilometer 1194i>,
dfls Domaubergthal zwischen 700 und 140ii auf 11 Küo-
neter ^■i\ Bewohner.
In allen diesen Fällen kommt zum Höhenunterschied
der Öegensatz der Boden formen des ebenen Thaies
md der steilen Hänge, in dem zuletzt angefahrten Falle
i)bs breiten Thalkessels zum schluchtartigen Thalriü.
Im erster en verdichtet sich die BeTGlkerung beson-
ders in südlichen Alpenthnlem, z. B. im Thal Graisi-
vaudan (Daiiphine) bis zu .5000 und mehr, um rasch jen-
seits .)0() Meter auf 3000, jenseits 1000 Meter auf 700
herabzusinken. Wenn der 1 880er Ceusus der Verein igte»
Staaten von Amerika der atlantischen Ebene SO^b. der
.\lleghany regio n l:!"/« der Gesamtbevölkerung zuweist
und wenn durch die Mohawk-Senke, die das Gebirge bis
/u 43 Meter einschneidet, ein Streifen von 4ö— 90 und dar-
über auf der englischen Quadrafanoile zwiacheii zwei Streifen
von 6 — 18 gelegt ist, sehen wir in größerem Maße den-
selben Gegensatz vor uns. Es scheint nnr Hie im Oe-
214 Einflute der Bodenfonueii.
birgöbaii liegende SchroflElieit des Ansteigens und En^
Thäler zu sein, welche im Fogarascher Gebirge wohl
Ackerfeld höher als 700 Meter und keine der den Ful
Gebirges umsäumenden Ortschaften höher als i> — 700 "
liegen läßt, während nach Osten Sinaia und Bustini ii
bis 850 liegen und westlich vom Alt die Haferfeld
^^00 Met^r ansteigen.
Ein Blick auf eine Dichtigkeitskarte cl^r I
kerung der Vereinigten Staaten läljt die grolieu or
phischen Ursachen ungleicher Verteilung in diese
einfach gebauten Lande deutlich erkennen. Die
häufung findet man an den Küsten, in den FluLUhälei
der fruchtbaren Zone des lohnendsten Ackerbaus /wi
4;i und «^7^ n. Br.. an den Gebirgsrändcrn . die gi
Dichtigkeit in den Gebirgen — der Zug der Allegl
vom Alabama bis zum St. Croix tritt so klar wi(
einer Höhenschichtenkarte hervor — in den nordi
IJrwahlgebieten von Maine, Michigan und Minnesoti
teilwi'is noch leer sind, in den Sümpfen des Süden*
den Steppen und Wüsten des fernen Westens. Und
glaubt man vorauszAi sehen, wie deriMust ein Gürtel
tester Bevölkening von Boston und New York durc
Mohawk-Senke über Chicago zum Mississippithal u
diesem abwärts bis zum Golf von Mexiko ziehen
wobei die Höhe von 200 Meter fast an keiner Stelle
schritten würde. Faßt man aber die Bevölkerungsz
der einzelnen Höhenstufen übt»r das ganze Land hi
Auge, so ergibt sich nach der Zählunir v(»n 15^^^<
gende Verteilung
Höhenstu fe . Re völk eru n gszahl.
7'^
100
e. F.
Oi:»2 200 ^-
18
KU»— 500
M
10 770 284
21
oOO 1000
«•
10024:510 - -
88
1000 -1500
«•
7 004 7J^n r-
10
l.'>00 -2000
m
1878 71."»
8.7
2000 -:iOO0
m
(>(;4*»2:{ -
1,8
8000 -4000
m
128:,4 4
0.2;
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107 28«;
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rTlSK = U.i4
ISOM =. 0.08
24947 = 0,05
26m6 =^ 0,<6
2607? = (ß
■' Die b^toatfafWe Bfihautitfe liqct z«i«ii«a MW tt»d
• FnfL «e TsrtRDdet weite Aasdvbntiiu; mit i«m Bwöli
, BM-Iir »k 'i d«r G«sarotbeTSlk«ning. 1>h> didrtMtr
(dkmiDf 3i>«r fisdi« «ich in der ontentro ätofc. wo
■tzungsweb« 11<N> auf die d«utM'he Qtui<tralniei1« ut-
OnuiKii «rrd«n könneji. io der RegioD der tiroM&dtr
I Grr>giiMlBätne d^ aUaatiscJien nnnde^ ZusUttmeQ
rder Däclvthjibereii Stufe U> .>(X) Fuß uiiu>chlieÖt diew
I' wpttM» grOCtes Teil der in der Großindustrie, im
ßenhandel und tm Anbau der Bnumwillc. ilc-s R<s$t>«
I des Zückers besciäftigttc BeTölkening, /«risclieu
f und K.O'* Fu& liegt die Masse der ack erbau etidt'ti und
bzOcht^nden Pmne- und Xordwe^taaten. Der mache
fall der Bevölkerung jenseiU der Höhe von 3000 bo-
tet den üebergang auf der schiefen Ebene der Schwelle
Felsengebirges von der Prärie in die Steppt'. Dio
%eniDg auf der Stufe aber 5000 deutvt die rtisch
Eisenden Siedelungeo au den östlicheu Abhüngen des
sengebirges und am Großen Sulzsee nn. und die ver-
tniamäSig beträchtlichen Znhlen in HochgebirgshÖhe.
Iche von 1870 — 80 sich jenseits 6000 mehr als ver-
»pelt hiiht^n. sind den Bergwerksansiedehingen besonders
Colorado zu danken. Die bekannten KuUurzimen raittel-
opäischer Gebirge, charakterisiert durch die Hfihen-
breitung de« Weinbaues, des Getreides, der Alpenwiesen,
1 gleichzeitig Zonen verschiedener Bevölkerungsdichtig-
:, ähnlich den viel breiteren und inhaltreicheren der
rra caliente, templada und fria, die man mit unrecht
vorwiegend klimatisch begründet ansehen wollte, wäh-
i sie Kulturzonen und dadurch Zonen der Bovölkerungs-
itigkeit sind. Auf engerem Itiiume lälit auch die Var-
yN
2 1 Kultlirzonen. Bodeugestalt u. Volksdichte iu Deutj«chl.
teilung der Bevölkeruug unseres Landes den Zusammenhang'
zwischen Bodengestalt und Volksdichte erkennen. Die in der
Bodengestalt Deutschlands sich ausprägende gürtelförmige
Anordnung tritt auch hier hervor. Das Flachland im
Nonh'n mit durchschnittlich ^^OOO Einw. auf 1 Quadrat-
nieilc lälit den Höhenzug der Seenplatte bis nach Hol-
stein hinein als dünner bevölkerten Streifen erkennen, dem
dii^ Moor- und Haidelandschaften von Lüneburg, Olden-
burg und Friesland sich anschlielaen. Die Flußniederun-
gen und Marschen legen kleinere Gebiete» dichter Bevöl-
kerungen zwischen hinein. Am Nordrand der deutschen
Mittelgel)irge zieht sich dann ein Streifen dichtester Be-
völkerungen von Oberschlesien bis nach Westfalen. JVucht-
barkeit des Bodens, Kohle und Eisen schaöen Bevölkerungen
von mehr als 1 000 auf 1 Quadratmeile. Ein dritter Strich
dünner Bevölkerung zieht sich vom Nordfuü der Alpen
durch Bayern. Franken, Hessen bis ins Sauerland. Das
Rheinthal bezeichnet endlich ein viertes Land ununterbrochen
dichter Bevölkerung von der Nordschweiz ])is Holland.
Zimalime der Bevölkerung mit der Höhe. Es liegt
in der Abnahme der Bevölkerung mit der Hr)he eine Regel,
die nirgends versagt, wo wir sie in den grolien Zügen
der Bodengestaltung suchen. Höhen- und Bevölkerungs-
karten verhalten sich in der Regel umgekehrt: die Höhen-
maxima sind die Bevölkerungsminima. Im einzelnen
durchbrechen sie aber die kleineren Züge ebenderselben
Bodengcstaltung an unzähligen Stellen. Die echten Hoch-
gebirgsthäler sind an ihrer Sohle, wo der brausende Berg-
fluü seine Steine wälzt, gewöhnlich nicht bewohnt. Die
sonnigen Thalhänge, die -Sonnenleiten" unserer deutjschen
Alpen, bieten wärmere, angenehmere, gesundere, frucht-
liarere Wohnplätze als die schattenreichen, kühlen und
nicht selten versumpften Thalgründe. Im Oetzthal woh-
nen von den Gehängsiedlern StJ'N) auf der mittagwärts
schauenden Thalseite (Löwl). Auch im Himalaya sind
keineswegs die tiefsten Teile die bewohntesten. Die tief
t'ingerissenen Thalrinnen, Erzeugnisse einer mächtigen
Erosion, welche für den Himahiva so charakteristisch sind.
dar BevBllKninft mit iln- Htthr,
j dem Menschen keinen Hiiuni ftlr Arki'rfnUI
■ Wmm und der tie&tgelegene MOdlinhii Hiiiiin Am
«äbmn, die .Tai»*, echließt durch Hiimtir iiml Dlrkli'hf
den Menwhcn kub. D«r Gegenii&tz der HcNiüiInliiriu tl^r
B Tbilor, der Holden, zu dorjcniffen ()(<r cniiMti TViUlitr,
dv BAtachtep, seigt, wie wirliNHin fferatln dii' TI»iir<frNiM|i
öd. A. and H. ron Bchlngintwitit hotinii wiilit «liiwii
Dntenrtiied im Sinne, wenn nif wf^, dilti vmv'ttiKtilli'
Q n ip peo TOD Baoemlidffin und kWmm Uttrfi'm in 4m
.Upän hoher Unan^^en. .benondc» in rtf(ittmitiiu it**iiU'
drtn TInUeni"*). Dm Imit« IntiUud mi »ti 'Utr ««l^lk
w dw — leriachg, Mwe V<aii[t«rthiil «inniiSnd«t> mh(<(*hh'|(-'
~ le r«ieh lMMMd«M. wlHir»<mi 'tu-^f
AiM«d«luuif t« imtium *ifutitU l*»-'
Du ImtjrAvtx^ iW «miiyt'f ti'^;' i !<■ -i"' Kwjmj/'
kvfe. M-W » i« tmig— ■ii-«' '"■'■' ■-•V.tri''i M'^:!."-'--/!'
ond «»'.■i^.^ 1^«^ bitun^y lui.'M.'rt .-. vi i- .■•-,•;< ■■■.' <■
Kni4E» ianwi'jttuiiii» fn" Tin"- .■■■■i.-f- ■ i .■ ,-■•./,■.
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W ^IM^I «•• i.'-.'ill.-r'iilil .-• .■:!,.- 1 ',i:
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WIW tirtlliJr' -*r.lii,rr -i ,- .--,' .-■■•< \,^*,t*^,v^^'
■*r •mHm ^t i •«- ' «. j!-- .,:,.
i/'.t^A'fUlff ,
22t > Dttnne Bevölkerung der Hochebenen.
e>< zum Theil der starken Vertretung der Hochebenen
in seinen Gebieten zuzuschreiben, wenn es soviel ärmeren
Boden als Frankreich hat. das jedoch in der Champagne
pouilleuse. im Fhiteau von Langres und in den PlatcMau-
gebirgen Zentralfrankreichs, e])enso wie Spanien in der
Mancha die Bevölkerung zurückdrängende Wirkungen der
Hochebenen ebenfalls deutlich erkennen läßt. Die 'Hiat-
sache ist bezeichnend, daüwo in Deutschland starke Gegen-
sätze der Volksdichte unmittelbar nebeneinanderliegen.
«•s in und an den von tiefen Thälern durchschnittenen
Hochebenen ist. Moselthal und Eifel, Mainthal und Spes-
sart bieten Beispiele. Noch viel schroifer ist der üeber-
gang von dem dünn bevölkerten Kothaargebirge und dem
Plateau von Winterberg in die dicht bewohnten, von
mannigfaltiger 6ewerl)thätigkeit in großem Stile wieder-
liallenden Handgebiete, die den nördlichen und westlichen
Fuß jenes Hügellandes und dieses Plateaus umlagern.
Dort liegen die höchst ansteigenden, unfruchtbarsten ufld
spärlichst bevölkerten Gegenden von Westfalen, die weder
waldreich sind, noch beträchtlichen Bergbau treiben,
noch je wichtige Verkehrswege ihre Gefilde durch schneid«»
sahen. Die Städte sind klein, die Kreise Meschede und
Olpe zeigen eine Volksdichte von weniger als 3000,
Arns))erg übertrifft nur wonig diese Zahl, aber Altena
zeigt schon mehr als 4r>00 (4r>.^2). Wo aber nach West
und Nordwest der Boden sich senkt, das rascher fließende
Wasser seine Kraft darbietet, Kohle in Fülle über der
devonischen Formation sich einstellt, entfaltet sich rasch
jenes gewerbliche Treiben, das im Lenne- und Rnhrthal
l>ereits einen großartigen Zug annimmt und im Mittel-
punkte dieses ganzen Gebietes, Elberfeld-Barmen. eines der
bedeutendsten Industriezentren des Kontinentes mit DiA-
tigkeiten von loOOO geschaffen hat.
In den Tropen lieben die Hochebenen weite Striche
in gemäßigtes Klima hinauf und hier kehren sich dann
die Verhältnisse der Bevölkeruiigsdichtigkeit um. Wo in
«len Tropen beträchtliche Theile des Landes in kühlere
Höhen gehf)ben sind, wohnen häufig dichte, stSdte-
reiche Bevölkern n fron im cremälngten Klima einer Hoch-
Diditi? betölkerung ti-opisdier Hotliehenm, 221
•■beae von 1 öOU — :tOOU Meter, während in der Qppigeu Vege-
liitioQ der Tropennatur an den Finnken dieser Höhen
die Bevölkerung zum Uebersehen dDnn get^äet ist. Eis
liegt ein Widerspruch in dieser Vemachlaxsigung der
lTw;ht;barsten Regionen, die oft von viel größerer Aus-
debaung sind uls die dicht bewohnten Hocheben engebiete.
ÜD<I letztere zeigen nicht selten eine bedenkliche Neigung
zu Dürre, bedürfen künstlicher Bewässening und »ind
««der klimutisch (meist gegensntzreiches Klima!) noch
bodschnftlich anziehend. A. v. Humboldt siigt in seinem
politisch -geogTiiphiachen Versuch Über Neiispanien: In
Kexiki' )mt die Natur wie auch sonst ihre Schätze un-
l^ich verteilt. In Verkennung der Weisheit dieser Ver-
tulung haben die Menschen wenig von dem genützt, was
ihsen dargeboten wird. Auf einen engen Iluum im Mittel-
ponkt des Vizekönigreiches auf der Kord illeren ho chebeue
tiuammengedrängt, haben sie die fruchtbarsten und am
n&ehsten bei der Küste gelegenen Landschaften unbe-
wohnt gelas-svn '*'}. AUerdings waren zu Hiimbohlt,'' Zeit
fc tiegenslitzt! viel schroffer als heute. Echt tro-
l»«clie Provinzen wie Tabaaco. Tlascala, Veracruz, Ta-
oaulipae waren teilweise zehnmal weniger bevölkert nls die
"alten Hochebenen gebiete von Puebhi. Mexiko, Guanajato,
Sin Luis. Das Gleiche in Peru und Ecuador. Entgegen-
geietzt war damale der Küstenstrich von Caracas sehr
dicht nnd das Innere sehr dilnn bevölkert. Das Ver-
liältnis gewinnt auf den ersten Blick noch an Hätsel-
b&flem dadurch . daLi es nicht ein Erzeugnis der euro-
päisehen Kolonisation , sondern eine Erbschaft der
altamerikanischen Kulturvölker ist, welchfi vor der Gon-
(juisba hier ihre Sitze hatten. Ihre Mauern . Tempel,
Pa^te und StralJen gehören alle der Hochebene.
Nur die Maya Yucataiis machen darin eine Ausnahme.
Ihr ganzer Kulturitustand hing aufs engste mit dichter
Besiedelung iu künstlich zu bewässernden Ackerbauländern
gemä^gten Höhenklimas zusammen. Von Norden her-
kommend haben sie diese Länder besiedelt, die ihrer
Heimat am ähnlichsten waren. Die Spanier aber folgten
ihnen hierin, denn auch sie fanden, wie der freudig er-
222 Unjjrlcichf Bevölkerung in Tropenländern.
teilte Name Nueva Espana zeigt, auf der mexikauischeu
Hochebene ein Land castilischer Natur zum erstenmal
im tropischen Amerika*^). Auch sie scheuten die heißen
ungesunden Küstenstriche von Acapulco und Tampico.
Erstaunlich ist nicht dieses; wohl aber ist die Frage be-
rechtigt, warum sie nicht von den Hochebenen in jene
noch nicht ungesunden und doch tropisch üppigen und
schönen Zwischenregionen Orizabas, Tacamparos, Igualas
früher und in größerer Zahl herabstiegen? Wohl haben
durch den Anbau von Zuckerrohr, das gerade hier in
.^00 — 1200 Meter am besten gedeiht, und Kaflee diese Ge-
l)iete gewonnen, aber noch immer stehen sie an Bevölke-
rung zurück. Es scheint immer bequemer, eine vor-
handene Kultur erbweise anzutreten und mit ihr ilire
Träger als Arbeiter in Besitz zu nehmen, als auf neuem
Boden Neues zu schaffen.
Einflnss der Bodengestalt auf die Gleichmässigkeit
der Verbreitung. Ueber gleichen Boden Verhältnissen
bauen im gleichen Lande sich auch gleiche Dichtigkeits-
stufen auf. In Deutschland ist das größte Gebiet gleicher
Bevölkerungsdichtigkeit im flachen Norden zu suchen.
Die Monotonie der wesentlich dünnen Besiedelung wird
hier in erheblichem Maße nur in den Thäleni durch dich-
tere Bevölkerung gestört, aber auch diese stimmen dann
unter sich wieder in ähnlicher Weise überein. Die Stufe
.3800 — 4400 kehrt in den unteren Thalabschnitten der Weser.
Elbe. Trave, Oder, Weichsel, Memel wieder. Die Stufe
l.'WO — 2ol)0 gehört dem Apennin von Arezzo bis Cosenza:
nur die Senke von Benevent macht einen Einschnitt
dichterer Bevölkerung. Der größte Teil des Potietlandes
gehört der höchsten Stufe an. die einen nur bei Mantua
unterbrochenen Streifen vom Ligurischen Busen bis zur
Adria bildet. Auf den Karten der Bevölkerungsdichtig-
keit erscheinen die Westseiten sowohl von England, näm-
lich Wales, als auch von Schottland und Irland nicht nur
am dünnsten bevölkert; sondern hier drängen sich auch
die zahlreichsten Unterschiede, die kleinsten Gebiete gleicher
Dichte zusammen. Die atlantische AbdMchun^^ der AI-
KüifluB der ttodenformeu. 228
legbames, vor iilkm alier dif grctüeu Frärieläiider im
Hereen Nordiimerikne aeigen gleich mäßige Ausbreitung
miOlvrcr DichtigkeiUstutVrj, iii dfni !etärt«rcn Gebiet vom
WabiMieh bis zum UiKsoun 18 — i'i auf der englischen
Quadriitmuile. Besonders der Nordosten des Landes tritt
im Oe^ensHtz dnzu mit sehr verschiedenen Dichtigkeiten
auf. lii Indien sind die Tiefländer zwischen Hiinalayu
und Vindya, die Flüchen der Hadscbputana . das eigent-
liche Uekanplateau zwischen 2(1 und ItJ n, Br. Stätten
einfürmiger Verbreitung dort dichter, hier dünner Be-
vülkemng. Sobiild wir aber iu die vielgegliederte Re-
gion iler Nilgheries und Maisurs eintreten, oder sobald
wir von den Tiefländern des Nordens uns qbcIi dem Hi -
nuiluya wenden, folgen rasch aufeinander die verschiedenen
Abstufungen, nicht ohne dnrch zahlreich« Zentren dichter
Bevölkerung an die grotie Zahl kleiner Kulturzentren zu
nitmeni, die, ebeiifaUs nicht ohne Hilfe der Bodengestal-
tung, eich hier im Gegensatz zu den großen Kelchen der
Mitte und des Nordens von Indien herau^tgebildet Imbeiu
Das Gleiche beobachten wir im Hinialiiyn.
Je schärfer der Gegensatz von Höhen und Tiefen,
dwto verschiedener sind die Bevölkerung^dicbtigkeiten auf
nn^m Raum. In der Tiefe südlicher Alpenthäler wohnen
noch 5000 im Höhengürtel von .'i— tJOO Meter während 1200
Hetftr weiter oben alle Wohnstätten aufhören und zwischen
1100 und 1700 Meter nur noch 700 auf der Quadratmeile
nch in jenen begünstigten Strichen der Sudabhänge
vohcen, wo in dieser Höhe noch einige Gersten- und
^ferfelder grünen. Im Var wohnen gegen 12000 im
hilgeligen Land, ."ITOO in den Monts des Mnures, tUin im
Hochgebirge. Wo die Alpen sich rasch aus unwirtlichen
Höhen in das fruchtbare Tiefland zu ihren FuUen berab-
laiken, wie im Priaul, da mag in Vorzeiten ein Gegen-
«ti der Bevölkerungsverteilung gewaltet baben, wie Dutreil
dm am Küstenstrich von TruongtiSn fand, wo 4 Meilen
TOD der Mündung dieses Flusses in bewaldeter Gebirgs-
gegend jede Spur einer Ansiedelung fehlte. Jetzt strebt
die Kultur, die ihre Aettker in die tiefsten Dohnen legt»,^
ihn abzugleichen.
I
224 Toi)Ogruphi8clie und statistiäclie Gegensätze.
Jedes Gebirge vergröiaert UDd vermaiinigfacht nach
<lem Maü seiner Gliederung den Uaiim und die Be-
dingungen menschlichen Lebens und Schaffens. Aus dem
Nebeneinander des Flachlandes, welches fa«t immer die
Neigung hat. einförmig zu sein, entfaltet sich ein viel
bunteres U e b e r e i n a n d e r. Wir überschreiten in Deutsch-
land bei ca. •iOO Meter die Höhe, bis zu welcher im Mark-
griiflerland am Westabhang des Schwarzwaldes der große
Weinbau ansteigt. Dann folgt ein Gürtel mit Getreide-
feldern. Dann höher hinauf walten die Wiesen und die
Wälder vor, wo im Sommer die Viehzucht, im Winter
der Uolzschliig die Hauptarbeiten sind. Da aber zur Er-
nährung größerer Mengen diese nicht genügen, ist hier
die Heimat der Hausindustrie, der Uhrmacherei. des Stroh-
flechtens. So wiederholt es sich in jedem einzelnen Ge-
birge. Je höher das Gebirge, je milder das Klima am
Puü der Gebirge, desto größer die Reihe dieser Stufen,
die am Südabhang der Alpen um 600 Meter tiefer be-
iCinnen und ungefähr ebensoviel höher sich heben als am
Nordabhang.
Die Dlohtigkeit am Wasserrande und in Stromge-
bieten. Bei den vielfältigen Beziehungen, welche zwischen
dem Wasser in allen Formen und dem Gedeihen des
Menschen obwalten, ist eine besonders häufige Erschei-
nung die Zusammendrängung dichter Bevölkerungen nicht
nur au Küsten, sondern auch an Flüssen, Seen und Quel-
len. Schutz, Befriedigung des Durstes, Nahrung, Ver-
kehr werden hier geboten, daher die frühesten Ansiede-
lungen und in sonst dünnbevölkerten Gegenden die
menschenreichsten hier zu Knden. wie denn dementsprechend ;
die Wasserränder dann auch die Stellen grö Ister Bevöl- i
kerungsüberschätzungen sind. Auf Tniltschs prähistori- \
scher Karte von Deutschland erkennt man schon an der
Zusammendrängung der Fundstätten an Seen und Flüssen !
den EinfluQ dieser Faktoren auf Besiedelung und Verkehr.
Im südwestlichen Blatt treten die Züge (fenfer, Neuen-
burger, Bieler See, Aar, Bodensee, Donau, ferner Rhein-
und Neckarthal besonders deutlich hervor. Auch auf
1 Ihchtigkeil
^25
^ Stufen der Kultur begttnatigt das Wasser die Be-
Mg. Wo ein höhergelegenee Gebiot dünner BevOike-
I
m^mn Bäcfaeu oder FlQsiteii mit breiten Thäleni darcb-
tbdmt wird, ist die Bevölkerung längs dieser Wasserlinien
<i«dicbte-ate in dem Gebiete. Und wenn wir ganze Lander
vergleichen, sind es immer die Flnßiäufe, denen die dichten
BerÖlkorungen sich anl^ern. Die Karten der Bevölke-
ruDgsdichtigkeit lassen keine andere der geographischen
Gnmdlagen deutlicher herrortreten als die hydrographische.
I^as ist besonders auffallend in einem weniger dicht be-
Tilkerten Lande wie Frankreicli, wo an Loire. Rhr>ne, Ga-
' riinne und Mosel die dunkeln Bänder der dichten Bevölke-
[ niDg tief ißN Land hineinziehen, mehr noch in Korwegen,
dttmn Siedelungskarte ein Abbild der liydrogruphischen
gaiannt werden kann. Po und Ebro sind ähnlich wirk-
nm and im grolden sind es Nil und Mississippi. Nichts
gibt daher eine stärkere Vorstellung von der ZurUckge-
feÜebenheit eines Landes, als die Oede der FluBufer.
Wenn Giraud die Ostkiisto des Tanganika, au.sgenomnieu
t'ipa, dünn. Marungu unbewohnt nennt "*|, so ist damit
fia abnormer Zustand gekennzeichnet.
In den Küsten verbindet sich die Fruchtbarkeit des
Meeres mit der des Landes. Jene bleibt sich über die
guiKe Erde wesentlich gleich, kann daher diese, wo sie
fehlt, wie in den polaren Regionen, ersetzen. Die Hyper-
Weer können nicht im vereisten Innern ihrer Länder,
>dll aber an deren Küsten wohnen. Der Fischfang ist
tid&ch bequemer als der Ackerbau, deswegen lieben die
NatotTfilker besonders die Küsten. -Seihst die Indianer
in Nordwestens haben stets nur die Küsten bewohnt,
I 'la die dichten Nadel holz Wälder, welche das Innere bedecken,
jedes Vordringen ohne Feuer und Axt unendlich er-
schweren. Viel mehr noch sind Polynesier und Mikro-
nesier KSstenbewohner. Ein Teil des grotien Ueberge-
vichtes des Seehandels Über den Landhandel liegt darin,
daß an das Meer die wohlbefeuchteten, fruchtbaren Länder
grenzen, während im Innern der Kontinente die großen
anfmditbaren Strecken der Steppen und Wüsten auftreten.
Die Koste ist der begünstigte Wobcplatz, ihm dijuigen die
R>tt«1, Authropogeogimphie II.
I
226
Dichte Bevölkerung un KUBten.
Fig. 8. Biedelniigeii zwischen Scbken-
ditK und Tianrhstädt.
Starken, Ueberlegeneii z
treiben die vordem dor
sessenen ins Innere. Ko:
jene von außen, dann
sich der Prozeü in
Schichtung abspiegeln .
auf den Philippinen, w
im It). Jahrhundert s
Malayen : Küste , Taj
Inneres, Xegritos: Gebi
Auch auf der Be^
rungskarte von Deutsc
tritt die Anziehung, v
überall die Welt des W
auf die Menschen übt.
deutlich hervor. Die 1
kerungkonzentriertsich]
lieh an der unteren V
Elbe und Trave, um
friesische Küste , sowi
holsteinische Ostseeküst
dichter bevölkert als dift
deutsche Ebene im E
schnitt. Das Rheinth;
von den Alpen bis ans
ein Gebiet dichter Be^
rung, welches das n
deutsche Maximalgcbiet
lenweise an Intensität
trifft. Klima. Kohlen-
Eisenlager, Fluß- und ]
verkehr vereinigen sich
zur Schaffung einer t
ordentlich zahlreichen I
kerung. Der mannigl
Ackerbau in den ]S iederi
der Weinbau in den E
sind am Ober- und Ä
rhein. Handel und GroI
228 I^^G Sonderungen d. Bevölkerungen n. Wasäerscheiden.
80 bieht man nahezu zwei Dritteile dieser Bevölkerung in diesen
mittleren, breiten iStreifen versetzt und erkennt sogleich, wie sehr
die Vereinigten Staaten aufgehört haben, eine von^'iegend uordwest-
atlantische Macht zu sein. Diese Masse hat den Schwerpunkt des
Landes über die Alleghanies hinausrückeu machen; sie ist bei
ihrer natürlichen Hingewiesenheit auf den Gk)lf von Mexiko der
stärkste Grund einer steigenden Anteilnahme des Landes an mittel*
amerikanischen und westindischen Entwickelungen. Der Schatten
dieser t)3 % ^^^^t noch bis nach Panama und Nicaragua.
IVozent der
Geographischer Abschnitt. Bevölkenmg.
Atlantische Küste von Maine bis zum Hudson . 7,5
Atlantische Küste zwischen Hudson und Potomac 18,5
Südatlantische Küste 8,2—34.2
Golf küste (außer dem Becken des Mississippi) . 8/2
Becken des Mississippi 43,5
Gebiet der Groüen Seen 11,3
Gebiet des Großen Salzsees 0,45
Pazifische Küste 2.41
üngleiclie Verteilang der Mensolieii über die Erde.
üie Menscheu sind sehr UDgleichmäßig über die Erde
verteilt; dies ist der erste Schluß, den wir aus der Be-
trachtung jeder Bevölkerungskarte eines kleinen oder
großen Gebietes ziehen. Die Alte Welt umschließt mehr
als 90% aller Menschen, während auf den 800000 Quadrat-
nieilen Amerikas. Australiens, Polynesiens kaum 7"/o woh-
nen. Fast drei Vierteile der heutigen Menschheit wohnen
in Europa, Indien und China. Die übrigen ^j der Erde
nehmen nur etwa 400 Millionen Menschen in sich auf. Sie um-
schlieüen aber mindestens 1 Million Quadratmeilen Land
von solcher Güte, daß es einige Milliarden Menschen wi
ernähren im stände wäre. Es ist im kleinen nicht anders.
Auch hier sehr dichte Anhäufungen neben leeren Stellen
und im ganzen mehr Extreme als üebergänge. Selbst in
einem der gleichmäßigst bevölkerten Länder Europas,
Preußen, kamen nach der Zählung von 1875 auf 1 Be-
wohner 1,35 Hektare, in Berlin aber nur 0,0061, in
Köln 0,0057. Im Regierungsbezirk Cöslin kamen auf
1 Bewohner -,5 Hektare, im Regierungsbezirk Düssel-
dorf, der schon damals dichter als Belgien bevölkert war,
0,37. In London wohnen auf 5 — 6 Quadratmeilen über
4 Millionen Menschen, in den dichtbevölkerten kontinen*
Un^lpiclie Verteilung der Meosohvn.
takn Städten noch mehr, iu Wien Ober im !
anehr. Ebenso ist Nfirnberg doppelt so dicht b^wohnv «a
Mtlnehen. In Frankreich wohnt eiii Drittel de BevAlke-
nmg in den Stadtgebieten, welche nur eiu biebzehntel
des Äreales einnehmen. Die Arktis zählt andererseits noch
iiicbt 1 Manschen auf dr- '^--J— •—--'- — ^ „\j^ hftber
tfeeehen. wie weite Gebii ■ ganz uiioewohnt sinr
Nur etwa 1 "/n der r chen der Erde erfrei
sich einer Bevölkerung .,- ' tO oder mehr auf dei.
Quadratmeiie , i'i*,u einer " ren Volkadichtigkeit von
1 bis 8000. Die dichten niKerungen leben also weit
z«T«treiit und ein großer von ihnen besteht aus den
'ih Millionen, welche zusai mi^iige drängt in großen Stiidten
ton mehr als 50000 Eini obnem wohnen. Selbst in Eu-
ropa stufen «ich die Volto ichtigkeiten von nahezu 10000
Ȋ der Quadratmeile in .lacbsen und Belgien, auf 270
in Finnland, 303 in Norwegen, Ö2(i in Schweden, 766
m Rutiland ab, während Idand bei einem großenteils
Unbewohnten Innern nur 'M aufweist. Und so wieder in
'Jen einzelnen Ländern.
Frankreich hat bei einer mittleren Hevitlkerungsdic.hte
ron nahezu 4000 Bevölkerungen von mehr als l>000 (ab-
gehen von Fnri^, wo 340000 auf der Quadratnieile
»ohnen, und dem Rhonedepartement mit Lyon), im Nord-
westwinkel, an der untern Rhone und Seine, am Kanal,
im Loire-Kohlenbecken, wogegen Bevölkerungen von
weniger als 20)HI im Südosten (Alpen), Südwesten (Sand-
gegenden der unteren Garonne und des .'Vdour), und in
der Mitte (Auvergne, Burgund, Plateau von Langros) ge-
fiinden werden. Im allgemeinen nimmt die Gleiclimnßig-
keit der Verbreitung nach der gemäßigten Zone zu, ist
größer in alten als in jungen Ländern, größer in engen
als in weiten Gebieten. Ausdehnung und Lage der un-
gleich bevölkerten Gebiete gehören zu den hervormgen-
^en Merkmalen der Länder, in denen die wichtigsten
Datflrlichen und geschichtlichen Thatsachen eines Bodens
und eines Volkes sich spiegeln: es ist also besonder»
politisch-geographischen Sinne ihre Beacht"
srhen. Mit seiner mittleren Dichtigkeit vt
230 Ungleiche Verteilung in Frankreich und Deutschlamd.
steht Deutschland unter den gröüeren Staaten Europas
in 3. Linie. Es uroschlie&t am Rhein und in Mittel-
deutschland zwei ausgedehnte Gebiete dichter Bevölkerung,
daneben größere Inseln dichter Bevölkerung an der Saar,
der mittleren Weser und in den Niederungen an Elbe-.
Weser- und Travemündung. Diese Areale dichter Be-
völkerung übertreflFen an Ausdehnung diejenigen, welche
Frankreich oder Oesterreich oder die südeuropäischen
Länder aufzuweisen haben. Gleichzeitig sind aber in
Deutschland auch die dünnbevölkerten Gebiete in großer
Ausdehnung vertreten. Zu ihnen gehört alles, was von
Alpen und Alpenvorland auf deutschem Boden gelegen
ist, dann weite Gebiete der Seenplatte in Mecklenburg,
Pommern und Preußen und deren Fortsetzung in der
Lüneburger Haido und dem Weser-Ems-Moor. Auch
hinsichtlich der Ausdehnung dieser Gebiete übertrifft
Deutschland die vorhin genannten Länder. Mit Frank-
reich teilt es die dünnbevölkerten Striche im Alpen- und
im Küstenland, doch sind seine Mittelgebirge bevölkerter,
während Frankreich nichts dem Streifen dünnbevölkerter
wasserreicher Niederungen, der von der Weichsel bis zur
Ems zieht. Vergleichbares besitzt.
Solche Vergleichungen zeigen auf den Karten der
Bevölkerungsdichtigkeit Gebiete der Extreme und der
Ausgleichung. Leicht sieht man, wie sie klimatisch und
orographisch bedingt sind. Ein großes Land, das vou
der arktischen Grenze der Oekumene tief bis in die
gemäßigte Zone reicht wie Schweden, mag 1540 auf
der Quadratmeile in Gothland und IK» in Norrland, 418'^
in Malmöhus (Schonen) und 54 in Norrbotten aufweisen.
Ein Land von kontinentaler GröL^e, wie die Vereinig-
ten Staaten, mag am verkehrsreichsten atlantischen Ge-
stade Staaten von 4800 (Rhode-Island) und im dOrrea
fernen Westen andere von 11 (Nevada) aufweisen.
Deutschlands Unterschiede sind vergleichsweise ge-
ringer, ihr verhältnismäßig kleiner Betrag zeigt das wt*
besiedelte, ganz in gemäßigter Zone gelegene Land vnA
noch mehr treten die L^nterschiede im größten Teil ist
Apenninenhalbinsel zurück, wo kleinere Räume sogar w
(Miiete der Oegct>i3Ue~un<J der Abi^ldehiiiig.
lisi
doi gl«chmä£)gBt beröllierten Gebieten Europas gehören,
wie 2. B. Sicilien, das, Palermo auHgeDommen, 'i'S.W ioi
Bezirke ron Catanü, %^60 iu dem von Cahani->etU tutf-
«Ost. Im dOnnbeTDlkerten Sardinien schwankt die DirliU-
ton 1Ö{KI im Bezirk Cagliri. zu 120') in Santari. und
i sidi also die Extreme wenig von dtim uuT llif"
aoehmeodea Durchschnitt.
Hart nebeneinander liegende größere Ovbiot* dicbl«r
232 Geschichtliche Spannungen.
Kleinasiens verlockend zu Füßen. Die Beherrschung aller
dieser Länder durch Nomaden, welche aus jenen dünn-
bevölkerten Steppen zu ihnen herabstiegen, zeigt den Weg
der Ausgleichung jener Gegensätze. So liegt Aegypten
zu Arabien und so lag einst Italien zu Gallien und Ger-
manien. Wie scharf die Kontraste sich einst abhoben,
zeigen die heutigen Karten nicht; man muü die dicht
gewordene chinesische Kolonistenbevölkerung der Mon-
golei auf den Stand vor 300 Jahren zurückführen, dann
sieht man die größten Gegensätze hart nebeneinander
liegen, 7000 in Petschili gegen 1 in Ordos. Ist in der
Bevölkerung, die dicht wohnt, mehr Nerv als in den ver-
weichlichten Rand-Asiaten, so sucht sich der Gegensatz
durch Ausschwärmen aus dem überfüllten Mutterlande aus-
zugleichen und es entstehen die Völkerzüge, welche erobern
und kolonisieren. Oder er nimmt die Gestalt wirtschaft-
licher Gegensätze an, wie sie im großen und zu einem welt-
geschichtlichen Gewitter sich spannend im Norden der
Vereinigten Staaten dicht« Bevölkerung, Gewerbthätig-
keit, freie Arbeit und Schutzzoll der dünnen Bevölkerung
des Südens mit Ackerbau, Sklavenarbeit und Freihandel
entgegenwirken ließen. Das ackerbauende Irland und das
gewerbthätige England und in denselben Kategorien
Ungarn und Oesterreich, Norddeutschland und Mittel-
deutschland, Ost- und Mittelengland. Oastilien und Cata-
lonien, Calabrien und das Poland setzen auseinander-
strebende Wünsche oder Bedürfnisse dünn und dicht
wohnender Völker einander entgegen. Zuletzt und überall
ist es auch die gleiche Linie, welche Land und Stadt ■
auseinanderhält.
Die Verteilung einer dünnen Bevölkerung. Wir haben
Gebiete kennen gelernt, welche voraussichtlich immer nur
dünn bewohnt sein werden, und früher verweilten wir
länger bei der Betrachtung der Lage und Beschaffenheit
solcher Länder (s. oben S. (50 f.). Wir wollen nun andö«
ins Auge fassen, deren dünne Bevölkerung uns in der
Entwickelung oder im Wachstum zu größerer Dichtig-
keit zu stehen scheint und welche mitten unter dicht-
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J^n:trik;:i;i-ii;-i7 \N\-7iv V...7 ::: .. \- r: .;;':•: :: Ho.\\(:::vu
'ii^ Aii>i.-irli:i:irtn an ■;?!: V1;>m:7. \r :< '5.: :•;;;:« :-ilr :v
'•tn Gebirtren vj-rirt-Mihuboii. >. r.r M.::« v':- >t w. y'xw^c
*^<rzithuiio; Paköta mir >i-r.tr. .NXti !>♦ ^i« i^.i luri:*^»:» bi<Mrr.
'^'« <hn-h i]\e irr« l3r >i<n:\-K» - rv;»t:.M'. u'rtvtr.r.t ^iiul.
»'ie Geliit't»:-. wi-K Ik- in eini in ;iltbi ^'t ■■< Itt n l.juuio aui
'»^chte>tf-n IjHsetzt ^inil, wuren 'lalu-v ii-iiitii: nuoli lUn*
234 Dünne Bevölkerung besetzt die günstigsten Stellen.
Zeit nach die ersten, welche zusammenhängend besiedelt
wurden. Der erste Census der Vereinigten Staaten von
1790 zeigt bereits die Seeküste bis zur Flutgrenze zu-
sammenhängend besiedelt von St. Croix bis zum Cumber-
landsund, wobei die dichtesten Bevölkerungen im süd-
lichen Neuengland, in New York, im Hudsonthal und im
nordöstlichen Pennsjlvanien sitzen; und am Albemarle
Sund liegt die Grenze zwischen dem dichter bevölkerten
Norden und dem locker besiedelten Süden jetzt wie
damals. Das räumliche Wachstum der Bevölkerung der
Vereinigten Staaten, seit mehr als 100 Jahren wesentlich
nach Westen gerichtet, ging auf vier Wegen meist an
Flüssen entlang, die zuerst sich bevölkerten und seitdem
immer dicht besiedelt blieben: Thal des Mohawk, Thal des
oberen Potomac, durch die appalachische Senke aus Vir-
ginien nach Kentucky, endlich um die AUeghanies herum
nach Alabama. In Kansas und Nebraska wuchs ebenso
die Bevölkerung in bandförmigen Streifen am Missouri,
am Nord- und Südplatte, am Arkansasfluss westwärts, und
von Colorado und Wyoming aus am Oberlauf derselben
Flüsse abwärts. Dazwischen liegen noch heute längs des
103. ® w. L. unbesetzte Stellen, die wohl immer nur dünn
bevölkert sein werden.
Dünne Bevölkerung wohnt immer ungleich-
mäßig. In Grönland wohnen die 10000 Eskimo an 20U
Stellen der Küst«, die kaum halb so viele Quadratmeilen
ausmachen und der Rest des Landes ist menschenleer.
All der ganzen über 100 Meilen langen Ostküst« von
Labrador wohnen kaum 1500 Eskimo, davon fast ^jö auf
den 4 Missionsstationen, der Rest fast ganz in 6 anderen
Siedelungen mit 9 Häusern. Ln Inneren kennt man
4 Siedelungen, welche je circa 3 Tagreisen entfernt
sind. Und ferner wohnt dort ein Indianerstamm von
300 Köpfen, die Weniska Sepi**). Wenn von der
Million, die Prschewalsky Tibet zuweist, 20 000 und dar^
über allein Lhassa bewohnen, so sind von den 300<H'
Quadratmeilen dieses Landes mehrere Tausend überhaupt
menschenleer. Aehnlich in der Sahara, wo zwischen
Tripolis und Mursuk 35 leere Tagereisen liegen. Es ist
Dönne Bevölkerung wohnt ungtelcbmältig 'Sd
ikber gi^rude bei dfirartigeo Gfhieten nicht gestattet in
Se Dorchschnittsrechniuigen ohae weiteres Dichte iinH
DODobewohutes hineinzuziehen uiiijl letw» zu s^en: In
Qrdnliind kommen auf 3 Qundfntnieilen 1 , in Tibet auf
1 Qoadratmeile ^3 Seelen. Sondern man muß in solchen
fOlen die ge<igraphische ^"-'-eitnng im *■- behalten,
ohne deren Beachtung m ^- ja nicht ver ^m kännt
dafi in so dUnn bevSl -n Ländern 1 lervölkeru
Dicht bIo& möglich, ro n häufig wieaerkehrend i
nnd dfi& dit^ an einxel: ■ Stellen zusammen gedrängte
Berölkerung das Land vi Sßt, auswandert, statt in dem-
'^Iben dichter zu wohnei
Wie in den Wtlstea n Meer. Wohl gibt es iu
idien größereu Inselgrupj . e Anzahl von unbewohnten
Eihuiden , Riffen und Kl pen . welche ftlr Jagd . Fisch-
fang, Kokospäauzungen und andere Bewirtschaftung
^QasÜg geartet, weniger aber zur Beeiedelung geeignet
nnd. Sie TcrgrÖßem aber das Wirtschaftsgebiet der Be-
wohner des übrigen Archipels, die dadurch um so dichti/r
m wohnen im stände sind. Von den 48 Inseln des Kiä"e>
»on Nnfcuör ist nur eine bewohnt, alle anderen, die
großenteils gut mit Kokospalmen bewachsen sind, gelten
ib Nutzland. Auf Nukudr aber lebt die ganze Bevölke-
rung zusammengedrängt auf dem Südende in einer Nieder-
lassung . die als eine primitive Stadtanlage bezeichnet
wttden kann*^). In den einzelnen Gruppen sind stets
die Atolle weniger und seltener bewohnt. Weitere Fälle
». o. im 4, Abschnitt. S. 00 u. f.
Natürliche Zasammendrängimgeii. Ueberall wo Schran-
ken den Abflui einer sich mehrenden Bevölkerung hem-
men, wird natürlich eine Zusammendrängung statthaben
und es werden örtliche Verdichtungen liis zur Ueber-
»Slkening das Ergebnis sein. Es findet eine raschere
Entwickelung zur Volksdichte, als in Gebieten großer
bpansionsmöglichkeiten statt; man möchte sagen, eine
statistische Frühreife trete ein. Wenn sich die Insulaner
)?enie für alt halten, so hat dieses seineu Grund nicht
'*'"S in ihren altertümlich erhaltenen Sitten und 6e-
236 Natürliche Zusammendrängungen.
brauchen, sondern sie sind früher reif geworden in
ihrer Abschließung als die offen liegenden und bew^-
lichen Bewohner des festen Landes. Wir beobachten
diese folgenreiche Erscheinung ebensowohl auf den Insehi
des Meeres iils in den Oasenarchipelen der Wüste, an
fruchtbaren Küstensäumen und in tief eingeschnitte-
nen Thälem der Gebirge. Mikronesien, das Reich der
kleinen Inseln, ist neben Melanesien und Polynesien
auch das Reich der dichtbevölkerten Inseln. Dort 1300.
hier 700, in Melanesien 2o0 auf der Quadratmeile (schät-
zungsweise). Das einzige europäische Land, welches noch
in diesem Jahrhundert die Uebervölkerung bis zum Hunger-
tode von Tausenden sich steigern sah, ist Irland, welches
nach dem Census von 1881 auf 1530 Quadratmeilen
r)174 83(> Einwohner, d. i. 3350 auf die Quadratmeile
zählt, also so dicht bevölkert ist, wie ziemlich gut be-
völkerte französische Departements, etwa Eure, Charente.
Tarn. Und die große Quelle einer bei kleinem Boden
und starker Bevölkerung weltgeschichtlich großartigen
Auswanderung sind die britischen Inseln.
Dauernde Auswanderung setzt kleine Gebiete voraus,
welche immer bald wieder an Bevölkerungsüberfluß leiden.
Nur in solchen Gebieten wird die Auswanderung eine
feste Institution. Sie ist es in Großbritannien und Irland,
wie in Malta, auf den Kanalinseln, in Island, und wie
sie es im Altertume auf den Inseln des Aegäischen Meeres,
dort wie hier als Grundlage einer großen Kolonisation
war. Daß die Kingsmilleinseln auf 12 Quadratmeilen
37 000 Einwohner besitzen, wo die Marshallinseln auf
nahezu dreifacher Fläche nur 10000 zählen, hat jene
zu einem sehr ergiebigen Auswanderungsgebiete gemacht
Die flachen Tabelloinseln bergen hinter ihrem Rhizcf-
phorenkranzo eine der dichtesten, thiitigsten, durch Aiw
Wanderung und Niederlassung im ganzen Molukkengebiet
einflußreichen Bevölkenmgen. Eine temporäre Auswan-
derung bedeutet die Absuchung der nicht dauernd be-
wohnten, aber von den Sammlern der Kokosnüsse und
den Fischern besuchten polynesischen Inseln. Im ma-
layischen Archipel entsendet das südöstliche Halmaher».
FVtthe YtMxitKmg der Bevölkerung auf Inseln. 237
wdckBB Mangel an Sagopalmen hat, allj&hrlich einen Teil
mnm Bertilkenuig nach Nachbarinseln zur Sagoberei-
tag: In allen diesen Füllen entscheidet nicht die Größe,
l OMet n die Lage über die Bedeutung einzelner Inseln.
Man m»ke sich das für die Besiedelungsgeschichte des
Slflkn Oieans. Barotonga ist so klein und doch tritt es
in den üeberiieferungen von den Wanderungen der Polv-
nesier in den Vordergrund.
Inaolare BSiune, welche wegen natürlicher Beschräu-
kong leichter" sich erfüllen als ausgedehnte Länder, ge-
wünen eben deshalb eine gesteigerte Kulturbedeutung.
Wir erinnern nur an eine kleine Thntsache: Die Insel
Dakslmk mit circa 1500 Bewohnern (Perlfischern) liegt
«0 nalie bei der abessinischen Küste und doch sind ihre
den Abeasiniem ähnlichen Bewohner nicht nur wohlhaben-
der, sondern auch fleißiger und besser erzofi^en, als ihre
Verwandten in Massaua u. s. f. Rüppell findet wohl mit
Etecht im Mangel von Krieg und Plünderung die Ursache
dieses erfreulichen Verhältnisses. Nicht zufällig ist im
Xf»rden des Roten Meeres die Insel Hasunieli ebenso
durch ihre Betriebsamkeit ausgezeichnet''). Also ein
Experiment im kleinen, welches den Vorteil geschützter
Lage zeigt. Cuba und Java lassen dasselbe in gröliereni
3fa6stabe erkennen. Sie stehen unter allen Tropenländern
gleichen Flächenraumes an Masse und Wert der Erzeugnisse
uod Verkehrsentwickelung voran. Die Geschichte lehrt,
'lalj wir dem kleinen Bündel hochkultivierter, dichtbe-
völkerten Eilande der Molukken, oder vielmehr den
Schätzen, welche sie erzeugen, die Entdeckung Amerikas
und des Stillen Ozeans verdanken. In diese Keihe ge-
hören außer dem europäischen Grolibritannien, Irland,
Sedand, noch Japan, Ceylon (Jaffna, das Centrum der
c^lonischen Tamüenbevölkerung. ist als kleinere Insel
wieder dichter bevölkert als das größere Ceylon, dem es
▼orgelagert ist), die PhiUppinen, Forinosa, Mauritius und
Reunion, Jamaika und zahlreiche kleinere Inseln. Einige
Zahlen mögen beweisen: Großbritannien ist mit 112 (1881)
^q{ 1 Quadratkilometer die bevölkertste der europäischen
^'rofimächte, aber die Kanalinseln sind mit 147 viermal so
238 Anthropogeographische Frühreife.
volkreich und die kleine Insel Man ist mit 92 fast doppelt
so bevölkert wie Schottland. Sicilien steht mit 109 über
dem Durchschnitt der 102 betragenden (1887) Beyölkerung
Italiens. Die durchschnittliche Dichtigkeit Griechenlands
beträgt 30 (1879). diejenige der Cykladen 49, Korfus 95, Ke-
phalenias 05, Zakynthos 102. Die durchschnittliche Dich-
tigkeit der Bevölkerung des britischen Kolonialreiches ist
12; die dichtesten Bevölkerungen sind aber folgende:
Gibraltar 3676, Hongkong 2421, Barbadoes 418, Ber-
mudas 307, Mauritius 1 45 ; alles Inseln bis auf Gibraltar,
das einem Felseneiland näher steht als einer Halbinsel.
Die Besiedelung der Inseln zeigt eine entsprechend
rasche Zunahme und daher ein frühes Hervortreten der-
selben, gestützt auf ihre dichte Bevölkerung, auf dem
politischen und dem wirtschaftlichen Felde, besonders auf
letzterem nicht ohne Einseitigkeit, die zu den Folgen
beschränkten Raumes und den Ursachen anthropogeo-
graphischer Frühreife gehört. Man denke an die
wirtschaftliche Abhängigkeit einzelner Inseln wie Oubas
und Mauritius' von dem Zuckerrohr, Madeiras vom Wein,
der Canarien (früher) von der Cochenille. Neuseeland
hat trotz seiner Entlegenheit und ungeachtet seiner
soviel später begonnenen Kolonisation die Kolonien Au-
straliens bald eingeholt, und ist, ebenso wie Tasma-
nien, dichter bevölkert als alle anderen, mit Ausnahme
des goldreichen Victoria. Neusüdwales, das ältestbe-
kannte und -besiedelte hat nur (M\ Südaustralien 16.
Queensland 11, Tasmanien HO, Neuseeland 115, Victoria
242 auf der Quadratmeile, ganz Australien im Durch-
schnitt nur 27. Wenn in den letzten Jahren Neuseelands
Zuwachs nur 2,4 V. g^gen 3,(> Australiens betrug, so ist
seine Entlegenheit die einzige Ursache. Aehnlich früh
entwickelt hat man sich Cypern, Kreta, Sicilien, diese so
früh hervortretenden Inseln des Mittelmeeres zu denken.
Dicht bevölkert im Verhältnis zu anderen Strecken
sind fischreiche Flachstrände, durch Inseln und Buchten
verkehrsreiche Küsten schon auf niederer Stufe der Ent-
wickelung. In den pazifischen Regionen Nordamerikas
findet man die dichteste Indianerbevölkerung an der Küste
Dichte Bevö)keniiig der Küsten.
23V
im Norden luid auf dem Tafelliiiid im Stlden: jeuü bietet
gOnstige Gelegenheit. fUr Verkehr und Ernährung wan-
dernder Stämme, diese iat sedeutären Stämmen von Nutzen.
Jene ist s.a dag Meer ebenso fest wie diese an Quelloasen
gebunden. Nalirungsreiche KUsten sind häufig sehr dicht
bevölkert. Die Bevölkerungsdichte der Inseln hängt damit
xusanuiien, wenn es auch zu viel iat, was Lunier sagt,
um eine Erklärung der dichten BeTölkerung Javas zu
, daä , unter sonst gleichen Umständen die KUsten
P3g. 10. Uendnng cIpt Ksm>tnitiflHs<'e raiC Faktoreien und Derfern.
bevölkerter sind als das Innere der Länder" **); denn
Java ist in sich selbst faat überaJ! fruchtbar. Wohl ist
iWr Ceylon von einem Küstenringe dichter Bevölkerung
gleichsam umschlossen. Das Meer setzt ja die nahrung-
gebende Fläche weit hinaus fort und die Gezeiten
pflfigen gleichsam dies große Feld und säen es zugleich
an. So sind es die starken Gezeiten , welche im ndrd-
liehen Teil des Stillen Ozeans (z. B. bei Sitka)
Ebbenflächen schaffen, die für die Ernährung in
nora- ^^™
24Ü Verteilung einer dichten Bevölkerung.
wenig ergiebigem Lande so wichtig sind. Und die Bre
tagne ist unter allen Gebieten ähnlicher Bodenart od
-gestalt in Frankreich durch ihre dichte Bevölkerung m,
der Küste ausgezeichnet. Die Küstenprovinzen Vizcaj
und Valencia sind samt den Inselgruppen der Baleam
und Canarien die dichtestbevölkertcii Teüe von Spanien
Außer dem breiten Strich dichtester Bevölkerung in Ben
galen und den Zentralprovinzen kommen in Indien di
Stufen von 800(> aufwärts nur an der Küste, am eigen*
tümlichsten in Gestalt des schmalen Streifens dichter Be
völkerung von der Ganges bis zur Krischnamündung roi
Zusammendrängung und günstiger Boden schaflai
überhaupt die dichtesten Bevölkerungen, welche aufier
halb der Bezirke des modernen Großgewerbes zu find«
sind: Fruchtbare Küsten und Deltaländer, ertrags- unc
verkehrsreiche Oasen giMißeren Umfanges wie Aegypten
wasserreiche, dem Anbau günstige Randgebiete zwischa
Steppen und Gebirgen sind dafür die gewiesenen Ge-
biete. Daß diese dichtbevölkerten Gebiete so hart an di<
unbewohnten oder dünnbevölkerten Regionen grenzen,
zeigt ihrem Ueberfluß um so leichter die Wege zur Be-
siedelung der letzteren. Von den Küsten fließt er aui
die Inseln, von dichtbevölkerten Inseln setzt er auf un-
bewohnte über und von den Gebirgsrändern dringt er in
ilie Gebirge vor.
Verteilung einer dichten Bevölkerung. So wie die
dünne Bevölkerung an und für sich ungleich wohnt, liegt
in der Verdichtung die Tendenz zu gleichmäßigerer Aus-
breitung in allen jenen Gebieten, welche Ausbreitung zu-
lassen. Man kann dies so ausdrücken: Die Verbreitung
der Menschen nähert sich in den fortgeschritteneren, be-
völkerteren Ländern immer mehi\ indem sie dichter wird,
einem statistischen Zustand und verliert zugleich
immer mehr das geographisch Charakteristische. Sic
gibt die Beschränkung auf enge Räume auf, die vorhei
bevorzugt waren, und in der Regel hängt dies mit dei
Zuwendung nn eine größere Zahl von mannigfaltigen
RrwtM'b^arteu zusammen. In den Vereinigten Staaten
242 Dichtigkeit der Bevölkerung und Städtebildung.
In den bevorzugten Lagen: an Flüssen, in Thalgründeu.
an sonnigen Halden drängen sie sieb dichter zusammen.
Dichte Reihen von Wohnstätten sind für dichtbewohnte
Gebiete bezeichnend. Es ist sehr bezeichnend. da& die
Doppelorte in dünn bevölkerten Gebieten ebenso selten
wie in dichtbevölkerten häufig sind. Die mit Unt^r.
Nieder, Ober, Alt, Neu u. s. w. gebildeten, nah beisammen-
liegenden Wiederholungen sind ebendeswegen in dicht
bevölkerten Landschaften besonders häufig. Gleichzeitig
dringen sie aber immer noch weiter in Gebiete ein, die
in dünn bewohnten Landschaften uubesiedelt bleiben.
Ebendadurch suchen sie sich gleichmäßiger über eine
gegebene Fläche auszubreiten. Von Siedelungen undurch-
brochene Moore, Forste und Flußauen, wie in weiter Aus-
dehnung sie in Oberbayem (s. Fig. 9) oder in Ostpreußen
vorkommen, fehlen in Sachsen oder der Rheinprovinz.
Mit fortschreitender Verdichtung wird ein Zustand
erreicht, in welchem der Boden zur Ernährung nicht mehr
genügt, weshalb ein zunehmender Bruchteil der Bevölke-
rung sich der Lidustrie und dem Handel zuwendet und
an Punkten sich dichter zusammenfindet, welche daför
günstig gelegen sind. Der Grad von Dichtigkeit, bei
welchem dieses beginnt, ist je nach Boden, Klima und
Lebensansprüchen verschieden. Im nördlichen und mitt-
leren Europa ist eine Bevölkerung von 4000 auf der Qua-
dratmeile nicht denkbar ohne Industrie und Handel. Die
vorwiegend ackerbauenden Länder oder Bezirke zeigen
selten viel über 2000. In Indien dagegen leben bis «o
1 4 000 auf und von der Quadratmeile ohne wesentlid»
Hilfe der Industrie und des Handels. Es ist bezeichnend
für dieses einzig dastehende, so dicht bevölkerte Acker-
bauland, daß nur 4\'2 "/o der Bevölkerung Indiens in
Städten leben. Sehr starke Verdichtung führt also nidt
notwendig zur Städtebildung, welche eine Kulturerscheinung
für sich ist, aber naturgemäß begünstigt sie dieselbe.
Am Alima ist die Bevölkerung sehr zahlreich und
im Oberlauf hat sie sich dem Maniokliandel gewidmet,
welcher zur Ernährung der Bewohner des Congobecken»
dient. Die Dörfer sind ärmlich, bestehen aus Hütten*
die m Um. am üt aUradicii BewoIuMNr bdherb<4r(SV'n
za kOmien. welche in jeder exnaeliien mäanuneiig^riaigi
siiid. Jedes dieser Dörfer isl der Mittelponkt eiue« »tSn«
digen Murktee, auf wridbem die Bateke Mmiiok ){«»g^u
geiiodierte Fisdie, Töpfereien und einig« Waivn «^ur\>-
pÜBchen Unpinngsanstansclien^*). Also dichte fidTMk«>-
nmg unter Üebetgang zum Handel ohne 3tftdtt>büduiiy«
Die Abschnitte über die Städte werden Gelegenheit biett>n«
hierauf zurQckznkonunen.
Die Veber^filkemng. Die Frage, wo und waim oino
Berölkerung an der Grenze ihres Anwachsens ungolungt
sei, kann nidit geographisch-statistisch boantwortoi woni«^u,
wiewohl jede Begri£&bestinunung der Ueberv^Hkoruiig NJrli
auf ein bestimmtes Areal bezieht und also iWv A'w Oim-
graphie einen besonderen Fall des VerhUliniNNON clor
Menschenzahl zum Boden darstellt, woIcIh^n >vir uIn litt-
Tölkerungsdichtigkeit bezeichnen. Sohm^i* din Mn^liclikril
besteht, daß auf überfüUtem Boden ArlM*ii.in virrii hlri
werden, für deren Ertrag des LebenH Njilirun^ luid NoI
dürft erworben werden kann, oder «ohinj^ir fjn Alillnli
nach ergiebigen und minder bevölkerte üt-^^i-utltii Iim hf.
bewerkstelligt werden kann, spricht man ni<')it von \ii.\tti
^ölkerung. Dieselbe ist ein volkswirt^cfiafthrh^ii un/J V«i
kehrsproblem. Den 17 000 Menschen, w^hh«; ;nii' mn,
Quadratmeile des gewerbreichen und frMrhth;ir«'n O.:»
flandem leben, den 14 000 auf ghriolier H;i/ h/-, m /)/ r
Kreishauptmannschaft Zwickau. «Und hi-!h"r riNi^/if.n.j/
ibrer Arbeit und im letztem Fall A *^7v;ir.d/ rur./ /,fjv r,
und man spricht hier von ??tark<rr H*:'^o\\c*r .f.y Af,< t t,*,* i,
nicht von Ueberrölkerung. Vif» '^y,*zr ;: .? ^u tr. f,t .i* ,.
Boden Indiens die hevolk^rjr.u 'i>r.*>:.' /'."j .-.'..' \ 'Jih't
per Quadratmeile. unddof;h i^^jrfir.r. <y,fi.,'f. -t^^u. S.*/*f
bau zn leben, da ge^t^h^r -.'.r. ^.-.t Kx,-'.* ,.v..- \,tf,,f,
zu einem sehr harten: ^^r.*: ;r.*>=: f-r- v y • ./• '*,*t, /u9
lümahrung. ein paar 2/i]i -w^^.^^r :'>rj \ %?.- y-f H ,^^A#4^
not. In bewääderur:: I/>rr <->- • -. • "Ä-r.A 4^
Städte finden iio<h nwir i>:.-^ * .f y •— - : ^/-a t^Mnj^/
Hier spricht man rot ILV>'r-':,4r.»:r.-;r .V^:// 4/^.//^^^
244 Indische Hungerenöte.
mengen befinden sich in der beklagenswertesten Abhängig-
keit von Wind und Wolken. Nun ist in Indien Dürre die
Hauptursache der Hungersnöte, vor allem in Nordwesten
und im Dekan. Selbst ein durchschnittlicher Regenfall kann
in irgend einem Jahr durch ungleichmäßige Verteilung über
die Monat« oder durch Eintritt zur unrechten Jahreszeit die
Ernte empfindlich schädigen . 1876 und 1877 blieb der Nord-
ostmonsun aus, 1878 hatte schwachen Regen, die Furcht
vor Dürre war erst 1879 gehoben. In diesen drei ün-
glücksjahren sind (> Millionen an Hunger und an den
Krankheiten gestorben, welche die Folge ungenügender
Ernährung sind. Was helfen die Ausweise der Handek-
«tatistik, welche 1884,5 und 1885/(5 Getreide und Reis
mit 270 bis 345 Millionen Mark die zweite Stelle unter
den Ausfuliren Indiens vor dem Opium und hinter der
Baumwolle anwiesen, wenn bei mangelnder Bewässerung
die Ernte nicht zur Hungerstillung hinreicht? Man be-
rechnet, daß von den 75% des indischen Bodens, welche
der Besiodelung zugänglich sind, erst zwei Dritteile in
Nutzung stehen, wird aber aus dieser Thatsache nicht
eher ein Gegengewicht der Uebervölkerung machen, ab
bis man die Massen dort, wo sie zu dicht sitzen, beweg-
licher gemacht, sie in die noch dünnbevölkerten Gegenden
abgeführt und den Rest zum Teil auf andere Quellen des
Erwerbes hingewiesen hat. In den Nordwestprovinzen
und Audh soll bei einer Durchschnittsbevölkerung von
mehr als 8000 die Grenze der Ernährungsfähigkeit er-
reicht sein: solange die Bevölkerung auf den Ackerbau
angewiesen ist, dem übrigens nach dem Census*^ noch
17'^,o bebaubaren Bodens übrig bleiben, während in ein-
zelnen Teilen Bengalens nur noch 10^«» unangebaut sind,
mag dies für zutreflFend gelten. Aber so wie diese
hohe Bevölkerungsziffer großenteils auf die Verbesserung
der Verwaltung und des Ackerbaues durch die Engländer
zurückführt, so kann sie auch durch weitere Maßregeln
wieder auf eine breitere Basis gestellt, und sogar weiterem
Wachstum zugeführt werden. Zunächst ist an die ge-
regelte Auswanderung zu denken, welche das Sicherheits-
ventil bei allzu großem Drucke der Bevölkerung bildet-
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Lii LüitKiL iw»rt, 3^ii':ir nur lin .•iimh.i.ih- --.lir- iv-intvi
^U3ä:^^ir uiur-<fcimiiii^ «-ii r-:-i.--i. •■ sit i.u. ii-.'l i.i>'
*ni ;itnr itr iiiit --i'."! *'i-i. Lr ii-^iT iii.rii ü (■— i.nn-;
tfartrtjn u^ imFi*si tinrju-nn- "ii ■.— lUii i.r- .\.|]:ii!:,-
*B*. »iar- ^ff mi* Ufi lu-«;!! li)- i unviiui.— ■ii;ii i'-r". iiiiiii
*!■ tu r^itrriüliiiKf ui«:in-i;-i '. 'i- im" h—^j-;»-! ^'^ .ii-
'«TlWäl lüilixr^ üiiiur /l.-Millilü^l. ■ i-ii-rrjir iiu*" iili-.'l
246 ^^6 UebenÖlkerung und der Knlturznstand.
gemacht: ,Die Inselbewohner sind es, bei denen wir den Ursprung
der mancherlei sonderbaren Gewohnheiten finden, welche die Fort-
schritte der Volksrermehning zu hemmen bezwecken. Anthropo-
phagie, Kastration und Infibulation, späte Heiraten, Gelübde der
Keuschheit, Strafen gegen Mädchen, die zu früh Mütter wurden,
gingen von hier aus*®).* Zu vielerlei ist hier zusammengebracht,
doch ist sicher, daß die Gefahr der Uebervölkerung auf einer Insel,
in einer Oase leichter erkannt ward als in einem großen Lande
mit Möglichkeiten der Ausdehnung, die praktisch eine Zeitlang
unbeschränkt sind. Auch Malthus meint, daü Inseln besonders
geeignet seien, Beiträge zum Studium der Hemmnisse der Volksver-
mehrung zu liefern. Die Entsittliclmng, welche auf liolynesischen
Inseln vor der Ankunft der Europäer herrschte, hängt mit dem
Bestreben, solche Hemmnisse zu schafien, im tiefsten Grunde zusammen.
Suchen wir den geographischen Kern aus diesem
verwackelten politisch -sozial -wirtschaftlichen und dabei
doch auch geographischen Problem der UebervölkeruDg
herauszuschälen, so finden wir uns immer auf eine Grund-
thatsache der Kultur hingewiesen, welche eine Vorfrage
darstellt, ohne deren Beantwortung jene Aufgabe nicht
zu lösen. Einerlei, wie Boden und Klima l)eschaffen sein
mögen, die Zahl der auf bestimmter Fläche lebenden Men-
schen wird stets abhängig sein von dem Zustande ihrer
Kultur. Mit den Werkzeugen einer höheren Kultur ausge-
rüstet, vermögen 1000 mal mehr Menschen auf einem Boden
zu wohnen, der in einem früheren Jahrhundert nur einige
Familien von Jägern oder Fischern ernährte. Es muß
also bei jener Betrachtung ein bestimmter Kulturzustand
vorausgesetzt werden. Wir können z. B. fragen: Wie-
viel mehr oder wieviel weniger Menschen wohnen in
Deutschland, als der Boden Deutschlands in seinen ver-
schiedenen Abschnitten durch Ackerbau ernähren kann?
Wir machen dabei die Voraussetzung, daß die Meile
dieses Bodens einfach durch Getreidebau durchschnittlick
2000 Menschen ernähren könne. In tropischen Ländern
möchte diese Zahl auf das 4 — 5 fache dort gesteigert
werden können, wo die Niederschläge in hinreichender
Menge fallen h. o. S. 210). Unter diesen Voraussetzungen
Avürde fast ijjanz Deutschland übervcilkert erscheinen, eben«'
Bengalen und die Nordwestprovinzen Indiens, sowie di«'
mittleren Provinzen Chinas.' Als untervölkert \vürden i"
Ufbervöiktfrung in der PHSHHlzone.
ÜwiUtchliiod liei«c)iränktii Gebicle üuf iler balti len Seen-
platte, in den Htiideländem (die ganze Landrueiei Lilne-
iiDTgl und ilen Gebirgen erBcbeineii, in Indien aber alle
Vorlands des Himalaya. Britiscb-Birmu und die meisten
Eingeboren enstaaten .
In Gebieten unzulänglicher oder unregelmÜlJij^er Nia-
•krscMäge, wo das Wa die Zabl bestimmt, bis eu
welcher die Bevölkerung .cLsen kann, wird die Ueber-
TSlkerong der Wirklichl riäher geführt. Die Ueber-
völkerung tritt ein. wo assermenge nicht hinreicht,
alle Felder zu tränken, -i uaii Mißernte unvermeidlich
wird. Künstliche Bewä ru ''ann aber niemals die
Sicherheit des Erfolges rbau verleihen, welche
<lie inj Ueberflusse zu l. mummenden Niederschläge
in unserer Zone gewiihn i. jjenn die Wassermenge, auf
welche sie zurückgreift, ist von diesen Niederschlägen
wiederum abhängig. Daher die Gefahr der Hungersnot
ia den weitausgedehnten Gebieten beschränkter Regen-
zeiten. Hier kommen wir auf ein geographisches Mo-
ment der Uebervölkerungsfirage, Denn in der ganzen
breiten Zone der Passat- und Monsunregen, die auf eine
kurze Zeit beschränkt und ihrer Menge nach veränderlich
sind, kehrt alle paar Jahre das Bild der Uebervölkerung
mit Not und Hunger wieder. Die Verbindung der Frucht-
barkeit des Bodens mit der Unzuverlässigkeit der zur
Weckung dieser Fnichtbarkeit nötigen Niederschlaga-
meni^e erzeugt das gefährliche Zusammen trefPen wachsen-
der Menschenmengen mit rückschwankenden Nahrungs-
mengen. Von Indien ist bereits gesprochen. Aber auch
in Nubien, Kordofan, Sennar, Dar For, im ganzen Zentral-
sudan dasselbe Bild: Dürre, Heuschrecken, Hungersnot. In
Kordofan hat oft schon wenige Wochen nach VerfluÜ der
Begenzbit die nur an den wasserreichen Orten gesicherter
lebende Bevölkerung nichts anderes als Grassamen, Säm-
fhen von Kurreb (Daetylocnemium) u. dgl. zu essen *"). Bis
an die Seenregiou reicht diese Gefahr, welche erst an der
Örenze des Purklandes von Unyoro Halt macht. Wo wir die
Grenze der Regenmenge von 20M0 Millimeter erreichen, lassen
wir mit der Savanne W;isserarmut , Uebervölkerung und
248 ^^i* Spielraum zwischen Bevölkerung und Hilfsquellen.
Hungersnot zurück. Nur die Erfahrung der aufeinander
folgenden Jahre lehrt die Gefahr kennen, welche in dem
Heranwachsen einer Bevölkerung liegt, die im ersten,
unvermeidlich wiederkehrenden Mißjahre dezimiert wer-
den muß. Die Natur selbst täuscht den Menschen über
die Kegelmäßigkeit ihrer Gaben und er zahlt sein Ver-
trauen mit Elend und Tod. Aehnliche Gebiete sind es,
die in Amerika schon jetzt als übervölkert bezeichnet
werden können. In Colorado gibt es bereits Striche, die
nicht weiter den Ackerbau hinausschieben können, weil
die Wasserzufuhr nicht vermehrt werden kann. Aehnlich
in den Passatgebieten Südamerikas^^).
Ein Spielraum soll bleiben zwischen dem Menschen
und seinen Hilfsquellen, so daü nicht deren Schwanken
seine ganze Lebensgrundlage ins Gleiten bringt. Er sollte
am wenigsten beitragen, diesen Spielraum gewaltsam zu
verkleinern, wie es z. B. durch die Brunnen verschüttung
in den Steppen, die Zerstörung der Wasserleitungen, die
Waldverwüstung in den Gebirgen geschieht. Dabei wird
immer ein wichtiges Mittelglied zwischen ihm und
verderblichen Naturmächten entfernt. Die Beseiti-
gung dieser Schranke läßt die Gebirgsbäche unmittelbar
ins Thal hereinbrechen, wie der niedergeschlagene Bann-
wald dem Schnee des Hochgebirges die Lawinenbahn bis
an die Hütten ebnet. Die Thäler verlieren an Frucht-
barkeit und Bewohnbarkeit, die Bevölkerung wird zu
dicht, ohne zu wachsen, und Notzeiten treten ein, durch
welche sie an Zahl vermindert und räumlich zurückge-
drängt wird. Die Fälle sind nicht selten, in denen Ge-
birgsthäler einen Teil ihrer Bevölkerung verloren, weil
sie durch Verschlechterung des Bodens diese Bevölkerung
in die Lage der Uebervölkerung brachten. Stoliczka fDhrt
den Rückgang der Bevölkerung des unteren Satledsch-
thales auf die Vernichtung der Wälder von Cedrus deodara
und Pinus longifolia zurück. Die Regengüsse haben den
Humusboden von den Felsen weggewaschen, die Tem-
peraturen sind extremer und die des Sommers vor allem
so hoch geworden, daß nicht bloß die kalte, sondern
auch die warme Jahreszeit die Vegetation unterbricht
Uebervöikerung iin lU-n Kaiulem der leeren Si
tiDd den Ackerbau immer schwieriger utxt uns htrer ge-
staltet**). Ganz älinlicfa sind in Ursprung und verlauf die
falle , wo Uebervölkerung und Rückgang infolge dos
Verfalles der BewüsaerungseiDrichtungen eintritt. Wo
die BewSsaeruDg einen Fluß xerfasert, wie den Atrek,
den Seraf^chan . und dadurch den Boden versumpft
and versalzt , bat sich dieser Prozeß besonders häufig
abgespielt.
Dieser Spielraum >«* selbstverständlich am klein-
sten, wo der Mensch ai '" äußersten Grenzen seiner
Verbreitung rührt. Dah« )ervölkerung bei geringer
Gesamtzahl der Bewohnet '\R Grenzen der Oekumene.
in den Höhen der Gebirg iu a Oasen, auf den Inselu.
Setzen wir üebervölkeruii dort voraus, wo die Menschen
bei äußerster Anspannung ihrer Kräfte der Natur nichts
weiter abgewinnen können, wo die Hilfsquellen keine
weitere Entwickelung zulassen , so sind in Deutschland
die höchsten bewohnten Gebirgsgegenden am meisten
übervölkert. Der Anbau u;eht in den deutsehen Mittel-
l^bit^en überall bis in Höhen hinauf, wo er nicht mehr
lohnend genannt werden kann, an den Südseiten durch-
scbnittlicb 100 bis löO Meier höher als an den Nordseiten.
Von der Eifel bis zum Altvater prägen von 700 Meter die
spätreifen Roggenfelder wie ihre Bewohner den Hunger
und die Not aus, etwa wie wenn sie in den Alpen zu
2000 Meter /. B, über Zermatt ansteigen.
Es liegt auf der Hand, daß die Frage nach den noch
nicht in Nutzung gezogenen ungenutzten Flächen, welche
in jeder Di.^ku$sion der Uebervölkerung sich erbebt, eng
nisammenhängt mit dem Problem der leeren Stellen
in der Oekumene, welches wir im 5. Kapitel zu stellen ver-
sucht haben. Wenji absolute Uebervölkerung sich nur auf
ganz engen, von der Natur selbst beschränkten Räumen,
wie Inseln und Oasen, entwickeln kann, während sie in
Httigermaßen ausgedehnteren Ländern eine unverwirk-
Jicfate Abstraktion bleibt, so ist dies Folge des Vorbanden-
seins dieser leeren Stellen, in denen die Möglichkeit
der Ausbreitung einer dichten Bevölkerung in ihrem
eigenen Lande liegt. In ihnen liegt die le^te Kettung
250 Kine UebervGlkerangskarte.
vor Uebervölkerung, ehe zum Verlassen des heimischen
Bodens geschritten wird. Malthus hat natürlich die ab-
solute Uebervölkerung nicht in Europa gefunden; sogar
in England fand er trotz der Blüte des Äckerbaues noch
unbebaute Strecken. Hier durfte die Uebervölkerung
nicht gesucht werden, denn gerade hier herrschte der
lebhafteste Fortschritt in der Entwickelung der Hilfs-
quellen. Wenn von Deutschlands Boden 90 % als pro-
duktiv angesehen werden können, von diesen aber nur
etwas über die Hälfte in Aeckem ausgelegt ist, so bleibt
in den Wäldern, Wiesen und Weiden ein Schatz erhalten,
den die Arbeit künftiger Geschlechter, wenn's not thut,
heben mag. Anders in Hindostan, wo in den dichtbe-
völkerten Strichen bis zu 90 ^ o des nutzbaren Bodens
benutzt sind, also die äußerste Grenze fast erreicht ist.
Ks ißt nicht denkbar, die Uebervölkerung kartographisch
darzustellen, weil eben ihre Faktoren sich der scharfen Fassung
entziehen, welche die A'oraussetzung einer solchen Darstellung ist
Man kann sich dieser Aufgabe jedoch in interessanter Weise an-
nähern, indem man nach dem Grundsatz der Isanomalen für be-
stimmte Krdräume und Kulturstufen die Abweichungen von einer
mittlen'n Bevölkerungszahl zeichnet, welche unter den dort ob-
waltenden A'erhältnissen als die normale angesehen werden kann.
Dabei gewinnt man aber nur den Ueberblick über die geographische
Ueber- und Untervölkerung, welche, wie wir sahen, sich durchaus
nicht mit jener ])olitischen und wirtschaftlichen Erscheinung deckt,
welche man gewöhnlich als Uebervölkerung bezeichnet. Zeichnen
wir z. 13. in Deutschland die Geljiete, welche bevölkerter sind, al?
der Ackerbau allein zulassen würde, so sind das nicht die über
völkerten. sondern die über ihre ackerbaulichen Fähigkeiten hinaus
bevölkerten Küume. Von einer solchen Karte könnte man sageD.
sie ruhe auf einem idealen Niveau, denn die Voraussetzung einer
auf unserem Boden und in unserem Klima nur vom Ackerbau
lebenden Bevölkerung ist längst keine wirkliche mehr.
^) Der Ausdruck , relative Bevölkerung"* ist nur eine unklare,
'-cheinbar gelehrte Umschreibung des ganz unmißverständlichen
Wortes Bevölkerungsdichtigkeit; in Wirklichkeit ist er unvoll-
ständig, da er eine Beziehung ausspricht, ohne den Gegenstand
dieser Beziehung zu bezeichnen.
') Mavr, Die Gesetzmäßigkeit im Gesellschaftsleben. 187T.
;S. 119.
3) gme Session du Congres international de Statistique. St.
Petersbourg. Rapports. S. 28 f.
__„ I ät aie rap&chite« dnnb
_e Diaicte, wddie m der pw taiB c fc «» l«rwalt¥ig m1«MM, «rad
bacdiligt d«BCii die YeribJÜteit, w^Ac m da neiEitai lA»dea-
Idkn obwalwa.' ZdlachiiA d. K. prM&kd>en tblirtüebea Bstm«.
IST!. S. SLVIII.
") AntoD äi^-inbanMiT. Die Tert^Onng äei Beidlkerangsdiditig-
teit Nieä«rö8t«rreicJii na^ der Höbe der Wohnort«. BlUter dw
Vettina fBr Landeskunde in SiederösWtreiclL 16^ Heft I — Dr.
JobuioeB Biuckhardt. Das Eragebtrge. Eine on>iiti-tri5cb'aulbro|>o-
^«ographieche Studie. Mit KaiV. Forecliiing«ii kut deuUchtm
l*adta- und Volkskunde. 188g. Bd. Ul. B. 3.
"f Zdteelirift f. wiasenschoftJiche Geographie. Bd. VI. V.wni
ichünt KetU« diesen Weg in einer Vorarbeit lu «einer BevAlke-
ningskartfi von DenUchland in Andree-Peschi-ls Pfa.vsiknliech*iilu-
tittifchem Atlae d. Deotscheii Reiches (1878) bt-schritfen zu hnleu.
Vgl dort S, 38.
'») Halle 1887 (Dissertation).
") Bericht über das XV. Vereinsjabr vom Vereine der
Geographen a. d. Umversität Wien. 1889. S. 40—47.
"} Die Methode ist für größere Gebiete tiua miheliegemli'u
Gründen bisher nicht durchgeführt; ein gutes Beispiel gibt Weyliii
Bevölkerungskarte der anhaltieehen Lande in den Mitteilungen
a. V. f. Erdkunde zu Halle. 1889. Vgl. auch Fig. 11.
'*) In der Einleitung 7,u Statistics of the Population of Uir
252 Anmerkungen.
United States of the 10. Census (1883) heißt es S. XI, es seien
nur 5 Dichtigkeitsstufen unterschieden; offenbar sind dieselben hier
mit den 5 Farbentönen verwechselt
'') Bd. XXX. 1. S. 37.
*^ Der beschränkte geographische Wert ihrer Karte ist übrigens
den Zeichnern derselben, bezw. dem Verfasser der Abhandlung ,Bie
Bevölkemngsdichtigkeit des Deutschen Reiches nach dem Ergebnis
der Volkszäilnng vom 1. Dezember 1875* (Monatshefte z. Statistik
d. Deutschen Reiches. 1876. 1. S. 37—50) ganz klar gewesen. Wir
lesen : , Freilich sind die politischen Bezirke noch viel zu groß, um
sich zu einem genauen geographischen Bilde zusammensetzen za
lassen, und dieselben sind auch unter sich zu ungleich, nm ein
ganz gleichmäßig ausgeführtes Bild zu bieten. . . Dennoch bietet
die Karte vor der tabellarischen Uebersicht den bedeutenden Yot-
teil: Die große Mannigfaltigkeit der Abstufungen der Volks-
dichtigkeit der 834 Bezirke in Übersichtliche Kategorien und die
geographische Lagerung der Bezirke zugleich mit ihrer Volks-
dichtigkeitsstufe zur Anschauung zu bringen.*
") Eino hübsche Anwendung der Behmschcn Methode auf
ein schwieriges Gelände zeigt Fritzsches Saggio di rappresentazione
della popolazione mediante curve di livello per le provinde di
Genova e Torino im Bull, de Tlnstitut International de Statistiqne
T. III. H. 2. Schade, daß der Text so gar nichts Bemerkenswertes
zu sagen hat.
^') Bulletin de Tlnstitut International de Statistique I. 3. 4
(1886).
**>) Ebend. I. 3. 4 und II. 2.
**) Ich finde den Ausdruck in Rawsons A^'ortrag über Inte^
national Statistics. Bull, de Tlnstitut International de Statistiqne.
1886. I. S. 156.
") Census of Great Britain. 1851. London 1852. VoL l
(Population Tables).
-^) La demographie fran^aise comparee. Bull, de Tlnstitut
International de Statistique III (1888). S. 98 u 99.
'*) Beachtenswerte, leider etwas zu kurz gehaltene Ratschläge
gibt die einzige mir bekannte selbständige Arbeit über diesen
begenstand: A. Steinhausers „Ueber relative Bevölkerung und ihre
Darstellung auf Karten'. D. Hundschau für Geographie und Ststi*
.-^tik. IX. S. 97—108.
^^) Ergänzungsband VIII der Geographischen Mitteilungen 1874.
**) Physikalisch-statistischer Atlas von Oesterreich-Ungarn.
Bl. 19.
*') S. 1. , Skizze zur Uebersicht der Bevölkerung in den ver
schiedenen Teilen der Erde*. Der im Titel sich aussprechende
Zweck ist auf diesem Bilde in vortrefflicher Weise erreicht und
die Anmerkung S. 1 — 2 zeigt bei aller Gedrängtheit einen genialen
Blick in die liefe des Problemes der Dichtigkeitskarte.
^®) Censuswerk von 1880. Bd. I. [Population (Washington
mA. ifiss. a 1
mlfaniiiLwipfinwfct Statt
»I Tolbk«.de. Ott. n. 1
■thnrai nr DwlaiiMi L^ md '»r ii '' IITT " B- «■
*) Gdbfce. Sw TAifid .' A« IhiMTiiMiii ä<w- wi da
balktÜM. Bifle US. E. 3ä.
**) FBlmndHmpa. IBSD- « .MX
*0 ^wIm^ glMtigt Effi c tön Ilas4>>ia> matynai di'
■ntttnag nnet ■■b md i kt m» iekka etw &r dk nUA)-
imv Behr an* &t^ iiil^niwiniiii Beniiibe «wdilngi «wAsk.
• M cadScIi SBvk3 bdoiinc «li «■ nrnr Wald ihrig gdMiiifc«,
Ootti, I>ctttMUnid* BafcB- IBM. £. 9&.
nm- 8- 29S. ' — r—
"Tl^reiU'W. Clnit-rjüt' BuiDcrküiig zv Ncvu Hisfianit fOfleiuni
labet, qnamviB Bub torrida Eona, clemtmp ac tenii)eratnin' ilntro-
^nctio in Tniv^reiuii Geographiam. Hi27. S. 36*1 kehrt, znin Teil
m wBrtJ icher Uebereetenng. in all«n BjiB.t«rei] Bcft-hreiliunpen diese
''imaJe Qb«r fast gani Mittelaiuerika ansiredefaiileD Lander wieder.
"I Im BoUetin d. 1. Socieite de Geopriphie. Pa-rie IBSß. S. 2S4.
"j Vgl. Die PJcbüpkeil der Beiölkernnp in Pi-enfien. Z. d.
". prenB, atatirt. Bareaas. 1877. S. ]K.
") Reiche), Labrador. G. M. 18ti3. S. 12ti.
*'] Schmeltz. Die ethooeraphiitch-aiitliropologiscbe Abteilung
"1« MnBeum Godeßroj. Hanftnrg 1681, S. S12.
'*) Monzioger, Die Betriebsaiikejt auf d. Daliiilak-lnpei. G. M.
18«. S. 352.
") BnlletiQ de la Societe d Anthropologie. Paris 1879. S. W.
**) Dr. Ballay in Bulletin de la Socieli^ de Gi'oevaphie. Paris
im. S. 284.
") Hnnter. The lodian Empire. IBSti. Ü. 690.
'^ Vgl. den eingeJienden Vergleich beider Länder in t^ir lt.
Temple« Aufsatz: Od Popnistion Slatisticä of China. Journal of
he StAtürtical Society. London 1885. S. 1—9 und die Bemerkung;
.Wenn die VCIker Indiens einmal gelernt haben vcrden. Land-
tri^e anfznHUchen, wo leeres Land in Menge vorhanden, so wirden
ie mehr gethan haben, am NoUtände zu Turhindem, als die
aQent«n AnBlrengnngen der Regierang zu tbiin \ermf(chten". bei
254
Anmerkungen.
•'«) Dr. Pfund in Mitt. Geogr. Ges. Hamburg 1876/77. S. 271.
^') Von dem argentinischen Gebiete Mendoza, das an Dich-
tigkeit der Bevölkerung nur über Catamarca steht, schrieb Chamay
1877, daß in ihm bei einem Areal von 155745 Quadratkilometern
und einer Seelenzahl von 65413 der Bevölkerung fast unOberschreit-
bare Grenzen gezogen seien. Nur Klimaänderung oder Grabung
neuer Brunnen könne dieselbe vermehren. Heute aber sei die
Wassern rmut so groß, daß das Wasser der drei FlOßchen Mendoza.
Punujan und Diamante fQr den Ackerbau nicht hinreiche. Das
war zu rasch geurteilt, denn die Bevölkerung dieses Staates wurde
1889 auf 160000 geschätzt. Aber thatsächlich ist manches Flufi-
thal der westlichen Pampas bereits als übervölkert zu betracht^en.
""*) Das Satledschlhal im Himalaja. Geogr. Mitt. 1870. 3. 12.
8. Rftgighinig im ;
üuiicsfidtag^
. ifr Kultur;
etit;t'jJteu.
ilüue Be-
if i Ijvaiirtit-
II tlMBAininilii keiu £u ^in.<tiei'
B bei fewT Art Jer Bh iSfcrai ig mto. Ac-^rH'rteu^olkw
i ■"...:-_■ _ bH'hattuuj;
Vi-rschitilen ist. I>er Bucht ige Ackerbau der Imtiau«'
und Neger ofane Pflug und DungcDg bt'aii*i>ruvht mvhv
Raom al^ der j«dea Mhtel ausnützenüe ^rtctiarti^f An-
bau d^r Chineswti. der übrigeos auf JtT gaiue« Enlf
wenig §eine!igleici)en bat. Der Atii'Jruck gart>?iii»rtig angtc
bant kaon Gberfaanpt nur auf irenig» LamlsIricW Ai\-
wendung finden, wiewohl primitive Stuten ilwf Acker-
baues . da sie kleine Flächen nur mit Avr Haud tuut
250 ßevölkerungsstufen and Kulturstufen.
schwachen Werkzeugen, besonders ohne Pflug und Egge,
bearbeiten, mehr an Gartenbau als an den Ackerbau
der Europäer erinnern. Die dichteste Bevölkerung findet
.sich aber dort, wo durch den Verkehr der Mensch sich
unabhängig von den Erzeugnissen des Bodens gemacht
hat, auf dem er lebt, indem er die Nahrungsmittel von
außen her bezieht, also in den grolaen Städten und den
Industriebezirken, unter denen es einzelne, nicht wenig
ausgedehnte gibt, die, wie die bis 4000 Meter ansteigenden
Bergwerksdistrikte in Colorado und in Peru und Bolivien.
geradezu unfähig sind, auch nur für den zehnten Teil
ihrer Bewohner Nahrungsstoffe in genügender Menge zu
liefern. Es gibt keinen stärkeren Beleg für den hohen
Grad von Freiheit, zu dem der Mensch gegenüber den
Naturverhältnissen vermöge seiner Kultur befähigt ist,
jils diese Zusammendrängungen auf unfruchtbare Statten.
Doch ist selbst in dieser anscheinend rein historisch und
kulturlich begründeten Erscheinung ein starkes natür-
liches Moment mitwirksam. welches hauptsächlich dem
Klima angehört: das zur Arbeit zwingende und dureh
Arbeit stählende Klima, welches durch Entfaltung der
inneren Kräfte der Menschen die Minderbegabung jener
Natur mehr als genügend aufwiegt und die reicher be-
gabton Erdstrecken längst diesen ärmeren tributar ge- '
macht hat.
In einer vergleichenden Uebersicht der Bevölke*
rungsdichtigkeiten, welche den verschiedenen Kulturstufea :
entsprechen, nehmen natürlich die Jage r Völker die an*
tersto Stufe ein. Man hat für sie manche Schätzung vei^ .
sucht. Bei den Patagoniem würden auf den Kopf d«r T
Bevölkerung, unter Zugrundelegung der Mnstersschen. ;'
Schätzung, über 10 Quadratmeilen kommen und f&r dk '
Australier hat A. Oldfield eine Fläche von etwas übar *.
- Quadratmeilen auf den Kopf der Bevölkerung nach WH"
gehenden Beobachtungen am Watschandiestanime in Weat- '
australien angenommen^). Die Berechnung von ^jio QoMr'^
drntmeile auf den Kopf, welche man aus der Kopfzahl und ;
dem Flächenraum der Indianer der Vereinigten Staatai^
im Jahre lJ^2r) zog, ist nicht zutreffend, weil die meist«) .
Kürt^i'»'..'iÄ"
iie»- II *^w* ir^fTiiiir*;!! ^Vrao* =;iiit. vi« ;, };
iciiCL < >Qf«ciiiM^lii. v-'oniHii ii*rm* •' düiii. aui
»e*- f;udijcii'JL ' <»i.'ir'»ir""Hn-- ^ iün;aiii l^iih
u- I. ni!^ Hiim»' ir*-rr.M»-.'! iäuih^i dürft* uw:
■!♦«- «Hi*^ Z»r!irart.*-r -••i -• — r*' tiir cii' ■-.»üuurui-
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i^r.^ Fiächer und Ackert^aucr.
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l's geographische Meilen Tiefe. *o kommen >0 — !»"•
Menschen auf die Quadrutmeile.
Dichter wohnen ditr mit dem Fischfang den Anbsiu
ertrdgreicher Wurzelfruchte verbindenden Insulaner des
tropischen Stillen Ozeans, wo Dichtigkeiten von 3 — 500
in den größeren Gruppen Melanesiens wie den Neuen He-
briden. Fidschi. Lovalitätsinseln. Marquesas, Gesellschafts-
inseln, und darQber hinausgehende von 6 — TuO in
den dem europäischen Einfluß länger geöffneten Grup-
pen, Samoa, Tahiti, eine viel betrachtlichere von
mehr als 1):^00 endlich in dem friedlichen, geordneten
Tonga sich finden. DQnner wohnen die auf ihren vul-
kanischen Inseln auf enge Küsten- und Thalstrecken ein-
geschränkten und dazu noch stark zurückgehenden Be-
wohner von Hawaii, welche auch in voreuropäischen
Zeiten kaum ihre heutige Dichtigkeit von 2t>0 überstiegen
Iiaben dürften *); an derselben nehmen allerdings die Ein-
geborenen und Mischlinge nur noch mit bo V teil. Ebenso
wohnen viel dünner die über die zahlreichen kleinen und
niedrigen Korallenriffe der Paumotu, Uniongruppe und
ähnliche zerstreuten Polynesier mit 50 — 120 auf der
Quadratmeile, welche Zahl also wieder an die Küsten-
bewohner Nordwestamerikas sich anschließt Den Ein-
fluß der Küstennähe auf die Bevölkerungszahl lassen viel-
leicht auch die geschätzten Dichtigkeiten der SalomoDB-^ .".
inseln und des Bismarckarchipels von 200 im Vergkidi j .
mit derjenigen der ethnographisch nahestehenden Btr ' ;
wohner von Deutsch-Neuguinea, welche auf 90 geschlbt jr
wird, ermessen. Für ganz Neuguinea ist kaum dktt |^
Zahl anzunehmen*^).
Auf einigen der polynesischen Inseln tritt una^alMt,
eine Bevölkerung entgegen, welche nach Lage der
an Uebervölkerung grenzt. Das merkwürdigste
bietet die Kingsmillgruppe, welche auf 12 Quaii
meilen nach früheren Angaben 40000 zählt, und
nördlich davon gelegene Gruppe der MarshaUinseln
gegen 10000 Einwohnern auf 2 Quadratmeilen. Es k
delt sich dabei immer um die Bewohner einiger Uf
Inseln, welche die Cocoshaine und FischgrOnde <
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L'as äi:i-'^" .-
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: als Boriifj '-tv' Iken, wit wir m (.
1 liaheii. Ai'rik» -uiii<i in h
Aeftypteii und die übngen
Wilktliste den underen kutturaniMa
Lmil des Ackerbaues und derTivhnMlit
Vnrsprunß in der Volkszah] and
igkeit. der dem vor europäischen
>-n niemals zufallen konnte. Gebiete
iktcrs siml in Altamerika dünner
m lieuti^ti: Afrikü. Da/.u gtbftreii
i'räritn lifid -SavjEü^n. Wir ((luobl
i?6 \'.T},'.-x'':.:r'L'\: iJer PrSrit^ Koi
'. I"-'. :"•■:.• -• •:;^:ilt (j*1»</hDt
260 Ackerbauer Nordamerikas.
und Eisen wird eine Bevölkerung ihren Boden, auch wenn
er fruchtbar ist. immer nur oberflächlich und einseitig
ausnutzen.
Die Dichtigkeit ackerbauender Indianer dürfte in
den südöstlichen Teilen von Nordamerika nicht viel
geringer gewesen sein als die der Dajaken oder Papua.
Ihr ausgedehnter Ackerbau, ihre großen Dörfer und die
zahlreiche Kräfte voraussetzenden Werke, wie die Erd-
hügel, machen eine Dichtigkeit von nicht unter 50 wahr-
scheinlich. Für die mittleren Gebiete fehlt es an Zeug-
nissen. 1857 gab man, als die europäischen Einflüsse
noch gering waren, der Indianerbevölkerung von Van-
couver 17 000®), was etwa 25 auf die Quadratmeile er-
geben würde. Diese Zahl ist bei der Unbewohntheit eines
großen Teiles des Inneren der Insel und der That^ache,
daß diese Indianer sich im Rückgang befinden, nur als
Minimum anzusehen. Galifomiens Bevölkerung wurde
an Missionsindianern und Weißen 1802 auf IG 300 ange-
geben. Diese Zahl würde etwas über 2 auf der Quadrat-
meile bedeuten, wo heute über 120 wohnen. Nach der
Annahme Im Thums würden die 20 000 Indianer Britisch-
Guianas zu 6 auf der Quadratmeile wohnen. Ganz ähnlieh
schätzt Dr. Peter Vogel, nach freimdlicher Mitteilung,
die Dichtigkeit im oberen Schingugebiet (zwischen den
Quellen und IP 55') auf 5 auf der Quadratmeile. Et-
was geringer schätzte Robert Schomburgk die Bevölke-
rung eines Gebietes von ca. 800 Quadratmeilen an den
Flüssen Barima, Waini und Cujuni auf 2500 Seelen.^
Man sieht, wie alle diese voneinander unabhängigen Schät-
zungen auf nicht sehr weit verschiedene Zahlen hinauB-
laufen. In der Dominion von Kanada lebt heute nicbt
1 Indianer auf der Quadratmeile, während in Britisch-
Columbia die indianische Bevölkerung sich zu 2,3 zusammen-
drängt. Die Lebensweise der Aino in dichtbewaldetem
Lande von lohnender Jagd und an fischreichen Küsten
mit möglichst wenig Ackerbau erinnert an diejenige der
Indianer des pazifischen Nordamerika. Ihre Dichtig-
keit mochte wohl vor dem starken Vordrängen der Ja-
paner mehr als 12 betragen, auf welche Zahl wir sie
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•lie Oa*«fn ired rängt*:!: A- ker'' ai:-n: i.t>:^iur.. i<r '^ '« :rs «Mue
262 Bevölkerung der Steppen und WlUten.
erheblich größere Zahl anzunehmen als f&r die Wald-
nomaden. Aber die Maximalzahl scheint 100 auf die
Quadratmeile nicht zu übersteigen und bleibt also weit
hinter derjenigen zurück, welche der Ackerbau möglich
macht. Auf dem jetzt russischen Turkmenengebiet schätzte
man vor der Eroberung die Bevölkerungsdichtigkeit zu
40 per Quadratmeile, wenn alle unbewohnbaren Wüsten
mit herangezogen wurden, und zu 80, wenn die Hälfke
des Landes als eigentliches Weide- und Wandergebiet
angesehen ward. Auch die neuesten Zahlen, welche Le-
vasseur nach Troinitsky gibt ®), schwanken für die steppen-
und wüstenhaften Bezirke Semipalatinsk, Semiretschensk.
Ural, Amu Darja, Transkaspisches Gebiet alle zwischen
40 und 115. Die Sinaihalbinsel würde nach Rüppells
Schätzung nur 7 Bewohner auf der Quadratmeile zählen.
Die älteren Schätzungen Nubiens und Kordofans ergaben
vor dem Mahdiaufstand 90 für Nubien, 65 für Kordofau.
Für Tripoli lassen die türkischen Angaben 45 annehmen.
In der üebergangszone vom Atlasland in die Wüste,
jenen Steppen, „welche unbebaut, aber noch nicht Wüste
sind, wiewohl sie das Bild der Wüste gewähren" ^), und
einen Strich von 15000 Quadratmeilen in der Nordhälfte
dessen bilden, was man marokkanische, algerische und tu-
nesische Sahara nennt, wohnen durchschnittlich 70 Menschen.
Fassen wir Uebergangsgebiete ins Auge, welche
den Ackerbau oasen- und strichweise in wachsendem
Maße neben der wandernden Viehzucht aufkommen lassen,
so erkennen wir, wie schon im letzten Beispiele, den die
dichtere Bewohnung begünstigenden Einfluß des sedentären
Lebens, welches Arbeitsteilung, die der Nomadismus nicht
kennt, und damit Volksvermehrung voraussetzt Die
Uebergangsgebiete von Steppe zu Bauland in Kordofan
und Takna zählen 2 — 300 auf der Quadratmeile, diese
Bevölkerung wird dünner nach Westen und Norden (80
auf der Quadratmeile, entsprechend den Saharasteppen)
und dichter nach dem vom abessinischen Hochlande her
befeuchteten Sennaar zu.
Dieser Gegensatz der Ausbreitung und Zusammen-
drängung macht sich selbst in den armen Gebieten an
' lüt XfiSaäitmbc 1
ä&(t. di^eniet der aauucBs. hefaxuag^i. ae: Tora«, tui!
Dicliü^^shmi. ^nt ait n. Üsswcl— ikfter iw^ t^T^c«^ j*v-
BauacD F«BiAeUiiiigts^ Sir ä» •verstetäämj'ei. 6et»Att-
An dktte Didni^eneL schüebet äic'b nur. it itt^r.
jÖB^ertB EuHurlündi-nj dwienureE aii. weiiä» ir. nnch
inelit ToU antwickeheii AccerUiuufttQieifiE. cehnidec worilpn.
& ist dk Iticho^ei: de buc. Biiiin)wrillen<;;ju.t«r. NiirtK
■marikitf und der hlübeDdiiKL PlumaceJurftiipM vnr,
Bnaben. Aber uitdi in ühereu Liindem iiüd^'i in wrn^rtir
be^DBtigbm GubieKn. im uurdiidter. Huyunä und ^■h'^-f-
den. weil edse um uW' bcIi wanken dt- I'iiiitürfceit. 1~*U'*«'1Np
tf^ebt eicii in iudsd Ackerl>iui|F(ib)eteii der frcmiÜ&i^iiTt
ZoDf nwdi »nf 20t»0 — 2it(K' ('Mec^ienbuT^. Pftinmorn.
zenü'itlfr&nxösiw^ EkeparteoDeDte I. d&z«~ii>r.t)(ai li(^n in
attflD wirtM^iafElich weni^ entwickfcltien Ländern ■«"if Sf*nion,
Su-dimen und io den 6iK^itbust«n .ian^n .VoV«>r)'>fiH-
2t34 Stufenleiter iUt Dichtigkeiten.
stiiateii des uordanierikanischen Westens (lUinois,
Iiuliiina) Dichtigkeiten von 10(M> — loOO. Aber in
dit'ärii Zahlen sind Städte und einzehie gewerl
Mittelpunkte mit inbegriffen und sie sind es, d
unserer Zone die über 2000 hinausgehenden Di
keiten, wie z. B. die sUdbaverischen Kreise sie Ton
bis MW) aufweisen, wesentlich bestimmen. Je mel
große (jrewerbthätigkeit Kaum gewinnt, desto melu
dichtet sich nun die Bevölkerung. Die über die 1
Mittel und Werkzeuge für Gewerbe und Verkehr
fügende höchste Kultur, welche sich in Europa oi
{\vn europäischen Tochtervölkern entwickelt hat,
<lio (lichtesten Bevölkerungen unabänderlich in den 2
punkten der (jewerbs- und Handelsthätigkeit auf.
Dirliiigkeiten über ir>000 kommen bei uns in den
kohlen- und eisenreichen Bezirken der Ruhr, der Si
Sachsens und Englands vor. wo Quadratmeilen aui
Land zu sein, um in große Werkstätten sich zi
uandehi.
Man würde also folgende Reihe wachsender Z
deren Zunahme mit derjenigen der Kultur fortsei
entwiTfen können:
Bewohner auf der Quadratmeile.
.liiger- und Fischervölker in den vorgeschob
«iehieteii der Oekumene (Eskimo). 0,1 — 0,3.
.liigervölker der Steppengebiete (Buschmänner.
^niii(*r, Australier). 0,1 — 0,5.
.liigervfUker mit etwas Ackerbau oder an Ackei
sieh anlehnend (Indianer, Dajak, Papua, ärmere I
«-tiinnne. Hatua). 10 — 40.
I''is<lierv(ilker an Küsten und Flüssen (Non
iinnrikaner, Bewohner der kleinen polynesischen L
his KM).
Ilirtennomaden. 40 — 100.
AekerlKuier mit Anfängen von Gewerbe imdVi
(Innerafrik:!, Malayischer Archipel). 1 — 300.
Nonnidismus mit Ackerbau (Kordofan, SeD
Länder dos Islam in Westasien und im Sudan. 2-
266 Dünne Bevölkerung in Tropenländern.
eine alte Beobachtung, daß wo die Natur am freigebigsten
ist, der Mensch am schwersten sich zu höherer Kultur empor-
arbeitet. Fruchtbarkeit des Bodens vermag nicht für sich
allein die höchsten Dichtegrade der Bevölkerung hervor-
zurufen, sie kann ohne zahlreiche Arbeitskräfte ausgenutzt
werden und vermag nur eine beschränkte Zahl von Men-
schen direkt zu ernähren. In den Tropen ist das Qraben
im fruchtbaren, feuchten Boden als fiebererzeugend ge-
fürchtet, die üppige Vegetation erschwert die Freihaltung
des Ackerlandes von wucherndem Unkraut und die Fülle
besonders des kleineren und niederen Tierlcbens wirkt
zerstörend auf Pflanzungen und Ernte. Leichte Arbeit
wird begünstigt, schwere zurückgedrangt. Folgender-
maßen schildert £d. Andr^ den Zustand an einer präde-
stinierten großen Verkehrsstraße, dem unteren Magdalena:
Einige Fruchtbäume (Kokospalmen, Brotfrucht-, Brei-
apfel- und Melonenbäume) nähren die Anwohner. Die
Ueppigkeit der Vegetation überhebt sie jeder Arbeit.
Ueberall wächst die KafiFeestaude; der Orangenbaum
trägt ohne Unterlaß seine Goldäpfel; ohne Zuthun des
Menschen ranken sich Kürbispflanzen um die Bäume,
welche Krüge und Schalen liefern, und das Zuckerrohr
dauert ein Vierteljjihrhundert aus, ohne erneuert werden
zu müssen. Aber der Reichtum wird kaum benutzt,
die Entvölkerung nimmt zu; während das Thal des Mag-
dalenenstromes allein vielleicht 50 Millionen Menschen
nähren könnte, zählt ganz Columbia heute noch nicht
4 Millionen ^*). Die Erwachsenen arbeiten fast nichts, sie
sammeln ein wenig Holz, das sie an die Dampfschiffe
f\^r Branntwein verkaufen oder einige Säcke voll Früchte
der Taquapalme. Das sind die Zustande, welche Geoig
Forster in seinem berühmten Aufsatze über den Brot-
fruchtbaum *•') so verlockend geschildert, wo er die Be-
rechnung anstellt, daß eine Person vom Ertrag dreier
Bäume acht Monate lang reichlich leben könne und
«laß 27 solche Bäume einen Flächenraum einnehmen,
der in den fruchtbarsten Gegenden Europas zur Not
einen Menschen ernährt. Es sind die Zustände, v(hi
<lenen Cook sagte: Hat jemand in seinem Leben nur
bft JmA«^« dv LdN
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t bat «r «MMM r^ftlKhl
a» Oii HKpin -«111 .taXihAitlAnUlMa lltr-
^i* « mir rtnr mm» ii<**iitir ttn***-
■■1^ w> B<w m iwMh -wit^^Tf \il,hAt<0ii
Cdil^ teidi ihm M wf y iHuf ..»»VA-' itr
g^i^^ Wi^B dort in r ! ii lw fci«ii. ^lU- i(«>Mi»«-— <rf <.
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El lann ab eim- atfjpMiMrM* E-.1S..* -«v---.v, .>. ^
■wien. daS in allim [jinrf<»r'. ■ •^•-t
im gemäßigten Klima lA^tr » - .
Tief dQnner l>«si*-'i'^)- n-.i — ^
1« Begel diese 'Iflnnt^ .i» '■--.— .«i.^
BS«. äeÜMt im <ti<Mith«T^ttr;^:^ . .
& gtoSten •lu:bOim'vri]t»rr^. ^- -
Wsidükiei«». iw^ ft»mi#!i
■tBranlicfl. l ar : ciiu*f,>^- f-^-
2fii^ Armer Boden und dicht« Berölkerung.
In den Tropen ]ä&t man die natürlichen Hilfsque
verifiegen, die man in den gemaüigten Erdgürteln künst
bis zum Bedenklichen zu vermehren sucht. Der Vei
des Ackerbaues in den sich selbst überlasseuen Trof
]ändem ist sehr lehrreich. Wie bezeichnend die eini
Thatsache. daß auf Pitcaim die Brotfrueht durch YeroM
läAsigung selten geworden war. als John Barrow l\
die Insel besuchte. In Barbadoes haben die EnglSn
die Kultur in energischer Hand behalten und die Beväl
rung wohnt zu 418 auf dem Quadratkilometer, währ
sie in dem einst blühenden Jamaika auf 56. in fi
auf 3'j. in San Domingo auf II herabgesunken ist.
wirtschaftliche Ausbeutung der Naturschätze des Trop
Waldes versucht wird, wie in den Cinchonaw'äldem Pi
und Columbiens, dem Kautschukgebiete Nordostbrasili«
den Mahagoniwäldem Mittelamerikas, hat zerstörende Ra
Wirtschaft den niederen Grad dieser Arbeitsweise bezei
die das Gegenteil von Kulturarbeit ist. da sie der '.
völkerung keine neuen Hilfsquellen eröffnet, sondern ;
zerstr)rt.
Armer Boden und dichte Bevölkerung. In Gegen<
die von Natur ärmer sind, mag eher die tiefe KuH
stufe, in deren Wesen Anspruchslosigkeit liegt, die ^
häufung einer Bevölkerung befördern, welche zahlrek
ist. als die ihr gebotenen Hilfsmittel erwarten la«
Gebiete, die dem Ackerbau und der Viehzucht unzugfl
lieh sind, können unter umständen eine reichere Ani
von Jägern oder Fischern ernähren. Ob Grönland, w
es keine Eskimo hätte, ebensoviele Europäer, besoiil
im Norden, ernähren würde, ist zweifelhaft. Von Ö
fomien glaubt Powers, daß selbst zur Zeit der ergiMI
steu Goldwäscherei z. B. das Thal des Triniiy i|j
80 viel Weiße ernährt habe, wie Indianer hier von \i
zahllosen Manzanita- und Hucklebeeren lebten, ^
welchen er behauptet, daß es Felder gebe, die Hi
Nahrung dem Menschen zu bieten im stonde
die gleiche Fläche besten Weizenfeldes. "^
werde hier nicht den vierten Teil der Volln
270 Ungleiche Verteiliing
sich schon die Gewähr gesellschaftlicher Verfeioerungeii
liege ^^). Die Kultur gedeiht nicht in Oasen, man mfifiie
denn Aegypten oder Mesopotamien mit Bevölkerungoi,
die einst 10 Millionen zahlen mochten, noch als Oasen
gelten lassen wollen, wobei allerdings von der Oasenlage
nur der Schutz als Kulturelement zu betrachten wäre.
üngleiclie Verteilung der Bevölkerung. Zu den Merk-
malen niedrigeren Kulturstandes gehört die sehr ungleiche
Verteilung der Bevölkerung. Sie entspricht der Vertei-
lung kleiner aber zahlreicher Gegensätze über enge Ge-
biete, welche Merkmal der Kulturarmut ist. Je höher die
Kultur steigt, desto ebenmäßiger verteilt sich die Be-
völkerung über ein Land. Durch fast ganz Afrika geht
der Gegensatz bewohnter und unbewohnter Gebiete. Jedes
Land verlangt einen unbevölkerten Saum. Dieses bedingt
nicht bloli eine ungleichmäL\ige, sondern auch eine un-
vernünftige Verteilung. Altamerika überlieli die frucht-
barsten tiefgründigen Schwarzerdepriirien am Illinois und
Kansas einigen Horden von Büffeljägem, während in
dürren Thälem Neumexikos sich Hunderte in den Höhlen
der Thalhänge zusammendrängten. Mag die Küstenregion
Westafrikas verhältnismätiig dicht bevölkert sein, wie
in Togo, so hemmt doch abseits der altausgetretenen
Pfade, sowie man ins Innere dringt, das Dickicht, Schilf-
rohr u. dergl. alle größeren Märsche ^*'). Die beengende
Stille, welche Stanley auf der Ebene am Südfuß des
Kuwenzori schildert, wo das ganze Volk ausgewandert
ist, gehört zu den Merkmalen der „historischen Landschaft'
des Afrikas der Neger. Aber dieselbe Stille umfing Schom-
burgk im oberen Corentyne-Gebiet , wo er 15 Meilen
breite Striche durchzog, die ,seit Geschlechtem keinen
Menschen mehr gesehen hatten". In Polynesien findei
wir landeinwärts von dichtbevölkerten Küsten dünne,
flüchtige Bewohnung oder Menschenleere. In Ländern,
wo ein gewisser Grad von Friede und Ordnung wenig-
stens für eine Keihe von Jahren herrscht: in den Fulbe-
staaten, Uganda, früher auch im Dinka- und Schilluk-
gebiete des oberen Nil begegnet man einer für diese Stufe
K^dttx war (cajiiemar v^ir ü TcmecJüiIk. i&±> t.i la
ithn l*****' moc doL "»aaraoL äe:^*i»?i ISöan-j ».»i-
•dte, nmo' aoia. mr w it^asc irimsr nuiu^ .iut«'tt un»'
1b4 i^äfi Bbaiief mkiL äiät äefuiil ot^ Znrm'^ tlSiir dttv
»i'IfHif iäa mAA m vKr J vi> *- ÄeDÖe?ni»c i)iTV'viä¥>'i5~>iÄ^'.
Wtes. üt AnJ«T-*('. Ttjö iu»n a*iip*x*r. m'ihi 4*^
LdieD ditsa* Völker senM- iipjäesteii Scbv^:^' uti'I )it6) 1\m4
%n Dorf EJdi rcflkeE. Die ^Tcbe wwitsnhi »»«■ (itrflivf
Und bagdgetroßene FeUer. So isl «n Frl*l W^ih' X't'^'
wiisteL das gesteni nodi grÜBt«-,
r\
Jil und Geschichte. Für di« Beurteilung t^
ini'S Volkes ist die Zahl dc-sselben von gfolW> «
Die Geschichte der kultiirarmen Völker wil*
Zahlen gemacht. Wenn ein Indinnerätam».
fiCenannt wird, wie die Miindunen, endlich offl
Seelen auftritt'"), erscheint uns sein GewÄ
! sein häufiges Hervortreten in den .
id Geschicfatsßrzählungen venuuten ließ,
ie Beherrschung eines weiten Itaumes <
i beigetragen, der Meinung von seiner GH
'urcht vor seinem Namen enkprechende T
geben, so ist dieses doch nur ein t
er Boden. Nationen im europäischen T
ch solche Völkerschaften nicht, denn ]«>
I vermöge ihrpr Zahl eine ganz andere DaiM)
n-uft vonius. Wie Mentzel von den Hotte»
Man muü sich von ihren Völkerschaften ni»
aÜ es ausgebildete Nationen wären, die go*
lit Menschen erillllten. Hier ein Kraal, 2 o»
davon wieder ein Kraal von 100. löH. hW-
jpfen können zwar bald einen groüen Üiatr*
haben, aber wenn hier ein Baum und «fl»
davon wieder ein Baum stehet, so kann mm
i daraus machen^").
■a Gebiete, wie es das nördlichste Asien «rt
g nnd den grölaten Wechselfallen »"»8^^
usend Menschen lebe», konnten geschichU»
Völker nicht entstehen. Die Leistung jw»
;ibt unfruchtbar, weii«i sie nicht von ^^'^
schtem aufgenommer» und von NachbaTt
■n wird. Solche LärXlt^r konnten m hirtm
on ein paar Tausen<3 Europäern gewonn*
trotz ihrer geringen Z'M fast überall in a«
iftraten, weil sie mir zerstreute Völklem vW
Aehnliches zeigt die BesiedcUmgsgesthicl*
lande bewohnten BO^ßesischen Inseln, weld»
beträchtliche -\o\Va7a\^^ ä^« «'ch ^"^^f^^'T
eD^^ge"zi.8teT\eu V^tt^-, Selbst "ut *•«*
^^''''^ J,*i^x,\e ^^H "^"^ ^'*^'' -
274 Politisclie Stärke dichter Bevölkerung.
Lundareicb« in das die Kioko in* zwei Linien von Westen
her vordringen, ist nur in einer Bevölkerung mög-
lich, welche sehr große LQcken zwischen sich lä&t. Die
Fan haben nicht bloü wegen ihrer größeren kriegerischen
und wirtschaftlichen Energie, sondern auch durch ihre
raschere Vermehrung an Macht und Raum zusehends
unter ihren Nachbarn gewonnen. Dichtere Bevölkerung,
wenn nicht von sklavenhafter Schwäche, setzt einen
Wall. Wie Giraud von Konde sagt: Hier ist kein Einfall
seitens der Nachbarn zu fürchten, denn die Bevölkerung
ist dicht und verteidigt sich daher leicht. .Sie braucht
sich bloü leben zu la.ssen' ^^). und ganz so Burton von den
Wagogo: Die Stärke der Wagogo liegt in ihrer ver-
hältnismäßig großen Zahl, denn da sie nie (gleich ihren
Nachbarn) zur Kflste hinabwandern, sind ihre Dörfer voll
waft'enfäliiger Männer-*). Oft sind europäische Kolonien
im bevölkerungsschwachen Jugendalter durch starke
Menschenverluste an den Rand des Verderbens ge-
kommen. Der Verfall Paraguays nach dem Kriege von
18<)4. der Rückgang von Matto Grosso, als es 18H7 durch
Krieg und Blattern 12— ir>OUÖ von 65 000, also V bis
^4 verloren hatte, das jahrelange Leiden der östlichen
Kapkolonie nach den Kaffernkriegen von 1811 und 1819
sind Beispiele von Rückschlägen, wie sie dort heute nicht
mehr denkbar sind.
In einem großen oder wenigstens in einer oder der
anderen Richtung weit ausgedehnten Lande wird die
dichtere Ansammlung der Bevölkerung an einer bestimmten
Seite immer auch den Erfolg haben, dieser Seite ein ge-
schichtliches, besonders ein kulturgeschichtliches Lieber-
gewicht zu erteilen: Ostchina, Gangesland, ünterägypten.
Dichte Bevölkerung an und für sich ist kein Ele-
ment von politischer Stärke in einer Nation, aber sie
macht nachhaltig. Die Leichtigkeit, mit der Aegypten.
Indien, China, diese wimmelnden Menschenkuäuel, oft von
Eroberern unterworfen wurden, die an Zahl soviel ge-
ringer waren, ist seit Alexanders Zug nach Aegypten
und Babylonien der Welt wohl bekannt. Reagierten aber
diese Massen nicht auf den ersten Anstoß, so wider-
•twi4en <i« <l«o AaHnAüi auf ihr V.illutitio, ff t auf
int U^bemhl. <& €K lw«itwn. rim «t KaohlH r inul
lähff and n drr Regal tiSfitidi iti" Rmlwiw iknai iinij^
dunrt. dafi ia dm ««tn Wni^im 'ti-* untin^orfrnHn v~>tllMi
ilir «igraes YaButHm ertnafc. Wm «•dH« «(.m ^htrlwa
•itf TOTopÜMlwii Krihr m InHiiti txtii, wonH hfruri Ai
\WbindsaiE mit Earimil mul (Uim-hitiipt mit K*irri|M «u^
<>rte? Kein Zw«iM. Smt»^-"' aaifr^iUr^im . dion Pi>rt-
- liritt abgewMidtMi Bin r-w .Willlntwn .fTSngwi
leii Sieg der «nbllckMidHn im nhr« «bn kiiimx MimStr-
lieit zurOckgvItBelwiwr Ea r m4 IbfMwr. fm nf
sdüingen itna BeMioilttrI , w» M» «mt i MwB g w i
<er Trlgier |ipMcIiiiKli-iu dwr Xadlt fwnMmpm
haben. Il> die bOtfcakr» v Wdl«»»m BnÜmkÜAiiifi«
oDiiKr auf der JbboC d m ZmI mnin^M lüftiimi
Sciliüht«!! eine» TiJt« U «v Bafft m «finMiR Jihmm
itiKk «in« kuttiufi«tnifli(^[ii rwInH.
Kn-'t'^ri i' nipr XtfiJ Mif/iiflnrfitn und
'iaini:-.-ii t'." -■ _ 11- Aiifiipthtft zn ÜWtii. CftUl
^awte ili«»e «nnrgi.'Mrh inA '••iE umotmIIiwJoii Vtllurr dofls
tWnao nsefa *ei|pdien, «mC iti« i'nnr.faM ninitr ifmAmt
ScfcwieriKkeit «AaogiapInMtii^ nrut ptnhMtcnrvintr Ffvr-
•^mg; wir fc itai. db» Sbuw amcli
bmea «her Ae Btoi» aMM. 4m «n |
hmitomtat d» Fnpi, ««fe^ VaA vtr *!
feBBlbdw ^ 11 ft aw w wm kMe. der Oktr «««t
GdntedwE««« awr «i y i n w üy Krftar a»nnta^
««faheMe MB BteBMdcr i«naidMa
L DwThMndM.dk>r>«a«w
«e (.;tKhKhfte 4» XomkUmA
^maSAftr £• Y iiiwlf» 4« frttr-
aa rirHiiliii, d^ n«Wr 4tr Ki(4<«saw '
<äcr WritäMHloi Jlalwiil sMdk ««««* käeaa*.
■■V Ht «id kl<ia*rea HeBM-beatahUa g iwaih t .
mt lifa«L wir Um im Faban« »^d. «tt wtWkm m
27*) I^iß kleinen Völker.
früheren Jahrtausenden die Geschicke der Menschheit ent-
schieden wurden. Sie können uns auch lehren, auf der
Hut zu sein gegenüber den Verwechselungen kleiner und
großer Völker, welche leicht stattfinden, wenn man ge-
wohnt ist. sie immer in einer Linie zu nennen und nicht
daran zu denken, welche Zahlengröl^en sich unter der
Hülle gleich großtönender Worte bergen. Wenn Kink
die Eskimo in sechs Familien teilt, von denen die Mehr-
zahl nur aus ein paar tausend Köpfen besteht, so ist
die Frage berechtigt: Welche Bedeutung hat die Kopfzahl
in der Aufstellung ethnographischer BegriflTeV' Ein Stamm
von ein paar tausend Köpfen ist vor allem in anthropo-
logischer Beziehung etwas ganz anderes als einer vou
ebenso Millionen, <lenn er wird viel eher zurückgedrängt,
selbst vernichtet, er wird viel weniger nachhaltige Wir-
kungen auf seine Nachbarn üben.
Auch eine ethnographische Bedeutung der Völker
ist also nicht mit einer so geringen Zahl zu vereinigen,
daü eine Dauer nicht abzusehen, zugleich aber auch nicht
anzunehmen ist, daß bei 2 — ;«»000 Köpfen in früheren
Jahrhunderten eine hervorragende, selbständige ethno-
graphische Entwickelung stattgefunden habe. Wenn wir
die Zahl der Veddah zu 1500—2000 annehmen-^), so
ist der Völkerschaft, auch wenn sie seit Jahren rück-
gängig sein sollte, der Stempel der liistorischen Inaktivitat
damit aufgedrückt. Das große ethnographische lntere.<«t*,
welches man ihnen und ähnlichen Stämmen, z. B. den Tas-
manien!. Mikronesiem. Andamanen, Nikobaren entgegen-
bringt, würde nur unter der Voraussetzung begründet sein,
daß sie Keste einer einst sehr viel größeren Bevölkerung
seien. Daß sie das mindestens nicht ungemischt sein
können, dafür bürgt eben ihre geringe Zahl, welche die
tiefstgehenden Veränderungen in Sitte und Rasse raschest
sich vollziehen läßt. Von der ethnographischen Verarmung
der kleinen Völker am Südrande der Oekumene ist früher
die Hede gewesen. Die Ausartung von Völkern, die, wie die
Indianer der Vereinigten Staaten, im Rückgange sich befin-
den, hängt mit dieser A})nahme an Zahl mehr in der gemein-
samen Ursache der Zurückdrängung als direkt zusammen**).
i
1
M
i
Du Altern diclitwoliiiendei- VCIker.
Dickte« Wohoeu befördert die Verrinheitlicnung der
rpt^rlichen und geistigen Merkmale eines Volkes, lä&t
mit aDderen Worten, älter werden. Zerstreut woh-
sde, kleinere BeTÖlkerungsleile sind gemischter als ge-
ilos»eD wohneode größere Teile derselben Rasse, wie
Ijnesier vni Mnlajen zeigen. Auf einem Eiland der
löbebrideo oder der Fidschiinselii mag man mehr Ver-
nedenheiten der Ras^e unter ein paar Tausenden
den als Java in seinen 20 Millionen zeigt. Wenn Ober-
mpt von den beiden Zweigen des malajo-polynesi sehen
ammes der westliche die Rassenmerkmale deutlicher
utzt As der Sstlicbe, so ist an seine gröüere Volks-
bl und sein kompakteres Wohnen auf gröljeren zu-
Bmenbängendea Gebieten zu denken. Diese 6ebiete
id wie Kessel, in denen die Bevülkeruugselemente immer
diter zusammengebracht und durch eine beständige innere
nregung aneinander und ineinander verschoben werden,
smehr als ein Volk, bis eine ,pobtisthe Kasse" entstanden
l'*). Die zunehmende Volksdichtigkeit bewirkt ohne Zwei-
1 eine innigere Berührung des betreffenden Volkes mit
ber Unterlage, dem Lande, das es bewohnt. Je dichter
e Bewohnung. um so griiiJer die Zahl der Füüe. die
itsen Boden betreten, der Arme, die ihn bearbeiten, der
eiber. die sich von ihm nähreu. Ist die Bevölkerung
nmal sehr dicht geworden, so verliert sie au Beweglichkeit
id der einzelne, welcher in immer dichter, stärker wer-
!nde, gleichkam verknöchernde soziale Gliederungen ein-
:keilt wird, ist den Einflüssen eines eng umgrenzten
ezirkes mehr ausgesetzt als seine freier beweglichen
orfahren. Er verwächst immer enger mit seinem Lande.
Diese Thatsacben sind sowohl für die anthropologische
s die ethnographische Betrachtung der Menschheit sehr
cbtig. Der an Zahl überwiegende Bestandteil nimmt
; anderen in sich auf. der Strom ertränkt den Bach,
»pinard wünscht als allgemeines anthropologisches Ge-
z die Erfahrung zu formulieren: In den Mischungen
d Kreuzungen der Kasse ist die Zahl der gro&e Faktor.
es ist sehr richtig. Wenn er aber hinzufügt: Die
oberer verschwinden als die roinderzahligen. die Autoch-
278 Dichte Bevölkerung und Kulturhöhe.
thonen. als die Majorität, erhalten sich, so gilt dies nur
in jenen Fällen, wo ein rasch sich vermehrendes Volk
wie die Chinesen von einer verhältnismälsig kleinen Zahl
eines erobernden Volkes unterjocht wird, wie 1233 es
die Mongolen und 1()44 die Mandschuren thaten, deren
wilde geringzählige Horden in Chinas Völkermeer er-
tranken und deren Heimat, nachdem die Eroberer aus-
gezogen waren, dem unterjochten Volke angegliedert und
von ihm dauernd gewonnen wurde durch planvolle Ko-
lonisation. Die Frage liegt nahe: Wie verhalten sich
die Zulu in bevölkerungsstatistischer Beziehung, also Er-
oberer und Staatengründer, welche dauernd von einem
politischen Mittelpunkt«, dessen Ausdehnung beschrankt
ist, um sich greifen und durch Menschenraub sich ver-
größern? In den Wahumastaaten hat entschieden das
unterworfene dunkle Volk die hellen Sieger zu absorbieren
begonnen, aber die Zulu, Maviti und Genossen haben so
grolse menschenleere Oeden um sich geschaffen, daß sie
von solchen Einflüssen freier geblieben sind.
Die Beziehnngen zwischen dichter Bevölkerung und -
hoher Kultur. Kultur setzt höhere Schätzung der Men- ^
schenleben voraus und lehrt diese Schätzung. Dobriz- '
hofl^er hebt her^'or, wie erst nachdem durch die christ-
lichen Gesetze das Verstoßen der säugenden Weiber un-
möglich geworden, die Monogamie in Wirklichkeit ein-
geführt innl dem Kindsmord eine Schranke gezogen war,
die Bevölkerungszahl der Abiponer sich vermehrte. Die
Missionen haben, wo sie in Polynesien am tiefsten Wurzel
geschlagen, die Bevölkerung am meisten zunehmen lassen.
Auf das glänzende Beispiel Tongas wurde schon hinge-
wiesen. Gebiete kulturarmer Völker sind immer durcl
Einwanderung d. h. durch Zufuhr von Menschenkraften "
zu höheren Leistungen aufgestiegen. Die Sklaverei, da»
Kuliwesen, die Arbeiterverträge sind Aeußerungen des
Triebes nach Gewinnung der Kräfte, durch welche zu-
nächst nur die materielle Kultur gefördert werden soll
Al)er auf diesem Boden verfehlen dann nicht die höheren-
Blüten der Kultur sich einzustellen. In den jüngeren
t und KQclgianit tlpr Kulltir 'JY\1
der Vereinigt«!) dtHiitini wt>iti JHl(<ri t\»ti lnii)|'>
aune Benedelung langsnmen Fortnüliritt IioiImiIi'I. Diiliiir
der lichaücbe Wetteifer in VolkFixIltllilii^i'U ruW Vitlkio
■chjtawpgeo. Vor allem die KoliiniNiiliiiii l)rrtiii>lil Mkiiuod,
denn me rerbraucht. Die von OHliiliiinl iiitrli MHi'kmilil
and Vinland Bekommenen NarmUiiiior vr>rlinUnii (llutm Kir
sten bauptHächlich, weil Hie (iinNiiti<*ii , (UU in <|t>ii 'Au -
«nuneuBfcS&en mit den Eiiiffftkririüicii , <li« mrli iitiiiim'
wiederholten, ihre Zabt zu g<^rin({ «xi. Mir« Illtiii(iiiii|f
Hürde vic^eicht gediehen «ein, wtmn ihr llflrIiliMlI. rittli«!
gewesen win oder sie entt ein« Itiiwl nicIi liAltcii ({him
MwimieD können, nm hier »ich seil vtmiu'Urfu micI hpim/iii
miten. DieAnakdlerimmtrwcgJM^b'tnlfaffjifNiirb'iii UUn-ii
Hwr langsamen Fortgai^ H^rr B«niiMl#flu»K wm^mi itfr/ii-
^^"■b"- BeTJdkernngsiüb]. 4wr fli«! I<r>bit«rffvti fHal »i*
■Mwii^lich maefat. Dm: AtmMmiiuff dor i'.rimruiMhMiK,
fit Steigeruniz der Prodalrtir« . 'iv/Ait tyri'utn-r'iuff »itii
Knhurfortwhnn lini-r *■ ■>- M'~ *'r^r >«.»'/( I ,l...
firmzen.
»Wiieo ■eiiÄC'irr ;- t.- ,•:.--' .'/-■ Y. . ■ .' i.- -f. ■■ .
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280 KulturrQckgang in kleinen Völkern.
der Apacheueinfälle verlassen worden. Aber heute würden
die Oasen mit ihren vernachlässigten Quellen ihre frühert'
Bevölkerung nicht mehr zu tränken im stände sein. So fährt
Stoliczka die Abnahme der Bevölkerung im unteren
Satledschthale hauptsächlich auf die Vernichtung der
Wälder von Gedrus deodara und Pinus longifolia zurück.
Die Regengüsse haben den Humus von den Felsen ge^
waschen, die Temperaturen sind extremer, die des Som^
niers vor allem so hoch geworden, daß der Ackerbau
immer schwieriger und unsicherer sich gestaltete-*^). Von
den geistigen Mächten noch ein Wort. Mit dem Sinken der
Kultur sinkt auch die Macht geistiger Faktoren, die der
Bevölkerungszunahme günstig waren und wiederum findet
jenes Sinken am raschesten bei Völkern geringer Zahl statt.
Daher die Armut und Brüchigkeit des Fundamentes, auf
welchem die Gesellschaft dort sich aufbaut, daher die Schwäche
des Haltes, den sie an den tieferen Schichten hat, die Un-
sicherheit dos Nachwuchses, die Notwendigkeit der zwangs-
weisen Einverleibung fremder Völker. Eine gröLWre Entsitt-
lichung, als wir sie bei den kleinen unsteten, politisch bedeu-
tungslosen und sozial fast fessellosen Stämmen der Busch-
männer oder Australier finden, ist kaum denkbar. Um
eines zu nennen, hat schon Martins beobachtet, daß die
Kegel, daß es verboten sei. in nächsten Verwandtschafts-
graden zu heiraten, bei Südamerikanern am meisten miß-
achtet wird bei kleinen isolierten Horden. Die zu seiner
Zeit dem Erlöschen nahen ('oeruna und Uainamä schienen
darin am weitesten zu gehen -^).
Dif* EntwickehiDg der Volkszabl Jes beut»» dichtest bevölkerten
und aol dem lüpfel der Kultur stebenden Erdteiles zeigt das lang^
saiue Heranreifen einer nie dagewesenen Dichtigkeit in enger Ver-
bindung mit der allgemeinen Geechicbte Kuropus. Es wiederbolen
sieb Zeitalter rascherer Bevölkerungszunahme, und ihr ErscheineD
stellt sich in einem tieferen Zusammenhange mit der allgemeinen
Kulturent Wickelung dar. Die Kolonisation der Römer in West-
lind Osteuropa hat in der Kaiserzeit einem grofien Teil Europa»
zum erstenmal jene dichte Bevölkerung verliehen . welche die an-
entbehrliche Grundlage aller höheren Kultur ist. Auf dieser Bas»
sind (lallien. Britannien. Rätien. Westdeutschland, Pannonien.
lllyrien zum erstenmal in Verinndung mit dem vorher auf die
Mittel nieerländer l>eschr8nkton Kreise der höchsten Kultur jener
Da tf H eranreileij drr t i« '• ■ r - r: = j r! . r : r : •
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'/.r*: :;^trcTeii. Die fiiedlkh»'n Wai.-i- r ::._•• r. : .- A- ,-- : . >I:f. ;
-•irofa nach < »«'ton und Norden »"r«::nj-n »^." ;-:.. :• .. "-f.in.i'T'
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14. ■Tahrhand'^Ti "war eine neu».* lT'":.-:«- H ;••■: ■!-; i- -r i.ir. i -: ! ■ r,
Ku'.tnr iiiifgecan^en. die auf ein»^ -•:■ -i; J.'»n H- ■.!*•■.■ .r.i: mW.'
■ iaii 'ii»? •-»f.ler *\*.'r Kreuzzüj^e •ii*r ir.r.-r-- K- ! r.isjr: r. umJ li-n
Aut--:cwur|j de> Städtew»-«*en* iii« ht rj.^ri.r r.»r.,L.>n K'-nr :.Ti >rit
•[•zLj. Kr-'ihvint-n der l'eM im 14. .lahrijiri'l' rt iiii'j':! :iii lmh/.»!»
■Li- K.e»jiki-runir>/ahlf?n zurflck. Krit-ir^*. ^ ii.jrTi;' i.v ri.niiifn, V;«^-
t^at.'I'-c :iiSru räch den neu^^ntd'^'-ktM» \V»-tl:ii,il»rii ii.ijf^N-n di»'
Krihrn Ikhten. Krst mit dem Knd»» il-s 17. .f.ii.rhunii-rr.«. hiu'niiit
"ri:- '.in Kri'^iTrn doch nur Iän»l»Tw»-ii»' nnr^T^ro' ii»-!!»* /uniihiiir.
E *r!<:hrr wii- un> noch !u.-ute *-»etirjd''n. Wr. Jus^-hf-inü« li i-f ••ii.i-
V-7r:-.rr-rjEi:. wif »ie ririrs um ur- b-r -ii h v-ill/iHiit . ni»- il.»L,'r-
T^4*-n Dir V.^rdoppelurir d»'r H»\öIk»Tum.' Ki:r« |ia.- \''U 1^'" M-
IvT jQ- iTö w;!rdei) >-V» Miiiiör.»'n'. di- H»-*«.lil'UniL'!iriir d»'»; \u-
T*.ri^i:, 7.. B. in Knjriand. w*»lriieii ii;i \i>nif»-ii .f.jIjrh^si.-liTt ii,.-h>
*!- I.«- .'^1.7- T'li* -ifr \Vriio|jp»:lurjir hr.iiniljt»-. «»-Ir} ^ ;"f/f in
'■* '.;.-'-ii ' . ..Jirr.:. *ir.d unerhört. I.;iriir.*t. i-t iiljMr.iH <li»- M'-\<"iikr
r.zi LZ. ".:. VrrcÄi'r.> zum Pod»-n •='irir»tr''t''ij. w'..'lfh»'^ di'- SrjMti-n
i> r > c V- r r:r.i'*"*Ti -'ahrzvbrjtf-n ■irilirlifn H^-ir.iT*- -md ';•■*. nits-
.'.._.-:._ -i" ^rj-^i.-'^r. !a.--'r. Li- Ai.-t-r l..irtli' !.•■ h]r,-\\ :• k-loriL'.
-^: ■ . ;- . . :. .-r '• -r. ?:-:..■ . i!- \.-'-''.r\j -■.)•..!.•■.• }):::.■;■ . ..■ ,.■•■
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282 Bevölkeningswachstum bei steigender Kultur.
sich immer zweierlei Gründe geltend: Zuwanderung und
stärkere natürliche Zunahme. Der Unterschied von Natal
und Zululand, von der Goldküste ***) und Liberia zeigt die
gleichen Yolksstämme unter günstigeren und minder gün-
stigen Einflüssen. Anerkannt ist es wesentlich die bessere
Regierung, das größere Vertrauen auf den Bestand der
Verhältnisse, welche die Bevölkerung in den britischen
Provinzen Indiens nahezu dreimal so dicht sein lassen als
in den Eingeborenenstaat^n. In Indien. Algier, Mexiko
wiederholt sich die Erfahrung, daß europäische Verwal-
tung den Eingeborenen gestattet, sich freier zu entfalten
als vorher, sie wachsen an Zahl und Reichtum, und un-
merklich drängen sie den europäischen Einfluß zurück.
Auch wo die höhere Kultur nur den Zwang zu seden-
tärem Leben in Anwendung gebracht hat, sehen wir die
gleiche Erscheinung. Trotz der verlustreichen Uebersie-
delung ist eine ganze Reihe von Indianerstämmen in der
Ruhe des Indianerterritoriums volksreicher geworden. In
Indien zeigen die zur Ruhe gebrachten Wanderer dieselbe
Erscheinung. Die Zahl der mit dem Pfluge arbeitenden,
friedlichen, fast als gesittet zu bezeichnenden Santal im
Hügelland ünterbengalens — dieselbe wird auf 1 Million
angegeben-'*) — verhält sich zu den paar hundert Puliars
von Süd-Madras oder den 10000 Juangs von Orissa ähn-
lich wie ihre Kultur.
Bei der Schätzung des Kulturwerte«. der irgend einem Teile
der Krdt» zugesprochen werden kann, soll nie die Zahl der Men-
schen übersehen werden, welche auf diesem Boden leben. AlU«
sehr ist man geneigt, in der Zahl eines Volkes eine rein accidentelle
Thatsache zu sehen, mit welcher ein zu Besserem sich berufen
glaubender Geist nicht gern sein Gedächtnis belastet. Doch be-
darf es nicht des Nachweises. daQ in der Zahl der Ausdruck
einer Kraft liegt. Solange an Afrikas Küste der Sklavenhandel
blühte, stellte jeder Kopf der Bevölkerung einen bestimmten
Marktwert dar, der durch Menschenjagd und Sklaverei realisiert
werden konnte. In den 70000 Sklaven, die früher jährlich, d. h.
bis zu dem Vertmge, welchen Bartle Frere mit Sansibar ab-
schloß, herabgeführt wurden, spricht sich die einfachste wirt-
.»^cliaftliche Verwertung der Vermehrungskraft einer Bevölkerung
von bestimmter Größe auf einem Lande von bestimmtem Flächen-
inhalte aus. Deutlicher tritt dieselbe in die Erscheinung, wo sie
den Hoden ihres Landes bearbeitet und für ihre Erzeugnisse Waren
. in.; W^t^^. ^ ..:
»Ik teniicbttt jich. irnirti; . - ^
itum. welches s^im- Stillst ii mir
:hreitet die Kultur l>is zu tuu'i
In einem Liimle. wo mlxitnuli' Mi'ii>i'ii(>ii iliii |
un^' nm^iuHrheii. I>edt'iilt't <1i>' \ i>1K-iiinkitIuiin /uiit|ll|
obkimdei«. Aitfliltllicii. Ai>tn.>i'|>ini l>llllit>'
»clidemesvoiil-ir.oiiiiim 10 .L.I>i'liMii>lr>l'l iliil -MMifl
>de .le» 1». Kesimk*-M wm . .i|> .«. |n:|(| 7;intltl|
284 Die Völkerjugend.
wohner und IToOOv) im Jahre 1880 erreichte. Solche*
Vermehnnigen muten wie Wachstunisknoten an. weicht-
die Ansammlung der Kräfte zu neuer Ausbreitung des
Ast- und Zweigwerkes bezeichnen.
Üaiä die Priihistorie und ebenso die Geschichte der
Menschheit, soweit sie von sog. Naturvölkern getragen
wird, immer nur mit den geringen Zahlen der Völker-
jugend rechnen darf, ist eine Thatsache, die man sich
klar halten sollte. Die Massen, welche bei geschichtlichen
Prozessen ins Spiel kommen, sind offenbar in beständigem
Wachstum begriffen. Diese Progression zu untersuchen
wUrde eine der anziehendsten anthropogeographischen
Aufgaben sein. Eine Bevölkerungszahl, wie sie heute för
die Erde angenommen werden kann, ist nicht bloß ge-
schichtlich für keine der vorhergehenden Perioden der
Geschichte nachgewiesen, sondern es scheint auch geradezu
unmöglich, daß sie jemals so vorhanden gewesen ist. Die^
schließt die stärkere Bevölkerung einzelner Teile der Erde -
in früheren Epochen nicht aus und schließt auch nicht
aus. daß Verfall der Kultur stellenweise mit Zunahme
der Bevölkerung zusammenging. Der Fortschritt des
Prozesses ist jedenfalls kein geradliniger und Bevölkerungs-
zunahme allein bedingt noch keine Kulturzunahme: sie
schafft aber die wichtigste Bedingung. Die Kultur der
Mexikaner und Peruaner erscheint uns heute nicht mehr
als eine einfache Wirkung des Ueberganges vom Jäger-
und Fischerleben zu dem des Ackerbaues und dadurdi
bewirkter Bevölkerungsvermehrung, wie Malthus sie auf-
faßt**^), der mit Robertson und den meisten anderen Ethno-
graphen des vorigen Jahrhunderts in den Fehler verfiel,
die Einwohner der Neuen Welt als Jäger und Fischer zu
betrachten. Dichte? Bevölkerung gehört ebenso zur Physio-
gnomie der großen Kulturvölker, wie gewisse körperliche
oder geistige Eigentümlichkeiten. Von Arizona und Sonor»
bis zur Wüste Atacama ist Zusammendrängung auf kühlen
Hochebenen, Bewässerung, Steinbau gemeinsamer Besitz
und Neigung einer großen Reihe von Völkern, die auf
beiden Seiten, an beiden Meeren von dünnwohnenden
Völkern tropisch und subtropisch heißer Niederungen
liUBtfckcsi lans TTn^^mi^-n ii-rrju-^.piric !•*- W rr.-
^dttft Abt ^va^tL t^ua*' — .'?^- :-u;ii- -nw U-os^lis-.iid^
Lud rwTwuei fcaL :;! u:jt :^ - b- tttr l' .-mr- n
■jirf Mnix:- »»"itait »wt Q-i w-r ^iw^iiuiiti'- W ,iijt.--iii>^i
in laudrekiH» JätrMa»*^ ni»rOrmi»oe^i.Q-i i iiniiij-i-. njacti:
l»W ie Kevuikeruus Euutmort Ajp ai- IjuEiinö-r Br^'-
^Mdelime DöbeneimuMier; Irtn ist .tMi-- Buntmiuiiiib*- ft^
M den itüdeD durub Ktnp-^naiEkt^n cfininäfn- dann ik
fe fftwrduHterCTi VeranhitLE der iifUfi: Berren b»l dit-
2Si) Das V5lkeralier.
Bevölkerung sieh in unerwartetem Maße verdichtet. ;
sind fiie Kelten und Germanen aus halbnomadischen Zi
ständen unter Verdichtung ihrer Bevölkerung zur Ai
sässigkeit übergegangen. Schon Gibbon hat hervorge
hoben, dali Cäsar den Helvetern jeden Alters und 6e
schlechts 308 000 Seelen zuwei.st. Heute nährt die Schwei
fast ^^ Millionen. Wenn schon Gibbon sagen konnte
• Dieselbe Bodenflache, welche heute leicht und reichlid
eine Million von Ackerbauern und Handwerkern ernährt
war nicht im stände, hunderttausend träge Krieger mi
den einfachsten Lebensbedürfnissen zu versehen.' wie^*
groü muli erst uns die Diflvrenz erscheinen, in deren Zei
das helvetische Land dreimal bevölkerter ist als zu Gibbons
Wir brauchen aber gar nicht so weit um uns oder zurück
zuschauen. .Die Bukowina gleicht einer groüen Hutweidt
Die (Tebirgsgegenden sind groüenteils unbewohnt.' heii
es in den handschriftlichen Berichten des ersten Österreich]
sehen Militärgouverneurs General Enzenberg. die V. Goeh
lert für sein anziehendes Kulturbild «die Bukowina'^*
benutzte. Aber als \>^17} die Hundertjahrfeier der Eir
verleibung der Bukowina begangen wurde, war eine Zu
nähme der Bevölkerung von 7">'H)0 auf 5.">00VM>. d(
Städte und Marktflecken von '» auf 23, der Dörfer vo
23.'> auf 45«> zu verzeichnen. Aus W^ild und Weidelan
ist im Zeitraum eins Jahrhunderts ein Gebiet des Ackei
l)aues mit Anfängen von Handel und Gewerbe gewordei
Das Ländchen ist um soviel reifer und älter gewordei
So jugendlicher Entwickelung, die vielleicht noch eir
mal ein Jahrhunderr braucht, um die Dichtigkeit von Bot
men oder Schlesien zu erreichen, steht das Alter des R
v()lkerungswachstums in Ländern gegenüber, die eine Vei
diohtung kaum noch möglicli erscheinen lassen. Es sii
die alten Länder, die mehr Jahrtausende zählen, als jei
Jahrhunderte. Gebiet»\ die bis zum Rande mit Mensche
tjefüllt sind, so dal\ jegliches Schwanken der Lebenspfrunt
läge «'inen Teil der Vernichtung anheimgibt, und die ihi
Hilfs(juellen und -mittel nicht in dem Maße entwicke
haben, wie ihre Bevölkerung zunahm. Kein deutlichen
B«'wei< für Völkercrreisenalter als eine Dichtigkeit, w
Ueberaltert*? Völker.
'JS7
f^riiuand von Richthofen sie in der abgesclilossrnen Thal-
^ne ron Tsching-tu-fu im westlichen Teile «1er Provinz
Sz-techwan fand, welche auf einem Areal von 13'^ (2"ii<''**it"
Heilen 19 Städte, darunter eine von 800000 Einwohner,
•fithält. Eine unter den Grenzen des Wahrscheinlichen
[ehaltene Schätzung ergab 1920 000 für di(^ ländliche
nd -StJOüOOO für die gesamte Bevölkerung einschlieülich
er Städte, welche sich jedoch als zu niedrig taxiert heraus-
«Ute. Der geringste; wahrscheinliche Betrag fOr di«"
ichtigkeit ist daher M HOO für die Quadratmeile.
Ueber die Folgen solcher Volksdichtigkeit einiger
?ile von China liegen Schilderungen, besonders auch aus
m alten Xordchina vor. welche nicht daran zw<.-if»-lii
5sen, da 6 die Uebervölkerung dort längst in der Fonn
les von Zeit zu Zeit immer wieder h^^rvortretendeii Mit;-
rhältnisses zwischen Nahrungsmitteln und Men^cheu-
rDjren zur jrewohnt^n Erscheinung, fsi.st n lochte njaii
;:•;!.' zu »'ir^r Einriclitni.Lr *!''- Ii^-i'-li«'*- ji-ewnr<U-ij i»T..
^— ■> M::.".v. rljülrui» liiLr ■.*]\> jiii;ir.l;ilij"«- /n ''i?j* r \\'n.'j(-r-'
t :;"i uT'-i.-rtT. T»'ilv:, ']• - IJ« ;'])<:-. w'/j'jf r H '"'rH..(i * \ .t-
i'j'lv j'JijriivJ! wii-MJ. rk'-];!--'.. ]»:• Pij_v-:"U'"-iL:'- ■»<- J-r...*.-
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.l>,:!imii.)ruch ver-
:?'»!/ der 30 J
i:v 'i'-' -^ Milliones«
Li;'.- II «'inen Kad
( I
290 Anmerkangen.
kQste, wo auf den 282 deutschen Quadratmeilen 400000 Neger
gegeben werden, was 1480 Seelen auf die Quadratmcdle macht,
mohammedanischen Reiche des mittleren Sudan bleiben mit (
geblich) 1220 Seelen hinter dieser Zahl zurück.
*•) Hunter, Indian Gazetteer IV (1881). S. 177.
»•) D. A. I. S. 51.
*') Ein großarti|^e8 Beispiel extensiver Kultur auf jung
Land lieferen auch die Chilenen, welche vor der Nationalisien
des argentinischen Landes südlich vom Rio Negro im Thal
Atreuco 1000 Köpfe stark auf 480 Quadratleguas saßen, auf dei
sie Ackerbau trieben, während sie zugleich ihre Herden oben
Gebirg weiden ließen. Horst, Die Militärgrenze am Rio Neuqu
Zeitschr. d. G. f. Erdkunde. Berlin. XVII. S. 1.56.
") Gibbon, Decline and Fall. London. 1821. I. S. 359.
") Mitteilungen der k. k. geographischen Gesellschaft zu Wi
1875. S. 113—9. Die Menge von Bettlera jeden Alters, Krankh
und öffentliche Unsicherheit in einem nur 20 Kilometer bi*eit<
unfruchtbaren Striche des Gebirges zwischen Sintaihsien und
schaufu, welche Oberst Unterberger beschreibt, macht den E
druck, daß die UeberfQllung die Menschen auf eine tiefe Sti
herabgedrückt habe.
^*) Globus. XXXIX. S. 58.
9. Die Bewegung der BeTölkerang.
Wachfltoin und Röckgang. Die Grölte der Bevölkeruiig»hewt>|ninK>
Ke EoropäiaieniDg der Erde. Rückgang in wachsenden Ueniotiim.
^ Typen der J^^vOlkerangsbewe^iing. GeographiiKsho ViYhr«i>
^ derselb^Q. Zusammenhang dieser Typen mit der f>^twiok«^
]qii^ der Kultor. Das Zahlenverhältnis der beiden GcnchliH^hi^r.
l'ebier einige geographische Merkmale der äußeren Hi^wegiing
der Völker.
WachstTun und Rückgang. Jede Bovölki^iin^ int Im>-
^jtändig in einer inneren Bewegung, welche die SiiitiNÜker,
jede äuüere Bewegung ausschlieüiend. im OcgcnNiiU /um
-Stand der Bevölkerung*, als „Bewegung der H«'völk«'-
ning** schlechtweg bezeichnen, Sie verHt«dien hieruni««!*
^leburten. Eheschlieliungen und TodeHfiille. (iehurt«'ri und
Todesfälle nehmen in dieser ZuBammenCaHHung eine h««-
>ondere Stellung ein. da durch »ie jene V(;riindening
ler Zahl der Menschen bewirkt wird. w«rlche d«?ri Auf-
druck .Bewegung der Bevölkerung* rechtfeHi^t, l>ii^
Eheschließungen werden nur mit ang<.'///gefi. weil hU: die
eme Bedingung der Bevolkerung-verrrjehrufjg tUtr^tUlUn
Für die Verbreitung der Meuficherj *jfjd ab<?r h\oU iHih
iwei gro&en Erscheifiongen von Bede»jt«iwg, da «i*? stiU^in
^ einer unmitt'&lbaren Au-prägTjng jw ibmtuH K^lAnK';»,
J. h. die räumliche V^rrbreitJöftg d*-r M^^fiMtd^m \mAimmtm
können. Eßtwed^y ü4>ertr*Ä^?i; djft O^AfitMi 4Mr TmIhvk
&Ue und ^^ \Äk ^10^^. . *Ai^ 4m Umfdkilbr^ ^■^<-^>^
^tt and da^ Vvik ^-^fü 2;srV.k. Wadttta^
png kommen dac:: *TLi«'*dl.*y rr. *w Ilid
*» Aii*d*-hETnä2 iö* V/>ü3kä mm
292 Bevölkeningsstand und Bevölkerungsbewegung.
Die Geographie übernimmt (Hesoii statistischen Be-
griff wegen seiner unmittelbaren Beziehung zur Ausdeh-
nung und Dichtigkeit der Bevölkerung, denn das Wachstum
bewirkt Verdichtung, die Abnahme Auflockerung. Der
Bevölkerungsstand ist Ergebnis der Bevölkerungs-
bewegung. Man liebt die beiden einander entgegenzu-
setzen wie Ruhe und Unruhe, in Wirklichkeit liegt in
der beständigen Bewegung das Maß der Veränderungen
des immer wechselnden Standes. Bewegung ist Wirk-
lichkeit, Stand ist Abstraktion. Die Bewegung ist eine
Eigenschaft, welche für die geographische Verbreitung
eines Volkes in hohem Maße mit entscheidend ist, indem
sie seine Zahl in jedem gegebenen Augenblicke bestimmt.
Die ethnographischen und politischen Anwendungen der
Geographie verzeichnen Aenderungen dieses Standes.
Avelche bis zum Verschwinden ganzer Völker, zum räum-
lichen Rückgang anderer, zur ungeheueren Ausbreitung
dritter geführt haben. Wieviel daraus für die Stellung
eines Volkes zu den Nachbarvölkern, für die Lage und
Ausdehnung seines Gebietes, für die Gestalt und Dauer-
haftigkeit seiner Grenzen, für seine Kulturkraft und poli-
tische Macht folgt, haben die Anthropogeographie und
die politische Geographie zu untersuchen. j
Fassen wir die Bewegung der Bevölkerungen als \
einen allgemein menschheitlichen Vorgang, so erscheint :
uns vor allem die Erde im ganzen bei weitem noch nicht J
so bevölkert, wie sie nach ihrer bewohnbaren Oberfläche \
sein könnte. In jedem Teil der Erde gibt es noch 5
große Unterschiede auszugleichen: ja, in jedem einzelnen *
Lande und sogar in den kleineren politischen Bezirken ^
sehen wir die ungleich verteilte Bevölkerung in äußerer -;
Bewegung. Bei den civilisierten Völkern der Erde kann
man. ohne einen Fehler zu begehen, die Bewegung
als eine im ganzen fortschreitende oder aufwärtsgehende
betrachten. Jedes größere europäische Volk nimmt an
Zahl zu und die Unterschiede liegen nur im Grad der
Zunahme, welche aus verschiedenen Gründen eine wech-
selnde ist. Außerhalb Europas sind große Gebiete, wie
Nordamerika, der größte Teil von Südamerika, China,
Gebiete der Znnaliiiie und Abnalime. 293
apan. Indien, Sibirien, Aegypten im ganzen als an
olkszahl wachsend anzusehen, und so steht uns die
enschheit als ein noch im Wachsen begriffener, sidi
isdehnender, seine Lücken ausfüllender Körper gegen*
>er, der den Eindruck des Jugendlichen nicht blofi durch
eses Wachstum an sich, sondern auch dadurch macht,
i£ das Wachstum noch so wenig den geographischen
3rhältnissen sich angepaßt hat Noch immer sind frucht-
ire Länder dünn bevölkert, während minder ergiebige
ehr Bewohner besitzen als sie zu ernähren im stände
id. Die Zukunft wird noch viele Verdichtungen und
einigen Stellen Auflockerungen sich vollziehen «ehen^
3 das Ziel einer Verbreitung erreicht ist, welche au
1er Erdstelle eine ihrer La^e und ihrem Boden anle-
ite Zahl von Menschen sich befinden läfat. Einige
3lker werden hierzu durch starkes Wachstum viel, an-
re wenig beitragen und leider gibt es nicht wenige
*>lker. welche zurückgehen und deren Gebiete rasch
n jenen anderen, wachsenden und daher auch räumlich
h ausbreitenden, eingenommen werden. Nicht nur das
itiatische Bild der Menschheit wird dadurch verändert,
iidern auch das ethnographische und mit der Zeit das
litische und kulturliche. Die Erfüllung der Erde mit
völkerungen europäischer Herkunft, wie sie seit
»<» Jahren sich vollzogen hat, ist das merkwürdigsti^
ispiel eines höchst folgenreichen Wachstums, dessen
zter Grund die starke innere Zunahme der europäischen
ilker auf beschränktem Räume ist.
Die Europäisiemng der Erde. .So wie Kuropa in seiner
utigen Bevölkerungszahl von circa 350 Millionen der im Ver-
gehe zum Flächenraum weitaus bevölkertste Erdteil ist, so steht
aach an Wachstum dieser Bevölkerung allen anderen Teilen
r Erde voran. Die Summe der heutigen europäischen BevOlke-
njr, ein Viertel der Bevölkerung der Erde betragend, ist nichts
«ierwarts Unerreichtes hinsichtlich ihrer Höhe. Das Erstaunliche ist
r »tetiges Wachstum bis heute, ihre räumliche Ausbreitung und
imii zusammenhängend die Entferntheit der Möglichkeit einer
arken Unterbrechung dieser Zunahme. '). Es gibt kein annähernd
rieh großes Gebiet, auf welchem wie in Europa die wachsenden
evölkerungen so sehr iui L'ebergewicht sind. In dieser Völker-
294 ^^^ Europäisiening der Erde.
zeDgenden Kraft Europas liegt der wichtigste Grund seiner hervor
ragenden Stellung in der Geschichte der Menschheit seit 2000 Jahren
Europa nimmt gegenüber einem großen Teile der Erde die Siel
lung eines durch Bev5lkerungskraft überlegenen kulturkräftigei
Stammlandes ein. Es ist im großen, was Rom im engeren Rahmet
der Mittel meerländer war, als es sein Weltreich gründete. Weni
man aber von der siegreichen Verbreitung der weiüen Rasse übe'
die Erde spricht, sollte man vollständiger sagen: de$< europäischei
Zweiges der weißen Rasse, denn Perser und Inder haben an diesen
Wachstum, dieser Ausbreitung nicht teilgenommen, welche rech
eigentlich ein Symptom und eine Folge des Hochätandes der eure
päischen Kultur ist.
Die notwendige Folge der dichten Bevölkerung Europai« ia
der Erguß des damit sich ergebenden Bevölkerungsüberschusse
nach den außereuropäischen Ländern, welche dadurch kolonisiert
kultiviert, hauptsächlich aber auch europäisiert werden. Die Ans
Wanderung, eine dringende Notwendigkeit für Europa, ist gleich
zeitig die hervortretendste und folgenreichste Eigenschaft unsera
Erdteiles in seinen Beziehungen zu den anderen Erdteilen. En
ropa ist 2-, 3-, Onial so dicht bevölkert als die Nachbarerdteile
Viele Teile Europas sind dichter bevölkert als nach Maßgabe ihra
Fruchtbarkeit zu erwarten ist. Europas Boden würde unfähig sein
300 Millionen zu ernähren, man nmß Getreide und Fleisch au
Amerika. Indien, Aeg^pten. Australien herbeibringen und dafti
zahlt Europa hauptsächlich mit den Erzeugnissen seiner Industrii
und im allgemeinen mit dem Ertrage seiner überlegenen Kultur
Dieselben SchitFe, welche diese Waren zuführen, tragen den Be
Völkerungsüberfluß nach Westen und Osten über das Meer fort
So lief ist die Wirkung dieses Erdteiles gedrungen, daß di
Staaten der Erde je nach dem Maße der von Europa empfangeM
EinHü^^se und Anregungen in eine Reihe geordnet werden könnfli
in welcher man sofort als die kulturkräftigsten diejenigen erkenat
welche den europäischen Einwirkungen am meisten ausgesetzt gv
wesen sind. An der Spitze stehen die Vereinigten Staaten, dero
Bevölkerung in der nördlichen Hälfte eine fast rein europändi
und zwar westeuropäische, deren Boden und Klima dem euio
päischen am nächsten kommen, die endlich durch die verh<oii
mäßig kleine Meeresschranke des Atlantischen Ozeans, die jeli
häufig in 8 Tagen durch Dam]>fschiffe überwunden wird, Earopl
am nächsten gebracht sind. Am europaähnlichsten sind dann u
Kolonien in Kanada, im südlichen Australien und Afrika, im M
liehen Amerika, die alle dem gemäßigten Himmelsstrich angebllici
über guten Boden verfügen und in denen die ursprfinglidi «eboi
dünne Bevölkerung der Eingeborenen vor den einwanderndfli
Europäern fa!=<t verschwunden ist-. Nordasien und die Kankawi
länder. Algerien, einige Inseln Westindiens und des Stillen Omni
vorzüglich Cuba und Neuseeland sind wenigstens zu grofien Total
von Kolonisten europäischer Abstammung beset-zt. Ohne eine groft
Menge europäischer Bewohner aufzuweisen, sind Indien, die SnadJ
< llill*i-
1 . .
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in^In, die Philippinen. srroE.T T -:.- •. . . ■:. ■
Mtere'orfen. d*rr dort «►'in- r.-rr • .. '
Dnd militärische Leberl-ir-rr.:'-;" -.■.-.
iinddemeiiro])Hi:achr-n Kur ir-ir.r •— _
abhänp'j? jjeworden /u ?*r:n N :■ • ■ . - -
^irohl d»?r tMiroi»äis.ii»>i: ?...'. ~ . - . >
durvh ♦iijrupiiis''li*; M^U.ii'rr. .z . .'— ■
MflUtandi^ erhalt^r-n. M.i.- .• - - ...
hit-r genannt sein. I»»m --.-•■
Asien und Afrika. P- ■.:•>• .:
steht jfdenfalln Chiiiu :.i. ---■:. .- -
B*»völkerung von •■:in:d. 4« '. M-1.. ~-'. '.
nicht.'- bedeut*'t.
In auLWreuroprii- i.r.. -r- ---
nur am pazifischen HurA- :-- -_.
auch in der Vnlk:-v»-rr.:-r..- ...j
dif Verhiiltnis>e «le* .
vielen Schwank untren .
«ler Censusangabf-n
in China von der Miru- ■•-- *" * ■ .*-
^f■ll\v^lng in der Z:ilil '[■■: .. ■ •
bei .')*> (von Iii«-lirh'=t-:. ." ' ■ _ '
iMijyt't) lu^^innt. ijn-i IT-- • _' .'■'
Vf-rdoppeluntr »'ri':il.rv!. :.'■.!•_•-
KanLrhis . die B* sie«l»;l'.i.L' ■•- '•*• *'-
»-rklären die.<t'> W ;i<:h-T-;ii. :.■:,• j , - ■
'Hierhörten Kntwirkeliiiitr 'i-r .:.- •-■ ü *• '"
<ie> A(kerl)aue>. der <i».-\vrri"- ■ .— \ . '^. • ■- ••
H:ind <^c<ran^eii srin. Bedeit- * • - ,- :■ 1 ■ •'
zu einem f'rühert'n Hntli:?ti»Ti«i . 'i* • :.• ^I . - ■. ■ -
»'infiilln <j;el.»rochen liatton. -«» iie/- ut:: 'i'-« • ■> ■ ■■-• -■ *
.i»-ner Zeit, stark liervortretend»* ihi i.i>i^ li ■ \ i - v. . ii.-
rung fine Zunahme bis zu frü]i»-r nirlit . n» n ntt j l|i-l!.
Ks i>t l)e'/ei(hnend, dati diese Au>\van<biim;j: di»* »ih/il^« .
von der noch neben der eurojmisclien al> tiinr Urs« hii-
!iuiig des Völkerleben.s von weltgeschichtlicher (in'il.a- und
— (jefahr gesprochen wird.
Die Grösse der Bevölkerungsbewegnng. Da» Malj
<ler Bevölkerungsbewegung ist von Land XU Land ver-
schieden und die (jründe daflUr nind teil^ V-
j'onders im Kaum imd in den Hilft
296 ^1^ Größe der Bevölkerungsbewegung.
teils iu der Natur der Völker und in ihrem Kulturzustande
zu suchen. Die Unterschiede sind so groiä, daß es noch
gar nicht möglich ist, sie zu einer reinen Summe zusammen-
zufassen. Wenn die Statistiker glauben „nach vorgenom-
menen Berechnungen" die jährliche Zahl der Todesfalle auf
41 000 000, die der Geburten auf 51 000000 veranschlagen
zu können, so vergessen sie, daß die Anlegung des euro-
päischen Maßstabes nicht gestattet ist. Mag die Sunmie
passieren, gegen die Methode muß man sich entschieden
aussprechen, solange noch nicht von der Hälfte der ^
Menschheit die wirkliche Bewegung nach Sinn und Größe j
bekannt ist und solange die statistisch genauer erforsch- U
ten Völker immer nur diejenigen sind, die iu beiden Be-
ziehungen den europäischen Typus am nächsten stehen.
Nicht minder schwankt bei einem und demselben Volke
die Bewegung im Laufe der Zeit und es ist ein müßiges
Beginnen, auf Grund der in einigen Jahren beobachteten
Zunahme die Zahlen vorausberechnen zu wollen, welche
am Ende des 20. Jahrhunderts oder auch nur binnen
einigen Jahrzehnten Länder wie Kußland, Deutschland.
Frankreich oder die Vereinigten Staaten aufweisen
werden. Die Geburtsziftern sind im größten Teile
dieser Länder im Rückgang. Sicher ist allein, daß
diese Bevölkerungen noch eine Zeitlang fortwachsen wer-
den, wahrscheinlich indessen mit stets abnehmender Ge-
schwindigkeit. Jene Zunahme ebenso wie diese Ab-
schwäcliung werden durch viele L^rsachen bedingt er-
scheinen, den größten Einfluß werden aber die Ausdeh-
nung und Fruchtbarkeit des Bodens und die klimatische
Lage ausüben.
Wenn wir die Summen des Zuwachses in Europa
ins Auge fassen, wie die Beobachtungen der letzten Jahr-
zehnte sie kennen leliren-), nehmen mit mehr als 1*^0
durchschnittlichen Jahreszuwachses die Länder des NordenSt
Dänemark. Norwegen. Rußland. Niederlande, Schweden
die höchste Stelle ein; von 0,7 — 1 "o weisen hauptsäch-
lich die mitteleuropäischen Länder auf: Großbritannien
und Irland. Deutsches Reich, Belgien, Portugal, Oester-
reich-Ungarn : weniger als 0.7 bis herab zu 0.1 (> zeigea
ibweü, Italien , Luxemburg, Spitniin, Fninkreicti , :ilsi>
apteächlich eBdeuropäische LändiT. Im allgemeinet)
Bt sich also eine Abnahme des YMvachses von Norden
ich Soden konstatieren. Doch sind die Ursachen ver-
bieden. Im Korden und Nordosten Europas achreitet
i weitem menschenleerem Felde die Kolonisation noch
ft, d. h. die Bevölkerung hat Raum sich auszubreiten,
» Niederlande- schaffen sich Raum durch Eindeichungen
id Anstrocknungen. Großbritannien. Deutschlnnd und
ligien haben gro&e gewerbliche Hilfsquellen zu eut-
iekeln. Oesterreich hat besonders im Osten noch Land-
MrSaä: Geburten. Todesßlle wie Trauungen steigern
le Frequenz in Opsterreich von Westen nach Osten, in
migerem Maße von Süden nach Norden. In SSdeuropn
kennt man eine andere Beziehung zwischen der Zu'
ikrae und Dichtigkeit. Es gibt in Europa Länder mit
tsr Zunahme. Italien, dessen Bevölkerung sich im
ntigen Umfange des Landes seit 3<I0 Jahren nur ver-
reifacht hal, ist hinsichtlich der Dichtigkeit ein älteres
ind als die genannten Länder Noril- und O.iteuropas.
e die gleiche Zunahme teilweise in den letzten 10(J Jah-
11 bewirkten. In Spanien und der Schweiz treten Gründe
!r Hr)henlnge und Bodengestalt in Wirkung. Ungarn
16 Frankreich aber zeigen den Einfluli von gesellachaft-
slien Zuständen und Sitten, die noch zu berühren sein
erden.
Man wird geneigt sein, für die Bevölkerungsbewegung in de«
Sheren Lngen einen anderen Gang vorn ue zusehen , als in den
•feren ond einige Untersuchungen, besonders Zampas Demografia
Aliana (1881) scbienen zu bestätigen, daß in den Gebirgen weniger
(linrten. weniger SterbciUlle, eine längere Lebensdauer, aber eine
ningere physische Rntwickelung sich zeige. Für Italien sowohl, als
«h «pater für Tirol, Vorarlberg und NiederÖHterreich') haben
^( seitherigen Erhebungen keineswegs einen so klaren Zusamnien-
lU); «rgeben, der Qbrigens bei den zahlreichen und maniiigfiilligen
Jwnflogsungen, die zunächst daa wirtschattliche nnil sociale Li-beii
m Välter durch Höhe und Bodengestalt erfUhrt, nicht evwartttt
Wfden darf. Vorzüglich bildet der Mangel der Städte und du*
pütdiich anders geartete Erwerbsleben eine breite Zone, daroh
*clche hindurch Höhen- und Gestaltverhältnisse des Bodcni ' '
■»t nf die Bevölkerungsbewegung wirksam zu zeigen vermO|
Die gewaltigsten Zunahmen zeigen natürlich die ijf
1 du» ji
laroh ^^H
«ob ^^^H
1
298 ^^^ VerändeningeD der Bevölkorungsiahlen.
bevölkerten, noch in den Anfangen der Auffiillung siel
befindenden Kolonialländer. Die Zunahmen bewegtei
sich 1870 — 1880 in Dakota, Colorado, Arizona. Nebraska
Washington zwischen 858 und 213%; selbst im ent-
fernten Amurgebiet hat sich von 1857 — 1879 die Be-
völkerung vervierzehnfacht. Szetschuen soll von 184:
bis 1885 seine Bevölkerung von 22 auf 71 Millionen ge-
steigert haben. Der Grund dieser gewaltigen Zunahme
würde hauptsächlich in der Jugend dieser Provinz zu suchen
sein, und dann in der Ruhe, deren dieselbe sich während
der verheerenden Kriegs* und Hungerzeiten seit Anfang
der 50er Jahre erfreute.
Schon in Jahrzehnten werden beträchtliche Ver
Schiebungen der Machtverhältnisse und Kultureinflüsse au:
dem so ungleichen Wachsen der Bevölkerungszahl hervor
gehen. Es genügt die Zusammenstellung der Bevölkerungs-
zahlen wichtigerer Länder aus wenig weit entlegenen Zeit-
räumen, um die Größe dieser Verschiebungen zu ermessen
Deutschland zählte 1864 im heutigen Umfange (abei
ohne Elsaß-Lothringen) 38101751, 1885 45311349
Frankreich 18(36 38067094 (und mit Abzug der 1871
verlorenen Gebiete gegen 37000000), 1886 37930759
Großbritannien und Irland 1861 29070723 und 1881
35 241 482, die Vereinigten Staaten von Nordamerika 186(
31 02(5694 und 1890 über 60000000, Oesterreich-Ungan
1864 (ohne die 1866 abgetretenen Gebiete) 35292547
1880 (ohne Bosnien und Herzegowina) 37 882 712. Di«
Bevölkerung des europäischen Kußland samt Polen und
Finnland wurde 1866 zu 68141233 angegeben, während
seit 1887 91956401 erscheinen, die mit der Bevölkerung
Kaukasiens auf über 99000000 anwachsen. Frankrei(i
wird im Verhältnis zu den übrigen Großmächten Europas
von Jahrzehnt zu Jahrzehnt kleiner erscheinen, weil swne
Volkszahl langsamer wächst, und die Vereinigten Staaten
werden alle europäischen Staaten überragen, weil ihre Be-
völkerung so viel schneller wächst. Man hat oft daran er-
innert, daß in einem Zeitraum von 60 Jahren Preußen sein«
Bevölkerung verdoppelte, während diejenige Frankreichs nu
um ^':. zunahm. Nur zum Teil allerdings werden sich di
Kik-liKüU)( in warheendtn <.lehieteii.
Prophezeiungen weitaiditiger aber zu weitsic iger Sta-
tistuter bewäbteti, wiflche vorausseheL, daß im .lahre 20W>
Deutschliuxl riciriiial no volkreich als Frankreich seiu, Kutilnnd
&ber nahezu eine halbe Milliarde Menschen zählen werde.
Die Völker können nicht immer 8o fortwnchsen wie heute.
Schon (gehören einzelne deutacheLnndscliaften zu denjenigen
Ländern der Erde, wo die Menschen um diehteaten beisam-
menwohnen und im Inneren jedea wachsenden Volkes zeigeo
sich die Ansätze zu einer Äendening im Tempo der fort-
schreitenden Bewegung. Auch hier die Mahnung an den
Geographen, sich nicht hei Summen und Durchschnitten so
beruhigen, sondern mit t^einer Frage Wo!" «n die Einzel-
: icahlen heranzutreten, welche die Summen erst aufbauen.
I Rnckgang ia wachsenden Gebieten. Wenn die Zu-
I uhme. wie wir sehen, in civilisierten Htaaten eine zwar
I in Hngleichem Haöe sich verwirklichende, aber im oll-
' gemeinen nicht fehlende Erscheinung ist. so gilt nicht
das Gleiche von den einzelnen nationalen oder wirtschaft-
lichen Gruppen dieser Staaten und die Abweichungen von
jener Kegel werden um so gröfier. je enger der Lebens-
kreis, den wir ins Auge fassen. Manches von unseren
Alpendörfern wDrde Mchwer die Hilfsquellen vermehren
können, von welchen es abhängt: es kann blolj seine
Bevölkerungszahl erhalten, nicht die.«elbe vergrößern, und
die notwendige Folge ist dann das Herauf- und Hinab-
schwanken seiner Bevölkerungszahl, die in günstigen
Jahren durch Zuzug von Arbeitern sich vermehrt, in
ungünstigen sich vermindert. Außerdem ist aber auch
die Vermehrung durch Geburten ungemein schwanketid-
Ich habe erst jüngst einen Auszug aus dem bis zum Jahr
l&2i zurückreichenden Tauf buche des malerischen Dörf-
chens Bayerisch Zell am Fulie des Wendelstein gegeben ^1.
aus welchem ich hier wiederholen will. datJ die durch-
schnittliche Geburtszahl für ein Jahrzehnt in diesen 2t>2
Jahren zwischen den Extremen 146 und ^8 schwankt,
und daü die ö amtlichen Zähtungen unseres Jahrhunder
diesem Gebirgsdörfchen 377. 400. 449. 3S.'>. 40i; Seelen z
weisen. An den Grenzen der Bewohnbarkeit — Bayeris
300 Rückgang und Fortschritt
Zell ist (las höchste Dorf im Thal — sind Stillstaude
oder rückgäugige Bewegungen am ehesten zu erwarten.
In allen deutschen Gebirgslandschaften kommen sie vor.
Der Bezirk Rothenbuch im inneren Spessart zählte 1827
1103(>, 1837 12059, 184G 12402, 1861 10707. 18H7
10 700, 187() 1(»094 Einwohner. Aehnlich an der po-
laren Grenze. Die Bevölkerung Islands zeigte in den
Jahren 1881 — 84 folgende Schwankungen: 72453, 71775,
09 772, 70513. Bezeichnend för die Ursachen dieser
Schwankungen ist, daß das SOdanit eine leichte Steigerung,
das Nord- und Ostiimt, sowie das Westamt eine Ver-
minderung zeigt.
An dem allgemeinen Charakter der Volksbeweguug,
in erster Linie am positiven oder negativen Zug des-
selben, beteiligen sich in einer größeren Gemeinschaft in
der Regel nur die gi-öfaeren Glieder alle, während um so
mehr Abweichungen uns entgegentreten, zu je kleineren
Teilen der Gemeinschaft wir herabsteigen. Und die Be-
wegung erscheint uns eben nur darum als eine so gleich-
artige, weil uns auf höherer Kulturstufe meist nur größere
Bevölkerungsmassen in Völkern und Staaten entgegen-
treten. Aus demselben Grunde erstaunen wir nicht, bei
tief erst eh enden Völkern ganz andere Verhältnisse zu fin-
den, denn sie treten uns in der Regel nur in Bruchteilen
entgegen, deren Bewegung leicht in ganz entgegengesetzten
Richtungen geht. Außer den beiden Mecklenburg gibt es
z. B. in Deutschland keinen selbständigen Staat, dessen Be-
völkerung in den letzten Jahrzehnten entschieden zurilckge- .
gangen wäre, wohl aber gibt es genug kleinere Bezirke große- ■
rer Gebiete, wo dies zu beobachten ist. Die großen Städte
Europas gehen alle fast ohne Ausnahme vorwärts, aber
wenn man sie aus der Verbindung mit ihren ländlichen
Bezirken herauslöst, zeigen letztere oft wenig von dem
Fortschritt, der das Ganze zu charakterisieren schien. Die
französischen Departements Sarthe und Manche gehen
zurück, wenn man sie ohne ihre fortschreitenden Städte
Le Maus und Cherbourg betrachtet: Seine inferieure ist
im Rückgang, Ronen und Havre nehmen zu. Der Dörfer,
welche bei einer oder mehreren aufeinanderfoljjenden Zäh-
ki^en Vcriaite' wirk, 'tmrf -m- Tuuntnib»^ f-ttloiMitr «u<Jt
locb das gnfifr WM&RnniL -bv ^i&(r<t^ -v»«wHiQii*Ji nuii
Imeh Znng av dn lüMkcu IIxik ZQiUuuiwi *ui D^>C-
1887. l«Jl._lffi* t*lpllm flb- dtivHuiK CiHiritr «w Imuu'.'
I» 'tin- l»HVtaftft<lhn %H1(i^t
4W :Kif .öiii Jfl':;
ZiÄ- "iTii' UMV +:!t
SÄ i** iC» «t
Dm öi nmB»t& \itmauat Sitiriw mr. v-tttwii t^tb'
ftiufiui. Vh» tti ttf*U)iMtbitijBHV
udacB Oim hfausi&wHL £ir<Min «i Mwaim. hitw iiiiV'
hwBeTalliiMEiiiuiiiiiliun-»m ' "■ ur n btiuwjb';! Jif<>>^<»'i
ik mf 4^ G«ifnn«iiUui]!Fin!uui. uun^^iw^ »lui. i<i> il*']«'!
■ks ia laJ miii igBfttHfttn. «rultii: m-ri (ii* j^iiii mi (t.>
biftr. tcd» 4iB<dL •WiiirvniUi'frwriiul C'.ttHUiiufr.iuiioi,-
itfai£'. Er^* (-ti— :i Xr» und— iiitj„ • Ir (io '>:..(r.-!ii.:i
Wbv».;. it ru'w.Eiiinim— i.-v-^Mii'i. ■■■■I ■»■riiiri..-
*tt-rs *>ir-« «'luufi- i,«i,. ...-. ...- V,.,,,.-:,.,:.,.
^tni-ta.- t'iit iji"j;iii'iiiiiiiiiii üiii ■■■ ■•'■■■ i ■ •
S- vor* lin--(i'i-' n" 1,-iii'ij
Lsli"! i.l.(..r-.-l !..l ■.-■j..-,n;-, >■ ■■ .,- ■. :.■«!/
k^KtU* l':;I liHi;--.-.ii;^i v, : .i ''' ■ outm-lliiL'
JjkwinmiiliiifJf viuw-i.vi;v-Äi' .-.■■V (L -:\<e,i,.- i.i.l aO tO%
'i-e "' •irmmti-fuuj: ic- i-.i'v ü-, .
l^O'l Verkehr und Rflckgang.
durch Auswanderung sich vollkommen entvölkerte, des:
Hütten auf Abbruch verkauft worden, und über desi
Stelle heute der Pflug geht *). Wohl aber sind Höfe u
Häuser verödet und zwar nicht allein durch überseeisc
Auswanderung, sondern auch schon durch leichtere Vi
Schiebungen , welche z. B. bei Verlegung von Verkek
wegen das Aufblühen einiger begünstigter Orte zu C
gunsten anderer bewirkt hat. Jedermann weiß, von welcl
großen Wirksamkeit in dieser Beziehung die Eisenbahn
gewesen sind. Frankreich zeigt in der beschleunigt
Abnahme der Bevölkerung in fast der Hälfte seiner E
partements (41) seit 1840 den Einfluß der Eisenbahn«
die die Beweglichkeit der Einzelnen steigerten und <
Gewerbe und den Handel stärker konzentrierten. Um
deutlicher zeigt es denselben, als der Abfluß vorher seh
bedeutend war. In Italien sahen 2144 Gemeinden ihre I
völkerung zwischen den Zählungen von 1871 und 18^
die eine Zunahme umO,G®n zeigten, sich vermindern, v
diesen hatten 1940 weniger als 5(H)() Einwohner. I
Verminderung war am stärksten im Norden und Süd
und im Anziehungskreis von Rom und Neapel.
Es gibt in Deutschland überhaupt keine Fläche v
100 Quadratmeilen, auf welcher nicht an mehreren Stell
Rückgang zu verzeichnen wäre. Die Thaisache ist nie
mehr erstaunlich, wenn uns die Statistik lehrt, daß
den einzelnen Gebieten die Zunahme weit über das M
der natürlichen Vermehrung hinausgeht und daß in d
Jahren 1880/85 der üeberschuß der Geburten 2t>0185
die Bevölkerungszunahme aber nur 1621043 betrug,
daß ein Verlust (mit Einrechnung von nicht ausgeglichen
Zählungsfehlem) von 980215 sich ergibt, welcher dur
Auswanderung entstanden sein muß, wenn auch die St
tistik der überseeischen Auswanderung nur 817 703 a
zeigt. Dieser Verlust trifft fast alle größeren Gebie
Deutschlands mit Ausnahme Berlins und der Rheinprovir
besonders die Ostseeprovinzen, Posen und den Südwest«
Dr. Hardegg hat jüngst die auffallend geringe B
Völkerungszunahme in Baden hervorgehoben, wo 181
bis 1885 die Bevölkerung nur um 2800O gewachsen i
Rackgaii){ in (leutHulieii 1 k'ljiuli-u.
I-
^^^■r C«berschu& der Ueburt«ii Ubt-r <liv •*-
■■D betrug. Im grßüten TeU An» )>iiaiiir:li^n •'•
{JmSou d'K Bevölkerung nb, eh«n<H> im O'l»»»
Die Zählung tnn IHS:> tuit ul«
r abnehmender Berölkening f^MÜn n«i '>,<m,
haad M2. Strelitz :{,^2. .Sifpimnniferi 2.l»>, HMltri
, FAtLobK^ 2,43. tnterfninkcn 2,1!', MuriiniwvrtlM-
, Jagitkrew 1^4. Lothrmgra 1.21. (llwHiMWftt l,Mf,
^HB 0;92. Sc^weciti 0.68^* D«iige«i«a«ii. Km4Jim
Aom Gtshietea wt BbsTflllwrt. 4i<r awrwt«« ((«hiVrcfi
tm ihii*iiliHiiliii Aber n aJW tAuAwit mit
IV tliiMiiaMg iit £c yaifcwi ia 4«rr K*«*) t»»H'
xtJkm^m. 4^ w We— law rtdiii l -> titft'XW
-■ -' ■ M I4C«M av. falMl «■ »WUMiV «*h-
^ai^ tWB^»« AM l«2Mt tr*«M MH4,
(Mir <^iuiiänram«iJt- -inmii'n . ht (ii' Ü^'-uU^y m^ )'M'
■■«rii- M hj u*ai £wi';ii'n Ä^tWiiiiii ii*> J(:1h«^I>>,*m./
rdtaniTic uinnJimteiiU'n iwuoo-Mj^iluii ' i->i.m^ ^U:**:'
IE ßK tiiiniHrttff^viili.fJvn. ^ (!■?• mtiw (in' miW,>j"
rtwli« wr ritt jrriii*^':! (j"?!«*!* JU'sHi*'^*««,«« i".-;'
T £inutmu!' «n uwi tlüi-^ '!*■ l ***:*< l»>}*^;» it"'/.>- •''.•
1: J;«in •' ■'' " ■"
iiiriHitTnii l»j!iÄ. ivniüufii:
Geburten-
Ueber-
schuß.
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k(
1
12,34
11,01
1
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t
11,01
8,27
4
1
10,4ti
It
<
t
30 4 Zunahme und Dichtigkeit in Deutschland.
Zunahme
1880—85.
Rgbz. Oppeln 7,07
Brandenburg ohne Berlin *^) . 0,55
Hannover (ohne Hildesheim),
Oldenburg, Bremen, Rgbz.
Münster 5,49
Bavem, r. d. Rh 4,98
Hessen-Nassau, Hessen, Lippe,
Waldeck, Rgbz. Minden 4,88
Rgbz. Breslau und Liegnite 3,70
Württemberg, Baden u. Hohen-
zoUem 2,98 10,33 h
Hamburg, Lübeck, Schleswig-
Holstein, Mecklenburg, Pom-
mern 2,72 ll,8:i :
Ost- u. Westpreußeu . . . 1,()0 12,28 i
Elsaß-Lothringen u.Rlieinpfalz 1,49 9,0(» 1
Prov. Posen 1,43 14,74 i
Die sechs ersten Gruppen liaben alle das Ge
sanie, stärkste Zunahme mit dichter Bevölkerung
hohem Geburten Überschuß zu verbinden, in den ül
neun Gruppen sind vier, welche mit geringer Dicht
geringe Zunahme und beträchtlichen Geburtenüber
und drei, welche mit großer Dichtigkeit geringe Zui
und mäßigen Geburtenüberschuß vereinigen. Geogra]
ordnet sich eine Anzahl dieser Gruppen ganz nat
zusammen. Den Charakter der dichten, noch wachs
Zusammendrängung unter großem Geburtenüber
tragen die städte- und gewerbreichen Gebiete 3
deutschlands von der Rheinprovinz bis Oberschlesier
dünner Bevölkerung verbinden großen Geburtenüber
und schwache Zunahme die Küstengebiete und der
Osten : mit dichter Bevölkerung endlich und klei:
Geburtenüberschuß zeigt mäßige oder geringe Zui
der Südwesten des Reiches. Das reilitsrlieinische B
und die Regierungsbezirke Breslau und Liegnitz seh
sA » Biw g i rt Ji iilii T ill II Gra^pm wtä aJitfrtMimMiAAR M«^'
nulen an.
Diese ri^eidMn fäui kSJs^ «>wiUMtnrtfMw4, «wl
Jv bwon fc n. wo sie la itaaa na^f^tt KfwtMn' »rMAttyAiA«
Daliegen etluiffeB. sie eü» '^K&wfasi.lWKn ^.'%iw»l(]Ui!ir. «/^
bald sie Sb«r ggSba% ^iKÄwfi^ ^-^mr-v. wut. ttt lU*
XanuB& Kod aiebt nur !|e»Uiift F^^pntrr'HnMtft«. &A4^ti
wtv asaelne ArmuinHiiiam < .'Ltfiiiwv. iA f ImIm. iMtvmtf
Hit 1801. d. b. 9«E iW «obta inuuMrRn. JtitAudMw. M'
Hm leit l^-2£ im BSrIrshiie Ein. zmtW ^>uhuHt ^'
stthcad Mu den S^agacmmunai &>tHHMr-.tIi>'^. ^.«lAM ^it^<
Wct-Oannme. Tar n ob » w nniiw. 9^u^ KMifitt^ ^/rit<*
puttBena venigpr Einwniiiiitr u« '4). .t-ilW lii^wm
• httieiL noeii wiatum -l^ D<ttMrnaa««n' ^.^)M rmtff^
'ErW: i;>Hr n 5jimn:i 'l-i;:..'. v--i ..— -:• ii.-M .l.. ■:,..:.
!•■ -^.w ■ttnziii'- -firiniü^rri^ ,^i
'~r ir.iri.- Bf-.'.üv'-r. ::!?-■-■
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Kwri«n .n -.Hr-r i- . -
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*-i3i«raiir- im -=<^&<: r ■
30<> Bewegung und Verlagerung.
Maros und Theiü (Temeser Baiuit) haben 1869 — 1^
nahezu 3V, nämlich von 7 285485 217 729 verlor
Die allgemeine Erfahrung zeigt, dali der geringe (
burtsüberschuiä in Ungarn so gut bei Magyaren '
Deutschen vorkommt, während einzelne Nationalitä
rascher zunehmen. Dazu gehört die romanische und
meisten Zweige des slavischen Stammes, wie denn (
lizien und Bukowina 1870—1880 um 0,78 jährlich j
wachsen sind. Für einen großen Teil der österreichisch
und deutschen Länder ist die Wachstumsquote der Juc
0,3 bis 0,5 größer als diejenige der unter gleichen V»
hältnissen lebenden benachbarten christlichen Bevölkerui
Die inneren Veränderungen, welche in einem natioi
gemischten Staate derartige Unterschiede hervorbring
müssen, seien nur angedeutet.
Diese Bewegungen von so verschiedener Star
machen den Eindruck einer langsamen Verlagorui
durch Hin- und Rückströmung in engen Grenzen, wol
bestimmte Punkte anziehend wirken, um welche die Mass
sich immer dichter sammeln, während an anderen Stell
Verdünnung, Lockerung eintritt. Seit Jahrzehnten si
diese Anziehungspunkte die großen Städte und Industri
gebiete. Frankreich zeigt stärkere Zunahme als Verdo
pelung in den Städten und Stadtgebieten Paris, Lyc
Marseille, Bordeaux und in den industriellen Departemei
Nord und Loire. Von den 10 Arrondissements Fran
reichs, deren Bevölkerung sich mehr als verdoppelt h;
danken 7 ihr Wachstum den Gewerben , t> den Kohle
becken, 5 dem Seehandel. Das Gebiet der Zunahme i
50 % und mehr bildet eine zusammenhängende strahli
Fläche, deren Kern die gewerbreichen Departements Lei
und Rhone sind, und die eine nördliche Verlängerung
das Seinebecken, eine südwestliche bis Perpignan, ei
westliche an der Loire abwärts in die Bretagne send
Abgesonderte Gebiete stärkerer Zunahme liegen an d
Ostgrenze, im Nordwesten, im Pyrenäenvorland und an i
östlichen Mittelmeerküste. Der Ackerbau läßt nur ein hin
sames Wachstum der Bevölkerung zu. Die Erträge sind n
bis zu einem gewissen Grade zu steigern, der Boden kai
Bemmwag aekertwieiider Bevfilkci-anifen. ^^i^tT
a ein bestiiiimt«» Mnü hinaus niclit geteilt wcMon.
der Abneignng gegea Bodenteüuiig liegt der Hllck-
Dg deutscher Bauernschaften wesentlich b^nrOndet Die
nstoi Ackerbaugebiete sind in Deutschland di^enigen.
t die BefOlkerung, wiewohl dünn gesilet, am Ungnnm-
yi tnnimint. In dieser ohnehin trKgeu Bewegung Iiimmph
rtbergebende Störuugen des Betriebes tiefe Hpiin'li.
nt alle die 53 Arrondissemente Frankreichs, W(-Icht>
5c^BDg der Bevölkerung seit 1601 zeigen, liegen ili
■ Ackerbaugebieten. Die Nomiandie, wo die Wimtt
ma mehr Ackerland sich unterwirft, ist das grOUtc
tUet der Abnahme. Die PhTlloxerii hat in der Uiitiir-
Uicnte, die Seidenwurmseuche in der Islire, die Auf-
tbiiDg des Erappbaues und die Phylloxera in der Vau*
bx iit Bildliche Bevölkerung in KQckgang g«hra«ht').
So bemchen to jedem Land«; verschieden« T;cp6ii
ler BevBlkerungsbewegung. weicht- di»; »llgcmwin'-
le»r«-.u:Ä in -lern 'j^-amtgehif-t'- üul't.nu.rc. l>'„- '/,„-
liiLr iir .irutscher. Bpf-ilkt-mnif v',t> I^^'i-I>>,', „i„
^iM^j iä? reicht s-zti~ia>:rA <;harak"Ti''i*Tt nU i\t< <-ir>f.ir h>
I^ -^'i >;.-wiii'i-?r;r.i. Wir f*^h-r. •'.■jur <i.f't. '.ff-
itäec R:l';(iirin!r ir. slrlrn "irriler Z;ff^-fr. rr.ir {.'■■/;tr,-ifn.
"«cy-ä-ic m -t'> B-t;h:i;!r,if -i.-.rr-^v... !>*.- i'.t.<\>-T-j-:',r,,-
iWiv -.3 -Irr *ummf zVirr. -r'.r. . ■— r..-. f].^ Z-, .^r.m--
il»rin<*;n lUii wran •!•; i.-r^r Fi: - -■ !-, \r....tr.nf ■■■■•■
atr. 'iiiT^P ib'-r ir:;*-ii -rä-:\rr- '/. ..i.-.k.- ... «.-u-'-j.
feirf-a --rapidifr »Iri»^ N-;;.- i/,'T -m.- Jin-i /..nu
■li -if »r-nig^r -in.- -imi -fi-TiT....- /^n.- f^ .>.? * .:,- y,
KvA-a. iiit T-ii-hi- A.- i." "iin; li- i". <r..'ii|.- < ■!, nt
htf.tnnusrtt iitr-T A,".j«iy-»r * ri i •■"■ t..- ,- 'üLi-n-rit..!,
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:^08 Typen der Bevölkerungsbewegung.
schied der letzteren; je gröüer die I^nme. desto gleichartiger d
Durchschnitte. So verschwinden z. B. in einer Aufzählung d<
europäischen Staaten, der Länder Nordamerikas, Australiens al
Fälle von Rückgang, welche doch so stark ausgeprägt in Irlant
in mehr als einem Drittel der französischen Departements, i
Mecklenburg, in den Indianergebieten, in den Gebieten der aunto
lischen Eingeborenen vorkommen.
Typen der Bevölkerungsbewegung. Die Vergleichüa
des Zuwachses in verschiedenen Teilen des Deutsche
Reiches hat uns Gruppen kennen lehren, welche Gebiet
von übereinstimmenden Dichtigkeits-, Geburtenüberschufi
und Zuwachsverhältnissen in sich vereinigten. JededieM
Gruppen hat etwas Typisches, wie schon die Uebereinsti»
mung der geographischen Lage ihrer einzelnen Gliedfl
erkennen läiät. Die gleichen Kombinationen kehren ii
anderen Teilen der Erde wieder.
Dichte Bevölkerung, großer Geburtenüber
schuß, starker Zuwachs teilen mit den mitteldeutschfll
Ländern alle großen Industriegebiete Europas. Wir nenodl
England und Wales, Belgien, in Frankreich die Departei
inents Nord und Pas de Calais, in der Schweiz die geweib^
reichen Nord ostkjin tone.
Dichte Bevölkerung, mäßiger Geburtenübeij
schuß, starker Zuwachs ist dagegen der Typus groi
städtischer Bezirke, denen als sehr bezeichnendes mm
mal noch die höhere Sterblichkeit gehört. Paris W
1 Sterbefall auf 83,5, die französischen Städte auf 35,1
ganz Frankreich auf 44,3 Bewohner. Diese Thatsacb
beeinträchtigt sehr die optimistischen Schlüsse auf iW
Kulturhöhe. Im Gegenteil nähert sich diese Eigens
und besonders die große Kindersterblichkeit niederen Vi
hältnissen, wie denn das enge, ungesunde Wohnen
driger Völker in den Großstädten wiederkehrt. In grö
räumlicher Ausbreitung kann dieser Typus ohne
Merkmal nur in den älteren Kolonialgebieten vorkom
in denen die ansässige Bevölkerung nur eine kleine ei
Vermehrung besitzt, während die Zuwanderung noch fi
lalirt, erheblich zu sein. Die Neuenglandstaaten,
besonders Rhode Island und Massachusetts, die bei
bevölkertsten Staaten der [Jnion, gehören hierher.
UewegUDg in übervölkertir'D und ulteD Länden
Dichte Bevölkerung bei geringer Z nc.
t iler Tvpua der Uebervölkerung. wobei eine lou
inorgebracfat werden kann durcli starken C cen-
l)erscfau&, welcher in der Auswaudt^rung aui'ge) wie in
kEd, oder geringen Geburlenüberttchulj , wel den
[fGchärften Eindruck der UeitervöJkerung, b de»
ioUtandes hervorbni}gt. Auf niederen Ku] tufeu
cten be^oudfers in den d '■tbevülkeiieu itut
mn Orientä und auf zu titben Inaoln e
ittel zur Verniiudening des Zuwachs c
U Notstände ihn nicht zurück ilrün gen, in » irKauuiKeii,.
[den »o häufig von Not b rohten oder heimgesuchten
kclkertei) Gebirgsgegende in Island und Grünland
fat dieser T^pus in ganz gk-iclier Weise wieder wit;
,AIIahabad.
£k Rotenbuch (Spessart) 18ö7 187(}— T. auf lOOOtP.
d 18811884 — 2(38 . lOOOll.
rönland") 1880 1 «85 - 8ti , lOOOn.
Ilababad 18T:'lH8)+ HO . lUOOll.
Kine Variante desselben wird durch die Verbindung
in dichter Bevölkerung mit geringer Kinderzahl
id geringer Sterblichkeitaziffer — der Zusammen-
ug der beiden letzten Thateachen ist klar — gebildet:
eselben verbinden sich zu dem Ergebnis eines Volkes von
diero DurchGcfanittf alter. Das ist der Tj-pus der alten
nlturvölker, in denen die Hoch Schätzung des Menschen-
ibeDS alle Mittel zu dessen Verlängerung findet, während
■gleich die mehr oder weniger dichte Bevölkerung die
itBrIiche V^ermehrung in präventiver Weise statt durch
ündsmord einschränkt. Die Statistik, welche nichts als
ine Rechnungsführung der Menschheit sein will, sieht
M« kleinen Kinderzahl bei grolaer Zahl der Erwachse-
fp nur den Vorteil, daü die Nation weniger Pflegebe-
ptftige und mehr Leistungsfähige umschtieät. Betrachtet
aber das Volk als einen lebendigen Körper, so liegt
der Abnahme der Geburtsziffer die Ursache immer
fterer Abnahme für eine längere Keihe künftiger Jahre,
die Zahl der Heranwachsenden, zur EheschUeßung
■^fwerdenden damit ebenso zurückgeht. Und wenn sie
310 Typus der Ueberkultur.
mit geographischem Blicke das Auftreten gleicher un
ähnlicher Erscheinungen auf der Erde mißt, so sieht s
in ihnen überall das allgemeine Gesetz wirksam, daü di
Bewegung der Bevölkerung, die auf niedrigerer Kultui
stufe einen kräftigeren lebendigeren Charakter gewinn
indem die Zahlenbewegung intensiver, die Raumbewegun
ausgreifender wird, sich verlangsamt mit steigender Eui
tur, welche raschen Umsatz der Menschenleben mehr al
alles scheut und vermeidet.
Hohe Kultur ist bezeichnet durch Hochstschätzun«
des Wertes der Menschenleben, die so wenig wie mög-
lich zerstört, so viel wie möglich erhalten werden. E*
wird also die Lebensdauer vermehrt, und gleichzeitig
nimmt die natürliche Vermehrung ab. Das Ergebnis isi
ein im Durchschnitt älteres Volk, dessen Aufbau durcl
das Zurücktreten der jüngeren und besonders der jüngster
Glieder gegenüber den sich zähe iorterhaltenden älterer
charakterisiert wird. Kein europäisches Volk entsprich
diesen Anfordeniugen so sehr wie das französische, desser
mittleres Alter ebenso groß wie seine Vermehrung gering
ist^). Aber eine ganze Reihe von Kulturvölkern, so-
wohl m Europa als in Nordamerika, schwankt ganz lang'
sam in einer Richtung, an deren äußerstem Ende wii
Frankreich erblicken, Frankreich, dessen Typus man ii
dieser Beziehung als den der Ueberkultur bezeichnet
könnte. Die Sterblichkeit wird geringer, die Geburter
nehmen ab, trotzdem die Eheschließungen zunehmen, mi'
anderen Worten: Es erreichen mehr Individuen ein höherei
Alter, aber es werden auch weniger Individuen geboren
das Ergebnis ist ein in der Summe älteres Volk. üi<
Bevölkerung des Deutschen Reiches konnte Ende 188(
auf 47 540 000 geschätzt werden. Während nun in
Dezennium 1878—87 88,9 Geburten auf 1000 gekommei
waren, entfielen 1887 auf dieselbe Zahl 38,4. Die Sterb
lichkeit aber, welche 1878—87 27,19 betragen hatte
belief sich 1887 nur auf 25,57. Aehnlich ist in de
Schweiz von 1871 — 8r) die Zahl der Geburten von tUJ
zu 28,() auf 1000 Einwohner zurückgegangen ^'').
Man erkennt leicht, daß dieser Tvpus auch eine Aehn
Typ«* junger Völker.
liilikeit mit demjenigen besitzt, den wir als } äi
sehen bezeichnet haben; er unterscheidet sich < JieBCui
liauptsächlicb durch den starken äuüeren Zu :tis der
l^roien Städte. Aber in alten anderen Bt lun^en
nehmen gegenüber dem Typus der alten Ki rvSlker
die großen btädte eine ähnliche Stellung ein, ^ benUg-
Üch der Bcvölkerungsdicbtigkeit die Inseln (a. i- .j. 238),
die wir statistisch frührei" t annt hal e MTk-
mftle, welche die Bevölkerung^j^wegung ■■ iir-
völkem aufweist, treten ebenso in den laten
früher auf und in dem MaÖe als die a<nri jer sich
immer städtischer gestalt«n, wandern sie über uns Land.
Ijeringe Geburte- und Sterbeziffern, Abnahme der Ehe-
schlietiungen und Zunahme der Ehescheidungen sowie
der außerehelichen Geburten sind Merkmale der franzBsi-
Khen Bevölkenmgsbewegung im ganzen, erreichten aber
^ts ihren Uochetand in Paris.
Dflnne Bevölkerung und rasche Zunahme
'lurch eigene Vermehrung und Zuwanderung
kann als kolonialer Tjpu.s bezeichnet werden oder auch
»Is Typus der jungen Völker. Völker, die jung auf ihrem
Boden sind, sind auch insofern jugendlicher als sie eine
KTäüeTe Zahl von jugendlichen Elementen umschliel^en.
In einer Zeit, die mit Bezug auf die Entwlckelung des
Landes als eine jugendliche bezeichnet werden kann.
Anfang der 40er Jahre, verhielt sich die Zahl der Per- -
wnen unter 15 Jahren in den Vereinigten Staaten zu der
in England mit Wales wie .''>:4"). Wo die Vermehrung
geringer geworden, wie in den verhältnismäßig alten
Neuenglandstaaten, prägt die Völkerjugend sich in anderen
Zeichen aus. So zeigt Rußland in Europa die größte
Zahl von Heiraten, Nordwest-Europa die kleinste, die
kinderarmen Ken england Staaten stehen aber Rußland nahe.
Es sind die Sitten junger weiter Länder, die sich hier berühren.
Große Kinderzahl und große Sterblichkeit
und als Ergebnis beider ein geringes Durch-
schnittsalter der Bevölkerung ist der Typus amier
Völker und armer Klassen, der Typus der Sklaven und
Proletarier und jenes Teiles kulturarmer Völker, welcher
312 Anue und rückgehende Völker.
noch nicht durch geringe Kinderzahl auf die schiefe
Ebene des Rückganges gelangt ist. Die Censusberichte
aus der Sklavenzeit der Vereinigten Staaten zeigen eine
gro&e Kinderzahl und einen Ueberschuß bis zum Alter
von 40 Jahren, dann einen raschen Abfall, so daß die
Zahl der Personen über 30 Jahren bei den Sklayen zu
den bei den Weißen sich wie 76: 100 verhalt. Die Kultur
erhöht die mittlere Lebensdauer, welche in Europa durch-
schnittlich bei den wirtschaftlich fortgeschrittensten Völ-
kern am größten ist. Selbst in den einzelnen Provinzen
wächst und sinkt sie mit der allgemeinen Kultur. Die
erste Zählung Bosniens ergab nur 6,59 ^/o über 60 Jahren
gegen 7,52 in Oesterreich. Fast jede in Oesterreich er-
scheinende Seuche tritt in Galizien am heftigsten auf.
einige haben sich dort geradezu eingenistet und 1881
starben dort 22,8 aller Gestorbenen an endemischen
Krankheiten.
Geringe Geburtenziffer bei großer Sterblich-
keit und häufig in Verbindung mit großer
äußerer Bewegung ist der Typus der meist im Rück-
gang befindlichen niedrigstehenden Völker, wie Australier.
Polynesier, die meisten Stämme der Indianer. Diese Art
von Bewegung ist heute auf die niedrigsten Schichten
der Menschheit beschränkt. Aber die Frage ist erlaubt:
Welches war der Zustand der Menschheit bei erheblich
geringerer Lebensdauer, größerer Sterblichkeit, geringerer
Aussicht der Erhaltung von Geschlecht zu Geschlechts
Es war der Zustand beständigen Ankämpfens gegen da?
Aussterben, gegen das Abreißen jenes Zusammenhanges
der Generationen, auf dem die Kultur beruht.
Die Zahl der Kinder ist auf niederer Stufe in der Regel
gering. In monogamischen Ehen wird dies schon dadurch bedingt,
daß die Zeit des Säugens leicht 3—4 Jahre währt. Auch bleibt
oft in dieser ganzen Zeit der geschlechtliche Umgang verboten.
Auf niedrigeren Stufen der Kultur ist allgemein üblich eine Säuge-
zeit, welche über zwei und mehr Jahre sich ausdehnt. Die geringen
Kinderzahlen sind häufig darauf zurückgeführt und die Thatsache
ist sogar mit dem „Aussterben der Naturvölker" in Verbindung
gebracht worden, zweifellos wird dadurch auch unter sonst günstigen
Kultnr\'erhältnis8en jener besondere Typus von Bevölkerungsbew**-
Die Kinderzahi. ^13
rag enea^, welcher durch geringe Gebnrtszahleu. klinn«) Fiimilimi.
laignmkeit der natürlichen Zunahme der Bevölkerung clmraktu-
rinert iit Der japanische Prosentsatz der Geburten von d.4H **),
v^deher trotz des dort bftufig su hörenden Sprichwortes: Gut«« IjMitü
Üben Tide Kinder, noch unter dem llinimum der uuropHiNiihitii,
■laüidi der französischen (2,5) bleibte wird hauptzAchlioh mit (l«iu
ittgCB Sftngen erklärt Aber auch in polygamischen Warh'mdwnjimi
KMCB die Weiber die Entfremdung des MunnoH duriih inr«
BckvtBgenchaft und Entbindung und daher die ho oll wiwittr-
kcbade Angabe über aufTallend geringe Zahl der Kind«r, tu» witt
>• fil P. Banr die geringe Zahl der Kinder in Usegua ImHiüiI., tiitt
«r abogftobisdien Gebrftuchen zuschreibt"). Im I>i«tr{kt HhUhh
Kf bwaB waren Ende der 30er Jahre unt«;r iHi V ttrUMniittiiM$i
ftkiaderioa. Die übrigen 73 hatten 299 Kinder, von tittttmt WJt
iBler 2 Jahren starben. Die Kinderzahlen der Arktik «r «itid •\u$*UMiM
9ttä|: Haa findet dnrchschnitÜich 1 Kind \tiii tlttn kumlt^hi^ii'
*ttd>£BkiBM>. 2 bei den Itahnem. 1—3 M d«ri zttftUnifrtt m^
«MllicfaeB Eddmo. 3 — 4 bei den christlichen fnfmiA^tem, i ^m
■MkanadiiclMB Indiaiifiitimmea, Von d^n ^^Ufitttfft %^4i m*
'o BeobaciitvBgcB anf wumt ^«rt«*:« ^hmnp^f^^ ^Um ^^MhU.
^ TOB 40^ faMftüiBetB 147 USamfsr. 14^ ¥nt.m$* *4u4 tl^^ ISf*^^
^ «twii 15 Jahren ) wv«» -••. ji!1v> 'ä ' i . Km^ >^nM*m*>*^>^*^Hi
**i AjiKHik» art-r- ii ^"r"!:. i»**r-i'.:*. > " .* *■..•.»• •**.*•*.*<••/ -, *« j'v
**'•• Kii)i**: IXT*»: 20 .'in-*-!, i !♦»-. j '• i -i,'.,» • «i
Auhunijiiierj tüiii ■.: ' ■* .vi /l.".*- '.-.i.^ •• »^^v« • ••v.'V^
*erdtii. djtL: CLi+fHi-IrM- %•*■;* ir*-»--!!^»" «..< *#». <.♦ • Jr , ■■.<,■'
^'^IkcTD. Aid Z.iir.iuiJi;*-i i.iiui uü i . ,» » i .i i i.,. • <• .•
IßsulsLiit'n. niuriiv. iiJii»-ii -r* wi^ri* i' i^i /■ #.. i. • /..
"6:1 »erL uit-f?r*r ki'.*i tHf:äij»j-fi /'i*- ' /" ii '. j . « .
iE.arj*^L: li. (iie^seii '^ wlj vj" --n^r; ':-. . i ■
'•^L *Tr«f.ii: iiDt n»* {>•".• •• -. / - '^♦' ■ « x
Ttil * 1. A'u? U» .laiil-r. ' •;■ ,. / -
-btr *»•• tluiir* ar. n - ^ .■ . .■ ■ . .• •
*:!! L*fl»*,*lJSV ♦ri'^ »^;.'' ' " ■ ' ' /'
314 Mittleres Lebensalter.
reicht: ein Zeichen, dali die Kultur nicht das nienschliclir
Leben verkürzt, .sondern es verlängerte^. Während e>
an ähnlichen Beobachtungen in der etlmographischen
Litteratur nicht mangelt ^^) — auffallend selten sieht man
Greise auf den photographischen Aufnahmen von Gruppen
Eingeborener — werden genaue Zählungen auf Grund zu-
verlässiger Altersangaben erst möglich, wo .die Wilden"
in den Kreis der Kultur eintreten. Doch kann man schon
jetzt sagen, daß die absteigende Bewegung der Lebens-
dauer, welche wir bei den Kulturvölkern dort beobachtea«
wo wir uns von höheren zu niederen Stufen begeben-
auch bei den Naturvölkern sich noch weiter fortsetzt -
Die Dauer einer Generation ist in auüereuropäi^
sehen Ländern in der Regel kleiner, weil der Zeitrauii'^^
von der Geburt bis zur Erzeugung von Kindern bei un?*
länger zu sein pflegt als bei Völkern heiüer Länder und
vieUeicht überhaupt bei Völkern auf einer tieferen Ge-^
sittungsstufe. deren frühzeitige Eheschlieüungen selteii
durch die Sitte und noch seltener, wie bei den Zula-
aus politischen Gründen verzögert werden*^).
Rasche Schwankungen. In den Kulturländern flndeu
wir rasche Schwankungen der Bevölkerungszahlen fast
nur in den kleinsten geographischen Einheiten, den
Dörfern, welche man sogar verschwinden und an anderen
Stellen neu erstehen sah. Aber diese Schwankungen,
an sich selten, gehen in den großen Zahlen unter, welche
uns einen ruhigen nur gegend weise in früheren Jahr-
hunderten durch große Kriege — der Drei ßi{g ährige Krieg
brachte die Bevölkerung Alt- Württembergs auf ^4. die-
jenige von 19 hennebergischen Dörfern auf S; herab —
unterbrochenen Fortgang in fast allen diesen Ländern
zeigen. Wenden wir uns anderen Gebieten zu. dann
ändert sich das Bild sehr bald und zwar um so rascher,
je kleiner dieselben sind. Je kleiner und selbständiger
ein geographisches Gebiet, desto schwankender das Schick-
sal eines Volkes auch nach der Zahl, wie Insel Völker
bezeugen, deren paar hundert Seelen in kurzer Frist aus-
sterben, und die sich aber ebenso rasch wieder bevölkern
Rasche Schwankungen. *4\f,
uai flogw flbenrdlkern können. Der kleine WaNHürvorrnl
HA sdMMi 18:31 die mehrfach genannte PitcairniniMrl
tb n klem ftr die noch nicht 100 Köpfe zählende ilif-
v'Sikang cnrlieinen, nnd es fanden AuHwanderuntfim
stitL die xvar in unserer Zeit nicht mehr, wie en frUn^
gu c h e h c M mr. diese Insel menschenleer machifn, H\H9r
sie dodi iB der Kultur zurückgehen lassen ktpftnlmt.
Aefadidbe FaDe intten wir schon früher zu berii^rht«» h,
0. SL 66). Die Aushang von Inseln durch ihre ^mix^
BffSlknmip irt als Folge der Strafezpeditiofien it^iM^Jh^r
imd caglndKi- Sdhiffe in den letzten Jahren m^hrf$n.U
L B. IM FaDe von Joannet eingetreti-D. Wie oz#;afifA^Ji^
IikIb. a» küMBlcii Tlttler im Hochgebirge ihre H^iitk^'
iVBgcn YtrlicveK. bc^ondefs durch Seai^kim. nm Amtu
ioidb Zoiayr tob aslaeii sich wieder m Yt^fAk^ttu. \fk^
llaildbkal ioQ im 1^. Jahfimidert doreb di^ F^^ »^-
Uct nmi jnnth Zccnz:; aa« nten. änbrukf« r>rw4 ^nnf-^^^f
läßt X-ru«^ liiüu: uir'ii miiiKi. :.lr/,r ♦.*•■• <,•*•-■ ?>'.»*/ ^*,
and vrmri;i**nr r.-ii irr- - 1;.* if.«--- *.'.'•• './•'
t>reiti:£Jäa rm-n Xrt^s t.*'iji;! r-.t- r:-. • «.y.i.; i
Später 3^irefi iT"-.»**? ••*••*. #^.'..j'i *-; **•'♦•- # - w
an d*rn ^^fUü^i t»--^ 2*4r~.;..- ■;• •- /' . y '/."-
infolipr ier Tlrir-nf-irir-L**- ..:.■ «i*- ;. r,;,.^ ,,.. , . '. . ,/
von i"*=*« *»-n «^iin: Jiü-r; r:. ' v*.'- •;- v /•- ./
an d»*r ♦T:"=;Tii:i' i*-r '■ i:*'«i.- '-
bieten 'tt?r £*ir'in^r _-- , •• • -- - , . . ., ,
lieh ganzt- "^ Jikr-r - ' .- . /
um einer vi'in«-.-'. c.^«* ■» - ^
31 1> Rasche Schwankungen.
gab eine auffallende Zunahme der farbigen Bevölkerung,
in einigen Bezirken, z. B. in dem von Queens Town von
()88<) auf 31 875 seit 1856, welche fast ausschließlich
auf Zuwanderung aus den unabhängigen Gebieten zurück-
zuführen war. 1852 folgten dem englischen Heere
7000 Fingu mit 30000 Rindern, als dasselbe von Kreli
zurückkehrte, und wurden am Bichattuß angesiedelt^^).
Als Mehemed Ali Sennaar erorberte. verlieü die ganze Be-
völkerung die Stadt und siedelte nach Aleiscb, einem Be-
zirk an der abessinischen Grenze, über. Umgekehrt zogen
sich in den 20er Jahren die Kordofaner nach Dar For
und 5*) Jahre später verschob die ägyptische Eroberung
von Dar For die Bevölkerungsverhältnis&e derart, daß zahl-
reiche Niederlassungen in der Ebene verödeten, deren
Bewohner in das Gebirge sich zurückzogen. Diese Nieder-
lassungen, deren Spuren Dr. Pfund 187(5 in großer Zahl
auf seiner Reise nach El Fascher begegnete, waren aber
selbst erst einige Jahre oder Jahrzehnte vorher von
Kordofanern begründet, die eingewandert waren um der
ägyptischen Willkür zu entgehen-^). Wenjukow berech-
net, daß von 1841 — 1>:3 die unabhängigen Völker des
Nordwestkaukasus durch Auswanderung und Tod in Ge-
fechten 1350O0 Seelen verloren hätten, d. i. 44 V**).
Vgl. auch den 10. Abschnitt am Schluß.
Werden Völker von so rasch wechselndem Wohnplatz ge-
schichtlich, so ist in ihrer Beurteilung dieser Eigenschaft wohl
Rechnung zu tragen, die dann als ein Ausdruck der allgemeinen
Kegel erscheint, daß die Politik auf dieser Stufe weniger mit Ländern
als mit Völkern rechnet. Wir wissen, daß in Nordamerika eben-
falls die .Sitte herrachte, hei Angriffen mächtiger Feinde zu weiter
nntfemten befreundeten Stämmen zu Hieben und das Land offen
liegen zu lassen. Daher die Schwierigkeit die Gebieie der einzelnen
Stämme festzuhalten. Die zwangsweisen Versetzungen sind dabei
nicht zu übersehen, denn ihr Betrag kann ein sehr hoher werden.
König Ali fährte aus seinem Bagirmikriege nach einheimischen
Angaben 30000 Freie und Sklaven in sein Land. Nachtigal h<
zwar die Zahl tür übertrieben, meint aber. 12 — 15 000 erreichten
vielleicht die Wahrheit nicht ganz -% Diese Versetzungen können
Verlegungen des politischen Gewichtes von großem Belang zur
Folge haben. Die Geschichte* europäisch- indianischer Beziehungen
in Nordamerika nimmt von dem Augenblicke der räumlichen
TrennunL' dpr fünf Nation**n fr^inen schwachen, zersplitterten Cha-
&e »rx ÄSK* kn> >Miiat>ri>^ "T r -a cai a mt»»^ ti»:
rmäeic «mxchI» e^wai:^ l^-nae-, I^ it-r^ite-TTr^c^
WM IL iji II gut «-■ 21iii*aa«^nn£ sc- d^s
318 ^^*is Zaihlenverhältnis der Gesclüechter.
Fremdeil' die verödeten HUtten wieder aufsuchen. Hier-
her gehört endlich die Verschmelzung ganzer Völker
und die Anschwellung ihrer Zahlen durch die systemati-
sche Einverleibung von Kriegsgefangenen. Die Verwen-
dung der Kriegsgefangenen zur Ausfüllung der Lücken,
welche Krieg oder Krankheiten in den heimischen Hütten
gerissen, gehörte zum öffentlichen Rechte der Indianer-
stamme, aber auch zu den Notwendigkeiten ihres Da-
seins und ihrer Forterhaltung. Das erste und wichtigste
nach der Rückkehr von einem glücklichen Kriegszug
war für die Sieger die Verteilung der Kriegsgefangenen.
Zuerst wurden die Weiber bedacht, welche Männer oder
Söhne verloren hatten, dann erfüllten die Krieger die
Verpflichtungen, welche sie gegen solche übernommen,
die ihnen Wampumgürtel gegeben hatten. Blieb ein
Rest, so wurde er den Alliierten überwiesen. Da die
Matronen an der Spitze der Sippen oder Clans standen
und au deren Erhaltung ein Interesse hatten, so begreift
man, daü oft von ihnen die Anregung zu Kriegszügen
ausging. War Not an Männern, so traten Kriegsgefangene
ohne weiteres gleichberechtigt in die Sippe ein.
Das Zahlenverhältnis der beiden Geschlechter. Die
Natur sorgt für annähernd gleiche Zahlen von Männern
und Weibern und bestimmt also ungefähr jedem Mann
ein Weib. Bei den kultivierten Völkern ist zwar ein
üeberschuü männlicher Geburten nachgewiesen und die
kürzere LebeUvsdauer der Männer ist eine weitverbreitete
Erscheinung von zum Teil sehr einfacher Begründung.
In dem Zahlenverhältnis der Weiber zu den Männern
liegt auch ein Rassenelement, denn im ganzen überwiegen
in Europa bei den romanischen und südslawischen Völkern
die Männer, bei den germanischen und nordslawischen
die Weiber. Aber viel mehr streben die Sitten und Ge-
bräuche der Menschen, sowie Einflüsse, deren Natur wir
noch nicht genau kennen, dieses Verhältnis zu ändern.
W'irtschaftliche und politische Verhältnisse häufen an
einer Stelle das eine Geschlecht stärker an. Wirkt die
montigamische Ehe immer einigermaßen ausgleichend
imd stfUt in verhältiüsinäliig kurzer Zeit
gewicht her. wo es z. B. in jungen Ländern en vc.
wiegende Einwanderung der Männer gestört "-de,
wirkt entgegengesetzt die Polygamie, die wesi h d«-
lieiträgt. auf niederen Kulturstufen das Gi i i
in der Zahl der beiden Geschlechter zu atöri ul^ u«
'lurcb die Bewegung der Bevölkerung gefährlicl Schwär
kungen auszusetzen. Die igewicl
ist ebenso bezeichnend fil cn, w.^ idij
Ersehntterung desselben 'iederer „.ufeu.
Bei sehr tiefstehend . die mi n Elend
ringen, scheint durchaus .^-r Weiber imiLer einer
Deberzahl von Mann« t uckzubleiben. Nach dem
Census von 1881 zahlten d geborenen der Kolonie Süä-
augtralien im engeren Sini cefeaktlste bis 26 " s. B.) 5ti2?.
wovon 2430 dem weiblicbtu ueschlecht angehörten : von den
in dieser Zahl enthaltenen ä^(t Kindern waren auch nur 405
weibliche- Zunächst trifft der hier all verbreitete Kinds-
mord das schwächere Geschlecht am schiirfsten und auf
seiue überlebenden Glieder legt sich am härtesten die Last
des Lebens, die vor allem bei wandernden Völkern unge-
recht verteilt ist. Wenn eine Bevölkerung zurückgeht, so
scheint zuerst der weiMiche Teil rascher sich zu vermin-
dern als der männliche. Derartige Völker pflegen kriege-
riaeh gesinnt /.u sein. Der Verlust eines Weibes ist kein
Verlust für einen kriegerischen Stamm, er wird wenigstens
nicht als solcher betrachtet, da er nur das Individuum
betrifft. Einzelstehende Weiber lälit man unbarmherzig
untergehen. Je härter der Kampf ums Leben, desto
Parker das Bedürfnis des Anschlusses des schwächeren
Teiles an den stärkeren, daher in einem Lande wie Grön-
luid einzellebende Weiber ohne münntiche Kinder auf
liie Daner nicht zu existieren vermögen. Von einem
öeberachuü an Weibern kann also hier keine Rede sein,
oder höchstens nur in ganz vorübergehender Weise. Und
•« ist denn sehr glaublich, was Beveridge in seinen Ab-
b&ndJungen über die Eingeborenen der Lakustrin- De-
pression SOdaustraliens ausspricht, datj in allen Stämmen
die Männer beträchtlich Überwiegen. Die Ursache davon
;J2(> Ueberzahl von Männern.
sucht er in großer Sterblichkeit der erwachsenen Wei-
ber durch frühes Mutterwerden, Ueberarbeitung, Entbeh-
rung, ZUgellosigkeit und GewaltthUtigkeit der Männer.
Schon Forster hat in Polynesien auf diese Ungleichheit
aufmerksam gemacht und sie ist später bestätigt worden.
Das Verhältnis war vielfach ein ganz abnormes, bis zu
l Weib auf 4 — 5 Männer steigendes, wie es bei den Ein-
geborenen Hawaiis noch später gefunden ward. Und
Kapitän Geisler fand 1883 auf der Osterinsel unter den
1^)0, welche den ärmlichen Rest der einst viel größeren
Bevölkerung darstellten, 07 Männer, 30 Frauen und
44 Kinder. Die erste Zählung in Fidschi wies 57493
männliche und 51431 weibliche Individuen nach. Da«
genaue Verzeichnis der Bevölkerung des Kupferflu^^
bietes von Henry T. Allen gibt 128 Männer. 98 Frauen,
140 Kinder. In Afrika fand Fran9ois Ursache bei seiner
Reise zum Mona Tenda über die tiberwiegende Zahl der
männlichen über die weiblichen Personen bei diesem
Zweige der Baluba erstaunt zu sein. Und der fast ganz
nomadische Stamm der Auhid Ali, der hervorragendste
der ägyptischen Beduinenstämme — 1882 wohnten 81*1«
in Zelten, 11» 'V» in Hütten — hat auf 100 männliche
71,r> weibliche Individuen aufzuweisen^'').
Die geringere Zahl der Frauen wirft als Merkmal
der Koloniall ander, weil überall weniger Frauen ak
Männer wandern, ein weiteres Licht auf dieses Mißverhält-
nis. Der unruhige Zustand vieler Völker auf barbarischer
Stufe, ist dem Anwachsen des weiblichen Elementes nicht
günstig. Es gibt groüe Auswanderungen, wie die der Chi-
nesen nach den üferländern des Stillen Ozeans und West-
indien, in welchen die Frau noch nicht zu 1 ^,o vertreten
ist. In Britisch-Guyana kommen trotz der geregelteren Aus-
wanderung der Indier im ganzen etwa 10000 Kulifrauen
auf 30000 Männer. Der Census vom 30. September 1880
gab in Pietermaritzburg an KaflFern 2488 Männer.
307 Weiber, 405 Knaben, 189 Mädchen. Ein solches
MiLWerhältnis zeigten dort selbst nicht die indischen Kuli
mit 408 Männern, 155 Weibern, 03 Knaben und 08 Mäd-
chen-'). Der erste Census in der Kapkolonie (von 18t)5)
L Cebencfaafi dea minnlichen nlicr cIim wvili-
Naeli sUtwtiacbftn Nntintm Kmpiti-
I Wt»*') betnw dar Ueberacliub flor MiRMt tMm
KD imGooT. Irlratak 11 "n, im (iouv Jiibuak fi>,
n \eö9 b» 1873 hat sich die Zkhl «]«f Kriiuao ii»
BUttais n der der Hknner im AnurUAliirt vnii hin 1 74
if 100:81 gesteigert; sieht nan dit: KMKkftntMvAUnninir
I, M betrag d» Verfa<nifi KfffiOr., IIki i|«n KItiK«-
anea ist du Teridltni« nui- UHt-.nn"}
Zu den beieiclmenden KnchtnnanKtm 4— jtih^Hh
lAstepen gebSit also die anfgltif.hn fftutgrhuiiiMt'.Ui
erteilnng der Oeschlecbt«r Mtf die tiirM:hi«il«niin
ilKete. In den Vereinigten HtaAUm w'u» Amt CuttmUm vtm
iBO im Distrikt roa Colamhi« 1 1 £:.£*. ,i, Aku MtMt«»
kode Island und MaaMchuwtti UiT'.lUufiA l'}71i.iknumt
f lOOUOO Männer, tmd in d«« HtMb».. W»- T*rin'
rien Idaho. Nerada. Wjtmiaif. hrvauitin UnttlMtiH ym
•463 Frauen im ertt^r^r. ■>.* :>.'u'. .u. .iyi.\r.tK„ »ut
»OWfO Männer na/;h. r*^f M..*«.i,j,. '....? „.„it ,i
s ganze Land in ein^s '«r..rf,r?. 7-.. ,/. ''..-rtiri, (Vc;,»*:
ng man ein luichtft» r,'»:-^? w>5(--. :.-f ift-^-t. mti.t: ii.ir.'
id einen wertlifih*r. er »*-.- ■< .r-j-rryf^.t k-.j'.u. ylu..'^:--
■eigewicht in dw B^-;'^:«--r..-./ ^ -• -t^? f*-.»-* '^i'.txt
n Inda-trife^-ibi---. - Jtr :..- '.'--' ..•■-:-. •. ■;.:'.■.•. -c^ **..• ■
ultnrart-mt -rr«? ico*--' ■;.,- : - ',:^.\t^.'. ■^" A^f.*^y-.-
ng, hier «ier Ej:»%.-j^^- ,- ■■ *a.'^'..v/-:' i^.'^-- ■u«y
ufbaoderB^-'Li-rr---^- .% *' .- -.. >;-^.:, '_./-/. -.i^tf
ird da? C-r'-^r^*^ '*-" '--^ /.^■■..-r- . ._ .',<i,'. .■j^:".-
ibrfaand-^n« i«r mmj^ '.-•■. 'r-v .-.-_-. .v.-'- /.-■. ., -■«.'/.'.•
Kb Wi-rVT. T.'-TVi't'-^'- , -r- /-'. ..-^■- . '--:■
«ehl-T^cvr c.'iim'VL '..• <.-..--. r^ .i.-.'rt.. ■■.,-, ^..■■.. -. :■.
ird«»röi^ -^i-; ^. . ^-r •^■=^^. :-:. X<.-^..
a nieL-aÄ. li '^;;«-j« ^ .*: - .- ' ■ . .. ^ ., . : v-.- ' .
""«ber tc " • i*"--- — S.^ -. - - ■ ' ^ ■>- ..-. .- . , -. ,^
I.— Zrv. .-r :.,-. -.'.r.^-. ,- - -.'- ■.'.- -^ - .*:t-
■«■■■■si^rtr—ri r-#<, i- ,-r; ■' ^ „^-. . ^ C.
322 Gegchlechterverhältnis bei den KolonialvOlkern.
lassen sich hier anreihen als Plätze, die, wenn auch nur
vorübergehend, durch starkes Uebergewicht der Zahl der
Männer charakterisiert werden. Alle Wallfahrtsorte in
mohammedanischen und buddhistischen Ländern zählen^
hierher. Montgomeries Pundit, der die Reise nach Lhassa
machte, gab die Bevölkerung Lhassas zu 9000 weiblichen
und 0000 männlichen Einwohnern an, aber in der Zeit
der Ankunft der Wallfahrer füllt sich die Stadt mit 3-
bis 4mal soviel Männern ^").
Ueberschuß der Weiber über die Männer
waltet bei Völkern aller Kulturstufen ob, deren männ-
liche Hälfte durch Krieg oder Auswanderung sich ver-
mindert. Nach dem in unglaublichem Maße männer-
mordenden Kriege von 1803 ergab die letzte Volkszäh-
lung in Paraguay 346048 Seelen, wovon ca. -/a Weiber.
Ausgeschlossen sind die nomadisierenden Indianerstämme
des Ostens und Nordens. Es ist sehr interessant zu sehen,
daß schon vor Jahren Dobrizhoffer in der Bevölkenmgs-
tafel der „Guaranischen Flecken" unter Jesuiten Verwal-
tung 30362 Familien, 356 Witwer, 7542 Witwen,
72768 Kinder bei 141182 Seelen angibt. Er sucht die
Zahl der Witwen durch längere Lebensdauer der Weiber
und häufigeres umkommen der Männer zu erklären. In
der Gesamtseelenzahl befindet sich der erhebliche ueber-
schuß von 6372 Weibern. Auf den Südseeinseln, welche
Plantagenarbeiter liefern, läßt diese Auswanderung, welche
öfter gezwungen als freiwillig stattfindet, das weibliche
Geschlecht überwiegen und so übertraf auf Rotumafa, ab
1879 die Briten es annektierten, die Zahl der Frauen gani
erheblich diejenige der Männer, weshalb die Regierung
von Hawaii, wo das Verhältnis ein umgekehrtes ist, große
Anstrengungen machte, die ersteren zur Auswanderung
nach ihrem Reiche zu bewegen, ungemein scharf sprechen
sich diese Mißverhältnisse in den kriegerischen Landern
Afrikas aus, wo nach Felkins Schätzung, z. B. bei den
Waganda, auf 2 Männer 7 Weiber kommen. Felkin gibt
folgende Gründe dafür an: Ueberzahl weiblicher Geburten,
Mäniierverlust im Kriege und Weiberraub. Weiter östlich
findet Erain Pascha bei den Liria auffallend wenig Männer
323
bei mkn Fnaea und MiddieD. Es wird interessant sein«
die geognphisehe Veriireitiuig dieses Mifiveriiiltnisses zu
Terfblgen. OaUin hat die das Verfailtnis in 2 oder 3 zu
1 Tcndiiebende Uebenahl der Weiber bei Indianerstäm-
men Xotdamerikas einfach als eine Folge der Kriege
beaeichnei^n. Wenn eine Anfnahme von 1886 {är Trans-
vaal 62826 Mannas. 78394 Weiber und 158528 Kinder
nachwcasi, so liegt eine weitere Ursache in den friedlichen
Wanderm^gen nach den Gfoldfddem vor.
Sind nun diese Mißverhältnisse auch nicht so allge-
mein, so dafi es nicht Ausnahmen gäbe, deren eine ^,das
ZahlcnToliiltnis der Geschlechter ist gleich') WilL J.
Turner von dem nengninesisrhen Stamme der Motu
bestimmt hervorhebt^'), so geht doch ein stärkeres
I Schwanken der Zahl der Geschlechter, als man bei Kul-
tarvdlkem findet durch alle Natur- und Halbkulturvölker.
Es ist dabei sehr bezeichnend, dafi der ebengenannt«
Bericht<rrstatter. ein Missionar, tod den Motu säst: .E>ie
sittlichen Verhältnisse sind im alltremeinen zufrieden-
:(tellende und der Mann begnügt sich mit einer Frau,
selten machen hiervon Häaptlin<;e eine Ausnahme, indem
sie zwei bis drei Wfiber haben, h'w Kinder werden gut
behandelt und Kindermord ist unbekannt.* Ohne es zu
wissen, hat er hitrr einen Kompltrx zusammengehorisrer
Erscheinungen Wrührt. deren Wirkungen auf ein und
dasselbe Ziel hin gerichtet sind, ahnlich wie Koben Frl-
kin. indem er von den For rühnn. dat >!e fruchtbar und
nicht von lockeren sittlichen Grundsätzen sind. rJcht den
Kindsmord üben, das Alter in beiden Geschlechtern ehren.
die wichtigsten der Ei^en^-chafr^n zusammenfat:. welche
gOnstig auf die Vermehrung wirkrrj.
Die Polygamir Yennehr: bei einzelnen die Zahl
der Weiber und vermind^rrt *:e bei anderen. Eine ge-
rechtere Verteilung der Güter, wie sie lur anderen Besitz
angestrebt wird, ist jedenfalls bezuslich der Weit»er ein-
getreten mit dem Svstem der MoLC»gamie. das die
hänfun^ der Weiber in den Händen de** Reichen und I
sonders des Staatshaupte^ aufhebt. S<*weit die Kultur i
dem ruhigen, regelmäßigen Wa^r-h^Tum der Völker beiw
324 Wirkungen der Polygamie.
verdankt sie diesen Segen wesentlich dem Rückgang dieser
Sitte. Wo Vielweiberei herrscht, und alle Völker auf
niederen Kulturstufen sind formal oder praktisch Poljga-
misten, sind im Staate, im Stamme, in der Familie die
Weiber ungleich verteilt und sinkt die Zahl der Ge-
burten. Viele Männer erhalten keine Weiber, selbst, wo
der üeberfluß so groß wie in Uganda, wenige wissen
sich deren viele zu verschaffen. Diese letzteren sind aber
nicht im stände für das Minus der Geburten aufzukommen,
welche durch die gezwungene Ehelosigkeit so vieler er-
zeugt wird. Schon Malthus wußte, daß in der Türkei
die monogamischen Ehen der Christen mehr Kinder er-
zielten, als die polygamischen der Türken. Die Behaup-
tung ist durch neuere Beobachter ausgiebig bestätigt
worden. Sie kann auch Belege bei anderen polygamischen
Völkern finden. Die heidnischen Namaqua waren ent-
schiedene Polygamisten und Chapman erzählt sogar, daC
einer ihrer Stämme in der Absicht, seine Zahl rasch zu
vermehren, für jeden Mann so viel Weiber nahm, als er
ernähren konnte. Aber in wenigen Jahren sei das Er-
gebnis des Experimentes der entschiedene Rückgang seiner
Volkszahl gewesen, während die, welche auf Missions-
statiouen lebten und sich auf ein Weib beschränkten,
immer eine bedeutende Zunahme erkennen ließen. Man
muß die soziale und sogar politische Bedeutung der
Vielweiberei erwägen: der Besitz zahlreicher Weiber
schafft Verwandtschaften, gibt Einfluß und repräsentiert
einen Schatz wertvollster Schenk- und Tauschwaren.
Welche Massen von Weibern durch die Polygamie
lahmgelegt werden, vermögen einige besser beglaubigte
Zahlen nur anzudeuten. Speke wies dem Mtesa 3 bis
400 Weiber zu, Felkiu gab ihm ebensoviel Tausend.
In so ungemein fruchtbaren Ländern, wie sie um die
großen Seen Innerafrikas liegen, können solche Exzesse
sich herausbilden, die Müßiggang voraussetzen und her-
vorbringen, weshalb sie auch am besten in den höchsten
Schichten gedeihen. Daß dagegen die allgemeinen Be-
völkerungszahlen und die Lebensumstände die Vielweiberei
bei armen und elenden Völkern, wie den Feuerländern
Zardckdrän^ng der Polygamie. 325
und Patagoniern. verbieten, ist ein \^ahrer Segen. Sie
würden sonst noch rascher zurückgehen^').
Nachtigal hat in seiner Schilderuni^ «ler Teda von TiVesti'*»
die Kiwiiknng de> kärglichen Lebens in einer Gebirgsoase der
Wäste anf die Bevölkerungsbewegung an einem sehr interessanten
Beii^piel aufgewiesen. Die Teda machon von der Krlaubnis der
Poivgamir. die ihnen der Islam gibt. r>ehr mäliigen Gebrauch.
>ie haben wohl nie zwei Frauen an einem Ort. sehen höcb-
^t^ns eine zweite Frau an einem Oile. den sie auf ihren Handels*
zögen öfiers besuchen, wie Kauar. nnd lassen Bieh auch teHmer
alt '.iele von ihren Glaubensgenossen dazu hinreißen, eine Frau
zn yer&toCen. .Die kleine Anzahl von Frauen im Lande, ihr hartes
Leben der Anstrengung und Ent:*agung. das der Entwiekelang des*
>innlii:hkeit nicht eben günstig ist. der entschiedene Charakt«t-
'ler Fran: alles begünstigt in Tibe^ti die Monogamie. Dunh sie
nimmt die Frau eine maßgebende Stellung in Haus und Familie
*'io. aber «ie gilt auch weithin als vorzügliche Hausfrau und er-
freut *ich sogar des Rufes einer gt^wissen Geschaftstüchtigkeit.-
Daß die Khen nicht kinderreich sind, ttlhrt Nachtigal auf die
idimatischen nnd allgemeinen Lebensverhältnisse, teilweise aber
4'jch auf die wandernde Lebensweise zurück, welche »lie Teda-
iränr.er oft lauge Zeit "vom Hau?t> ff^mhält.
I»er Zwantr zur Arbeit wirkt regelnd auih auf diese*
Verbältni-'^e. In derselbt-n Zeit, in welchir bt-i don Rt-
^olinem von Kauai die «nburtt-n zu den iSterbetalkii
Meli wie 1 : o verhielten, ztigrte >icl2 auf Xihau das Ver-
bi4ltEi> von 4:''\. Xihau ist einer der ärmsten Teile dt--
hawaiischen Archipele, aber seine Bewohner sind eben
•leshalb fleiljij? und sind be->>uder> ire>chickt in der Be-
reitung 'les Salzes und im Mattentie« hten. W,. <iih dii*
Eintreborenen reireJmäJ^iifrer Arbeit widmeten, zeigte siol'
überall ein gün-^tiiier Einflu:. aui il.ro körperlichen Zu-
stande und ihre sozialen Verhältni>>e. Bael/ eikliirt die
Kindersterblichkeit beim Volk»- Japan- für i:er:r;i;. bei
ilen .dekrepiden höheren Ständen" daireiren lür irroL. i.
Wenn sowohl in *. hina als in .lapan /um Heil «ie^ V.»ike>
'iie ^eseTzlich c^t-^tattetr Vielweil»er' : Litmal- die Ln-.^Lte
Ausdehr.nnir erreidite. wie in anderen Liiulern dt-^ »>rient>.
-«^» mag in milderer F«'rm jene- -»dbe M"tiv .|er im ire-
miitiLlen Klima >chwi»-nirtrren NahrungsbeMhaiiunir >icli
wirksam jjrezeiL^ hab^n. Die Einr.:l.r vun Sklavinnen war
ver-chwindend irering "ind der K:i:i-n:"rd lieL im eigen^^
Lande keinen Ueberrt"!:! nr; W^-iu^-ri: -ich erzeucen. 1
326 Gentilsystem und Adoption.
chinesischen Oeschiclitschreibern folgend, können wir fOr
frühere Perioden der chinesischen Geschichte andere
Grundlagen annehmen, so soll in der Tscheu-Dynastie
das Verhältnis der Frauen zu den Männern 5:2 Erreicht
haben, aber seit lange scheint älinlich wie in Japan das
Zahlenverhältnis der beiden Geschlechter die Vielweiberei
praktisch eingeengt zu haben, so daß in Japan lange Tor
der europäischen Zeit die Samurai von ihrem Rechte auf
2 Nebenfrauen selten Gebrauch machten.
Zwei Einrichtungen, die auf diesen Stufen das Leben
und Fortleben der Völker entscheidend bestimmen, sollten
bezüglich ihres Einflusses auf die Bewegung der Bevölke-
rung und das Zahlen Verhältnis der Geschlechter genauer
untersucht werden. Wir meinen das Gentilsystem und
die Adoption. Wo das erstere als ein System des Zu-
samnienhaltens aller Blutsverwandten unter einem Totem.
Kobong oder Atua so ausgesprochen waltet, wie im öst-
lichen Nordamerika oder in Australien, würde ein starkes
Wachstum dasselbe gesprengt haben. Wir hören auch
hier viel von Kindsmord, wobei die männlichen Kinder
bevorzugt wurden, weil diese die Möglichkeit boten, durcb
Hineinheiraten in eine fremde Sippe, diese in den Einflufi-
kreis der Muttersippe zu ziehen^**). Die Adoption kann
in anderer Weise der gesunden Entwickelung der Familien
gefährlich werden. Kotzebue glaubte beim ersten Besuch
der Radakiuseln aus der geringen, in keinem Verhältnis zur
großen Kinderzahl stehenden Gesamtbevölkerung, und aus
der geringen Größe der Kokospflanzungen auf eine erst
kurze Bewohnung dieser Inseln schließen zu können.
War wirklich der Wachstumstypus junger Völker ihm ent-
gegengetreten? Große Kinderzahlen sind bezeichnend
für die Völker, welche auf neuem Boden siedeln. Wo
es sich indessen um pazifische Völker handelt, wie hier
oder in der Angabe Chest<?rs über den Kinderreichtum
der Tudinsulaner^^), wird man auch immer an die dort
weit, ja bis zur Zersetzung der Familie verbreitete
Adoption denken dürfen. Zwar führte zunächst die Hoch- j
haltung des Familienzusanimenhanges zur weiten Verbrei- i
tung der Adoption, die wir deshalb in Ostasien so allge- \
r BHOkMODgibfwegans. 327
tum bdao. Abw goiMle in J^mui wirkte dicM mit <ler
Zeit anfierwdaillicli gewadnene Sitt« stidi wieder zer-
aetzend auf die Familie ein, die bei gewofanbi>iiimi6iger
Ad<^itMn ibren natOitiebea Zwerk Teni(a6. zar Kf/rj.«»-
latioa herabnnk mid' in wd ch e r la denwelb«» MaÜA wiit
die Nenanfiiahme Fioader crickbtert ward, «w.h 4iA
Anntofinng dw naUtrlicb ZflgeliSv^(eai, die dem PurtAr
hoiliM zaataBd, m ■nttfSadbbdKr Hitr«|^etlt takrlbt.
Am Backgang der PjOammmbrner Uiffi aweln Kstmiii
Sehildaniiigcn die AdopÜM mi» w«»nrtliKlM(t< Tevl «w
' ■Hut ftrvtilMTinif 5wnmli(kntn,. :nil(Hn
11 imriiiiiiili ■ Zinr^iuii«? jii*uthm«tl jtntiluriHrt'
oad da« m> gewMMeac HU hbv ittv 1 inwtwMimiifr «tinhmw. Ihh-
Mibe wsdt Hcfe IhMBi: Zne auadivit'h -rpitm^t'im 'i^Plnvl; oi
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Gdtaw. ia mfcfev « >&» Btnwfsiuwr Uh n*- *>vium fitJriyintii^
imÜS. Bwrtwr lEif -nuRPU^tmiitiittr' V-«i>:rinv"i /:i'>iii-'i liifr'
lunpl Bi<±] 3. -tMHT "V-?)»- tct-- v,.-i.-r ■•!■'. •.'■.■ 'ini,i.r,l' |i-,-
liMk« itptTHuWr TJ^l«i. ■■■ t-^« •■. ■•.- ■,...-i\, . ., „ [...
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328 Aomerkungen.
die sich der Geograph bei der Schilderiuig ra^ch hieb verändernder
Völker gestellt si^t, denen er fast nur noch den Tagesschriftsteller
gewachsen weiß"*).
■ 9
') Vergl. H. de Beaumont, De TAvenir des Ktats-Unis im
Journal d'Economie politique. 1888. III. S. 76—83.
*) Vergl. die Tabellen von A. Oppel in den Geographischen
Mitteilungen 1886. S. 134—42 und eine Tafel der Geburten und
SterbefäUe p. 1000 im Jahrbuch för Nationalökonomie und Statistik
N. F. XVI. S. 186—87.
') Schimmers sorgfältige Arbeit: Die Ergebnisse der Bevölke-
rungsbewegung in Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg nach der
Höhenlage der Wohnorte im Jahre 1885. Statist. Monatsschrift. Wien
1887. S. 321-67.
*) Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins.
1886. S. 426.
*) Globus. XLVI. S. 255.
*) In der 3. Reihe ist Berlin mit Brandenburg vereinigt.
^) Bulletin de Tlnstitut International de Statistique. 188t>.
T. S. 162.
®) In Grönland übertriflPt die Geburtsziffer nur wenig die
Sterbezahl, die Sterblichkeit nimmt vom 10. Jahre an stetig zu.
regelmäßiger und stärker bei Männern als bei Weibern, so daß
die Sterblichkeit beider Geschlechter sich wie 100 zu 87 verhält.
Ganz ähnlich sind sie in der Bevölkerung (100:88) vertreten. Vergl.
Westergaard. Mortalitj' in remote corners of the World. Journal
of the Statistical Society. 1880. S. 509.
•) Diese rückläufige Bewegung der Bevölkerungsvermehrung
hat in den letzten Jahren noch beträchtliche Steigerung erfahren.
Das Journal officiel veröffentlichte am 28. August 1889 einen Be-
richt an den Präsidenten, der angibt, daß die Geburtsziffer 1888
um 55 000 geringer als 1884 und die niedrigste seit 1871 war,
dabei ist der geringe Geburtenüberschuß zu V« den Fremden zu-
zuschreiben und wäre ohne die wachsende Zahl der außerehelichen
Geburten überhaupt nicht vorhanden. Abnahme der Todesfälle
und der Eheschließungen, Zunahme der Ehescheidungen und der
außerehelichen Geburten sind Erscheinungen, welche nicht ohne
tieferen Zusammenhang mit jener Hauptthatsache gleichzeitig
hervorgetreten sind.
^°) Die schweizerische Statistik, welche diesen Rückgang ver
zeichnet, stellt die zunehmende Jugend der Eheschließenden der
Zahl der Heiraten und des Heran Wachsens einer stärkeren Gene-
ration im Heiratsalter gegenüber. Um so schwerer fällt die Zahl
ins Gewicht.
'*) Eine interessante Besprechung dieser Thatsachen ent-
hält G. R. Porters Aufsatz An Examination of some facts obtained
at the recent Enumeration of the Inhabitants of Great Britair-
Journal of the Statistical Society. London. VI. (1842) S. 3 f
Anun^i-kuDgen.
rt2tl
'T llnyet in am MitteiluDRea d. deutBcheii Geaellachuft fiir
Nntur- and Völkerkunde Ostasiens. Heft 36.
"I Les Miswona Catholiquee. ie82. S. 425.
'•1 Dufch Zentralbrasilien. 1S8Ö. S. 364.
") Report of Special Coiiimiasionerfl .}. W. Powell and G.
W. Ine&lla on the rondition of Ihe Ute Indians eW. Wsshington
IV~4. y. 10.
"i Journal B. Asialic Society of Great Britain. 18S1. S. 474.
") VeihandluDgen der Ge«. f. Anthropologie. 1873. 8. 177.
'•) Sefaon bei Robci-tson sind (IV. 8. 86) die Gründe «u-
^ um menge« teilt, welche von Verschiedenen fQr .die geringe mittlere
l^beni^üauer bei Wilden" aufgeführt worden sind.
") Bolletin de laSoci^ed' Anthropologie, Pnris. 2moS.XII. 320.
") Miwionsbiatter a. d. Brüdergemeinde. 1852. g. 112.
*') Hitteilongen d. Geographischen Geaellachaft Hnmbui-g,
1876-77. S- 272.
'*) Die BesiedelDng des nw, Kaukasos d. d. Ruiwen, Geo-
graphische Hitteilungen. 18ti5. S. 419,
") Sahara ond Sudta. III, S, 84.
'*) Der Kuku-Nor a. seine Umgebung. Dentsche Oeugraiihi-
•Ae Blatter. IV- S. 205.
") Geographische Hitteilunaen. 1864. S. 193.
") Bnlletin de la Soci^t^ Khediviale. 1886. .luniheft,
") Peace. Our Colonj of Natal. 1883, S. 14Ä.
") Statistisches aus Sibirien. Geogr. Mitt. 1868. S, 95.
") Sperk.RuSlaad im ferUBten Osten, Bd.XlV.(188&)derSupi8ki,
") GeographiBche Mitteilungen. 1868. S. 241.
"j Letters. I. 119.
") Journal Anthropologieal Insiitute. Vll. 470,
") Von der legalen Polygamie als einer kostspieligen Sitte,
die nurAelteren und Reicheren zugänglich, auch von diesen meiBt
■nr aus OrOnden des politischen oder sozialen Einäussea geübt
«ird, hat Kubarj' in den Ethnographischen Boitrfigen eine Schilde-
ra«g entworfen, I. S. 61. welche nicht bloß für Palau Geltung hat.
'•) Sahara nnd Snddn. I. S. 420 f,
") Mitteilungen der deutschen Ges. etc. Oatasien. H. 32. B, 69,
") Vergl. Lucien CarTB Ansführuogen Über die Stellung der
Ftan bei den Huron- Irokesen stammen, 16. and 17, Report of the
Peabodf Institute. 1B84. P. 224.
") Geographische Mitteilungen. 1872, 8, 254.
") Wie es Pöppig aussprach, als er die im raschesten Fort-
Khreiten befindlichen Zustünde der Chilenen von 1827/8 seche
Jahre sp&ter zu schildern unternahm. Er hat in 'seiner sinnigen
.Weise am Schluß des 2, Kapitels seiner ReiBebeachreibung (!.S. 81/2)
dieses Problem geschildert.
10. Der Rückgang knltorarmer Völker in Be-
rührung mit der Enltor.
Die Thatsache. Angeblicher Stillstand der Bevölkerung Nord-
amerikas seit 300 Jahren. Der Rückgang in Südamerika, Austra-
lien, Nordasien. Ungunst der Inseln. Rückgang in Polynesien.
Trägt die Kultur die Schuld dieses Rückganges? Folgen der Be-
rührung kulturarmer Völker mit der Kultur. Lockerung der sozialen
und Störung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Mischung. Entziehung
des Mutterbodens. Völkerzerstörung.
Geograpliisclie nnd statistisclie Ansicht desBevölkenings-
rückganges. Der Rückgang der kulturarmen Völker stellt
sich uns in seinen Ergebnissen zunächst geographisch
als eine Verdrängung aus weiten zusammenhängenden Ge-
bieten in enge, zersplitterte, weit von einander entlegene
Wohnsitze dar; und diese Wohnsitze sind in der Regel
nach Boden und Klima ungünstiger geartet als die frü-
heren. Es ist ein geographisches Zurück- und Herunter-
kommen. Ferner erscheint er statistisch betrachtet
als eine Verminderung der Volkszahlen, welche im un-
gestörten Zustande vorhanden waren. Die beiden Er-
scheinungen werden gerne als eine einzige aufgefaüt und
selbst die Geographen, welche denselben näher getreten
sind, haben das Statistische mehr betont als das Geo-
graphische. Wenn es auch sehr wahrscheinlich ist, daß
die Verdrängung Folge und Ursache der Schwächung
durch Rückgang der Volkszahl in vielen Fällen ist, so
braucht man doch die Verbindung nicht als notwendig
anzunehmen. Und da die Statistik dieser Völker lücken-
haft sein muß. bietet die geographische Aenderung
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332 Gebiete abnehmender Bevölkerung.
gen nachging, sind von ihr keine so mächtigen natür-
lichen Unterschiede der Voiksvermehrung gefunden worden,
wie man sie vor der Zeit exakter Feststellungen voraus-
setzte. Man hat keine Gebiete gefunden, wo bedeutend
mehr Zwillinge geboren werden, wie Columella von
Aegypten und Afrika annahm. Aegypten ist zwar be-
sonders im unteren Teil ein dichtbevölkertes Land, ver-
mehrt aber seine Bevölkerung keineswegs auffallend rasch.
Weder Boden, noch Klima, noch Nahrung stehen in
einem nachweislichen unmittelbaren Verhältnis zur Be*
Völkerungszunahme, wo nicht die Leiden der Akklimati-
sation in Frage kommen. De Paws und Buffons Theorie
von einer ^Igemeinen Schwächung und Wachstums-
hemmung, welche Amerikas Boden und Klima auf Pflanzen,
Tiere und Menschen üben sollte, ist trotz Martins' Phrase
von dem ^menschenarmen Amerika, dessen ursprüngliche
Menschheit vom Fluche der Unfruchtbarkeit getroffen*
worden sei *), längst aufgegeben. Und nicht weil wir
neben den Angloamerikanern der älteren Staaten, die
ohne die Einwanderung zurückgehen würden, ausserordent-
lich fruchtbare Völker, z. B. in Columbia finden. — Antio-
quia, welches eine starke Auswanderung nach den übrigen
Provinzen hat, zeigt in seiner mit Neger- und Indianer-
blut gemischten Bevölkerung in der Regel Ehen von 10
bis 15 Kindern*) — sondern weil wir den Unterschieden
des Bevölkerungszuwachses Kulturunterschiede zu Grunde
liegen sehen, welche in deutlicher Beziehung zu jenen
stehen. Das «phlegmatische Temperament*, welches den
schon im vorigen Jahrhundert beobachteten Rückgang
der Hottentotten erklären sollte, z. B. bei Vaillant, hiä
ganz anderen Faktoren Platz gemacht. Die neueren Be-
obachter, wenn sie stillstehende und wachsende Völker
neben einander wohnen sehen, suchen nach Gründen in
der Familie, im Staat, im Erwerbsleben; und nicht ver-
gebens. Emin Pascha stellt die Produktivität der Wa-
ganda, Lango (Wakidi) u. a. der Unfruchtbarkeit der
Wanyoro gegenüber: dort 10 bis 12, hier 2 bis 3 Kinder
als Regel in einer Ehe. und hebt hervor, wie hier die
schrankenlose Polygamie zahlreiche Weiber zur Unfrucht-
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334 Gründe des „ Aussterbens der Naturvölker''.
des Rückganges iu folgende Gruppen geteilt: Natur und
Leben der Naturvölker selbst: Einflüsse der sie umgebenden
Welt; Anforderungen, welche die Kultur heute an sie stellt;
Behandlung seitens der Weißen. Schon Malthus hatte nicht
gezweifelt, daß eine ganze Anzahl von Ursachen schwacher
Volksvermehrung im eigensten Leben der kulturarmen
Völker zu suchen sei und nannte für die nordamerikanischen
Indianer: Ungenügendheit und Unsicherheit der Ernäh-
rung, wiederkehrende Hungersnöte, beständiger Kriegs-
zustand, niedrige Stellung des Weibes, Kindsmord, schlechte
Wohnungen, unvollkommene Sorge für das leibliche Wohl.
Auch eine südaustralische Kommission nannte als Ur-
sachen des Aussterbens der Südaustralier Kindsmord,
Ceremonien und Operationen, denen sich die jungen Leute
zu gewissen Lebensperioden zu unterziehen haben, Syphilis,
Branntwein , unbeschränkter geschlechtlicher Verkehr
unter den Eingeborenen selbst und mit den Europäern,
Verschiedenheit in der Zahl der Geschlechter. Diese ia-
digeneu Ursachen werden nur in ihrer Wirksamkeit ver-
stärkt durch da$ Hinzukommen von äußeren. Zahllose
Einzelbeobachtungen könnten zum Beweise dafür ange-
führt werden, daß Mißstände und Mißbräuche existieren,
deren Folgen Verlangsamung des Wachstums und Be-
schleunigung des Absterbens mit dem Endergebnis des
Rückganges einer Bevölkerung sein müssen. Wir glauben,
daß sie alle in zwei Gruppen gebracht werden können:
Allgemeine Unsicherheit der Lebensgrundlagen bei allen
Völkern tiefer Kulturstufe ; und Eintritt eines störenden,
verdrängenden Elementes in Gestalt einer zuwandernden,
überlegenen Rasse, welche den eingeborenen Völkern
Land, politische und kulturliche Selbständigkeit, end-
lich W^olilstand und Gesundheit nimmt.
Beispiele des Verfalles und Rückganges in Amerik»'
Wenn über die Wirkungen jener nicht zu leugnenden
Thatsachen Zweifel obwalten, führen sie nur auf die
Schwierigkeit der zahlenmäßigen Feststellungen, und in
Nordamerika, wo begreiflicherweise die Zweifel am lau-
testen geworden sind,, auf den Versuch zurück, die Be-
Beiqnde det Tet&lleB. H35
weifte in einer Zeit finden zn woUea, welche weit hinter
den entacheidenden Ereignissen liegt. Selbst die Zahl
der heate noch TOiliandenen Beste der nrsprflnglichen
Befäkenmg ist nirgends gans genau anrogeben. Ihre
schweifende Lebensweise, ihr ZnrQckweichen in die änfier-
stoi Winkel, ihre Yermischung mit Europäern und N^[em,
ihre grofie Sterblichkeit erschweren die Feststellung. Un-
mögiidi aber ist es, die Zahl festzustellen, mit welcher sie
den Eiiroi»em entgegentraten. Es ist ein Rfickschlag gegen
die fibertreibenden Schätzungen, wenn in Nordamerika
die Ansicht Boden gewonnen hat, es besitze Nordamerika
mit Mexiko heute eine nicht viel kleinere indianische Be-
TOlkerong als vor 400 Jahren. Man mag die Opfer des
Kulturbumpfes, der seither gefQhrt wird, oft überschätzt
haben. Es ist ja vorgekommen, daß man Stämme für
aasgestorben hielt, welche ihre alten Namen verloren,
neue angenommen hatten. Da die indianische Bevölke-
rung niemals auüerhalb der Kulturländer sehr dicht >^e-
Wesen ist, so war die Zahl der Opfer nie so groü, wie
jene annahmen, welche an die ursprünglichen indianischen
Volkszahlen den europäischen Maßstab anlegten. In alle
jene Irrtümer, welche wir oben in flüchtigen Schätzungen
ursprünglicher Bevölkerungen zu erkennen glaubten,
müssen die früheren Berichterstatter verfallen sein.
Man kann indessen nicht behaupten, daß jener Nachweis
für Nordamerika gelungen sei, und es ist von vornherein
verfehlt, eine derartige Frage der tiefsten Wurzeln <les
Völkerlebens in einem andern als dem denkbar weitesten
Rahmen entscheiden zu wollen. Das ist kein Problem des
40. Breite- und 100. Längegrades. Südamerika, Australien,
Polynesien, Nordasien, Afrika bieten zweifellose Beispiele
des stärksten Rückganges bis zur Vernichtung, und ttbenill
auf Grund des gleichen Vorganges: Die überlegene Kasse
erscheint in der Hinderzahl, sie muü die Eingeborenen
schwächen, um Herr zu werden und sie erreicht überall
ihr Ziel, indem sie direkt tötet und austreibt, neue Krank-
heiten und Genüsse bringt, die Bedürfnisse erhöht und
die einheimischen Werte vermindert; die Völker ver-
armen, büßen Gut und Land ein, verlieren ihren politi-
336 Rückgang in Nordamerika.]
sehen und sozialen Zusammenhalt und sinken auf di<
Stufe der Proletarier. Dieser traurige Prozess ist 8<
allgemein^), ihn treibt eine dämonische Notwendigkeit s<
rücksichtslos voran, daß man den Nordamerikanem eiüei
langsameren Rückgang oder sogar ein Stehenbleiben de:
Volkszahl wahrlich nur auf Qrund der allertriftigstei
Beweise zuschreiben könnte. Diese bringt indessen Mal
lery, dem die Neuanregung der Frage zu verdanken ist
nicht herbei ^). Er operiert mit denselben unsicheren Zahlen-
angaben älterer Beobachter, welche unter den Händen
früherer zu Millionen angeschwollen waren; nur thut ei
es vorsichtiger. Er hält sogar die Bancroftsche Zahl
von 180000 Indianern östlich des Mississippi um das
Jahr 1600 für zu hoch, während umgekehrt Gerland sie
auf 220 000 erhöhen möchte ^). Letzterer kommt zui
Annahme von 730i)00 Indianern Nordamerikas um 1600,
während die heutige Zahl kaum 400000 erreichen dürfte
so daß ein Verlust um 45 ^/o, fast ein Zusaramenschmelzer
auf die Hälfte, zu konstatieren bliebe. Kann man andres
erwarten, wenn man sieht, daß thatsächlich eine ganze
Anzahl von Stämmen verschwunden oder auf ein paai
Familien zusammengeschmolzen ist? Warum stellt mai
sich blind gegenüber dem augenfälligen unter unseren Auger
geschehenden Rückgang, der die südamerikanischen Indianei
nach den unverfänglichen Zeugnissen wissenschaftliche]
Beobachter decimiert? Zeigt doch auch Canada denselbei
Prozeß in einem jüngeren, durchsichtigeren Stadium. Pe-
titots sorgfältige Zählungen und Schätzungen der Indianer
bevölkerung des ganzen Athapascagebietes erreichen 5975
d. i. 1600 weniger als Lefroy 1844, auf örund der Handels-
bücher der Hudsousbai und der Aussage ihrer Beamtei
gefunden hatte**). Und die Zahlen der Indianer in der
drei neuen canadischen Nordwestterritorien verhielten siel
nach den Zählungen von 1H81 und 1885 folgendermaßen
1881 1885
Assiniboina .... 8730 44l»2
Saskatchewan . . . 6678 6260
Albertii .... . 6201 9418
21615 20 170
338 Kückgaug in Canada.
Der GesanitrQckgang besteht, die Veränderungen in
den drei Gebieten aber gehören größtenteils nicht der
inneren Bewegung an, sondern zeigen den charakteristi-
schen Rückzug nach Norden und Westen, dessen Ur-
sache klar hervortritt, wenn man an die im Süden und
Osten vorwiegende weiße Bevölkerung erinnert, die 18S1
zur indianischen wie 0,38 : 1 und 1885 wie 1,4 : 1 sich
verhielt. Der geographische Aspekt zeigt in beiden Ge-
bieten, wie die besten Länder in Nordamerika den In-
dianern entzogen sind und daß sie insgesamt jetzt in
den Vereinigten Staaten auf V»" des Landes eingeschränkt
sind, welches sie früher innehatten. Da wo sie zu größe-
ren Zahlen anwachsen konnten, sind sie vertrieben, in
ungastliche Winkel zurückgedrängt, ihre größte Menge
aber befindet sich dort, wo die Hilfsquellen am ärmlich-
sten, unregelmäßigsten fließen. Der rote Mann Nord-
amerikas ist an Boden und Nahrung verarmt. Der 98.
bis 102. Meridian teilt die Vereinigten Staaten in eine
fruchtbare Ost- und eine vorwiegend steppen hafte West-
hälfte, dort waren bei der ersten Zählung die Indianer
ungefähr lOmal weniger zahlreich, während die Weißen
umgekehrt hier V* Million, dort 23 Millionen zählten.
Aehnlich in Canada, wo der Census von 1881 die Zahl
der Indianer der Dominion zu 108 547 angibt, von denen
5(5 230 in Manitoba und den Nordwestterritorien, 25(U>1 in
Britisch Columbia, d. h. es befanden sich 70'^^ der in-
dianischen Bevölkerung in denjenigen Gebieten, welche
gleichzeitig nur erst 1 2 'V« der ganzin weißen Bevölkerung
besaßen. Blicken wir nach Südamerika. Das gleiche
Bild! Vom guten Boden verdrängt, auf schlechteres,
entlegenes Land so zusammengeschoben, daß man an
den VVegen des Verkehrs nirgends mehr Indianer auf
ursprünglichem Wohnplatz begegnet. Pickering fand es
nicht leicht, in den dreißiger Jahren in Valparaiso und
San Jaijo Indianer zu sehen, die er vergebens schon in
Rio He Janeiro gesucht hatte. In Minas Geraes, dem alten
Tummelplatz der Tupi und Tapuya nur noch kleine Stämme,
teils auf ein paar Familien reduziert. Auf einer Fläche
wie Deutschland höchstens 80<)0 freie Indianer. Crevaux
V
hcwidMt n Gnyaaa die Aeoqiu ab wugestortwD, di«
JbarSoBi «tf 50, die Amniseho auf 1 lodiTidaam ndo-
äart. Der Stamm da Boaui, bereits im RUckgaog. «k
er m iaa AUeaMwiibi tod Sa. Aima de Atonua gebracht
word^ war, war ho Jahr 1875, wie fitst gleirltieitig i»
Taamairiw, aaf ein eiiudgee Weib Euaanimengeachmwno.
daa in draa Dwfe Silva lebt«. Weite Qebiate in den
A,aii«i— BticfliudetnanddemTene«olani8chenCKjaDa haben
ihre htdiaaerfteTfllkenrng rasch sich Termindern sehen, so-
liald mit doi UnabhSmnffkeitskri^en die Hissionen, in
dami Jone Schatz undM^ gefunden hatten, eingiiigeo.
£a bedurfte keiner Kri^^, keines Menschenraubs. Die
anfi«he Berflhmng ' mit der Kultur hat Krankheiten enb-
«ichdi, welche in dem neuen Boden viel geföhrlicher auf-
traten. Die Ansicht, da& der Weiße T^er gefährlicher
I Spidemien sei, ist zwar auch in Polynesien und sogar Hinter-
indien *) verbreitet, besonders hat sie sich aber in Amerika
au^ebreitet, wo die Piojes am Xnpo und Putuninyo den
Schnupfen der Weiüen wie eine tödliclie Kriniklu'it. ftlrch-
ten'"). Es fehlt nicht an Füllen, in denen der triiurige Pro/.cli
in seinem ganzen Ablnuf beobachtet werden koniitt.-. Das
Erlöschen der letzten Familie einvs OuarnnixtainmeK, wie
es Dobrizhoffer (s. u. S. MS) beschrieben, ist eine Tbnt-
sache von allgemeinem Wertt^. Auch Robert Schomburgk.
der in den Quellgebieten des Kssequibo. (^oretitjne u. ii.
Flflsse Gujanas in den .Jahren wanderte, wo Musern um)
Blattern zuerst dorthin gebracht wurden, hat Kwischen
seiner ersten und letzten Heise (IS;17 und I8t:t) cini*
I ganze Anzahl der ohnehin so dünn gesiietun IndiainT-
I stamme von Britiäch-Gujana fast hit< zur VemicUtung slib
, Termindern sehen. Er hatte die At^trai und Taurai is:{7
[ 200 stark gefunden und traf 184:1 nur norh Hn. Misrh-
E finge eingeschlossen, von den echten Atorai nur noch 7.
( das Wapisianadorf Eischalli Tuna bestund nur no<'h aus
I 1 Frau und 3 Kindern; vom Stumm der Aniaraj)! suti
er den letzten Rest in einem 'iOjUhrigen Wi'ib, vom
Stamm der Daurai in zwei einäugigen Männern und <lif
letzten Maopitja oder Frost-h-lndianer bestundeu aus M
Hännem. 1 1 Weibern, h Knaben und li Mädchen ' ').
:34U Rückgang im hohen Norden.
Die Jivaros liefern das seltene Beispiel einer krafti-
gen Erhaltung durch Fernhaltung des europäischen Ein-
flusses in Südamerika. Aber wie? Im IG. Jahrhundert
war es den Spaniern, indem sie innere Zwiste benutzten,
gelungen, unter diesen Stämmen Fuß zu fassen, und
sie gründeten hier einige Städte, deren Namen Lo-
grono. Sevilla, Mendoza Geschichtschreiber uns über-
liefert haben. Aber ir>99 erhoben sie sich unter der
Führung eines Kriegers Quirraba und zerstörten in kurzer
Zeit alles, was die Spanier angepflanzt hatten. Durch
weiße Weiber, die ßie raubten, sollen sie — die Tra-
dition ist, wenn nicht wahr, so doch bezeichnend, vgl.
u. S. 353 — damals ihrem Volke einige jener hervor-
ragenden Eigenschaften zugeführt haben, welche sie aus-
zeichnen. Im 18. Jahrhundert begannen die Jesuiten sie
zu missionieren, aber mit geringem Erfolg. Noch heute
gehören sie zu den unbekanntesten Stämmen Südamerikas,
erst vor kurzem ist es den Missionaren gelungen, dauernde
Ansiedelungen bei ihnen zu gründen und ihre politische
Abhängigkeit vom Gobemador von Cuenca und dem Cor-
regidor von Chachapoya ist fast null.
Rückgang im Norden. Nicht anders im hohen
Norden. Auch hier hat der Besuch der einzigen regd-
luäüig hier erscheinenden Europäer, der Walfischfänger,
bei den Eskimo eine Beschränkung der Gebiete bewirkt,
über die sie sich ausdehnten, er hat die einheimische In-
dustrie gelähmt und den einst vielseitigen inneren Handel
einseitig nach den Stellen hingelenkt, wo Munition, Brannt-
wein u. a. Kulturerzeugnisse zu kaufen sind. Besonders
hat er aber ihre Lebensgrundlage, die Jagd auf die gro&en
Seesäugetiere, eniplindlieh gestört. Es gibt viele Beispiele
starken Rückganges, der natürlich in dem weiten, dünn-
besetzten Lande einen sehr starken geographischen Aus-
druck gewinnt. Es gibt Angaben, die an einen Rück-
gang um fast 00 ^ in den letzten 30 Jahren glauben
lassen, z. B. bei den Point Barrow-Eskimo. Von den
Okomiut des Baffinslandes glaubt F. Boas, daß sie .ohne
Zweifel noch vor M) Jahren 2500 Seelen gezählt hätten ^-):
\
Kückgan^ in Sibirien. :J41
jetzt siod sie auf J^DÜ zurückgegaugen. Die durch Ver-
waltung und Mission geschützte Eskimobevölkerung Grön-
lands scheint bis 1850 erheblich zugenommen zu haben.
(1834 7850, 1845 8501), aber seit 1855 steht sie bei
ca. OGOO und scheint sogar ein wenig im Rückgang.
In weiter Ausdehnung sind die nordasiatischen Hirten-
und Jägervölker im Absterben begrifien. Alle haben an
Kaum verloren und bei vielen kann der Nachweis des
Verlu.stes an Volkszahl erbracht werden. Am Olenek
geht die Sage von einem Gespenst, welches das Aus-
sterben der dortigen Eingeborenen verursacht habe:
dieselben hätten in ihrem Uebermut ein Rentier ge-
schunden . das dann in seiner Jammergestalt sie ver-
folgt habe, worauf sie ausgestorben seien. Wahrschein-
lich sind die Pocken dieses Gespenst gewesen, welche am
meisten zur Verringerung der Bevölkerung beigetragen
haben ^ •*). Die Tungusen sind, seitdem Strahlheim ihre Zahl
zu 7n— S( ) IM M ) angab, auf < i< > — 70 0( »0 zusunmiengeschmolzon.
Nicht blol."i Europäer, sondern im Nordosten auch Tschuk-
tscheii nahmen den Raum ein. den sie aufgeben mußten.
Auf iWu aleutischen Inseln soll bis 1702 die Bevölkerung
auf ein Zehntel der GröLW gesunken sein, die sie vor
lier Ankunft der Russen behauptet hatte. Als ganz ver-
nichtet werden die Omokon und Arinzen bezeichnet. Die
Zahl der Kamtscliadalen wurde 1749 auf JOOOo geschätzt;
\H2:^ zählte man U7(;m. 185n 1051. Man wird mit Recht
der Vergleichung von Schätzungen und Zählungen den
Vorwurf machen, daß sie ungleichwertige Größen zu-
>annnenbringe : aber neuere Zählungen ergeben keine
anderen Resultate.
Eingeborene im Bezirke Beresow
1810 JlOOO
182S 10052
— 1 :U!»
Einireborene im Bezirke Donesk und ini Gebiete
Nj
irvin
ISIO lnl:{5
18:^2 !)7J1
TTT
342 Rücl«ganj» in AuHtmlien.
Eingeborene Westsibiriens
1851 40470
1868 37153
1878 37880
seit 1851-2590
Eingeborene in 22 Wolosti des Bezirks Kusneszk
1827 5160
1 832 4399
— 761
Eingeborene im Bezirk Jenisseisk und dem Gebiete
Turuchansk
1838 7740
1864 7483
— 257
Angesichts dieser Uebereinstimmung der Abnahme
in den verschiedensten Teilen Sibiriens wird man nicht
glauben, daß es sich bloß um äuüere Bewegungen von
einem Gebiet in ein anderes handle. Um so weniger,
als auch die Zunahme der Weißen und der Gemischten
in vielen Teilen Sibiriens ohne Zuzug verschwindend sein
würde (siehe unten S. Mi'y). Auch für den Rückgang
der Mongolen ist neben dem Cölibat der zahlreichen
Lamas, der Verwüstung vieler Weide- und Waldstricbe
(siehe oben S. 134) die Einschränkung ihrer Wanderge-
biete durch China und Kußland, besonders die Ver-
schließung Sibiriens durch die Ausbreitung der russi-
schen Macht geltend gemacht worden. Aehinliches kann
auch für die gleichfalls zurückgehenden Turkmenen an-
genommen werden.
Rückgang in Australien. Die Zahl der Australier
ist immer eine geringe gewesen, größer dem Anschein
und der Wahrscheinlichkeit nach im Norden und Nord-
osten als im Süden und Westen; aber sie ist heut^
noch viel geringer, als sie einst war. Seit dem Ein-
greifen der Europäer haben die Eingeborenen weite
Gebiete ganz verlassen müssen: so sind die 1500 Ein-
geborenen, welche zu Governor Philipps Zeit um Port
l
SiAK. Bbenll « itr ftAck^m^ » tIaA «^
liiigi Iwiii 1 ■ roB ÖOUO nf 779 ndk; akcr j*M ö&tK^»
Am beatr ^cki&k m^ m^**t Di» YmImI«^
et Bm^Atmaem ifaer AMtnÜea gvstalMäcli wcfa 4mh
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i Kariaaaa». Sie wcHea 'm £e ander CraclttbMm.
InitiMk mtm^a gak aMgestetteteB Guh i K« aM«t4:«v-
riofEt Bsd hier vie ioti scbemt dip Be w qjWig «t^ im
er GrcBBe d^ Wbte Ball za hmcIi^d. IW Korn- uml
indaad den Wetben. die WOste den Srhwmnvn, d»s »t
er geo^japhnche Ätzdruck der Gtcrvlüchlr dvr Ki^iwii-
itioD des ftnftea Erdteilrs. Kein Wunder, dsüi gvntd«'
icr dae ScU^wort .Fecjee to tbe fe«j«<nu]»* au^Ti^
oiH^Kii mid in itn jüngsira Kolimieii Fidtw-h) und Bri-
scb-Xeo-Goiiiea sogar bb zu Versuelieu praktiÄlwr
iiirciifälimnp tfeluurt isi-
Rödgug asf den Inseln des StUlea Omhus. Si-hvt-
7t der statistische Nachweis des llllckgaimvit der tU—
itkemng in einem ausgedehnten kontinentaleu liebieUs
/J
344 Rückgang auf den Inseln
wo räumliche Verschiebungen, welche erfahrungsgemälj
in großem Maßstäbe stattfinden, Zahlen kleiner und größer
erscheinen lassen, ohne daß die innere Bewegung der
Bevölkerung damit zu thun hat, so zeigt auch hier der
engere Rahmen der Inseln das wahre Wesen und Ziel der
Bewegung viel klarer. Es sind die Inseln, welche Ent-
völkerungen der radikalsten Art vor sich gehen sahen.
Die früheren Bewohner der Canarien, der Großen Antillen.
Neufundlands, Tasmaniens und zahlreicher kleinen Inseln
des Stillen Ozeans sind ganz verschwunden. Die Zweifel,
welche an der Thatsache des Rückganges in Nordamerika
erhoben werden konnten, müssen hier verstummen. Die
Inseln mit ihren leichter zu übersehenden und zu schätzen-
den Bevölkerungen umschließen die bündigste Wider-
legung der Versuche einer Beweisführung im Sinne Mal-
lervs und seiner Nachahmer. Und darum sind z. B. auch
Meinickes kurze thatsächliche Darlegungen über den Rück-
gang der Völker des Stillen Ozeans treffender als die
Aeußerungen Neuerer.
Allgemein bekannt ist das Schicksal der Tasmanier.
Die ursprüngliche Bevölkerung war im Verhältnis zur
Oberfläche ilirer Insel gewiß nicht viel größer als diejenige
eines gleichen Teiles vom südlichen Australien. Sie wurde
1815 auf 5000 geschätzt. 1803 begann die Kolonisation
der Insel seitens Großbritanniens und 1876 starb als letzte
des ganzen Volkes das Weib Truganini, von den Kolonisten
frivol und geschmacklos Lalla Rook getauft. Der Todes-
kampf des Volkes hatte nur so lange gewährt wie ein
reifes Menschenleben. Lesen wir die Berichte älterer
Reisenden, so glauben wir mit A. R. Wallace hier ein
Volk mit Anlage zum Fortschritt vor uns zu haben.
Leider ließ ihm die Kultur keine Zeit, seine Anlagen zur
Entfaltung zu bringen. Im Raum dieser 73 Jahre liegen
empörende Seh an dt baten gegen die Eingeborenen, welche
wie Wild gehetzt und ohne Recht und Billigkeit landlos
gemacht wurden. Welch beklagenswertes Schicksal da?
der letzten '2\i\ welche nach Port Flinders versetzt wur-
den, um 1847, auf 45 zusammengeschmolzen, zurückzu-
kehren ! 1 8(n zählte das ganze Volk nur noch 5 Männer
^^^ 34»
nnd 9 Aam. Zw« c fcMakWfiiiüitg fai Big» fcww h artM .
ZiU der 6«^ikckK^s. Ol S. 3iS> od dK iSbi U«bw-
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tU mw m g u ZwöM Bbo- du ScUck»! «ömt loMf
iBuriwvBlkenB^ okiba w nd^ küaMs. ^ad abw «br
lodiam NarduHcnlBW mt« ng^ttt «o«dm *b div
Fttr die UntoiacIiBiigni Ober BeiS)kei«ng8wv«h3i»l
dgaet ädi d>en duan tot aDem Poljii«8ieii. wwl
Im amabian lueln die Geecfakbte ihr«- B»TOlk««\in(t
iaah BeeieddiiBg, FcberrOlkcntiig and £BtT<äk«nin(t
Undnreh leichter m Tafo^sn ist and betvSchUich«
Uilersduede wahmehmoi Hfit, di« ihr den CharkkW
«Mr joiigffli, aber sehr gestörten, manch intvreesante»
attiKMm^iKhee Profil bietenden Ablagnting ««rieihmt.
ZoDicnst haben vir hier in Neuseeland ein Gebiet, das,
ilmlich wie Nordamerika und Austmlien, von vuru-
{Aischen Auswanderern aufgesucht wird, wt'lcht* dvii
Eingeborenen den Bodeu nehmen . zugleich nbt'r Ubt'r
ikre znrflck weichen den Zahlen Buch tlthren. ('uoks
Sdiitzung der Bevölkerung Neuseelands (4Ü0OU0) wird
wdil Dbertrieben gewesen sein. Aber sie wunlt> auf
beenren Grundlagen tür 1835 — 10 zu lUOOUO an({eK^bi>n.
1856 schützte mau sie auf 06000, lälil auf rtUMW
(Nordinsel 53056, Sadinsel l>280), 1867 auf ;tKr>|i) (Nonl-
isael 37107, SOdinsel 1433), während die europlUiich«
B diesem siebenjährigen Zeilraum jährlich um duroli-
idmittlich 30 '^jo zugenommen hatte, nahm diu dur
Ibori jährlich um 5 "jo ab ^'). Ea liegen weiter» Zäli>
bnigen bezw. Schätzungen von 1878, 1881 und 1H80 vor,
«dche folgende Beweise fUr den Rückgang der Hftori
Nordinsel Sttdinsel Ch«tliAir<
178 — — —
«81 41601 2ÜI>1 ISI
m 39076 2045 -
So wenig verbUrgt im einzelnm i
348 Prozeß des Abwelkens.
haina auf Maui mehr Ordnung findet als in anderen
poljnesischen Plätzen, sogleich an die Abwesenheit der
Weiüen und ihrer Orogsshops erinnert wird, so soll
trüberen Verhältnissen immer nur die Anwesenheit der
Weißen und ihrer Verführungen zu Grunde liegen. Wer
aber tiefer in die Beziehungen zwischen Europäern und
farbigen Leuten seinen Blick versenkt, dem kann es nicht
verborgen bleiben, daü die letzteren so schweren Schaden
nur leiden, weil sie ohnehin auf schwankem Boden stehen.
Die An- und Eingriffe der Europäer haben nur die üebel
verschärft, an denen jene vorher und immer krankten.
Es gibt eingehende, und ungefärbte Berichte über den
Prozeß des Rückganges, welche den europäischen Einfluß
nur nebenbei, wenn überhaupt, in Rechnung stellen.
P. Dobrizhoffer hat an einem Beispiel, das er in seiner ein-
fachen, verständigen Weise vorbringt, den Vorgang trefflich ge-
schildert. Er traf einmal am Nordufer des Kmpaladotlusses eine
(luaninifamilie, Rest einer einst weiter verbreiteten, an den Pocken
gestorbenen Gruppe, im tiefen Wald, bekehrte sie zum Christen-
tum und zur Kultur und bewog sie, ihn nach seiner Mission za
begleiten. W^enige Wochen nach ihrer Ankunft wurden die Leute
von dem Schnupfen und einem Flußfieber befallen, das durch den
ganzen Körper zog. Hiemach folgten Augen- und Kopfschmerzen
und hierauf die Taubheit. »Die Schwermut und der Ekel vor allen
Speisen erschöpften dermaßen ihre Krüfte, daß sie am Ende eine
völlige Schwindsucht und Auszehrung ergriff, wogegen alle Mittel
vorgeblich waren."* Die ganze Familie sturb in Kurze dahin, trotz-
dem Dobrizhoffer sie öfters in die Wälder geschickt hatte, damit
sie des Schattens und Grüns sich erfreuen möchten, an die sie
gewohnt waren. .Denn," fügt er hinzu, ^wir wußten aus Erfahrung,
(laß wie die Fische außer dem Wasser sich nicht lange erhalten
lassen, also auch die Wilden, sobald mau sie aus den Wäldern
in die Flecken bringt, sehr oft auszehren, weil die jähe Verände-
rung der Nahrung und Lutt ihren Körperbau za gewaltsam er-
schüttern, nachdem sie von Jugend auf an die feuchten, kühlen
und schattigen Wälder gewöhnt sind**-^). Wenden wir uns w
einem Gebiete, das als klassische Region des Rückganges bezeich-
net werden kann : Kubarys Untersuchung über das Aussterben der
Palauinsulauer. die vollständigste, unbefangenste, welche für irg^d
einen Teil Oceaniens vorliegt--), führt ebenfalls auf eine Reihe
von inneren Ursachen und sieht in dem Rückgange demgemäß nichts
Neues, sondern vor Wilsons Zeiten schon Begonnenes. Wichtige
Erscheinungen im sozialen Leben der Insulaner, wie die Adoption
in den verschiedenen Formen, das Erben der Titel auf Söhne, das
Eingehen großer Häuser deuten auf ein höheres Alter des be-
Diiilitiutliu in. dar Verwitotnng der Menw^enleben,
im watUüA^ gaiuiit werden mn£. In einer Liaie vuu gei-itdeiu
■^■"hrrWiteui Chnnkter TeiMicbaet Knbwy fUt 13 Üemäindun
nm JU» (tto*ambc^ 1882— «S «t TodeafUle von KTw-ohMouii,
15 mm KnüdoB nad 7 G«bnrt«n. Die Unhtrbilniu dec lisburhMi
iit m gral, dnft mna dm* Autsterben nuhe vor lioh au iwhMi
■oft. Mh0 AnMcfaweifongen in beiden UeadilechterD . Kwvu-
art^ikeil dar Sba^ wddie die jungen »uu«a wvial wie mOt[ii''b
falÜD Tarbödangm cnbieht, die Dbrigen mit iet auhwerea Arbeit
4m ThnilMa« bsiMtet, die Gatten voneioiuider trennt, NUlilich-
I in den Tordergrund rtiokt, undlioh litm iiuuitu'
1 battitiKte Kopfitehlen (Kubnry ui||tti lfl8:i: in
[nhren irnrden im mnien nur M Kti)ife ubiie-
_ _ »!)jBben disEikUning. Du die [nfluenM ■<■ verwIUtond
wiM, iät KnbwT geneigt, weniifer dar Krankheit lelbiit nl» ilwr
Tirtifieweite der Inulnner luiuachreilien. Di« hi*"*" Uowbbner-
(Anft cridlt im Licht der Suhilderung Kubaryii einen putliülugi-
«Imb Chankter; »llgemeine Neigung lu DyKent«rie infulge ifer
hillniliguu nnd auwcblic (Hieben Tnronttbrung, HllKeuieia«« Vnr-
bnnmen von Oxynnu vermiculariii, H«rallenuiin itller Ulbireii Per-
*onen Tom chronischen (iulrnkrliituiiiulJHiiiiij,, vuriiiaui^lil iliirdi iluk
Klima und die AuMctzunK 'li.-a nuubUfii Klirimn, KTJuge Aiiaibui:!
der Männer im Krtraj^en klriifirlii^lurr Aiiiilri:ii(fiiii(/Dn
Erselieiitiiiigeu beim ZusaDui«^Qtrf:tr«D einer bübereu
od einer niedereD Kultar. Auf 'Imen IMfn liitubi:
man sich min dit «:ur'f(>äi»';li*:ii NVueruiij^wi u'isf/teä'rt.
Ihre Berflhniiig. ilin Kiciwur/'rluii^ iAnHtvii k«in äutTC-
licher Vor^uuf. 'SleOf4:hikh'^'- k'iii;r(it au MtrAtJ-Iitrii i.'in
heran, ohne wzvV^nd. rtiz*-!,"). W(i(,>':lii; wufXrvtt^h'i. 'i*:-
danken zcti^«n<J «uf d»:T*)*jt:K /.'j »jrtttr'jj fci t'j;^ aöu
häofifFStien V^iTrerft;!!;; dfre Alv*'*'-'^---'-*'''- *J'if-''''i^* .'-'■
uhi&6 de* »li*-!::: jJw Wirrt* ei;, f <r;; . .'^trU'- »•-rdt,'. t/c^
ailaäLÜcb eft^'-iiafle:;. Hjh'j ka* l -liirMr:, /■-^tti.': cd
t'uMa^ iiwr IL der WV.st. äi.L zuprrt di- Brü-ytTi- »irk-
•aaE ■»nrä. auf öert-i. ruiij>:-ii'<eht^'»eti, ii'.'ifL daui. eri*! dit
Lnöer» ibr Felo iw-^^eJlT t,- alirl;* mi.-iii uiojflicli ueiL.
«lut^ AnSuatmit vul ber- biitjeiii^iueL Kegei zi. tiadeu.
Bki di>- ICnnirvülK<r> i[ b-rrUiifiiii>: tun einer Ikthamn
:^50 Erscheinungen beim Zusammentreffen einer höheren
Kultur rasch herabsteigen, um spät und langsam sich
wieder zu erheben, wenn sie das Neue zu nutzen wissen.
Die Frage ist dann nur, ob ihnen die Zeit bleibt diese
Bewegung zu Ende zu führen. Das vielberufene Aus-
sterben der Naturvölker ist eben dadurch so traurig, daß
es im kulturlichen Herabsteigen stattfindet; und wo die
bessernde aufsteigende Bewegung eingesetzt hat, wird sie oft
noch durch diesen Rückgang der Zahlen gehemmt und ver-
eitelt. Ueble Einflüsse beschleunigen diesen Gang, aber der
beste Wille hat ihn oft nicht aufhalten können. In Nord-
amerika und Australien sind die Beispiele zahlreich, daß
seit dem Beginne der regelmäßigen Unterstützungen sei-
tens der Regierung mit größerer Unselbständigkeit auch
größere Armut um sich grifl^. In Sibirien hat die Auf-
gabe des nomadischen Umherwandems zu Gunsten der
Ansässigkeit den Rückgang nur beschleunigt. Die Mis-
sionen haben häufig dem Rückgang wenig Hemmung
bereiten können, schon weil sie die ursprüngliche Gliede-
rung der Gesellschaft nivellierten, demokratisierten, ehe
sie ihre Saat ausstreuten. Vor diesen Tbatsacheu kann
die von Gerland adoptierte Phrase Mallerjs: „wo die Be-
völkerung vor der Civilisation geschwunden ist, da schwand
sie nicht vor der Kultur, sondern vor der Barbarei der
Weißen**, nicht bestehen.
Die höhere Kultur wirkt allerdings an sich schäd-
lich, ohne zu wollen, wo sie die eigene Schaffenslust, den
eigenen Arbeitstrieb eines tieferstehenden und vor allem
auif anderer wirtschaftlichen Basis stehenden Volkes lähmt.
Was Kultur und Christentum gut machen wollten, zerstörte
der Wechsel der wirtschaftlichen Grundlage. Angebliche
Fortschritte, wie der Bau hölzerner Häuser, die Einfüh-
rung der Metalle, der europäischen Kleidungsstoflfe und
ähnliche sind nicht immer Fortschritte in der Oekonomie
der Eingeborenen. Der Handel will das Tempo des Um-
satzes beschleunigen und reißt die Armen willenlos mit
sich fort. Mit gesundem Sinne beklagten sich die Tun-
gusen bei Middendorf darüber, daß die Händler sie in
ihren Standquartieren aufsuchten, statt sich auf die Märkte
zu beschränken. Fast in der Regel sind dort die besseren
und nietUTOu KulTur. So-.i:*i.- U^vKiuui^
i it
Jäger und auch viele Bej^it/tT \imi Itiitiiiiltit.l, u nt
schuldet. Die Verminderung' tie.i tMiiMl Khilii^ni). m \ !• I<
Standes der Kirgisen, ilirr Vemniiiiii^ ilunli Uili>i>).
ankaufe, die häutigeren lluiiKt'iMuUf wi^nlui i Im iilnll .m)
den Handel zurQck^a* führt.. l)oih hiilnii ..ji. „in ). m,
Land verloren. Der lluiid<r| hrin^i im hi ^^^^^ juil/|j|,.
er überschwemmt die einfu'iMii Khlln mn h» t,iii.,i,n\ \,,
nach welchen ?ie lenriUzit Vfi«- 'Jj< Hu.'li« i,„. i, .n,/ ,.
keiten: Brünntw^.r.. h\tJiUi. 'Iar,.,lr iMi i .,^,.| ,^,,, . ^
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0§
U- .
A"
v
852 ^i^ RaBsemnischung.
sentieren, d. h. eine Klientel von Bettlern zu ernähren hatte, fast
so arm wie irgend einer seiner Unterthanen war. Infolge des Rück-
ganges oder Stillstandes der Bevölkerung hat ebenso in Hikro-
nesien der Bau großer Gesellschaflshäuser aufgehört und damit ist
eine Quelle von Anregungen zu Arbeit der Phantasie und der H&nde
versiegt, die Völker leisten weniger als früher, ihre Originalität
ist abgestorben, sie sind im Begriff ethnographisch zu verarmen.
Insofern gerade diese Lockerung des inneren Zu-
sammenhanges es einem Volke dieser Stufe schwer
macht, den Vorsprung der höheren Kultur einzuholen,
halten wir die Frage Quatrefages' für berechtigt, ob
nicht eine hohe Kultur etwas mit der Existenz unter-
geordneter Rassen Unvereinbares in sich trage? Haupt-
sächlich wohl deshalb, weil sie nicht in ihrem Zusanmien-
hang und ihrer Ganzheit aufgenommen werden kann.
Der Unsegen der Kultur liegt in der Halbheit. Sie wird
auf diesem Boden nicht reif. Auf allen Missionen ist
die Bemerkung gemacht worden, daß diejenigen, welche
ganz europäische Sitte annehmen, ebenso wie die, welche
in ursprünglicher ungebundener Wildheit leben, weniger
leiden als die zwischen den Ansiedelungen der Weißen und
ihren eigenen Jagdgründen hin und her Schweifenden
und Schwankenden. Der letzte Besucher des freien
Maorilandes auf der Nordinsel Neuseelands, Kerry Jfi-
choUs, fand auch unter den freien Maori die jüngere
Generation physisch heruntergekommen im Vergleich mit
den kräftigen Gestalten der Aelteren. Er fand einen
unmäüigen Tabaksgenuß und schreibt den Rückgang von
r)6 000 in 1859 auf 44091» wesentlich dem halb wilden,
halb civilisierten Leben zu-").
Die Rassenmiscliung. Die Ra,ssenmischung bedeutet
nicht bloß Lockerung, sondern Zersprengung des ur-
sprünglichen Zusammenhaltes. Sie ist eine Macht in der
Geschichte der Berührung ursprünglicher Völker mit
der Kultur. Alles drängt darauf hin, sie zu begünstigen,
vorzüglich der Verlust des Gefühles Itir die Geschlossen-
heit und Würde des Stammes, die Schwächung des
inneren Zusammenhanges, endlich auch die Verringe-
nmg der Volkszahl. Die Bevölkerung des Indianergebietes
UM
le 1877 zu 50000 «gegeben, worunter r>UIH) Weil««
10000 Neger, welche dorch Heint in die Indisaer-
ime sn^Mtommen waren **). Dnfi die Qbrigen l(r>00(P
e i«inen Indkiier aind, geht ans ihrer Gesciuehte sur
im hervor. Der Erfinder des oft genannten Tushe-
liqphsbetee wmr ein Mischling. Trotzdem wiederholt
and, dem die Thatsache bekannt, dafi Seqoojae 0mA-
r «n Weifier gewesen war, die ganz irreleitöideBehMi»-
;, er habe mit dieser E^rfindung einen Beweis fbr «if
iborene Intdligeat sein«' Rasse abgelegt, BesMidem b«
Indianern der Östlichen Sodstaaten s<;hwangen HJ^h
M HiflehUiiae, oft anageieichnet dnreh Talent, za hohem
^Mn bei mren Volksg^wasen empor, das ei« aber
i selten anf eine fQr diene verderbliehe Weiaa ba-
ten. IS77 war» 'iS^*'< der TseheroklM UiMhlinfii,
n die Frage cJFen bleibt, oh alle tfiaehlinoe ak rniMm
blt worden; nnd au&erdem lebten SCKH) Weifte rmler
1SÖ72 Tscherokiex. »Im I'j.7'''i littr IfttÄtomn In
ka wies der Censiii» l"f>r<) '<"" KimipiM-i'intw.himif«
In Victoria zählte Ht-r '>nmiM tnm \'> Mir/ 1x7?
774 Eingeborftne mnft« BIhm« i'i-i*i Krw.H'hMxni« itrt't
Einderl und lU:', Miachiingn fl-J) Ki**ii''hn«pi>' kih)
Einderl. Betrachninitwn ilt.wr 'In- fi^w-himifun /«i
Xatur- irail KalMir.-';ilc«rfj 'imi ■»•-.riUi' ■»■■iih «m
Einflß&un(i 'les ßlur^s ^It^r \vf/iivntn i» 'Im AiIit»
ersteren unten«; harzt- n. W^nn .n 'In* 7.i tii'«^ -Iff
fzah) der mitten ;n u-r K-ili.ir '«ilwri-i- ••■\i '>■■»«-
nen lehenden \rn\t*^fn ' ^nmlity md U-r luir-W'-tlirUim
inigtea Staart-n iinr ßfnir^tymuii- vtilidi jrUunfin
: .Die Irokwten ■■inii -ii-r '.■■/ iiti;iii(.ri imlii -iWi-fi
ind nichr vor ihr-m ji^njir-t- »ihv'^' "'*"''■ ""' "•'"'•'i«
; auaatttrben. -tiiniiiTTi n /.uk n i! <« •■ .".m'-i nmlir
mehr entwir-k*rln ii.« '-r:..i-i.ri-ii Uu-.U .Li-.* 'Mf-
■Jite ist die Thw.r*- i»* ■,,,«'^.»-... ü-. J»i..rvfirl*«
das SchlagenrtK«*' • '««r.-/! ■< «• •l«»«*#r
ewiesen werden, ■i!±u ji-r^iu- !..•».■ '.t.« li»- rflMibiA*
nischung mit jr«-;u*-rr. f4'..li' v'ul.i'-». iHitfmi iMM
keinp 3ophiKt.-ri-: i«. .' .**-ic. ... ,. ...i- «.>i^« A**^
ng zu geben ■••rrr.Äy j. JiJj i>< '.•^•^*t^ *»» 4ir
354 Weiberraub und Polygamie.
nicht aussterben, durch Mischung absorbiert, d. h. ihrer
Vernichtung als Rasse langsam näher geführt werden.
Wir begnügen uns noch den Ausspruch eines unbefan-
genen Beobachters anzutlihren, Ten Kates, der in den
Indianergebieten der Vereinigten Staaten die Mengung
der Reste der reinen Indianer mit Weißen. Mestizen.
Zarabos und Negern eine solche nennt, daß man von
einer eigentlichen Indianerstatistik gar nicht mehr sprechen
könne. ^ Diese Statistik beweist eben deswegen wenig
für Aussterben oder Zunahme der Indianer* -**).
Der Weiberraub schwächt die Stämme, die unter
ihm leiden, ohne daß darum die anderen, die des ge-
waltthätigen Erwerbes sich erfreuen, in ihrer Volks-
vermehrung wesentlich gefordert werden. Die übleu
Folgen, welche so oft für die Volksvermehrung auf
tieferen Stufen, die Berührung mit Europäern nach
sich zog, führt in manchen Fällen darauf zurück, daß
den Eingeborenen Weiber und Töchter seitens der Zu-
wandernden genommen wurden. Man hat z. B. bei den
Tungusen die Thatsache, daß die Zahl der Männer fast
durchgehends überwiegt, darauf zurückgeführt, daß viele
ihrer Frauen von Russen geheiratet werden und damit aus
ihrem Stammesverbande scheiden. In den Ehen, aus denen
Mischlinge hervorgehen, ist in Amerika oft ein unnatür-
liches Verhältnis im Alter der Eltern bemerkt worden,
das nicht ohne Einfluß auf die Nachkommenschaft bleiben
konnte. Weiße, die an der Schwelle des Greiseualters
standen, hatten Indianerinnen von 12 Jahren bei sich
und das Ergebnis war eine doppelt schwächliche Nach-
kommenschaft ^'). Neben der Thatsache. daß diese Misch-
ehen häufig keine guten, dauerhaften Verbindungen
schaffen, meinen wir nicht viel Gewicht auf die angeb-
lich der Fortpflanzung ungünstige Wirkung der gedrück-
ten Stimmung des seiner Freiheit beraubten Sohnes de.*
Waldes oder der Steppe legen zu sollen. Ganz ander*
doch wirkt die in den Ländern der Polygamisten allver-
breitete Neigung, die Weiberhütten mit Sklavinnen zu
füllen. Vgl. o. S. :^2L^
durch Hwchung. 35 &
Wo Blatmischaug sUttfindet, welche langsam Neuu
BcliaJBt, indem ne Ält«8 zerstören h!]ft, sind natOrlich
alle Spekulationen mfl&ig, welche aus dem Tempo des
R&ckf^iwes, wie es in einigen Jahren beobachtet wurde,
einen ScnluS auf Erlöschen in einer bestimmten Reihe
von Jahren sieben wollen. Diese Abnahme wird einmal
tön Hanmam erreichen, worauf in der zusammenge-
wbmolzenen Berfilkerungszahl alle jene Scbädlichkeiteo,
welche mit einer gewissen Dichtigkeit der Bevölkerung
Terbanden sind, sich in geringerem Ma&e geltend machen
verdep. Die Kreuzung mit Weißen wird gleichzeitig mit
dv äewöhniing an die Kultur verhältnismäßig stärker
sieh geltend machen als vorher und es kann dann ein
Steigen der Bevölkerungszahl eintreten. Zieht man diese
Thatsachen in Betracht, dann kunn Überhaupt nicht vom
vollständigen Sterben eines Volkes gesprochen werden.
denn ein Teil seines Blutes wird in der Mischung fort-
leben und -wirken. Wir halten die Bemerkungen für
sehr triftig, welche Penntfather über die Mauri in einem
Vortrage gelegentlich der Louilooer KoIoDialau&!>telluug
gemacht hat. indem er für die MaorimisiLliu^e den ab-
gedroschenec Satz zurQckweist. daii in den MiccLliugeu
die Laster beider Eit«m zu Tage treten: unter ihutu
gebe es tüchtige Uenacfaen gtnug und vielleicht werde
bald der Einflute diesen Yolke^i eich mehr durcb die mit
Weißen iremischte alt> durch die reinblütjgen Maori gel-
tend machen^"!. Selbb't die Ta>niiimer :sind in dieeeui
Sinne nicht völlig Terschwundeii . ihr Blut lebt in der
Mischraefi« der -Sealers* fort, die die Inseln der But^-
straßtr l>ewohjDen. Wie lauge wird mau von deu süd-
ft&ikanibcheu Bubcbmäuueru noch als einer reinen U>lli^e
sprechen können, wenn i'ai-t die Hälfte sthnu uU ge-
mitfcht angeriehen werden mul^r Nach einer Ireundlicbeo
Mitteilung von L>r. Schiiiz sind von deu -!>'".)'.' Busth-
männeni der Kulabari nur 8U'J" bi? yi>'".i alt uu^^emiischt
za 1 »et rächten,
Entciebiiiig des Bodens. Die gewaltsame Euuiehung
'ie^ Mutterboden» schwacher Völker stellt die gvugraphimb
*350 Entziehung deä iiodens.
schlagendste Form der Verdrängung dar. Sie ist eii
Hauptgrund des Rückganges der Naturvölker. Gibt mar
ihnen anderwärts ebensovielen und ebensoguten Boden
so bedingt schon die Ortsveränderung Verlust, wie jede>
Kapitel europäischer Kolonisation ausweist. Auf dem
Wege nach dem heutij;en Indianerterritorium und in den
ersten Jahren ihrer Ansiedelung sind die Modoc von 153
auf 95 herabgegangen. Von einem Recht der Indianer
an ihren Boden ist früher überhaupt nicht die Rede
gewesen. Bis 1789 wurde in Nordamerika seitens Eng-
lands und der Vereinigten Staaten der Boden als Eigentum
des kolonisierenden Staates angesehen, ebenso wie England
in Australien nie jenes Recht anerkannt hat. Nicht die
indianischen Bewohner, nur andere Kolonialmächte konnten
dieses Besitzrecht streitig machen. Erst 1789 sprach
der Kriegssekretär den Grundsatz aus: die Indianer be-
sitzen das Recht auf den Boden, weil sie früher auf dem-
selben saßen. Ihr freier Wille oder das Recht der Er-
oberung kann allein ihnen dasselbe nehmen. Daß dieses
Recht einen etwas lockeren Charakter hatte, ergibt sich
aus den Wanderungen und Veränderungen, von denen
die Indianergeschichte so viel zu sagen weiß. Aber später
sind geschriebene Rechte geschaifen worden und gerade
das Indianerterritorium halten die Indianer nicht als Re-
servation, sondern im Tausch gegen früher ihnen über-
wiesenes Land, das sie zum Teil schon lange bebaut hatten,
und das unter ihrer Hand, z. B. auf der Osage-Reser*
vation in Kansas, einen hohen Wert erworben hatte**).
«Wenn irgend eine Verpflichtung der Regierung heiliger
ist als andere, so ist es die, daß diesen Völkern dort
eine ständige Heimat erhalten werden muß.** (Hazen.)
1870 ging aus der Beratung der Vertreter der ftnf
Hauptstämme des Territoriums in Gemeinschaft mit den-
jenigen der Vereinigten Staaten die neue Verfassung des
Indianer-Territoriums hervor, welche im 1 . Abschnitt ttbei
das Land bestimmt, daß der ganze Landesteil, welchtt
begrenzt ist im Osten von den Staaten Arkansas und His-
souri, im Westen und Süden vom Territorium Nea-
mexiko und dem Staate Texas, und welcher durcli V«r-
träge unä •--rr-':!- -. — - ~ —
und ffewiirl- ?'—' "^i' - -
(homel 'irr '.zi-^i-'
<krin zu w r.--i ■ -i - - .^.
Weise ^pä:«-/ :-rz. -:_- — '
Indian Tcrr:- r-* -:- ---
dieses G^rb:^":^- -i" i-w_
Vorstellun:^ jr:: t •- ^ " . . ^ _ -
wenn in r.z-.— :^. .-z.--
Aussage sr-L:. I-t:: ^■
unbesiedelr.ar -t.. :z : - _. -
kaum eine •^u*---" *- " - -
unfruchtbar =«?:.
Der. Grur-ii-i:-: .--" .- - . -
den FarbijtTeri ^^* '-Z.-r.-i.:. ... -"-:_.
gewaltigung de- ^ii"*"! -: -: ^ .
vorragendem Mi:- ~^' -
Problem >ich ::. !-:; j: . . -^ . - *. .
'lie Begrün du i.L' :••".. ii-'-.
gemischte Wobi-.h.i- ^-"t -. . - -
^=icher in der Beirrv::/. ij ;.- * -
'*ammen. Her B»-rivr.: • :. ' -' "" • , • - • : .
Zweifel, dal*; der T»r:I ;t- i . • ■ . ■ ■• -..
'Ifiii l'X. ileriiliiin und 'ier '♦-"_.. • ■ . ^- *: , ._
groü ist für die Arbeit ..i;-.:- i:. ..: .
Modelt werden könnten. ^Viir i- ■-::.-.
hierherzubringen, so würd»'ii 'i;.]. i.-. •.:.::... .. ; ". \^ .
auf jeden Kopf der ^T-'M'»"» Ir.-lui!.. : m;>. i. 1...,.,
Männer, Weiber und Kinder, knniini ii." 1 )i i-, |l.. |i. i,. m
betrachtet die dichtere HevülkmuiM- .h > T, n iImmiuh ■ i.ni
Indianern als da.s beste Mitt«i. hin \\iii. h i r..'i,l,.ili. i,
Auf die Dauer hat es dafür ki-in Miiii I ;»•!,.,. l .,,iii. .
In die Lücken zwiftchen di;ii «« hw;». In i, hilv... .
falli^nden IndiaLer-i*-deiufj^'ri; -r.'i «i.« I,:if.'l. .« j. /
«Iruniien. D:*r » rrtja^-brücbiy^« Kjijv\;iii'1i i.,r .• .,.:...
bSÖ grötierT D.IL•^:J^i'.■JJ^JJ aj.nauuj. la'u -:«i .......
rturch be-<:Köi..^f:r. . w!«: OeüeraJ iSheiinaji •
358 Gewaltsame Zeratöning
amerika hatte Raum genug, um ohne Opfer das Recht
der Indianer auf ihre Gebiete achten zu können.
Gewaltsame Zerstönmg der Völker. Von den un-
merklichen Schadenwirkungen der friedlich, selbst wohl-
wollend, hilfsbereit auftretenden Kultur sind wir durch
wirtschaftliche Störung, soziale Lockerung, Auflösung der
Familienbande, zu immer gewaltsameren Eingriffen fort-
geschritten. Im Bodenraub, der den Schein des Vertrages
für sich in Anspruch nimmt, ist noch nicht das Aeußerste
erreicht, wiewohl Heimatlosigkeit mit einem grausameife
Gefolge von Uebeln seine Wirkung ist. Es gibt noch die^
gewaltsame, plötzliche Vertreibung unter Zerstörung nllex*
Habe, die mit Totschlag und Menschenraub sich verbindet.
Das ist die gründlichste Art der Zerstörung eines Volke»,
welche am raschesten zum Ziele führt. Es ist diejenige,
welche innerhalb eines Jahrhunderts Cuba und Havti
ihre indianische Bevölkerung genommen hat, dieselbe
welche Tasmanien und einen großen Teil von Nordamerika
entvölkert hat. Wir haben sie bis vor wenigen Jahren
im Sudan in Ausübung gesehen, selbst unter Gordons
Verwaltung, in deren Blütezeit, 1879, Richard Buchta,
von Ladö schrieb: „Der Eindruck, der sich dem hier
Lebenden unwillkürlich aufdrängt, wenn er die Ver-
hältnisse der von den Aegyptem beherrschten Neger
ins Auge fa&t, ist ein trauriger. Ich glaube nicht zu
übertreiben, wenn ich sage, daß diese Territorien ein
weites Totenfeld seien, auf dem die eingeborenen Stämme
ihrer gänzlichen Vernichtung entgegenvegetieren. Trotz
aller gegenteiligen Versicherungen besteht zwischen den
Regierenden und den Regierten eine durch nichts zu
»überbrückende Kluft. Rücksichtslose, für die Zukunft
blinde Verwaltungs weise, richtiger gesagt, Ausbeutung
der erst seit 9 Jahren dem Scepter des Khedive unter-
worfenen Völkerschaften hat dieses Land in einen Zustand
der permanenten Hungersnot gebracht'"")". Wir müssen
uns die Lage der Indianer beim Vordringen der Spanier
in Amerika ähnlich vorstellen. Die Behandlung muß, nach
der raschen Entvölkerung der westindischen Inseln zu
rteilen, noch rid ittckaditelQaer gi^w««m mn« Wiv
issen, daß Barbadoest ak es im April l<$l^) t\hi tMUf^m
chiff mit engÜBchen KokNuslea ang^kuf^n w\mW»
lenschenleer war, imd dieoe Insd winl im Ui« Jaiir«
ändert läufig als eine Ton jenen genannt, die indiani«vh«'
klagen lieferten. Ihre fräieren Bewohner haWn «ahU
Äche Waffen und OeriLte hinterlassen.^^) In dttmolUi«!!
eit lebten Beste der indianischen Bevölkerun|tt»ii vtui
ispaniola und Guba nur in den Mischlintfon fori. Kt«iii
weifel, daß Columbus, der Terhftltnismftttig mild |(«Ki>ii
:e Eingeborenen Terfuhr, und seine Nachfolger Monnohttii*
tab und FortfQhrung in die Sklaverei ompfahlnn iiihI
bten, daß sie diese hisulaner für ganz rechilon liinItMii,
dd daß die Kirche — Ankunft der DomiriikHiinr in
iispaniola 1510 — nur langsam mit ihroii HiiImiIk
lafir^^ln durchdrang. Wie die OoiNilirlikitil Mhllml.
och im 17. Jahrhundert an der AuNri>ilUfiK 'l^f ll(*
ianer mitwirkte, zeigt das Schicksal lU^tt HUiiiiiiin^
er Quepos in Costarica, wie es Vraul/inH '') ^«-«rlHl^Inrl
at. Menschenjagden im gro&en un'J VUiui-u uo/l 'In^ntif
egrfindet der SklaTenhandel. Mtufl Kr^^.Ut'Muntyrtu nft.Uhi^
leiß mit dem Aufeinandertreffen UTiuMifAtthArUftf/ft r Un-^.tt.h
Dg Tcrknüpfi warer.- Lr;rf;h *,e »jr.'J ;^*r./y? \,kut\nt t.t,\
ölkerL ganz«? Völker zf:r^x^ir. '■or-J^', fC//f./.>A^ -•»/. i#*.
lenschenreict*-!. Arr. ju vr..*: A . 'Jkr:^f / * //r » ^ ^ ^Ja ^ Vr ( ./ >.
irken, wekL** ::i':'a'^,-:, .>..•* 5 -,7*-. :. //^*•i/r.A^ r
ölkerten ^j^j:^»r:rL *^::.\ ***;/.**!- -, >. .-i-r/^ fr%--,*.f,
icht gef ttLIt- l»-.r: ^r.iit t.i/'i Vi »y^:.'^ * .-^ ':.^^ ,/;!•. ,.y/,.
linner "2^-2 W^-Ji»«: iiirr*- Äi-'V:/ i*w^;,-if/ -1.% •/./.. . ,,..,
lilflOsicZ. ZkZIl^ l.v^v.i •*?"',rt**r nii< ' i.i\.«^ ./.' /*//
In da* S^ju*.:{.«»fc. tfr ^rr-rj-..;*: '■*• * / '*' • * *■
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360 Anmerkungen.
*) Vergl. Dr. P. Avanjo in Revue d'Autliropologie. VIII. S. 17t>.
') Briefe und Berichte. 1888. S. 82.
*) Diese Auffassung ist weit entfernt, eine theoretische zu
sein, dazu ist sie zu weni^ bet^röndet. Sie stellt vielmehr einen
Wunsch oder eine Hoffnung ttir die Zukunft dar und sucht nach
einer Beschönigung dessen, was der Vergangenheit angehört. Und
beides sind sehr praktische Dinge. Klingt es nicht wie Aufforde-
rung » sich gegen die Ausbreitung des farbigen Elementes zu
wehren y wenn von ofßzieller Stelle gesagt wird: Die weiße RaBse
ist dem Fortschritte der afrikanischen in ihrer Mitte nicht günstiger
als sie der Dauer der Indianer an ihren Grenzen gewesen ist . . •
in Zahl und Stellung der weißen Rasse weit untergeordnet, ist
die farbige, ob frei oder Sklavin, zu vergleichsweise rascher Auf-
saugung oder Vernichtung bestimmt. (8^ Census of the United
States 1860. [1804.] Introd. S. 11, 12.) Dabei zeigt die Statistik,
wie vollkommen unbegründet diese Meinung war.
^) (latsehet sucht allerdings die Befürchtung zurückzuweist-i].
daß die Yumavölker Arizonas, auch wenn die Eisenbahn ihr Ge-
biet erreichte, einem baldigen Untergange geweiht sein würden,
aber nur weil die Kolonisation besonders im westlichen Arizona
wegen Dürre und Metallarmut langsam vorschreitet. Der Ymnu-
Sprachstamm. Z. f. Ethnologie 1887. S. 368.
^') Proceedings American Society for the Advancement ot
Science V. XXVI.
") Die Zukunft der Indianer. Globus. XXXV. S. 234.
"") Die genaue Aufzählung in Proceedings R. Geographiiiil
Society. London 1883. S. 653.
®) Vergl. Harmands Erfahrungen bei den Su6s. Globu>.
XXXVin Nr. 15.
*") Das ist offenbar dieselbe grippenartige Krankheit, von
welcher Reck in der Geographie und Statistik von Bolivien (Geogr.
Mitt. 1866. S. 304) in dem Sinne spricht, daß sie die Ursache
größerer Sterljlichkeit der Indianer der Punn. vorglichen mit Weiß^'n
und Kreolen, sei. Auch Ehrenreich spricht in den Verhandl. <^1.
Gesellschaft für Erdkunde in diesem Sinne.
^^) Die Beschreibung der Reise von Pirara an den oberen
Corentyne. Journal R. Geographica! Society. XV. S. 27, 34 u. a.
") Die Wohnsitze und Wandei-ungen der Baffinlandeskinio.
Deutsche Geographische Blätter. VIII. S. 32.
*») Müller, Unter Tungusen und Jakuten. 1882. S. 114.
^*) Die Zukunft der australischen Eingeborenen. Die Natur
1881. S. 141.
^^) Transactions of the Etlniological Society. N. F. 111. 1865.
''"') Der Report of the Legislative Conncil of Victoria für 1860
nimmt 6000 als Zahl der ursprünglichen Einwohner Viktorias an
Diese Angabe scheint die best begründete zu sein. Viktoria i»t
ungefähr ^Izs Australiens und einer der fruchtbarsten Teile. Da?
würde also im Maximum wieder auf die obigen 200000 zurück-
führen.
362
Anmerkungen.
kommen (Reisen in Chile, Peru und auf dem Aniazonensti
II. S. 822).
'^) Conference on the Native Races of New Zealand. Jou
of the Anthropological Institute. XVI. S. 211. Vergl. o. Anm
'*) S. die Angaben im Rep. Indian Commissioner. 1870. S
und Executive Docnments. 2* Session. 44*^ Congress. Vol. IV.
*^) Verhandlungen der Berliner Gesellsch. f. Anthropolc
1880. S. 29.
•*) Vergl. 8ir Robert Schoiuburgks genauere Angaben
Historv of Barbadoes. London 1847. S. 255 f.
"J Der südöstliche Teil d. Republik Costa rica. Geographi
Mitteilungen. 1869. S. 325.
") Elliot, The Seal Islands. S. 147.
IL Die Selbstzerstönm?
•rZ * i
DerHaii'^'er. Priiiiitiv-rr K .■:..=: -z.:-
leben. Kindsmord und ArrLnli.r.r-
rcsittlichkeit. M»-n*'."!;-r.frr-^rrr:
-' --.-.-j Jl:-
— k
Die Pathologie der Weluesehichtr > -
«hiehte gewöhnlich erzählt wird, zeiff: »it -:_-
iast immer nur in Thatigkeit. und wa- -:t 1t.-'1. .-• ü-
immer nur Aeuüerliches: sie unr^-rlieiren ii: K^jnjr-L. "»r^
den ihres Landes, ihres Reichtum^, ihre* Brv.Tz-r- '-rrLz-'
^ gibt aber ein tieferes inneres Leben utd > i- i ►:
innere^ Leiden der Völker. Einijrt- ^ind z^z.z -r.. -':
Kerne heraus erstarkt, andere siechen h:n -r.i ?Tlrz-r
unerwartet zusammen. Dem Ursprung err<h.'.z.zi, Lr
Bewegungen bleibt Gesundsein und Kranks«-iL r.:- L* rr-n-
Et gibt eine Pathologie der Weltgeschichte, v. w:- -* r
fcostere und schwächere Volksnaturen gibt. Di- '^' .».
dessen Individuen länger leben, lebt als individi:r:i— VI.
Snger. Die hippokratischen Züge trägt ab-rr :l&!.. L-
^oÜk Jahrhunderte au sich. Dieselben kündri; d-i: II --tk
png der Bevölkerung an. die endlich sogar ver^hw::. ir:
kann. Zu den traurig-anziehendsten GeiiensvÄrAri. >.r
ttropoi^reofTraphischer Forschungen gehurt die Unr«:r.* .■h.:..
dtr Gründe des Ab- und Aussterbens «ranze r V".;krr. i.-.-
ii« atr «ieschichto ihrer KaumerfüUunir sirh au^-r-r:-.::"
Dn«i da.s durchaus nicht erschöpft i>t mit dt-r lie-c!::cht'
"^t -cliiid liehen Berührungen kultnrann»'r X'-'-lk-r r..."
364 ^i*^ Pathologie dor Weltgeschichte.
Kulturvölkern. In dem Zustande dieser Völker liegen
Zerstörungskräfte, von denen eine oder die andere leicht
frei gemacht werden kann und im stände ist, für sich
allein Völker zu Falle zu bringen.
Die Völker niederer Kulturstufe kämpfen einen um
so schwereren Kampf mit der Natur, von der sie um-
geben, bedrängt. angegriiFen werden, je schwächer ihre
Mittel der Verteidigung in diesem Kampfe sind. Ihre
Waffen filr den Krieg mit Menschen sind Wunderwerke
von Scharfsinn, verglichen mit dem Wenigen und Schwa-
chen, was sie gegen die Einflüsse dee Bodens und ies
Klimas vermögen. Es würde gefehlt sein, ihr Unter-
liegen, welches nur zu oft ein Hinschwinden in nichts
ist, nur als eine Folge der feindlichen Angriffe und Ein-
flüsse ihrer fortgeschritteneren Brüder aufzufassen. Diese
finden aber ihre Aufgabe erleichtert durch die Schwäche
der Grundlage, auf welcher jene stehen. Die Geschichte
kulturarmer Völker trägt trotz beständiger Bewegungen,
von denen sie eiT^ählt, im Grunde einen passiven Zug.
Es ist viel mehr Dulden als Triumph in dieser Geschichte.
Die größten Züge derselben sind doch immer die Hunger-
jahre und Seuchen, die die Bewegung der Bevölkenmg
zu einer rasch, man möchte sagen fieberhaft pulsierenden
machen. Die Kultur verlangsamt die Bewegung der Be-
völkerung, indem sie Lebenszeit und Generationsdauer Ye^
längert. Malthus nennt das Wechselspiel von Eintritt des
Elends infolge un Verhältnis mäßigen Wachstums und un-
verhältnismäßigen W^achstums infolge Aufhörens des
Elends Ebbe und Flut. Man kann das Bild vervollstift-
digen. indem man den Wechsel der Bevölkerungszahlen
bei Naturvölkern mit dem Wellenschlag vergleicht. So-
viel rascher vollzieht er sich, soviel häufiger wiedeihdl
er sich und soviel kleiner, zerstückter ist in Entstehen
und Vergehen seine Erscheinung.
Die Krankheiten der ünstätigkeit. Es liegt im Wesen
der Kultur, welche die natürlichen Hilfsmittel des Lebeni
sichert und vermehrt, daß sie das innere Wachstum dtf
Völker begünstigt. Kulturarme V«>lker dagegen müsnen
bh. «ibald mt! irfilinfnT .ib.
ar Edd ftirnrithnr toAb
bdtcB, bedägt &- w -cäK ^mw &^>f Ttm VerhifitaL
He qnt BHleh^ ^aj lli«« ifliwiii -valiuuAcai önd. Jf
tarn mai. «facfta- Jk Bue dwLcAwaK. -degto mchn-
oi kkbtcr fafat ^ Tondöebm^ dtr XenBäwn jotf
Jendbm siitt. Dtaks £e vid&dn ütlbBc^üg* ««n
ien ab«' üe Toiadar^ip 4er Wofannlze. 'Wfiljic' 4taD
fankBudxDiiB ITipfl iiipi des aoemindm l^'">»* md
1h JB^fi^nlic hM Bodens, da- neo ^lorliert wcrd«a
nafi. dni Zugang 43&f1. Jf^f Kolcnisatkiii fnnJprt Opfer.
Ue knltnranDen Völker ^i toh df-ntselWn uicbl >>ehvit
Poitdaaemde Wandoimg )>ediiigt sTich Fort'daiifr ^mta-
f^ozesses der AkkUnutiBatioii b,ii< welth^m 0Tt5ir«>cfa«>c]ndt
IhaiBcbeD nicht hena£k(aiimeo. Lmmfr wiederboh^e V.r-
lannachong ui Wsndaran^ ?icfa sT^i^thlie&Mid. läßi d'f
[rankfaeiten nicht w]s^1«rfaei]. deren Eeime im Neulann
i^ uisbrflt«n. In den Aniangen der Eolonisatioc is^t
(derzeit and allerorts die Sterblichkeit eine uncemeir
Tofie. Di« Anstrengmigen sind jetzt am belastend^tm.
ie Unbekanntschaft mit den neuen Lebensbedin^ncen
m Terderblichsten. Das Heimweb kommt hinzu. Selbst
1 den kultnriicb H> weit dem Europäer entgegenkommen-
en Vereinigten Staaten Ton Amerika hat der deutschen
Einwanderer erste Generation mehr Last und Verlust alü
^reode; erst auf ihren Gräbern und auf den Gnibeni ihrer
loffiiai^en baut sich das Gedeihen ihrer NachkommAn
nf. Die Sterblichkeit unter den erst Eii^^ wanderten
D den Vereinigten Staaten wird doppelt so hoch ang«-
Nnmnen als die der Landesgeborenen '). Die Sterb-
iehkeit dor Franzosen in Algerien betrug l^filt — -ftti
«.5 pro 1000. Ende der 70er Jahre 28. die der Dent-
;3()() AkkliiDiitisation.
sehen damals 55, später :W *). Von iler habituellen Khlnk-
lichkeit, besonders der Allgemeinheit gastrischer Beschwer-
den bei den sonst kräftigen Argentiniern, die an Aehn-
liches bei Australiern und Nordamerikanem erinnert, un<
der vorausgehenden Gedrücktheit der Stimmung hat Mante
gazza eine geistreiche Schilderung entworfen^). Erschre
ckend ist die Sterblichkeit in den an allen Uebeln dei
Eoloniestädte leidenden Städten Sibiriens, wo nach älterer
Nachrichten*) Jenisseisk Mo Geburts- und 509 Todes-
fälle, Kansk 112 und lOtj, Atschinsk 127 und 151 zeigte.
Uebrigens können bis heute die in der Heimat so fracht-
baren Kelto-Sachsen Neuenglands nicht als in Nord-
amerika akklimatisiert angesehen werden, da ihre natür-
liche Vermehrung nicht groß genug ist. um die Berölke-
rung ruhig aus sich heraus fortwachsen zu lassen.
Die kulturjirmen Völker sind viel weniger boden-
ständig als die Kulturvölker '). Verlegungen von Dörfern
sind häufig, wobei es vorkommen mag, wie Guppy von
den Salomonsinseln berichtet, daß aus gesunden Lagen
nach ungesunden gezogen wird. Müssen nicht die häufigen
Ortsveränderungen denen sie ausgesetzt sind, seien sie
freiwillig oder gezwungen, den Boden erschüttern, in wel-
chem ihr Gedeihen wurzelt? Powers hat in seinem Werke
über die califomi sehen Indianer auf die Verluste an
Menschenleben hingewiesen, welche allein das Wandern
mit Alten und Kranken der Volkszahl bereitet. Dies
gilt für viele, besonders auch Australier. In den austra-
lischen Wanderhorden findet man ausgemergelte, halb-
verhungerte Alte, die sich kaum mitschleppen können.
Gosse erzählt, wie er ein solches armes, liegen gebliebenes
Menschenkind vom Verhungern rettete.
Es sterben Völker aus. weil sie sich nicht akklimati-
sieren können. Wie oft mag in zentralafrikanischen Völker-
bewegungen sich der Fall der Makololo wiederholt haben, die
mehr am Boden und Klima als durch die Feinde starben, als
sie, aus gemäßigtem Klima kommend, den Zambesi tiber-
schritten I Vergeblich verlegte 18()0 Sekeletu, um nicht
alle seine Leute durch den Tod zu verlieren, sein Königs-
dorf aus dem Tief lande nach einem höheren Punkt am
Fnfe des Bergf~ T.
Rtste von SebitOMir- -■ . . • '^«'M«i<^
teil der Akklimati- - \ , .
JonennDterscbied br
lerronarufen. V>-r.
[«bracht werden, t-it.;^^ i— .-: .^-_ ^._>„, .» kwi>i «t>>
)ie zweite Wi&iuaDQ«xp«ditMHt b en g fcrrt . Aii inm (^Vf-
agenbeaitzer in Malaoge ia Jalmdrat «MB« S4 mMw-
iclien Sklaven bis anf einen durch i«n Tod nritur. FfttWm
ind kräftige Kinder soWea den Ueber^rui^ fura Kn«t«vt^
Jima leichter ertragen, auch die Kaluiidit nutchtir ttvw*
«Iben sich anpassen ""). UebeniD. wo i\)lynr«i(tr mI* Ki^
«iter hingeführt werden, scheint ihn' ritcililichKctt mit
allend gro& zu sein. Finsch nennt mit Uo«W(( lilt't«tU
Ifn Tropenbewohoer viel empHiidlichiT ftf^n» hlllHi»
techsei als den Weißen. Von den polyniuiii<i4ti>lt At
•eitern in den Zu ckerpS anzünden QuttittiilttUtU llDlNt
IE, dag sie eine Todesrate von Hr. pro Ulllll linhuli ')
iraucht es weiterer Beispiele, hu Unhi:ii wir m» »iliilii.
tie ,lift hidi^ui-r. ihe ;,u- N-,nl in,-l Siul l<.M>'i|.fi
u Schaa gebracht worden, ratich hini>t»rbf<ii. Jumm Oit
dubwäli, deren Proportionen Qiiet«l«i nn ffounu tilifcf
Kht hat, rerloren binnen wenigen M')Ti»t^ri i Krwn'li'Mit'
fuin man endlich sagen, da& die Indiana irr rfir^fri '■Ittf'd
tea Wohngebiete Amerika *r4l I>«h^nnt^, i^lAn. tflili
ie in den 9nbtF0]nicben mtd trnyunwh^Ti 'ti^fttitiitt-fti iiitu
'otnnak b» tarn Pannä doreh Jff^i^r m,4 7mm)iii* ht
(tit sind? Ia Atesen heifies Jitrv^.iiim 'iivf Kaj^/'^ ir/i/(
leKemiscUmip aoefc dann hänAfK. wmn 'if- nv 'fi^n tf<
reffendea Batei&tiieni aar ^pSrlii-h tay^ft-^i-t, '\fii\
Me Kmifcbfaw. JoiltaranMr 9^{Mr<«y -«r ,f f/f/t/
oek hatte «& ..gwiwcwch«' ft>^liftiij>'F,ii(f ^.^ 4*/ \mH
cgriffn. dafi fTdde «tlt^n Itranlr «»<>»»' a'^v A/^/t'f/ti
ler. CodTM^tm in, i«ner .Irtvi» -pw^y ^i- Pt:»T^lrM<'jI,ii'i'''('
■Ar gst watBriagte Br «w»* -f«?* is>;i t«« -W/. '//,M' A
^ «rfl bank äud und inti Jt« rt ><"~. *yfM-%,f, ...
jiadiflAaBi <& alle JtTttn v»>n Ji-^rt-Irfri-^j^" /a;*.,^-, ^g'id")
iben. 8p Uli I iiac Kmm ^n ■>mi*fit '/'^r<,^^ .^^ -fAy fi/m*^i
:;()8 <it*aundheitsschä(llicbe Lebensweise.
Association diese Einwüi-f'e wiederholt und auch auf die
Menge der Heil- und Zaubermittel und auf die hervor-
ragende Stellung der Medizinmänner hingewiesen. Lvb-
bocks Behauptung ist eine vollkommen schiefgehende,
denn gerade die Lebensweise der sogen. Naturvölker ist
entschieden gesundheitsschädlich und die Kultur bedeutet
vor allem auch einen Fortschritt in hygienischer Be-
ziehung. Alle ungefärbte Schilderungen, alle grOndhche
Beobachtungen widersprechen dem Lubbockschen Sake.
Auch die Kulturvölker haben ihre Krankheiten, sie be-
sitzen aber zugleich die Heilmittel. Anders die Natur-
völker, deren gesundheitliche Fürsorge gering und oft
genug ganz verkehrt ist. Ihre Kleidung ist in der Regel
unzulänglich. Ihre Häuser bieten in der Regenzeit vor
den Unbilden der Witterung nur ungenügend Schutz, wih-
rend in der warmen Jahreszeit der Aufenthalt in ihnen sehr
lieiß ist. „Furchtbar dumpf, von mephitischen Dünsten
erfüllt" nennt Ferd. Müller die Luft der Jakutischen
.Jurten, in der natürlich alle Bedingungen zu rascher Ver-
breitung der Epidemien gegeben sind, besonders wenn
die Tiere den Raum mit den Menschen teilen'*). Ihre i
Nahrung ist ungleich, bald zu viel, bald zu wenig, und |
im UebcrÜuü neigen sie sehr dazu, sich zu überessen. ;
\n Südaustralien bekommen die Eingeborenen, die sich
um Hermannsburg u. a. Missionen niedergelassen haben,
am Geburtstag der Königin Viktoria wollene Decken, die
sie so wenig zu nützen wissen, daß man gerade in diesen
den Grund zu den unter ihnen herrschenden phthysischen
Krankheiten sehen will; man begründet dies damit, difi
die Eingeborenen die Decken, wenn auch vom Regen ■
durchnälat. ständig tragen und darin schlafen, ohne sie .
vorher zu trocknen. Ohne Aerzte, ohne Pflege schleppen ]
sie sich mit einer Masse von Krankheiten und sind aufiir- t
dem Epidemien in noch höherem Maße ausgesetzt ak
die Kulturmenschen. Das physische Bild der Naturvölker
ist sehr oft nicht dasjenige überquellender Gt^sundheit
sondern mühseliger Beladenheit mit Leiden aller Art**^).
Die Kultur macht viele Krankheiten zu schleichen-
den, zurückgedrängten Uebel imd darüber hinaus hat sie
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anfKiwao Igp 1 J^mL ate>i fc Tlifcniifcn jpg»-
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itaida and. inÜMr» und Mump* g^Sna Mil' dw br
Die MhüMküclntai VenrOsfaing« wlHinMi dt» BIiMhb
laniricliten, die wkhnelieiiüieb nieht erst durelt (ä» Suro-
piar bei den NatoiTSlkeni eingeflllirt wordm «iad. WÜk-
Miu nennt sie ,in OsU&ika &8t endemieoh* ")■ \i^,
t»A ehe die Spanier ins Innere TOrgednmgwt «)U<tin,
nSte eine Blatternepidemie in Peru an(tfl»lii^^ dtHllHH«
Henachen bin. Pest und AuswaiideninK tmtvtilkoni lu
len Berichten der Chronisten de.>i Inkartiirhtw witKlurtmU
las Land, und das ausgestorbene Ousco hßrt suitwuilitf
tuf, Hauptstadt zu sein, um unter ^iit«ti IliirrHchui'ii wi»
fapanki rasch wieder anzuwaclixon. (iHXuniarca wai
rolistSodig rerlassen, als die Spanier \tiiVl dRuaulliu vr-
reichten. Wenn man diese Zahlttn xUHttiiiniuiiliüU inil
1er Lebens- and WohnweiKt.- üin«« uicb muIIibI (llinr-
lasseneti Stammee von Indianern oder PidvntiHioni, (iliuc
liztliche Hilfe, durch Aberglaulxtn Mii^b Hiilbut htiilroliiiiid,
tann mag man es nicht für urifflaublii^li lialttm, UhI)
Ucee Krankheit ganze Stämnii; w-ffruffr:, »in jilnu*>l
neder Crevaui von den Trio am oburüw I'uni iiml Ta-
panahoni berichtete und K)ireiiri;ii:li vjii dun Aimmb^
m unteren Tocantins '*). Vüut luaii liiri/U; dub Hi:iif:liisii
lurch Lockerung aller Bünde Vfcrbrw;ht:n li<:r«'>iititi:ii und
len Äbei^lauben anfx hCcbiit« ulKifferii iint d>;i tlim
eraepidemie, die ]97:j Patj^^'juiüij luriiiiaii'lil'C, y/uhU •m,
{anxer Stamm von 2,'» lAfUMtAinti. im Ao^UikiitiK m im
neiden, hiiigemetz«lt '') n>j Rinbl mua citit iiui^^lnu^
Eltsei. ADttarorogsofn^kir U X4
370 GeringschfttKiing des Lebens.
dieses Lebens yor sich, die keine ruhige Entfaltung zu-
lassen kann.
Viel ist Über die Frage gestritten worden, ob eine Geifiel
der Naturvölker, die Lusteenche» ihnen eigen ^^ewesen oder dareh
die Europäer ihnen gebracht worden sei. Wie einst Förster» no
glaubt heute Guppy an die voreuropäische Existenz dieser Krank-
heit im Stillen Ozean, die 1773 von Cook und Fumeaux auf Neo-
Seeland gefunden wurde, wo sie freilich, trotz der Ableognong
Cooks, 1769 durch ihn oder SurviUe eingeschleppt worden am
könnte. Die Frage ist selbst auf den entlegensten Inseln der Sfld-
see nicht zu lösen, da selbst diese vor den , Entdeckern" z. B. von
spanischen Fahrzeugen besucht wurden. Sie hat auch l&ngst tnf-
gehört, praktisch zu sein. Die Seuche ist jetzt iu außereurofAisdieD
Ländern weiter verbreitet als in Europa selbst Der ferne Orieat
mit seinen abgeschlossenen VVeibergelassen ist ihr ebenso verfallea
wie die ungebundenen Völker Afrikas oder Polynesiens.
Die innere ünvermitteltheit und UnberechenbarkeH
dieses Lebens, das gleichsam in einem Meer von Aber^
glauben schwimmt, ohne Ufer und Anker, spricht sich
nirgends mit erschreckenderer Deutlichkeit aus, als in den
Berichten der Missionare über den selbstvemichtenden
Wahnsinn, der ganze Indianerdörfer in einer raschTer^
laufenden Epidemie wegraffte. 1G39 erlebte P. Le Jeunc
in einem Huronendorf einen epidemischen Veitstanz, der
nach dreitägigen, mit den gröüten Aufregungen und Aus- '
Schweifungen verbundenen religiösen Fest ausbrach. Die
Teilnehmer der Orgien rannten wie besessen durch da»
Dorf, dessen Hütten und Eigentum sie zertrümmerten, in
Brand steckten, einige blieben dauernd irrsinnig, andere
starben, und Le Jeune berichtet, wie in solchen ansteckeo-
den Wahnsinnsausbrüchen ganze Familien zu Grande
gingen. Brinton spricht von der Häufigkeit der Wahnsinns* _
fälle bei Indianern ^^), Speke nennt geistige Störonges
beim Neger häufig wiederkehrend. Da& der Selbst-
mord bei kulturarmen Völkern nicht vorkomme, ist eine
willkürliche Annahme, der zahllose traurige Fälle ent-
gegenstehen.
Geringschätzung des Lebens. Der Hinfälligkeit vor
Krankheitseinflüssen verschiedenster Art steht die see
lische Derbheit gegenüber, welche von allen Aerzten ^
betont wird, die in der Lage waren, operative Eingriffe "
1
die Balte dincr MmwImmi |r||fpMi Mi^li «ilknil m4
. Dss Leben der EuHwrKttlMr m l««U Kii«Mibiillll«i
- mid B efg w erh wuagHlAeii wwiK^ mMKK^I»! fkW ä»»
dtannnoi, die dms ihre aus« LächWuH J«di4l lSl(t
»ben. Die Oleichgültigkeit der ludier gtiHtNi dW k«tuw«^
[etraumten Geftären ihrer WlÜdi^r und Mlirtttli« tit
glaublich und wird lüHIhrUch lur Vi>rMlillMUII)t
lauderhaften UnglOckeftUen, Mgt Pön|ittf, Mmi Imh«
ilderung, welche Bandeliei^ von tl^ni Aul|(iiiii( tHI ditl
nrohnungen Neu-Mexikos entwirft: Kiiiii^Uiiriih itiiiti
senkrechten Staffeln empor, verinlttelni nuiitfCi*
ster Stufen windet sich der VtuA m Apf tflüMlili
nd hinauf. Kaum eine FuMlireitn Imrifil lim
en Steg von dem HtetM wtwhmmtlm AhnruwU.
h fordert diese Vereda ihn? Opt'iir, tilMu M((l)^h
n sie sorglos Leut^ jeiJen WUrn firi/l fittnf-M^fihh,
1 Eskimo bedeutet häufig Atm Weg tr^ Kau A^ft JAgAf,
sich zu weit auf di^; K'inMfip.r hiuMfnh^f^mii
trotz der Gest^rhickltrhkeit . mit Apt j^nr^ mi^ /^f
kos äokrheL Lagen h^aujai/narb^jteik wiRifMnr», /f^
Von dfrr gTfrfi^iti Zahl v^n frngif>AlrfffAn^t^, /#^
arktäMriitfx. lui/i «iiirjiarknMd^kerk (MpiM^^m Anf^h f^i-vAlV'
md J«g4 ^iL3Ar^h^ii, hah<»n wir /'>4'^#m |f4^ar]^y/'i4«.K^
iir T*ri*iiMiy: :ttn •i««r fcrau^.h. Kranke. /<> rwfMV ^5r
tiburua. tii^ jia^i niithc hin4«*m kawn. tMut Ak>^i^^/,
:; w+uiär» Äti-v ▼rt 9irt*.ht r^r .J( iMKr^ifon^ r^iy*
inL j*rtr wt iamd .^Vhtkiitf lo/f .<**V#it*<w. ,^^|^
:372 .Schlechte Emähniog. Wassenuangel.
tritt aber Hungersnot ein.** Braucht auch das Unzu-
reichende der Masse der Lebensmittel sich nicht gerade
in einer Hungersnot zu äu&em, kann es vielmehr andere
Formen annehmen, z. B. die Erzeugungskraft schwächen,
<lie präventiven Hindernisse vermehren u. s. w. , so ist
cloch eine unmittelbare Beziehung zwischen Art und Menge
der Nahrungsmittel und der Volkszahl vorhanden. Ich
betone hier die Art der Nahrungsmittel und schließe
dabei den Nahrungswert ein. Viele von den primitiven
Nahrungsmitteln sind fast wertlos, oft schädlich; so das
Papjrrusmark, der Eukaljptusgummi, die Birkenrinde und
andere, der Thonerden nicht zu gedenken, die in beiden
Amerikas wie in Afrika und Asien gegessen werden.
Australische Kinder sind, ehe sie den grö&eren Toi
ihrer Zähne haben, au&er stände, die harte und zähe
Wurzel- und ßeerennahrung zu kauen, von der ihre Er-
zeuger hauptsächlich zu leben haben. Ackerbau und
Viehzucht schaffen hierin ganz andere Möglichkeiten. Aber
auch der Ackerbau der Naturvölker ist vielfach einseitig
und Raubbau, und weiß den Ertrag eines reichen Jahres
nicht für ein armes, welches folgt, aufzubewahren. Auch
Wasser ist eine der Notwendigkeiten des Lebens, welcbe
die Völker auf dieser Stufe nicht mit genügender Soige
behandeln. Die Sage der Moqui-Indianer, daß sie .vor
fünf alten Männern*^, das Rio-Verdetlial bewohnten und
es nur verließen, als Dürren in Verbindung mit ein«
verheerenden Krankheit sie dazu zwangen^'), wärein
<lie Geschichte so manchen Indianer- oder Negerstammes
nicht als einmaliges, sondern als öfters sich wiederholen-
des Ereignis einzusetzen. In Gebieten, die mit der rätsel-
haften Erscheinung des Trockenerwerdens des KUmas
geschlagen sind, machen sich diese Einflüsse fast regd-
mäßig geltend. In den Wanderungen der südafrikani-
schen Stämme, besonders des Inneren und des Westens
und in der häufigen Verlegung ihrer Hauptorte (Setscbeli.
Häuptling der Bakuena, verlegte innerhalb zehn Jahren
.seine Hauptstadt zweimal: einmal von der Gipfelfläche
eines Berges nach dem Fuße wegen der Schwierigkeit
Wasser zu erlangen, dann von letzterem Orte nach
\ er^vudiiii;:
.» I .«
einem mehrere Stuuden enti'eniti'u. diM \vioi1<m wiinMiMAnit
ist. wegen UiifiresuiidlK'it ) ist nii'ht M-Iini \\ {l^^•rl-lllUll^M•l
die treibende Ursaclu- '''I. Afimlnli liui dut KIimih-iuim
den des Atrek gewirkt, dessi'n Whsm-i xti^^lciili loilwiM«!
salziger wurden. Die turkiin*niKrh«' Iti'viilln'riiiit' an m-iiihii
Ufern ist jetzt sehr t^erinjr.
Nicht nur der Mangel. d^M Iiiiiihm urliMli iitnl /.i'il
lieh zu beKchränkexj sein würde, «midf-ni niif-ii flu hinfj;
lodgkeit wirkt verwüstend aui «Ijuki Viilki-i Aiii:li du
in gfinstigeii aulierei: \ erhält rn»*»«.'ii Ji<rheiidi-t. wh liii
TUinkit. welcb» y^n- mit-ei; Ja;!'^-- iii**l Kivhi'ti-if^riititlctt
und au eühareij FrOviit-eij rei'.-ijei ^^ jiid«jrj itni^i-tift> smihI
haben ihre Notjanr*, Ij> wümj« ni'-m m. «ii-r Miljilii
ynf AulKpeJcheruiij: ^OI ^ ';rfiiii;j l«rjji<;i ij^/* i ^ms^* hn^iit
aW nicir iL ifenUirerio*rij ASaL«. ii «lei 'Ji»if#i-i >«• du
ädnprjeLnxrKeiT aer Äuf'»>*'waiirfjii;' n i«-!j*:iirir» V'iirfm nn'i
jmnnveL ein*;* rfiirüii*'jj*i*fi -.»*m**':.«'J^Ii* iii«:u' /i .•••r.i-iuM'i.
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374 Notzeiten.
lebte und folgeudenuaßen die Lebensgrundlage der 8 — 100 Insu
beschreibt: Ihre Hauptnahrung waren Kokosnüsse. Der Ackc
lieferte eine Art Igname, die indessen schlecht gedieh. In d
2 Jahren fingen sie nur 5 Schildkröten. Ihr Fischfang war ^
der Mangelhaftigkeit der aus Schildpatt gefertigt-en Angeln v
ergiebig. So lebten sie immer am Rand des Hungers hin
kamen in noch größere Bedrängnis, als ein Sturm die Kokoa
zerstörte und zugleich die jungen Pflanzungen mit Sand bede
Am £nde der beiden Jahre fanden die Scliiff brüchigen die
der Insuhuier durch Krankheiten und Hunger geringer gewc
«ils im Beginne ihrer Gefangenschaft. Der Missionar Franz Moi
erlebte 1859 eine schwere Hungersnot im Barilande, deren mens«
mörderische und an allgemein erschütternder Wirkung einen
zialen Erdbeben zu vergleichende Folgen er mit diesen Wi
schildert: Wie in früheren Jahren begann auch heuer die Hung(
in den Monaten April, Mai und Juni. Wegen Mangels an Regei
kamen die Neger nicht einmal mehr Laub und Gras, das sie
sammeln, abkochen und essen. Das Vieli, dem man das Blu
zapfte, muüte vor Schwäche krepieren. Mädchen und Frauen g
sich den Handelsleuten um oin Stückchen Kisni (Brot) hin. wi
syphilitisch und starben eines elenden Todes. Knaben, Bun
und Männer legten sich auf Diebstahl und Raub. Die Wacht
4len Seriben mußten verdoppelt werden. Alle Nächte hörte nia
Allarmtrommel, Diebsbanden und Räuber zogeu umher und rai
Vieh. Täglich schwammen im Flusse die Leichen Ermordeter
Teile derselben, auch hineingeworfene Säuglinge vorbei. Die L
die noch lebten, hatten nur noch Knochen und Haut und I
vor Schwäche um. Viele, viele, die ich persönlich kannte,
jetzt unter der P>de**). Damals ging das Dorf Goudokoro
21 auf 3 Tokuls zurück und die Einwohner starbiMi l»is auf 1 3
und einige Weiber. Damals war es auch, daß Nigila. der g
Regenmacher der Belenyan. vom enttäuschten Volk jjresteinigt wi
So ungleich und sorglos wie ihr Kleiden und Vi
nen ist überhaupt die Ernährung dieser Volker,
die Hungerzeit der Tschuktschen sah Nordenskiöld, sol
das Eis aufgegangen war und Fischfang gestattete,
sorgloseste Schwelgen im Ueborfluß folgen. Rink l
eine Liste der Verteilung der SterbetaUe in Grönl
auf die Monate mit, welche die höchsten Todeszahlen
der Zeit der ergiebigsten Seehundsjagd zusammenfa
läljt. Die häufigen Jagdunfalle sind dabei zu berö
sichtigen. Die Schilderungen der Fleisch Völlerei
Neger an Elefanten und Nilpferden wirken geradezu el
erregend. Mit dem rohen Fleisch, das dabei verschli
gen wird, gelangen Binnenparasiten in den Leib, dal
1'rimiiiver Koninflini^nui«
- » — •
groüe Verbreituiur dersdl»eL iii Liiiideni. w«. (tA>
bfleische&iseu — Nuchti|ra] iiui mit Humor dit Fi.eiz« dp:
len Kanielleber besctiriei»ei: — sf- v«»rhreir.«i ist wit n.
«SBinien und im Sudai.. EndiicL der Itfibiiraur). df^:
-kotüclieB Genuljmitttii. Au^ dei. Vt*rwüsr.uiurei.. ^vejch«
'fielbeii hei den Kulturvölker!- onric^hter: — Ohnstiier
hnet. dal': die Opier de> < M»iumrjiucliens in Ohm», au:
>(MM« zu lieziften: >eiei. — kuni: t*ii. Sr.h)uL au: rtei
iflniii: de> Tuiiilk^. der. £skmi(<. vru Bniur« (M^ zxi:
tänbunir rauciieii. öusfiiisdis. Brannrwein> ii u. frie-
ren werdt?L.
Plimitlver KommimiBmiu». ii dei. meistei. räliei. i^:
• Erwerbung eiiie> dauern ü*?i- siciiwrei Besitzt^ sr
iwer. dai: aucL ohiit Muuire: ai. Vdraunsinhi du^^«'lht
iit realisier: weruei. kam. E^ ijfliT eu knnunuiih^t^-
jer Zuc durcl. das li^uai cie? NKturvölkev. des?*ei. siohr-
rst*- Frssidi* ae: Ir-u'i. u"? L»Mi*.-ii-veriiiilrnws« . v»-irhP'
-icL stiiri jiir' iilivi iii -■'»'' ii (.i'-ii nii]n<siTiii'i l."h»o
c i'i »'»T*'i. «. ! «i!* ^i.iii.ii'.üii' *'ii fi'-i:; <• ut;ui'"ic-
!. (ji.i. V -1.: •':i "^ »lii 'Mr'-'T' :»•■»• mn y...}- ^i.-j
::: --ii'-i i.üLi .•■*■:.: i.^ü.i.iic i.i.iii i-v«- y.'-t-« mii
::C"t'ijCi*'i f.:;.- -.i : :'i *■:-■: v •'•■\ ;i»(m'I: -.j* j:^ •"--{.•
i! iii.ii ' v;.- V .. .-- '^•1. :•::::. 'r-iiiL"- C"-- ^ '•'■-
!i.i;Tii; nv! r-:i ••■••;i.-— !r--! •- ' .•: ;'::;; :•. - -..ii r-;;..
rrvTio-i K ma-^iii •••'. .: l'-i -i ii !!••■:.:.}.::•: :: ■•■: s.- .i;s.'-'
r: , i.:.'"*'i o»-' «-i:!.*-: .•.::;'■:■• v •■"■••■: :•-■:•■: -ma.-
■':hri >:-:."»' ii*:. •■'••■: i •■."■!.■'. ^i-.. ::■*!. ]m.-: ■ . -j i ».t-.-
:** ^r'»'-: ""iiiij" :!.:!«•• v-i-'.. • • .; ■ .'-1.. j_:. ... •••■i.i."-
.U'^ • ii» **";■*:• -■•--... f •■•»,.-■■■•■ 1..' ■■.••■ .... V ••p'-'
-.'■* ••* V. ni*'.' * * ■ ' ti: 'lt.-'
• .- '.-V. ',■.■• •....-.■ V -. ' ...... •■:.'.-.
376 Verwüstung Mer Menschenleben.
sichtslosen, zur Opferung des Nächsten oder des Frem-
den leicht bereiten, blutigen Charakter. Der Egoisnnis
des Herrschenden und Besitzenden wirft sich auf den
Schwachen, sei es Kind oder Weib, Sklave oder Kriegs-
gefangener, beutet ihn aus, bedrückt ihn oder tötet ihn,
je nachdem es in seinem Interesse liegt. Der Feig-
heit, mit welcher Grausamkeit stets eng verbunden ist,
sind diese Opfer willkommen. Sie beginnt mit der Tö-
tung des Kindes im Mutterleib und endet mit der Opfe-
rung von Sklavenhekatomben beim Tode irgend eines
Häuptlings über 2 oder 3 Dörfer. Man durchblättere
einen einfachen, wahrheitstreuen Bericht aus Zentralafrika.
wie z. B. Fran9ois ihn in „Die Erforschung des Tschuapa
und Lulongo^ gegeben hat, es wimmelt von Ermordung
nachgelassener Frauen, Menschenfresserei, Kindersterb-
lichkeit. Alle diese Angriffe auf das Leben der Völker
entspringen jener Einen Wurzel, die mit dem Fortschritt
des Menschengeschlechtes stirbt. Livingstone sagt einmal,
man könne den Kannibalismus der Steinzeit, die Sklaverei
der Bronze- oder Eisenzeit der Menschheit vergleichen.
Hinsichtlich der Erhaltung der Menschenleben sind offen-
bar wir im goldenen Zeitalter angelangt.
Kindsmord und Abtreibung der Leibesfrucht sind
bei Völkern niederer Kulturstufe in erschreckender Aus-
dehnung üblich. Schon in China und Indien ist Kinds-
mord weit verbreitet, er war es in Arabien vor Moham-
med*^), bei vielen vorchristlichen Völkern des Oriente
und Occidents. Man begeht keinen großen Fehler, wen»
man sagt. dal3 erst die monotheistischen Religionen diesen
Unsitten den Stempel schwerer Verbrechen aufgedrückt
haben. Die in China so sehr auf Bevölkerungsvermeh-
rung bedachten Regierungen haben dies nie ganz fertig
gebracht. Für eine von dem Glauben an Seelenwande-
rung getragene Auffassung ist es leicht, eine eben an-
gekommene junge Seele, die noch nicht Wurzel gefafit
hat. zum Aufsuchen einer neuen Hülle zu veranlassen.
Aus den Kulturarmen heben wir nur eine Gruppe heraas,
welche zeigen kann, zu welcher völkerverderbenden Macht die
Gewohnheit der Beseitigunf? Neugeborener ftlhren konnte. Der
Kiodsmori],
{tindainord bildet« einen wesentlichen Bestandteil in den Sittei>
imd Satsangen der hBchBtstebenden, einflaäreichsten KCrperechaft^it
eise« in «adereii Bexiebnngen fortgescbrittenen Teiles von Poly-
lemen, nämlicli der Erri oder Erroi der GeBellschaJleiiiBeln. So
Iffentlicli wie bier wurde dies Verbrecfaen nar in wenigen Teilen
1er barbariBcbea Welt geQbt. W. Ellia hebt hervor, du& bis
cur EiofahruDg de* Christentums Kindsmord in Polynesien wahr-
•chrinlicb in grSfierem Mafie und mit benloserer Grauxamkeit
^Obt worden sei als bei irgend einem anderen Volke. Man darf
mnebmen, daß gelegentlicher Kindnuord wie bei allen roheren
Völkern bo auch bei den Polynesiern von jeher vorgekommen sei.
aber et ist nicht onwahrBcheinlicb , dafi derselbe in einzelnen
rpilra ihre* (iebietes gerade ta der Zeil einen H5bepnnkt erreicht
liabe, von der die Europäer ihre genauere Bekanntschatl mit den
PoVfnenem datieren. Ek ist mit Recht darauf hingewiesen worden,
laß wenn diese gransaine Sitte in derselben Aardehnang. oder
»eltwt auch in geringerer, schon früher geübt worden wäre, Uber-
hanpt eine no dichte BevOlkemng nicht mSgb'ch geweBen wäre,
«ie mau sie am Ende des vorigen Jahrhunderts gefunden hat
Damals aber war besonders in Tahiti nnd auf den GesellschoflE'
isMln der Kindtniord eine anerkannte Institution geworden. So
bSafig die gesetzlosen Morde, die Zahl der im Kriege gefallenen.
die Menschenopfer, sie verschwanden alle gegen die Zahlen, lu
denen die Kindsmorde angeschwollen waren. Die Unsitte hatte
10 tiefe Warzeln geschlagen, daß die Missionnre es nicht leicht
fanden, auch nur die Ueberzeugung zu verbreiten, daß ein Un-
recht in ihr liege. Man bezeichnet« sie als Sitte des Landes, die
fert bestehen bleiben mQsxe, KQnig Pomare bntte nwar Cook ver-
iprochen, da^tegen zu wirken, ließ aber dann seine eigenen Kinder
morden. Damals sind nach den Schätzungen der Uissionare gegen
*!> aller Kinder getStet worden. Von Zwillingskindem blieb in
der B^el nar eines übrig. Alle Stände beteiligten sich an diesem
verbrecherischen Thuu, am meisten die Erri, denen gar kein Kind
leben durfte, am wenigsten vielleicht die Landbauer oder Raatira.
So glaubwürdige und in anderen Dingen mild urt«ilende Beob-
achter wie Nott und Ellis behaupten, überhaupt kein polynesisclies
|W<ib gekannt zu haben, das nicht in der vorchristlichen Zeit sein-.'
^■■e mit dem Blut seiner Kinder befleckt hätte.
^■Xilnstliche Bescbränkiiog der BevölbeningszniialLme.
|Bssicbt9 des syätematkchen Kindsniords liegt es nahe.
loeh in anderen Gebräuclien eine verborgene Absicht auf
Zurückhaltung der Bevölkerungezunahme zu
suchen. Die Australier bieten offenbar wegen ihres be-
sonders schwierigen Emährungsstancles eine ganze Reibe
von Beispielen dar. Zunächst die Speiseverbote, die wohl
oir^enda so ausgebildet sind I Den Weibern und Kindern
378 Präventive Hemmnisse.
ist der Genuß von einer Menge von Speisen untersagt.
Wenn den im Naiumbezustand, d. h. im Uebergang vom
Jüngling zum Mann befindlichen, 20 Terschiedene Speisen
untersagt sind, oder wenn den Männern 13 Arten Wild-
bret vorbehalten sind, so bedeutet dies für die von den
Privilegien Ausgeschlossenen bei der Armut des Tisches
der Eingeborenen Australiens strenges Fasten. Es ist
nicht alles in diesem Leben so reine Raubwirtschaft, wie
das voraussichtslose Leben depravierter Stamme es glauben
lassen könnte. Es gibt Gesetze, welche das Pflücken
von Nährpflanzen in der Blütezeit, das Zerstören der
Vogelnester in der Brütezeit verbieten. Man bedeckt
die Quelle mit Zweigen, um ihre Verdunstung zu ver-
hindern, schließt mit Thon die Baumeinschnitte zur Saft-
gewinnung, bezeichnet Wege durch Baumeinschnitte u. a.,
legt Vorräte von gewissen Nahrungsmitteln an, verbietet
bestimmte Tiere zu bestimmten Zeiten des Jahres zu
töten u. 3. f. Natürlich wird man dadurch auch zu Er-
wägungen über das günstigste Verhältnis zwischen Be-
völkerungszahl und Hilfsquellen hingeführt. Erwägungen,
die um so näher liegen, je geringer in der Regel die
Zahl solcher Völker, je einfacher ihre Beziehungen zum
Boden, den sie bewohnen. Möglicherweise zählen hierher
dann jene zahlreichen Gebräuche, die die männlichen
und weiblichen Fortpfianzungsorgane aus ihrem natürlichen
Zustande herausheben. In Australien, Polynesien und
Mikronesien ist die Exstirpation eines Hodens vielfach
üblich, sie ist weiter verbreitet, als man glaubt**): in
Australien finden wir die Aufschlitzung der Harnröhre
der Männer, vollkommene Entmannung kam bei ameri-
kanischen und hyperboräischen Völkern vor und stand
im Zusammenhange mit der Existenz von verweibten
Männern, die in vielen Stämmen gewissermaßen zum not-
wendigen Bestände gehörten. Zurückhaltung in den ehe-
lichen Genüssen gehört zu den Opfern, welche den bei
Jagd oder Fischfang mächtigen Götteni gebracht werden.
Daü ungewöhnlich späte Heiratsalter, z. B. bei den Zulu,
vorgeschrieben waren, gehört auch hierher. Daß gerade
um die Geburt sich eine Menge von Gebriiuchen drängt.
Der Krifg,
di« das Leben des Neugeborenen bedrohen (Ur aucbeu.
Beochneidiuig. Miüformung des Schädels u. df .) darf an
dieser Stelle mit erwähnt werden. Eünstliclie Beschrän-
kungen der BeTölkerungRzahl bilden eines der Elemente
einer primitiven Staatsraison bei allen Völkern, die klein
genng sind, um sich zu kr-*-''"''"en. '*^'"*-'- foimer treten
dieselben so deutlich hei , e in ai^r eschen Oase
Farafrah, wo nach Roh irmindigung nie männlichen
Bewohner nie über 80 f""! vermehren, weil von ihrem
Scheck Mursub. der für i ersten Ansiedler in Farafrah
von den Eingeborenen genalten wird, bei seinem Tode
diese Bestimmung ergangen ist. Unter männlichen Be-
wohnern sind hier Männer verstanden, deren Caillaud
1820 7.". annahm, während Rohlfs 80 zählte und dem-
gemäß, auf 1 Mann 1 Greis. 1 Weib und 1 Kind rech-
nend, eine Gesamtbevölkerung von i)2l) erhielt, was ftlr
3 Quadratkilometer kulturfähiges Land eine cirka 3mai
so dtinne Bevölkenint; ausmacht, als in den Uhr igen
Oasen der libyschfn Wüste. Es ist begreiflich, daß in
engen Bezirken der BUck für das Verhältnis oder Hiß-
vflriisJtnis zwischen Boden und Volkszahl geschärft ward.
Bei den in weiten Grenzen Wandernden wird aber die
Aermlichkeit der Hilfsmittel zur Schranke, deren Er-
kmntnis uns die geringen Kinderzahlen bei Turkstämmen
und der rei&ende Niedergang der Mongolen auch an Zahl
anzudeuten scheinen. Die Leichtigkeit, mit welcher bei
den buddhistischen Nomaden sich das Cölibat eingebürgert
hat, dürfte in gleiclie Richtung weisen. Die Zahl der
mibe weihten Lamas in Tibet und der Mongolei muß
groß sein. Es soll Klöster mit Tausenden von Mönchen
geben. Sicherlich unterstützt China dieses volksmörderische
System, das ihm die dauernde Schwächung der einst so
gefährlichen Steppenvölker gewährleistet.
Der Erleg. Die Verwüstung erwachsener
Menschenleben nimmt bei barbarischen Völkern so
zahlreiche Formen an, da^ keine Schätzung der Zahl ihrer
Opfer sielt zu nähern vermag. Es mögen Beispiele ge-
nügen, welche die Hauptrichtungen dieser Zerstörung:
382 Zeretörende Kriege.
bei den Kriegen der ost- und sttdasiatischen Völker
kommt es wesentlich auf Vernichtung vieler Menschen-
leben und auf Menschenraub an.
Fast gleich heftig vrütet der Krieg gegen die Weiber.
Weiber und Kinder werden nicht verschont; wenn sie
nicht niedergeschlagen werden, so werden sie geraubt.
Häufig ließen die Kaffem bei den Auswanderungen
aus ihren Dörfern, die dem Krieg vorhergingen, mre
Familien zurück, die der größten Not anheimfielen. Bei
dem Aufstande Langalibaleles in Natal (1873) starben
ihrer 400. Kinder, die man bei der Flucht nicht mitneh-
men konnte, wurden wohl auch getötet. Die allgemeine
Störung des Aufbaues und der Bewegung der Bevölke-
rung, welche der Krieg hervorbringt, sind längst durch die
Statistik für die Kulturvölker nachgewiesen. Die merk-
würdige Ansicht, welche Thuli^ in seinen „Instructions sur
les Bochinians ^^y ausgesprochen hat: Man möchte glauben.
dal3 die Kriege den Vermehrungstrieb erregen und daß so
die Krieger die Lücken auszufüllen suchen, welche sie reißen,
erscheint im Lichte aller dieser Thatsachen als eine wissen-
schaftliche Verkehrtheit. Die Kriege wirken nicht blofi
durch die Tötung der Feinde verderblich auf die Volks-
zahlen, sondern noch mehr durch die Krankheiten und das
Elend, die in ihrem Gefolge einherziehen. Wenn von
dem Zuluherrscher Tschaka gesagt wird, er habe 1 MUIion
Feinde und 50000 Stammesgenossen getötet, 60 Nach-
barstämme vernichtet '^^), so mögen diese Zahlen zwarnnr
symbolisch zu nehmen sein, allein sie verdeutlichen die
menschenverwüstende Macht kriegerischer Despoten. Feind-
seligkeit der Nachbarstämme engt die StUmme auf ein
so beschränktes Gebiet ein, daß sie bei eintretendem
Mangel um so leichter der Hungersnot verfallen, wie
Ghalmers von den Bewohnern Animarupus im s. ö. Neu*-
Guinea erzählt, die sich wegen der kriegerischen Aroma
fürchteten, in die Ebene herabzusteigen ^ ^). Die Frage,
ob nicht das abhängige gedrückte Leben jener zahlreichen
Stämme, die zu anderen im Verhältnis des Dieners znm
Herren standen, der Sklavenstämme Afrikas, der sog.
Weiberstämme Nordamerikas und ähnlicher einen hem-
Mord. :i8:5
inenden Einäuti auf ihr Wachstum geübt haben, kann zwar
nicht bejaht, muü aber in diesem Zusammenhang sicher-
lich aufgeworfen werden.
Der Mord. Neben dem Kriege steht als menschen-
vertilgendes Mittel groß der organisierte, gleichsam völker-
rechtlich begründete Meuchelmord zum Zweck der
Erlangung der Köpfe, welche als Trophäen hochgehalten
werden. Zäher als viele andere Sitten hat sich bis heute
diese Hochschätzung feindlicher Schädel bei allen Dajak-
stämmen Bomeos und vielen Tagalenstämmen der Philip-
pinen erhalten, obgleich diese dadurch in einen bestän-
digen Zustand von Bedrohung um! Abwehr versetzt
werden und ungeachtet des eifrigen Entgegenwirkens
der Beamten und Missionare. Auch Mikronesien kennt
diesen Gebrauch, und die Skalpjagden der Amerikaner
sind demselben ganz nahe verwandt. In Südamerika kehrt
die Schädeljagd in einer (lestalt wieder, welche stark au
«lie malayischf erinnert. Diesf Schädt'lja^d macht den
Eindruck, ein liest weiter gehender kannibalischer Ge-
bräuche zu <ein. In der Minahassa aljen iuxli im 17. Jahr-
hundert die Männer von den Wangen und Augen «ler
erbeuteten Opfer. Indem die einzelnen Ermordungen von
Angehörigen der Familie «»der des Stammes des (lefallenen
gerächt werden, nnilj immer wieder jemand für den Ge-
töteten fallen, und so besteht fortwälirend ein kleiner
Krieg zwischen den Stämmen . die ihre ohnehin schon
'Schwache Zahl noch mehr lichten muß. .la man gibt
von Seiten der Eingeborenen an. daü auf diese Weise das
Gleichgewicht unter den Stämmen aufrecht erhalten werden
müsse, indem so die Zahl des einen Stannnes die des
»ndem nicht beträchtlich übersteigen könne. Auch Europa
Imt noch in entlegenen Winkeln die Hlutraclie erhalten,
und die Wirkung ist hier keine andere als am Orinoko oder
im Stillen Ozean. .Sie wütet in allen Mirditendörfern
'lördlich vom Drin untl kostet, wie man sagt, jährlich
•'•'M) Leben. Die Stämme der Hoti, Klonienti und Gruda
«md vielleicht noch andere desselben (lebietes scheinen seit
•Ifn Zählunüren vr>n Hahn und Hecquanl zurückgegangen zu
;ig4 ^er politiBche Mord.
sein. Was das endliche Ergebnis dieser unaufhörlichen
Kämpfe anbetrifft, so kann ein Wort über Neu -Guinea
auf alle Völker von gleich niedriger Kulturstufe ange-
wendet werden: «Diese unaufhörliche und überall auf
Neu-Guinea g'ang und gäbe Menschenschlächterei, sei sie
nun geübt, um den Hunger zu stillen, oder um als Held
gepriesen zu werden, oder zu welchem Zwecke immer.
sie trägt gewiß Mitschuld daran, daß das große Land so
sehr schwach bevölkert ist, und daß sich die Einwohner-
zahl auch nicht vermehrt, sondern weiter vermindert' '<).
Eine gewaltige Ausdehnung erfahrt der politische Mord.
Verschwendung von Menschenleben soll den Glanz des
.schrankenlosen Herrschers erhöhen. Als dem Mtesa die
Feuerwaffen der Europäer noch neu waren, ließ er durch
.seine Pagen probeweise irgend einen Vorübergehenden
totschießen, Speke war nicht wenig erstaunt, daß um
diese Uuthaten niemand sich zu kümmern schien^').
Die Thronbesteigung führt über Leichen. Allein die
mit dem Tode eines Herrschers ausbrechende «legale
Anarchie'*, welche nicht ohne Verlust an Menschen-
leben zur Ordnung zurückkehrt, gehört- zu den Quellen
der Verluste an Menschenleben; in Unyoro und Uganda
y.. B. bedingt jeder Thronwechsel die Tötung der BrQdor
und näheren Verwandten des neuen Herrschers, bis auf
einen oder zwei^^l. Scharfrichter und offiziöse Meuchel-
mörder gehören zu den wichtigsten Werkzeugen der Re-
gienmg. Sie arbeiten unter Umständen sehr wirksam.
Als I600 in Dahome ein Aufstand der Mohammedaner los-
zubrechen drohte, verschwanden 3000 Menschen in aller
Kürze. Nachtigal hat in Wadai keinen Krieg erlebt^ er
besuchte das Land in ruhiger, verhältnismäßig blühen-
der Zeit. Und doch sieht er so viel grausame Vernich-
tung, daß er ausruft : Wenn ein Menschenleben in jenen
Ländern überhaupt nicht sehr hohen Wert hat, so gilt
es in Wadai noch viel weniger^*). Er sah die geblen-
deten Verwandten des Königs, die dieser nach alter Sitt«
vom Thron ausschloß, indem er ihnen das Augenlicht
raubte. Und König Ali war kein Mohammed Buzäta.
der. als er Wadai im Anfang unseres Jahrhunderts be-
iierrsclite, dergestalt an seinem Hofe aufräumte, data zu-
li^tzt die Ratsvt^rsammlung nur Docb aus Sklaven bestand.
_ Sklaverei. Eine grotje Ursache vod SIenscheuverlusteii
ieine starke Hemmung des natürlichen Wachstums
pie Sklaverei, deren reichlichste Quelle die unatif-
t^Iichen kleini'u Kriege sind. Menschenraub ist in sehr
vielen Fällen der einzige Zweck derselben. Wo der
europäische Handel in fernen Ländern ohne groüe
eigene Wareuer^eugung Anknüpfung suchte, geschah es
regelmäüig durch Eintausch von Sklaven. Diese waren
überall zu finden, denn in den Sitten der Eingeborenen
war lllr die Bereithaltung gro&er Mengen von Sklaven
gesorgt. Kriegsgefangene vor allen, dann aber Schulduer,
Verbrecher, Sprößlinge unerlaubter Verbindungen, Land-
fremde füllten in Afrika, wie im malayischen Archipel,
in Polynesien wie in Amerika diu Sklavendepots. Wo
Sklaverei im strengsten Sinne nicht besteht, wird man
doch nie vergeblich nach einer Form der Leibeigenschaft
Küchen, die ihr sehr nahe kommt. Munzingers Schilde-
rung der Kaufleibeigenschaft bei Habab und Bogos ist
in dieser Hinsicht sehr lehrreich. Mit unrecht wird stets
Afrika in den Vordergrund gestellt, wenn von Sklaven-
handel die Rede ist. Es war nur menschenreicher als
die pazifischen Länder und daher praktisch wichtiger. Die
Modok raubten gerade so ihre Sklaven in Nordcalifomien
und setzten sie am Columbia ab, von wo sie angeblich
ftlr Sklaven ihre ersten Pferde bezogen ^*), wie Dahomeh
bei den Eweem raubte, um an der Sblavenküste abzu-
setzen, oder wie die Usbeken gefangene Russen und Perser
in Cbiwa oder Buchara zu Markte brachten. Die Schil-
derungen des Raubes der russischen und persischen Skla-
ven, des Sklaven transports nach Chiwa, besonders des-
jenigen vom Atrek, und der Mißhandlungen der Sklaven
nach dem Einmarsch der Russen, ehe die denkwürdige
Proklamation der Sklaven befreiung vom 24. Juni 1873
erlassen war, lassen den Schluß auf große Menschenver-
luste zu. Der Menschen Verlust, welchen Polynesien durch
die Arbeiteranwerbung nacb den Plantagen von Queens-
, AntbnipaeeogTKpbie U. 2.5
386 I^er Menschenhandel.
land, Nordaustralien, Samoa u. s. w. erlitten hat, bleibt
▼erhältnidmä&ig nicht weit von demjenigen durch SklaTen-
handel, denn er betrifit ein Gebiet von viel geringerer
Menschenzahl und schwächerem Nachwuchs. Zwar gehen
diese Arbeiter nur auf Zeit, aber so wie ihre Anwerbung
oft nichts anderes als ein schlecht verhüllter Sklayenhandel
war, so wird auch ihre Stellung auf den Plantagen der-
jenigen von Sklaven oft nur zu ähnlich durch willkürliche
Verlängerung der Arbeitskontrakte. Man mu^ den Ar-
beiterhandel in einem Buche beschrieben sehen, wie Litton
Forbes' Two Years in Fidji, welches im 12. Kapitel eine
Verteidigung bezweckt, um sein wahres Wesen, wie es vor
der Zeit der neuerdings eifriger gewordenen Ueberwachung
sich entfaltet hatte, kennen zu lernen.
Afrika, menschenreich, günstig ftkr die einst oder
jetzt am meisten Sklaven konsumierenden Länder des
Orients und Amerikas gelegen, durchsetzt mit kriegeri-
schen Räubervölkern, blieb allerdings am längsten das
vom Fluche des Sklavenhandels am härtesten betroffene
Land. Man hat David Livingstone den Vorwurf gemacht,
er habe, bewegt von der heißen Liebe für seine schwar-
zen Mitmenschen, deren Leiden zu dunkel und deren
Thateu und Tugenden zu hell gesehen. So mag es nicht
überflüssig sein, auf die weiten Oeden hinzuweisen, die
die Sklavenjagd hier geschaffen hat. Wie Dr. Fischer
in seiner Monographie über die Wapokomo sagt: .Der
Bezirk Ndura besitzt keine Ortschaften mehr; die Ein-
wohner sind vor den Somalen geflohen,*' so sprechen
viele''). Bilden doch Reisen durch entvölkerte Gebiete
eine der großen Schwierigkeiten der Afrikaforschung.
Giraud sah sich gezwungen, bei Kasembe auszuharren«
weil sechs Tagemärsche durch nicht oder kaum bewohn-
tes Land vor ihm lagen. Der britische Konsul Holm-
wood in Zanzibar bezeichnete in einem Bericht über dai
Handel Ostafrikas das Inland der zanzibarischen Küste ab
nahezu entvölkert durch Sklavenhandel *). Woher auch
sollten die 65000 Sklaven kommen, die vor der Zeit des
Bartle Frereschen Vertrages jährlich in Zanzibar eingefoW
wurden ? Trotz der dichten Bevölkerung im Kuangogebiet
i
^
Sklavenhundel in Atnk.i.
ISi
^ceiclmet die Wiümannexpeditiun d(»ch dio Hi^volkminM
^r Linder, die .sie zwischen Malaii^ und doni Kn-^im
irchzog. als gering und tUhrt dies aut' A'iv srit. Jo«) .tiiliiun
1 Gang befindliche Sklavenuusl'uhr xitriUk. Kinr dn
n furchtbarsten unter dem Sklaventiundel lrid«>iid(tii lii<
onen Afrikas sind die Lilnder südlich von tUui UalU
irbieten und östlich von den iSonuili. Ili<^i i^ndi-.n ilii^
ämpfe nicht, deren Preis Sklaven sind. I)it: Kinlulli- lUt
alla in Schoa und Abessinien, I^IJ b<^^inn«-iid , w^iitii
eichbedeutend mit Zerstörung odt^r W«r({fn)iiiifi^ tU^t
Inwohner. In den Gallaländem sOdlich von T<thi»a ^il>i
Dörfer, welche nur von Skluvi^nliUndh-rn hi-woimi
erden. Gerade die Gren/^ebifrti* d^r KlainiiKf hi-.ii
eiche in Afrika sind die Schaupiät/»: tlhn tUr)i<uUU
«e?ten Menschenraub» und -ilHndfd<c J<-.d«'.r Vhf^^
1 Sudan i.^t Sklavrrnhandl^r. In \UtruM \l^^htuut
adai <Z'\ die ?jkiäv*rn;fi;r'^l»-n f-.iu*- orj/,ifii<i*'fN'. 'Ui«^./m I-
ir ''.-ci ^"'iT-:.-. ::rj\ -i-.* Br^r. ! .j:*?^ ».^:..*5/'»- Kl.j.j. .. vii
.'r Z li?r ZrULf-r. T ■jT. Zi=: r -•« ! :' , r. J **.•• '•-..:■ J .;»••■•' i ••..:.-
; ■■ A- . M :'^mTiiv.:i'r. .: i , 7 ■'. r. /■■■.••.■. Vf . . ; #• ./ ■ . : i . . ' , i-
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:388 Unsitilichkeit.
Sklaverei eine Grundsäule der wirfcschafUichen Organi*
sation bildete, genügte oft die natürliche Vermehrung der
Sklaven nicht zur Erhaltung ihrer Zahl. Die unnatür-
liche Sklavenzüchterei der Virginier und Nordkaroliner
gehörte zu den Hauptanklagen der älteren Abolitionisten
aus Garrisons Zeit.
Unsittliclikeit. Neben der Polygamie (s. o. S. 324)
spielt die geschlechtliche Unsittlichkeit ihre Bolle.
Es liegt in der Natur der Sache, daß es dem fremden
Beobachter nicht leicht ist, in diese Verhältnisse einen
tiefen Blick zu thun. Nicht immer liegen die Laster
dieser Art so offen, wie in Polynesien, wo jeder, der die
Berichte über die Lebensweise der Frauen auf den Sand-
wichinseln in den goldenen Tagen Forsters zu Rate zieht,
sich vielmehr darüber verwundem muß, daß die ein-
heimische Rasse sich überhaupt noch bis in die zweit«
oder dritte Generation fortgepflanzt hat. Bekanntlich hat
Tahiti seinen Namen La Nouvelle Cythfere von Bougain-
ville nicht wegen der Venusexpedition von 1768 erhalten.
Die tahitanische Gesellschaft, wie Cook, Forster u. Gen..
sie fanden, war so gut eine angefaulte, in Zersetzung be-
griffene, wie die römische des Heliogabal, oder die fran-
zösische vor der Revolution. Wer Eubarys Bericht über
die gesellschaftlichen Verhältnisse der Palauinsulaner liest
sieht ein Völkchen vor sich, das fast jedes Gefühl ftr
Scham und Sittlichkeit abgelegt hat. Als auf Eauai
Ende der dreißiger Jahre das Verhältnis der Todesfälle
zu den Geburten 3 : 1 erreichte, schrieb Whitney damak
den ungemein verbreiteten Geschlechtskrankheiten haupt-
sächlich die Schuld zu.
Menschenfresserei. Die Menschenfresserei ist auf
niederen Stufen der Kultur eine häufige und eingreifende
Form der Verwüstung der Menschenleben. Noch heute
finden wir sie in allen Teilen der Erde außer in EurofMit
und zwar in einer Weise verbreitet, welche keinen Zwetfßl
darüber läßt, daß sie einst viel weitere Gebiete eifl'
genommen hat. An manchem Punkt können wir nach'
N
weüen, difi tä» m den letarten Jfthn«hal«n noch zurlbik-
geganoflo üt DOrfen wir Mich nicht g^hm, i)*t ri»
BbenU da wiAlicb geBbt worden im, wti diu Ltwhi'
gliabi^at der Tsiker and der TlÜkenehiMonr m* hin-
nnetxt bat, to wines wir doch, d*fi m» «m HpmA liir
beiden mirlitigen Wancfa war, welche den tptnxim MnttM'-
boden d0 NatniTAbcr dnvdneben, der K«uf(VMi und dnx^
KriegM, nnd ■ ■i iri ti CRtogt 5M nie ksote wi* Tininn
immer wieder. Baarhrr W t cHiw J dftr Le fc enatwwt a ^pnmwti
I der bemm^cadeten Mcrfanak tMfar «tebMÄtr
' dm TirtTiraiai i». '& «ef iMfenr ■istS« -ut-
«■hai- die XcmdMOiEravkms «xm ^Vitttvion-Auitt ucte-
öftrer darCL 5tr c^ •>t>^i 'r t^;^ i:MidTlt'-_r.-jT-i it-
Vw^ii'iiaiiC um Z«r.iii«uir.-i.:,n. jS-;i i....^jr_ici. Nirt»e--
aa ife- wynkxiäiif: Zuiun- -■■/: J'-n-'-.-i.'rciri»'.'! .. T.-rt:^.
ninr JKttW ü-kt, "V ';/-,■; .-■ :^ ii ■:,.,::::.. ^ui >r.
id-r «r; ^^.^1«-^^;, -. «-,'>-;. ij*; z.~ p'.-.':"TJtr- .im:
^«lii«** JiCM»»«: -j^- ■-,1'*- 'i-r ;_>r: l*»fat- ms-
Die tirilnde der MeoseheiiftsiaeK'i.
gestellt. Da die grause Sitte auf einzelneu Inseln fehlt,
wollen wir oicht gerade (mit Horatio Haie) die Polynesier
eine Rasse von Eaniiibalen Dennen: aber wir werden
ihre Spuren und vielleicht R«ate weit verbreitet finden.
Tn Melanesien fehlt die Sitte kaum einem der zahlreiche]]
Inselstämme und scheint zeitweilig in einer Äusdelmong
geübt worden zu sein, welche unmittelbar und stark ver-
mindernd auf die ohnehin nicht großen Bevölkemi^-
zablen wirken mulJt« *'). Sie reicht westwärts mindratens
bis Timorlaut (Riedel). Schweinfurths und Junkers Kach-
richten lassen endlich keinen Zweifel, daß im Land de»
oberen Ui?lle selbst der Handel sich der Leichname be-
mächtigt und einen blühenden Me n sc henfi ei seh vertrieb
erzeugt hat. Bei den Mambangä und ihren Verwandten
kommt keine Leiche zur Bestattung, jedes Stück Menschen-
tieisch wird in Kurs gesetzt; indem aber die am Tode
eines natürlich Verstorbenen vom Orakel als schuldig
Erklärten hingemordet werden, ist. vom Kriege abge-
sehen, für die wegen des Leichenschachers doppelt not-
wendige Ergänzung des Menscbenfleischvorrates, jedemit
gesor^**).
Man sieht, jene nächsten Ursachen der Anthropo-
phagie hängen eng miteinander zusammen. Ist es SQlten.
dag rein nur Hunger zur Anthropophagie treibt, so ver-
bindet sich dagegen offenbar sehr häufig die Qenuüsuclit
mit dem aus religiösen oder politischen Gründen hervor-
gegangenen verschwenderischen Spiele mit Menschen-
leben, das in den Menschenopfern, im Hinschlachten der
Kriegsgefangenen, ja in der Tötung jedes Feindes, dessen
man habhaft werden kann, sich ausspricht. So führeD
sie eigentlich alle auf das grolie tirundmerkmal barba-
rischen Daseins, die Geringachätzung des Menschenlehen»,
zurück.
Versuchen wir es nun, die Gebiete ausgesprochener
und in großem Maüe geübter Anthropophagie aneinander
zu reihen, so finden wir zunächst eine Anzahl derselben
im westlichen Zentralafrika von der Sierra Leone bis ic
das Gebiet der Fan. welche wahrscheinlich in Verbin-
dung stehen mit den Ländern intensivster Men3(
3»l
fiiUan. nock m. diese Se^a
ISCori* maiSiiiiinril-i tot.
db jftDgrte ZmI die CmA«^
der AnduN^pofluigw
Qiidi der A^riaMhaaig dwiwtf
hart iiebetteuuuider und
des Foitadiritts wm Kftdi^
die Mfliglielikeit und Fnaelieft 3inNr
^ ilBBliA flicb imt ftttseinaiider mlieii.
Wenn non die heiit^ geogTmphi$ehe Verbmtuug
der Anihropcqpluigie leigt, daß in den Kolhirgebieleu der
Alien Wdi^ einscUiefilick der Crebiete der Hirtennoiuüdeiu
dieselbe fehh, so acheint die Art und Wei:^» des Kdck-
ganges darauf hinzudeuten, daü die Kultur ohue Zw^ng«
gl^chsam durch den Einfluß ihrer Atmoe^phäre« oine
zurQckdiingende Wirkung übt. Hdren wir« dai; auf dett
Neuhebriden die Anthropophagie an den Küsten jener
Inseln xurOckgehe. an welchen haujBg Euroj^er verkelmm,
daß sie auf Neuseeland selten geworden« dali sie muI
Tonga zu Mariners Zeit Terschwunden war und nur
stellenweise ron Fidschi her wieder eingettihrt >i^ar\i«
Temefamen wir, wie fast überall eine Scheu sich kund*
gibt, sie Tor den Weißen sehen zu lassen, so gt^winnt
man den Eindruck, daß ein zeitweilig untenlrQcktes Ue*
f&hl von Menschlichkeit sich gegen sie in dem Äugten-
392 Verbi-eitung der
blick erklärt, wo äußere Umstände dessen Hervortreten
begünstigen.
Im ganzen beschi^nkt sich die Menschenfresserei auf Völker
tieferer Stufen. Daß sie früher auch in Europa geübt ward, buui
keinem Zweifel unterliegen. Daß sie aber aus den Gebieten höherer
Kultur nicht ganz ausgeschlossen ist, lehren folgende Angaben
Nachtigals: Mitten in einer mohammedanischen Bevölkerung woh-
nen die kannibalischen Massälit, die zwischen Dar For und Wad^
sich teilen. Die Massälit Ambus sollen dieser Sitte, trotzdem sie
selbst den Islam angenommen, huldigen und Wasserschläuche wa
Menschenhaut sollen von ihnen nach Dar For gebracht werden^*).
Vielleicht ist dies nur ein Gerücht-. Will man aber auch nur Ge-
dankenblasen in den so häufig wiederkehrenden Angaben sehen, die
den Vorwurf der Menschenfresserei erheben, so bezeichnen dieselben
doch die häufige Beschäftigung mit dem Gedanken. Es ist verdächtig,
wenn die Narrinyeri am unteren Murray ihren Haß gegen ihre Nach-
barn, die Merkani, darauf zurückführten, daß diese die Leute stehlen,
um sie zu essen, denn weiter nördlich am Albertsee waren einst die
Menschenschädel als Trinkgefäße weit verbreitet und Eyre, der
zu diesen Vorwürfen sich sehr kritisch verhält, bezeugt doch, dafi
die Zauberer vorgeben, Mensch enfleiscli essen zu müssen, um ihre
übernatürlichen Kräfte zu bewahren. Auch die ganz Zentralafrika
erfüllenden Gerüchte von Menschen fressein, die immer jenseits der
Grenzen wohnen sollen, sind angesichts der zahlreichen Völker
die thatsächlich anthropophag sind, nicht fQr aus der Luft gegriffen
zu halten. Besonders aber lassen die zahlreichen Menschenopfer
voraussehen, daß dem Verdacht und den Gerüchten manches Wahre
zu Grund liege.
Mensclienopfer. Es gibt eine Reihe kannibalischer
Gewohnheiten, an deren tiefstem Punkte die Menschen-
fresserei liegt; sie hängen aber unmerklich zusammen und
wo man die eine findet, hat man das Recht, nach den
anderen zu suchen. Soweit bei den Malayen die menschen-
mörderische Kopfjagd üblich, finden sich auch Menschen-
opfer und Spuren der Menschenfresserei. Wird auch nur
das zuckende Herz gefressen oder das frische Hirn aus
der Schale geschlürft, die bestimmt ist, die wertvollste
Trophäe zu werden, so liegt doch der Faden oflFen zwischen
dem Begehren nach Schädeln und dem Essen ihrer Be-
sitzer. Bei Völkern, die nicht beständig von Not ge-
drückt sind und deren Lebensformen an manchen Stellen
die Neigung zum Emporstreben in eine Höhe reinerer,
lichterer Vorstellungen zeigen, tritt die Mensch tnfre.s-serei
I mrflck, welche Tonttglieli in
nUgiBn Gnrtuder aieh hlülen. Es fallen Opfer irie d(»t,
ibw mr edle Teil« tdh ihnen werden venehtt. In
?diyiiaMi fi a di g lmi bei heiligen Handlunoen die Priester
InadMDiqrfer. War doch der Gedanke im SeelenesseuB
iaf iD ihrer MjÜuriogie gewurzelt, welche mensohen-
hawanda Gfltter kannte, nnd andere, welche mit Netaen
laden fii^[an, nm aie tu easen. In die Fundamente ron
rea^dn irnrdea Uoiscben oder Teile von Menschen,
laaoädaM das gottgeftllige Ange, begraben. Hit Henschen-
frfem bcfcriUfagto und rerstfirkte man die Gebete. Durch
{an Ft^neaira webte ein G^st des grausamen Spielens
nt Henaehenldtan und eine so ausgedehnte Verwendung
roB Teüeo menaeblicher KSrper zu abergläubischen
Evccken, daß man von einem aÜgemeineo kannibalischen
Sianktor aadi dort sprechen mOchte, wo, wie in Tonga,
lawaü, Bamoa, Tahiti nnd den Gesellscbaftsinseln Hen-
lAenfresserei zur Zeit der h&ufigeren Besuche europKi-
«her Schiffe nicht mehr geübt wurde. Wenn die Hervey-
neulaner die Menschenfresserei entrüstet von sich wiesen,
fand man doch menschliche Hirnschalen als TrJnk-
[eföfie bei ihnen und in Tonga hat zu Marioenj Zeit die
fengchen^esaerei Ton Fidschi her wieder Boden zu fassen
^ucht. Auch in Fidschi hat sie für die meisten Beob-
icbter religiöse Beziehungen gezeigt. Unter den Battu
himatras, welche allein schon der Besitz von IMiug und
Ichrift Ober ihre Umgebung hinaushebt, bat man nur
nrch eine tiefere seelische Verbindung die Mensclien-
resserei erklären zu können geglaubt, der sie entArhiedeii
angegeben sind; man wies auf den Gegensatz hin, wcl-
her zwischen der sorgsamen Verwahrung der Ascho licr
"reunde und der Vernichtung der Feinde im anthropo-
hagischen Mahle liegt, wobei das gleiche seelische Motiv
1 umgekehrter Elichtung zur Geltung komme. So laßt
lartius bei den mensch enfressenden Brasilianern Neigung
od Aberglaube in gleichem Maüe zu. Die Verbindung
er Anthropophagie mit Krieg und Religion, den Angel-
nnkten im Leben der Altmexikaner, erwähnen viele Be-
bachter, aber B. Diaz hebt auch hervor, wie der Geniili
394 Verbreitung der
von UenschenSelsch bei ihoeo eine Leckerei gewordeo eeL
Daß die Menschenopfer hier gewaltige Mengen von Meo-
sehen wegrafften, ist zweifellos. Nun mag freilich tod
den Mexikanern dasselbe gegolten haben, wie von anderen
Kannibalen, daß sie mit den Menschenopfern nur ver-
nichteten, was anders keinen großen Wert hatte. In
einem geschlossenen Clansystem war fUr Fremde oft kein
Raum und auf einer Wirtschaftsstufe wie die, auf welcher
Meiiko stand, keine Verwendung.
Tiefgehende kultiirliche oder ethnographische Unter-
schiede kommen nicht in Betracht, wenn wir ähnliche
Sitten über Amerika hin verfolgen. Selbst in Peru riefen
die Bestattungen Menschenopfer hervor, deren Zahl so
sehr wuchs. As.ü dem Zudrange der Tausende von Frena-
den und Dienern eines gestorbenen Inca, die sieb zum
Opfertode drängten, Einhalt gethan werden muÜte. AI«
1524, schon an der Schwelle der spanischen Ükkupatioo,
Huajna Eapak erkrankte, brachte man zu seiner Rettung
Menschenopfer und bei festlichen Gelegenkeiten trank der
Inca aus einer vergoldeten Schädelschale. Soweit in
Mittelamerika mexikanischer Einflulä reichte, finden vir
auch Menschenopfer; wir linden sie aber auch bei den
Chibcha. Ja, selbst den Maya, deren Freiheit von den
Kannibalismus als einer ihrer grolien Vorzüge gerühii^
wird, kann diese Sitte nicht ganz abgesprochen werden,
wenn sie auch in milderen Formen auftrat. Wie die Ge-
brauche im einzelnen schwanken mochten, durch dir
altamerikanischen Kulturländer ging die schwächende
Auffassung, dag da^ fremde menschliche Leben wertlos,
daß seine Vernichtung erlaubt sei.
Nicht überall mochten diese Sitten die Volkazahl w
empfindlich schwächen wie bei den menschenarmen VSt-
kem Alaskas und anderer Länder am Bebringsmeer. Aber
sicherlich trugen sie auch in volkreicheren Gegenden mr
Verminderung der Bevölkerungszahl bei, die auf tieferer
Stufe so oft wie eine Last empfunden zu werden scheint.
Man darf aber voraussetzen, daß diese Opfer einst übenli
Helen. Die Ueberheferung gibt in Japan den Zeitpunkt
an, in dem sie abgeschafft wurden, wir haben denaelben
395
ia lau— «labt. Li nekn Teflea Afrika« ond Mdane-
dar Tod «Des Yomebmea eine
von AmntianHigefaSngen and Leuten des
Sdbii Leiehei^efechte der Leidtragenden
Bon Uuftigea Ätugang, als ob der Tote nicht
1 Adea gahan aoU«.
HlhirhH* Daa Stgebnis dieaer Betnditangen hme
kk in dsm Sehfanae maanunen, dafi die Menachheit
■■f niedwBB SfaifiBa Aar Koltor nicht blofi nicht so taaeh
inrldiat wie auf hOheven, acmdem in nelm ihnr QUedcr
Mrildkgriit. Wix haben kdn Beiapid, dafi ein Kultamdk
TOD ianan faanuia, ohne 2nfiere Angriffe gestorben wbe,
voU aber hat man nUreicbe VtttKer dahingehen sehen,
die auf niedarer ^tnfe der Eultor standen. Die Be-
rthnn^ mit den Emropiern hat dieses Starben beschleunigt,
aber ea liwen Ansmben tot, dafi dasselbe auch froher
mkam. ragt man nach den Ursachen dieses tief in
die Geschidite der Menschheit einschneidenden Verhält-
nisses, so mu& gesagt werden, da& Völker niederer Kultur-
stufe auf einer durchaus ungesunden Basis st«hen. Sie
stehen körperlich und moralisch hinter den EulturrSlkem
nrQck. Sie gehen soi^los und grausam mit Henschen-
leben am, deren Zunahme ihnen oft gefahrlich, bedrOckend
XU sein scheint. Sie teilen daher nicht unsere Begriffe
Tom Wert des Lebens. Krankheit, ungesundes Leben
in Kleidung, Botte und Nahrung, Kindsmord, Brtötnng
des Werdenden im Keime, unnatürliche Laster, Poly-
gamie , Hungersnot und Wassermangel , Krieg , Men-
schenraub und endlich Kannibalismus bilden einen Kom-
plex Ton Thatsachen, die alle der Vermehrung der Bevöl-
kerung entgegenwirken. Was aber nicht sich rermehrt,
wird ztuHc^edrSogt, da andere Völker, welche wachsen,
den Platz einzunehmen streben, welchen jene schwächeren
nicht auszofHUen im stände sind. So wie die Geschichte
der letsten Jahrhunderte nicht zu verstehen ist ohne die
eingehendste Beachtung der grolien und regelmäßigen
Zunahme der Bevölkerung in den alten Kulturliindem.
so darf bei der Erwägung der geschichtlichen Prozesse
aOO Rückblick.
früherer Jahrtausende und der Geschicke tieferstehender
Völker die Geringfügigkeit und Unsicherheit ihrer Zahlen
nicht außer Auge gelassen werden. Ohne jene Zonahme
würde vor allem die für lange Zeit bedeutendste Folge
und Wirkung dieser Geschichte, die Ausbreitung der
europäischen Kultur über den größten Teil der Erde nicht
möglich gewesen sein. Diese Kultur baut sich im Gegen-
satz zu den barbarischen Lebensformen auf grofie Be-
völkerungszahlen auf, durch deren Wachstum sie selbst
sich gefördert sieht. Darin liegt ein großer Grund ihrer
Sieghaftigkeit. Sie würde aber ihre Siege nicht so bald
ohne diese tief im Innersten wurzelnde Schwäche ihres
Gegners erfochten haben.
*) Immigration into the United States. Boston 1872.
-) Gaffarel LAlg^rie. 1883. S. 578.
^) Ueber Volksmedizin in der argen tiniiiichen Republik. Glo-
bus. XXXVU. S. 314.
*) Geographische Mitteilungen. 1864. S. 330.
') „£8 ist bekannt, daß unter den Negerstämmen des Inneren
Afrikas ein ewiger Kampf und Streit, ein ewiges Völkergedi^ge.
man möchte sagen, eine ewige Völkerwanderung, 8tattfindet> wobei
die einzelnen Nationen oft ihre nationale Existenz verlieren und
i^änzlich von der Erde verschwinden, oft aber auch unaufhörlich
ihre Wohnsitze ändern, bis sie endlich, wohl Hunderte von Meilen
von ihren ursprünglichen Wohnsitzen^ wie vom Sturme verschlagen,
aus den Wogen des grolien Völkermeeres auftauchen und auf eine
Zeitlang wieder festen Fuß fassen. Wie rätselhafte Erscheinungen
stehen solche Völker ihren Nachbarn zur Seite: keiner weiß, wo-
her sie kommen, sie selbst wohl ebensowenig."* Mit diesen Worten
beginnt .losaphat Hahn den 2. Teil seine Betrachtungen der Ge-
schichte und Gegenwart der Ovaherero oder Damara in der Zeit-
schrift d. Ges. f. Erdkunde IV. S. 22<5.
«) Wißmann-Wolf, Im Inneren Afrikas. 1888. S. 160. Einen
in den klimatischen Grundzügen ähnlichen, sonst freilich weit
verschiedenen Fall von Einwanderung eines Negervolkes aus ge-
mäßigtem Klima in das tropische Afrika bietet die Rückwande-
rung befreiter Sklaven aus Nordamerika an die Pfefferküste. Nach
Liberia hat die American Colonisation Society in 176 Fahrten
15602 Neger aus Amerika und 5722 anderwärts beireite Sklaven
geführt, von denen vor einigen Jahren nur noch 12 — 15000 übrig
waren. Die Liberianer sagen selbst, daß sie hier nicht alt werden.
J^^ehr bezeichnend ist auch, daß Dr. Ludwig Wolf nicht wegen
eigener, sondern wegen seiner Baluba-Erkrankung vom Kongo
nischer zurückreisen mußte.
Aumerkun^eu, 307
') Ausland. 1883. S. 875. Guppy glaubt an eine .nostalgic
melaocholy*, ein tOdlidieE Heimweh, welches so manchen SOdiee-
Insolaner beßlllt, wenn ihn dna Ärbeit«rschiff seiner Heimat ent-
fahrt. Es ist dieselbe ,eeltcam(r Krankheit*, ton der Livin^stone
in seinen .Last Joarnals' aU von einer KrnnMieit der in die
Sklaverei Fortgeführten Epricht.
') Origin of Civilisation. 1870. S. 45.
') Ferd, Mfliler, Unt*r Tungiwen uod JakoU«. 1882. S. 341.
Aach bei ans weist die Statistik einen verderblichen F.influä des
engen Wohneus auf die Verbreitung der Krankhf^iten nach.
'") S. Dr. Haus Hejers Sobilderang der Bewohner der hoch-
fegonen Benget-Landschaften in Die Igorrotes von I.tison. Verb.
Anthrop. ßes. Berlin. 1883. S. 387.
") Unter deaUch<« Flagge quer d. .Afrika. 1889. S. 282,
") Eane fQhrt in den &rctic Reeearches II. S. 121 die groüe
Lacke is den EBkimoanaiedelungeti zwischen Itiviliursuk und Itah
aof Fockensterblichkeit xarück.
") Revue d 'Anthropologie. III, S. T.51, Die Folge der Heim-
suchung der FidschÜDseln durch die Masern epideinie so bald nacli
der Annexion war 187'5 ein Bürgerkrieg der erschreckten Berg-
stüinrne, die /.um alt«n Zustund zurückkehren wollten. Cummings
At Home in i'iji (iSBl) -U- S. M.
") Brinton, Myths of the New World. 1868. 8. 277.
") Ergreifend ist die einfache Schilderung des Wettlaufes mit
dm Tod Qher das in Bewegung geratene Eis eines Sundes bei Bei-
chd. Labrador. Oeographische Mitteilungen 1863. S. 127. Man IsK
aoeh die Schilderung bei Esjie, Arctic Researches. 1856. II, S. 212.
") Die eingehendste Darstellung der Hungersnot« und ihres
Einflasses auf die Bewegung der Bevölkerung bieten C, Walfords
Abhandlongeu The Famines of the World, Journal of the Stati-
stical Society, London. 1878 n. 1879 mit reicher Litteraturaufxäh-
Inng un Schlüsse.
") QatMshet in Zeitschrift f, Ethnologie. 1883. S. 124.
") Tgl. die anziehenden Hitteilungeu G. Fritschs über Wr-
terfooera Schildenmg der Waagerabnahme im GriquaJande und die
Aaft&hlnDS' der wegen Wasserabnohme verlassenen Orte in Reisen
in Sfldafnka. 1872. S. 256,
'*) Sie hat aber auch zu falschen Vorstellungen AnlaS ge-
geben; so mufi es eine Hangerzeit gewesen sein, in welcher Symee
jenen Eindruck von den Andamanesen gewann, der ftr lange maß-
gebend wurde, daE ihr Antlitz ein Bild des Bufiersten Jammers, ein
fnrähtbaree Gemisch von Hunger und Elend sei. Im allgemeinen
geboren diese Mincopies nicht zu den Hangerrassen, wiewohl ihr
kleiner Wachs den Eindruck der Terkttmmerung macht. Aber die
Enge ihres Wohnranmes achr&ikt die Nahrangsmittel in gef&hr-
lidter Weise ein.
*°) BnUetin de la Soc, d 'Ethnographie, Paris. 1846, S. 61 f.
*') Franz Horlangs Reisen Ostlidi and westlich von Gondo-
koro. Geographische Mitteilungen, Ergänzungsband IL S. 116.
398 Anmerkungen.
--) D. Cranz, Historie von Grönland. 1765. S. 247.
-') Moliammedanische Erklärer des Koran lassen die Poly-
gamie zum Schutze der überzähligen weiblichen Kinder eingeÜUirt
worden sein. \s\. Palätre, L'Enfanticide en Chine. Bulletin de la
Sog. de G^graphie, Lyon. 1885. S. 881.
^*) Die Motivierung s. bei Kropf, Die Xosa 1889. S. 141.
") Ueber den Rechtazustand. 1832. S. 12.
'") Last Journals. II. 256. Den Mitteilungen Marti us* ent-
sprechend zeichnet Pöppig mit diesen Worten das Wesentliche
der älteren Nachrichten über die Indianer am Huallaga: Ebenso
wie in anderen Gegenden des tropischen Amerika hat man viele
verschiedene Namen tragende Stämme gefunden, die sich gegen-
seitig anfeindeten, ohne zahlreich gewesen zu sein. II. S. 320.
-^ Proceedings R. Geographical Society, London. 1889. S. 036.
^^) Bericht aus Gubuluwäyo in Spillmann, Vom Kap zum
Zambesi. 1882. S. 228.
") Bulletin d. 1. Societe d' Anthropologie. Paris. 1881. S. 361.
*°) Tronip, De Stam der Amazoeloe. 1879. S. 11.
'*) Proceedings R. Geographical Society, London. 1887. S. 73.
^-) Ausland 1873. S. 989.
") Speke, Journal 1863. S. 298.
^*) Emin Pascha. Briefe und Berichte. 1888. S. 89.
=*■•) Nachtigal, Sahara und Sudan. III. S. 62.
««) Vgl. Z. f. Ethnologie. IL S. 103. Zahlreiche Formen von
Unterthänigkeit ganzer Stämme, von Sklavenbezirken und -Dörfern
gehören dem ungeschriebenen Staatsrecht dieser Völker an.
^^ Mitteilungen d. Geogr. Gesellschaft Hamburg. 1880. S. 15.
^^) P. Baur in Les Missions catholiques. 1882. S. 463.
'*) Britischer Konsulatsbericht aus Tripolis cit. bei Behm.
Land und Volk der Tebu. Geographische Mitteilungen. Ergän-
zungsband II. S. 40.
*^) Neujahrsblatt der naturforschenden Gesellschaft in ZGrich.
70. Stück. 1868.
*0 Eckardt, Die Salomoinseln. Globus. XXXIX. Nr. 20 f..
wo eine ganze Anzahl von Zeugnissen beigebracht wird. Guppy
gibt in seinem 8. Kapitel über die Salomonsinsulaner (The Solomon
Islands and their Inhabitants. 1887. S. 37 f.) eine in ihrer glaub-
würdigen Einfachheit doppelt erschütternde Erzählung der Wer-
kettung der Menschenopfer verschiedenster Art und der Schwierig-
keit, ihr zu entgehen.
**) Junker in den Geographischen Mitteilungen. 1881. S. 256.
**) Nachtigal. a. a. 0. III. S. 349, 460.
DIE WERKE UND SPUREN DER MENSCHEN
AN DER ERDOBERFLAECHE.
402 ^^ Allhäufungsverhältnis.
Yolkszahl seiner Provinz. Das sind aber nur die größten
Thatsachen in den vielen Hunderttausenden der Fälle, die
uns lehren, daü der Mensch kein Einzelwohner, sondern
ein Gbruppenwohner ist. Indianer oder Australier, deren
aus ein paar Köpfen bestehende Siedelungen durch leere
Räume von 10 — 20 Meilen getrennt sind, bieten im Wesen
das gleiche Bild. Ueberall zeigt die Erde, mit Bezog
auf die Verbreitung des Menschen betrachtet, zwischen
leeren Bäumen die zusammengedrängten Wohnplätze der
Häuser, Höfe, Weiler, Dörfer, Städte, Zeltlager.
Diesen Thatsachen gegenüber hat die Bevölkerungs-
statistik außer der Dichtigkeit das Anhäufungsver-
hältnis (Agglomeration)^) der Bevölkerung zu unter-
scheiden, welches statistisch dargestellt wird durch den
Nachweis der Verteilung der Bevölkerung auf die ver-
schiedenen Kategorien der Wohnplätze mit besonderer
Berücksichtigung der Größe ihrer Bewohnerzahl. Das
Anhäufungsverhältnis verbessert die ungegründete An-
nahme, von der die Bestimmung der Bevölkerungsdichtig-
keit ausgeht, als ob die Bevölkerung gleichartig über
jene Fläche verteilt sei, welche einer Durchschnittsberech-
nung zu Grunde gelegt wird. Wie wichtig sie für die
Geographie sei, geht schon daraus hervor, daß auf jeder
Landkarte, die nicht rein physikalisch, die Namen und
Zeichen größerer Bevölkerungsanhäufungen immer in
großer, manchmal in erdrückender Zahl vertreten sind.
Die Lage dieser Orte zu bestimmen und zu beschreiben,
ihren Charakter anzugeben und unter Umständen eben-
falls zu beschreiben, gehört zu den Aufgaben des Geo-
graphen. Er darf derselben umsoweniger sich entschlagen,
als in der Art des Zusammenlebens der Menschen ein
wichtiger Maßstab der Kulturverhältnisse zu suchen ist
und als eine ganze Reihe von geographisch, und ethno-
graphisch wichtigen Erscheinungen des Völkerlebens, be-
sonders auf dem Gebiete des Verkehrs, von derselben ab-
hängt. Lage, Größe und Bauart der Siedelungen ist von
der Natur des Bodens abhängig, auf welchem sie stehen
und sie selbst gestalten diesen Boden um. Der Begriff
-geographische Verbreitung", der sich in der Anthropo-
I
IjrT larrtricatf ^.cnzLarj.
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404 EinzelwohiuT.
beherbergt, ist eine Erscheinung, welche uns bei allen
Völkern der Erde entgegentritt. Sie entfließt dem ge-
selligen Charakter der Menschen, mit welchem sich häufig
das Schutzbedürfnis verbindet. Nur lassen nicht überall
die natürlichen und kulturlichen Verhältnisse diesen Trieb
zur vollen Ausprägung gelangen. Jedenfalls dürfen wir
nicht das Einzelwohnen, wo wir ihm heute begegnen, ab
eine niedrigere Entwickelungsstufe ansehen, wenn auch
vielleicht vorausgesetzt werden könnte, daß in einem
Urzustand, von dem wir aber keine Kunde haben, die
Familien der Menschen vereinzelt gelebt haben. Heute
loben selbst Australier und Feuerländer, wo es irgend
angeht, in Familienstämmen beisammen, deren Zusammen-
hang fester gewahrt wird als in der Mitte der höchsten
Kultur. Das Einzelwohnen ist in vielen Fällen als eine
Fortent Wickelung des im höchsten Grade geselligen Woh-
nens deutlich zu erkennen. In Amerika, auf allen Inseln
des Stillen Ozeans und bei den Hyperboreern ist es oft
nur eine Ausartung des Wohnens im Lang- oder Clan-
liaus, welches für sich allein ein Dort* darstellt. Der ]
Familienstamni drängt sich gern in Eine Wohnstätte zu- j
sammen, und die durch Polygamie und Sklavenhalterei ;
ohnehin angeschwellte Familie setzt Zelle an Zelle an.
So haben wir schon in Kamerun gelegentlich Häuser von i
InO Personen. Es kommen aber auch bei den Sandeh u.a.
kasernenartige Schlafhütten für die Unbeweibten vor. Im
Stillen Ozean erweitert sich die Sitte der Famiiieudörfer.
Vancouver berichtet von ^b Ellen langen, auf Pfählen
stehenden Häuseni bei den Haidah. Poole will 70M Ein-
wohner in Einem Hause der Oharlotteninseln gesehen l
haben und Lewis und Clarke beschreiben genau ein f
2J0 Ful3 langes Haus in Willamettethal: in Cooks dritter /
Heise ist ein solches Haus vom Nutkasund abgebildet, f
Nicht nur groß in den Dimensionen, sondern auch reich '
an bildnerischem Schmuck sind die Gemeinhäuser Mikro-
nesiens und anziehender gemacht durch einen, wenn auck
schwachen Hauch geschichtlichen Lebens, der ihren Ver
fall , ihre alten Steinwege , die überflüssig gewordenen j
Hingwälle auf den Hügeln umschwebt. In Nord- und j
406 Hof und Weiler.
zahl, könuen die darauf begründeten Unterscheidungen
mit denen der Statistik sich teilweise decken, doch hat
die Geographie unter allen Umstanden über diese hinaus-
zugreifen, da sie auch hier jene Verhältnisse berücksich-
tigen muß, welche nicht von der Statistik gefaßt werden
können. Die Einheit, von welcher beide ausgehen, ist
das Haus, welches zu verstehen ist als der Raum, der
zur Wohnung und zu wirtschaftlichen Zwecken, beson-
ders zur Aufbewahrung von Vorräten, dient; derselbe
kann in mehrere Räume zerlegt werden, die oft sogan
nicht unter Einem Dache sich befinden, wie Scheune und
Ställe, oder wie bei polygamischen Völkern die beson-
deren Hütten für jedes einzelne Weib, er ist aber dann
durch die Umzäunung als Einheit gekennzeichnet und
wird so zum Hof. Auch wenn in einem Hause mehrere
Familien wohnen, so bleibt die Einheit erhalten. Es gibt
aber bei tieferstehenden Völkern eine Wohnweise, die im
sogen. Langhaus den ganzen Stamm vereinigt, sei es,
daß ein großes kasernenartiges Gebäude in eine Anzahl
von Abteilungen durch Zwischenwände zerteilt (Nord-
westamerika) oder ein Wohnraum an den anderen zu
langer Reihe, meist durch Straße getrennter Doppelreihe
(im südlichen Eamerungebiet, am oberen Ituri), vereinigt
ist. Für den Geographen liegt hier erst ein Uebergang
zum Dorfe vor, wo der Statistiker nach der Volkszahl be-
reits beträchtliche Dörfer vor sich sieht.
Eine kleine Gruppe von Häusern oder Höfen bildet
einen Weiler, den vom kleinsten Dorfe in der Regel nur
die Unselbständigkeit in Verwaltung, Kirche und Schule,
häufig auch der Mangel der Straßenverbindung unterschei-
det ^). Auch die kleineren Dörfer können dieselbe Unselb-
ständigkeit zeigen wie die Weiler und eine scharfe Grenze
ist nicht zu ziehen, aber in der Regel bezeichnen wir als
Dorf eine größere geschlossene Ansammlung ländlicher
Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Von der nächsthöheren
Stufe, der Stadt, wird das Dorf nicht bloß durch die
Größe, sondern auch durch den engen Zusammenhang mit
allen Zweigen der Urproduktion, besonders Ackerbau und
Viehzucht und die entsprechende Abwendung von Gewerbe,
3»Or- iXl;. *!.- = .
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r TinsHintta "^uini-^Ürri-si -zzi n-zi-.-j' nz.ii=e" -^i :: -^-i'
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408 KlassiHkation der Städte.
denken, auch ist sie niemals nur auf materiellem Gebiete
thätig zu denken, sondern erhält durch ihre Zeitungen.
Bücher, wissenschaftlichen Vereine, Theater u. s. w. auch
einen geistigen Charakter. Es gibt Städte unterhalb
dieses Niveaus, welche geistig in dieser Richtung mehr
produzieren: aber die Großstadt wirkt in ihren Mauern
und als Verkehrsmittelpunkt immer auf weitere Kreise.
Am anderen Ende der Reihe stehen die Städte mit weniger
als 5<.M)0 als Uebergang zum Dorfe; sie verdienen den
auszeichnenden Namen Landstädte. Dazwischen liegt
dann die lange Reihe von Abstufungen , in denen wir
als Mittelstädte Orte von gewerblicher und Handels-
bedeutung für einen grölseren Kreis von 20 — 100000 und
Kleinstädte von 2 — 20000 unterscheiden, welche Mittel-
punkte kleinerer Gebiete sind^).
Wie zahlreich auch Städte unter 2000 sein mögen,
sicher ist es, daß mit dieser Zahl eine Grenze erreicht
ist, unterhalb deren die Bevölkerung in der Regel den
städtischen Charakter verliert. Die durchschnittliche Be-
völkerungszahl der Ortschaften von 100(.) — 2000 in deut-
schen Ländern liefert dafür schon den Beweis, indem sie
fast immer nach der tieferen Seite, z. B. in Württembei^,
wo 28 " der Gesamtbevölkerung in diesen Orten wohneu,
bei WS*^ liegt, in Baden, wo das Verhältnis nur fast
27 '\rt erreicht, bei 1850. Nach ihrer politischen und
geschichtlichen Stellung sind in Baden von den 307 Ge-
meinden dieser Stufe nur J)9 Städte, wozu man indessen
fügen muß, daß es dort außerdem noch 10 Städte unter
1000, eine sogar unter 250 Einwohner gibt.
Die Wohnplätze auf der Karte. Fassen wir unsere
Karten ins Auge, so treten uns sehr verschiedene Ab-
stufungsweisen entgegen. Mau begreift dies, wo es sich
um Länder von sehr verschiedener Kulturstufe handelt.
Auf einer Kai*te von Indien werden sich die Städte von
selbst anders abstufen, als auf einer Karte der Vereinig-
ten Staaten. Doch bestehen große Unterschiede selbst
in den Karten eines und desselben Landes und diese zu
vermeiden, muß dringend geraten werden. Hermann
I'.H ■^' mnmiir:::' ii:' ■ ■■ \ i
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lV-r:r:-i:Ti L-t • 'vr-r :> -■ \\\u\ ihn M^i.U.
iT-ir.j ■: :i. «"r- -ri. r'-::rr>i.hoi»liiiiL!:N;,'i,|i, u m,.! ,1... Ii
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1 VOR •i'rr. irri Zwi>clu'll I'»- MIpI IiMMMIM I,. im
ltefr'"'rirn. Wrui.f «^hllr St-Innii-Ii «liin L im« •ii.-i...
werden ki»r:ntfii. Ks lisiipiilt n h l.i. • ,,,,,
tür den l\-l.if rMiik . wtdrln- in ii i., |..,.., i i ,,
1. Man kOnntf dit* 7 Ali'»liiriiM'/iij .n»! .:- , W- ,.,\.. .
■ht-n Karte des Dfutsrln-n Ihj' 1.« ... I
dersc'h«.-n Athi> eher llir |i;i » t.-l •.
ler Handkartt' >t«dieri. v. im,
lirh».Twei-».- auf d*-ii Ii;i:iii: / ■ . - '.'■.'
rV !♦"" KillWf"!.!.. !■ '..
. 1" ■"■'". \h./. . .-. : .
■ ■■ 1 ■-•■■■.•■,- ^ .■, .
I II III
• ^ r
410 I>ie Symbole der StAdte.
liin Gesagten mu& es für möglicli gehalten werden, für
die Länder ähnlicher Eulturstellung eine einheitliche Ab-
stufung der Ortschaftsbezeichnungen zu schaffen, welche
den Stufen der verschiedenen Bedeutung der Städte ent-
spricht. Wenn über 100000 hinaus die wirkliche Ge-
stalt der Stadt an die Stelle des Sjmboles tritt, bedürfen
wir des letzteren nur noch für die Städte über 20000,
5000 und 2000. Es ist wahrscheinlich, dafi dieselbe
Klassifikation auch für Gebiete anderer Eulturverhältnisse
wie Indien oder China durchzuführen wäre, unschwer
würde aber eine weitere Stufe eingeschoben werden können,
wie sie auf einer innerafrikanischen Bevölkerungskarte
für Orte unterhalb 2000 Einwohner notwendig wird.
Anton Steinhausers Vorschlag, die symbolischen Zei-
chen für die Städte nach einem einfachen Schema (5000 Ein-
wohner ein schwarz ausgefüllter Kreis von 1 Millimeter
Durchmesser, 10000 Einwohner derselbe Kreis mit einem
zweiten ^ji Millimeter von ihm abstehenden, 20000 Ein-
wohner derselbe mit 2 je V* Millimeter abstehenden
Kreisen, 50000 Einwohner ein schwarz ausgefüllter Kreiß
von 2 Millimeter Durchmesser, 100000 Einwohner die-
selbe Kombination wie für 10000 u. s. w.) abzustufen^)«
ist rein statistisch gedacht, könnte aber für die Karten
in kleinerem Maßstabe und für die kleineren Ortschaften
die Gnmdlage einer praktischen Darstellung bilden. Auf
allen Karten ähnlichen Maßstabes wiederkehrend; wflrde
diese einheitliche Darstellung bald zu einer raschen Be-
urteilung der Größe der Ortschaften befähigen; doch ist
auch ihr gegenüber an dem Ersätze der Symbole durch
die geographischen Umrißbilder der Städte festzuhalten,
sobald der Maßstab es erlaubt. Eine Weiterbildung
dieser Methode durch Zeichnung verschieden großer Kreise
für die Größenklassen der Ortschaften, deren Ausmessung
genau die Größe ihrer Bevölkerungszahl nach einem fest-
stehenden Verhältniß erkennen läßt, hat Anton Stein-
hauser in demselben Aufsatze angedeutet.
Daß die Geographie sich aller dieser Zeichen nur
als Notbehelfe bedient, ist klar. Dieselben sind wesent-
lich statistisch und gehören weniger zur Kart« als zum
Stadtebilder auf der Karte. 411
irtogramin. Herkömmlicli sind ja auf der geographi-
len Karte die anthropogeographischen Thatsachen zu-
chst nur nach ihrer Lage gezeichnet, während die
rm nur bei dem größten Objekt, dem Staate, zum Aus-
ick gelangt. Erst in den topographischen Karten geht
m bis zur Darstellung der Lage einzelner Häuser und
t wachsendem Maßstabe kann auch die Form und
öße berücksichtigt werden, welche vorher nur durch
mbole anzudeuten waren. Im Stielerschen Atlas sind
f Blättern von 1 : 3700000 bereits die größten Städte
ch Größe und Umrißform dargestellt, aber auf den
jographischen Blättern in 1:25 000 erscheinen sogar
; einzelnen Gehöfte eines Dorfes nach Größe und
stalt. Man muß sich darüber klar werden, daß die
mbole, deren wir uns auf den geographischen Kar-
1 zur Darstellung der Wohnplätze bedienen, seien es
'eise oder Quadrate, vollständig ungeographisch und
ir ein Ausdruck der Schwierigkeit sind, die kleineren
•te in kleinem Maßstabe naturgetreu darzustellen. Sie
tsprechen nur dem statistischen Zweck der Abstufung
ch der Bewohnerzahl. Man kann aber nicht einmal
haupten, daß sie diesem ganz entsprechen, denn die
•ößenunterschiede dieser geometrischen Figuren sind zu
?in, als daß sie sich deutlich voneinander abzuheben
rmöchten. Selbst wo sie, das den geographischen und
thetischen Sinn beleidigende Bild einer Bretzel bietend.
» 2 verschieden große Kreise zusammengewachsen sind,
e Hamburg und Altena, ist die Größenschätzung nicht
cht. Es liegt hier einer der Punkte vor, wo es der
irte unmöglich wird, alles das klar zu sagen, was man
n ihr wissen möchte und wo man sich hüten muß.
^hr zu verlangen, als mit dem ersten Zweck der Karte,
Id eines Teiles der Erdoberfläche zu sein, verträg-
h ist.
Der künstlerische Zu^^ der von der Kunst noch nicht ganz
1,'i'lö.sten Kartographie des 16. Jahrhunderts freute sich , auch
n Städt^izeichen auf den Karten ein individuolles Geprägt»,
vas Landschaftliches zu verleihen und so finden wir denn bei
»ian (15CS) die gröfuTcn Städte Bayerns durch naturtreue Bilder
rjr^'st^Ut, an deren bekannten Zügen man sich noch heute er-
412 Wohnplätze der Nomaden.
freut lind die lo4G bei Frosch auer in Zürich gedruckten Land-
tafeln Dfutschlands, Frankreichs und der Kid^^enossenschaft bringen
eine reiche Mannigfaltigkeit von Städtebildchen, die allerdings
für die vei-schiedensten hjtädte dieselben sind. Wie konnte Oskar
Peschel die Behauptung aussprechen, daß erst Mercator Haupt-
städte von kleineren Ortschaften unterschieden habe*)? Weniger
gute Karten bringen noch im 17. Jahrhundert alle Orte unter
einem Zt'iehen, z. B. des Lazius in Tirol in den späteren Ausgaben
des Ortelius. Aber es hat doch Kas|)ar Henneberg auf seiner
Karte von Preußon (Vy^A im Orteliusschen Atlas) nicht weniger
als 13 Unterscheidungen, für welche er eigene Zeichen anwendet:
Metropolis s. Magna Civitas, Urbs v. Oppidum muro cinctum, Urbs c.
Arco. Arx, Oj'pidum, Arx c. Oppido. Vicus. Pagus Parochialis. Paro-
chia devastata, ^lonasterium, Aediticium uobilis, Domus venationis.
Mons arcis vastata. Gerade auf diesen älteren Karten, wo die
alte Manier der Unterscheidung größerer und kleinerer Wohn-
platze durch gi'ößere Bilderzeichen gut durchgeführt ist. gibt sie
zusammen mit der energischen Hervorhebung der Wälder. Sümpfe
und Gewässer ein antljropogeogra[»hisch richtigeres Bild als unsere
<cheinatisch<'ren Karten, die allerdings das Relief besser bringen.
Die Wohuplätze. indem sie ihrem Wesen nach das
Stetige oder Veränderliche im Charakter eines Volkes auft
deutlichste abspiegeln müssen, stellen dadurch der Geo-
graphie ein ähnliches Problem, wie es am Schlüsse des
Kapitels über die „Bewegung der Bevölkerung** zu berühren
war. Die WohnpUitze der Nomaden sind in kuraen Zwischen-
räumen veränderlich und an ihre kartographische Darstel-
lung hat man ebensowenig denken können, wie an die-
jenige der Wellen des Meeres: insofern jedoch günstige
Wei<leplätze ihre Voraussetzung sind, wird auf topographi-
schen Karten die Einzeichnung der letzteren wenigstens
die Punkte anzugeben wissen, an die sie in ihrer periodi-
schen Wiederkehr gebunden sind. Eine andere Art Ton
Veränderlichkeit ist das jahreszeitliche Wandern zwischen
Sommer- und Winterdörfern, bei welchen der wesentliche
Unterschied hervortritt, daü es sich um feststehende
Siedelungen handelt, deren Lage und Größe auf der
Karte niedergelegt werden müssen. So linden wir denn
auf russischen Karten der Kirgisenstepj)en und ähnlicher
Gebiete die Signaturen Jurten, Winterlager, Sommer-
lager ^'). Eine dritte Veränderlichkeit ist jener in längeren
Zeiträumen sich vollziehende Wechsel der Wohnsitze,
welcher ein Ausdruck der allgemeinen größeren Beweg-
413
Itchkeit der Vülfar. aitf tiefenD SbOem kL Belade
dieaer Voiegimgea «der XcngtHad^igen tob Böpt-
städteo. PktisbM, DarfiBa Inbeti wir bn <>. K^üri aa-
gefUnt. MindnitrMi aitf den p<^itwclKn KutcB dSrfee
die ebcs TcriiawM Hwytarto rndit feUra, «^ ne oft
Boeh TOB polilisdMr Btdiirtwig anid, bim-ji vp«b ne be-
rrifa —^cg A B n ■ t d f . Soweit wie BÖgfidL »t die ünfar-
•cbödimg Tilinifdrr aad rortbosrind« Wofa^ttie
Mif ttoMtcD KerteD ]
thnipogBOg ie ph i ech w
mr Karte m bnpa ib 1:20000000 nnr
100000 wad IM
Es wurden aber dsbeä ao withäge imd in wetten leeren
Bäomea doppdt wirkmne lÜttelposkte . wi« Bergen.
Drontbeim. Arduu^d. oder pobti—V ~ ' : - ide StSÜHe.
wie Athen ani) Sofia ni^ acg-, und nun
sieht ohne watete« ü, dafi e? - ire, in das
Srfaema an» rt a tirtwtlM » .Abftt:: .: .- isroUe Er-
«JteiDai^ da- Sfidte r w ie gen za wollen. Und doch.
wie Tiel wird gwadc dani geatodigt! Wir ftagen nns
lerK^bfru^, welche (inmdätze dif Aofoahir»; und Xicht-
Mfnihrnt voü >-äit-. :^ ;.;f 'iT T~- ■ --. . ■-- . — en bestiin-
Qh^. Wir ■Lcüiicu cuic lü iiUHnucu IjcucuuIlgCn TOr-
trefflicbe Karte Nordamerikas in 1 : 40<_'<>'ti>Ki. welche
in dem gewaltig«ii Viereck zwischen dem 91. und ^2'*.''
westlicher Länge nod der Kordgrenze und dem Golf
TOD Menko die einage Stadt Üenrer Terzeichnet. Wozu
gerade diese and wanmi keine andere 1' Denrer ist bei
weitem nkhl die grö&te. aoch nicht die bandebthätigerte
Stadt dieser B«gion. liegt nicht einmal an «ner der Pa-
zificbahnen . ist ungefähr eo riel Jahrzehnte alt . wie das
sQdlicb daron liegende Santa F^ Jahrhunderte. Auf
einem edehen Gebiete wie diesem würde auf ungefähr
>Ue 2400 Quadntmeilai eine Stadt von Bedeutung ent-
414 Generalisation der Städtezeichnimg.
fallen und es würde dann nicht das Widersinnige sich
ergeben, daü ganz Mexiko nördlich vom 20.^ nur eine
einzige Städtesignatur — Mazatlan! — trüge.
Um endlich noch einen Punkt zu berühren, welcher
allerdings in der Kartographie europäischer oder nord-
amerikanischer Länder selten praktisch werden dürfte,
möchten wir auf den Fall hinweisen, wo Städte nicht
eingetragen werden, weil ihre politische oder wirt-
schaftliche Bedeutung nicht hinreichend bekannt ist
Seit wir Nachtigals Reisewerk besitzen, sollte z. B.
auf keiner Karte Baghirmis Busso, die in manchen Be-
ziehungen wichtigste Stadt unter allen Hauptorten der
Tributörländer, fehlen, ebenso wie auf keiner Karte
Wadais jener merkwürdige Marktort Nimro, Nachtigals
„Stadt der Kaufleute ", übersehen werden sollte, an dem
die fremden Händler zusammengedrängt sind und welcher
als das Organ bezeichnet werden kann, durch welches
dieses sonst so abgeschlossene Reich des Sudan mit der
zivilisierten Welt in Verbindung tritt. Viele chinesische
Großstädte wird man auf einer Karte kleineren Malastabes
leicht entbehren können, aber nicht die wichtige Grenz-
stadt Kaigang, die Pforte des sibirischen Handels. So wie
im Topographischen «das Generalisieren •* eine große Kunst,
so ist es dies auch im Anthropogeographischen, wo es eben-
soviel Takt und noch ungleich mehr Studium erfordert
Denn was ist Takt in der Kartographie? Doch nur die
Fähigkeit der raschen und vollkommen sachgemäßen Lö-
sung jedes Problems, beruhend auf durchgreifender Be-
herrschung aller einschlägigen Verhältnisse.
Der Hof. Der Hof ist mehr als ein Haus. Er ver-
einigt Glieder und Zugehörige der Familie unter einem
Dache oder in einer größeren Zahl von kleineren, zu-
sammengehörigen Häusern und stellt durch eigene Wirt-
schaftsgebäude eine Einheit dar, die bis zu voller Unab-
hängigkeit selbständig sein kann. So war die Wohn weise
der alten Kelten, deren Familien unter einem Unterhäupt-
ling in demselben Hause wohnten, solange ihre Zahl nicht
über 16 stieg, der alten Sachsen, deren „einzelne Wohner*
Der Hof.
41 Tj
Btu8 Moser als Priester und Könige in ihren Hofiuarkeii
zeichnet: , Jeder Hof war gleichsam ein unabhängiger
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c':;":" w^.: aU-^-MiLÖ-r liri^TL unä zur
410 Verbreitung der Höfe.
Selbständigkeit ausgerüstet sein mußten. Der Freie, der
in seinem Hofe keinen über sich erkannte, war auch in
der größeren Vereinigung zum Staate ein unabhängiger
Bürger. Diese Höfe bestätigen Johannes von Müllers
Satz in der Vorrede zur Schweizergeschichte: Alle Ver-
fassungen freier Nationen haben ihren Ursprung in der
häuslichen.
Das Hofsystem ist nicht bloß dort zu finden, wo es
durch die klimatischen und topographischen Verhältnisse
begünstigt ist, sondern wir begegnen ihm als der bevorzugten
Wohnweise in Gegenden, wo auf diese Begünstigung kein
Anspruch erhoben werden darf. Es wird von einigen
Stämmen eines Volkes bevorzugt, während andere in Dörfer
sich zusammenzudrängen lieben. In Deutschland sind die
beiden Gebiete, wo das Höfewohnen die größte Ausdeh-
nung erreicht, Westplialen und Oberbayem, jenes tief,
dieses hoch gelegen, jenes Ebene, dieses vorwaltend Gebirgs-
land. Vergleichen wir die Bevölkerungsliste Frankreichs
mit der Karte, so finden wir, daß in der Bretagne die
Gemeinden zahlreiche Bewohner zählen, die aber in kleinen
Weilern zerstreut sind, während an der ganzen Mittel-
meerküste die Glieder einer Gemeinde stadtartig beisammen-
wohnen. Das letztere finden wir in Italien, wo die Zahl
der kleinen Ortschaften auffallend gering ist. Schon in
Istrien und Dalmatieu entfallen auf 1 Gemeinde G083 und
5878 Einwohner, in Böhmen und Mähren 704 und 16'),
dort ist das Areal 1,U.'{ und li-^S, hier 7,4 und 7,0 Qua-
dratkilometer. Viel mehr als in Nordeuropa drängt in
den Mittelmeerländern das Land die Siedelungen auf
wenige günstige Flecke zusammen, und wir haben ge-
sehen (s. o. S. 107), wie auch das Klima in gleicher Rich-
tung wirkt. Auch die Städte schließen sich dort viel
enger zusammen und an Boden und Wasser an. In
ebenso deutlicher Abhängigkeit von der Natur zeigen die
Alpenthäler das Hofsystem in den langgestreckten, viel
durchbrochenen Reihen der Höfe , in deren Mitte oder
häufiger an deren unterem Ende Kirche, Schule, Pfarrhaus
und vielleicht noch einige Häuser den schwachen Kern bil-
den ■). Seine Verbreitung zeigt aber in zweiter Linie eth-
r.--
418 l^as Wesen des Dorfes.
lieh gleicher Natur. An Acker, Wiese und Wald ist
die Existenz der ländlichen Bevölkerung gebunden. Daher
.-ind auch geographisch die Dörfer von Aeckem und Wie-
sen umgeben und lehnen in bewaldeten Gegenden sich
an die Wälder an. Seien die Aecker nun Weinberge,
Oelgärten oder Reissürapfe, Getreidefluren oder Kartoffel*
äckerchen, das Dorf zieht aus ihrem Boden seine Nahnmg.
Jedes Dorf ist also an eine Bodenfläche, seine Gtemar^
kung, gebunden und darf nicht allzu weit von derselben
entlegen sein, da die tägliche Arbeit nur kurze Wege
zuläüt. Es müüte denn das Dorf zeitweilig verlassen
werden, wie es in der Nachbarschaft der Gebirge ge-
schieht, wo im Sommer höhergelegene Weiden aufge-
sucht werden. In unseren Alpen zieht nur ein Teil der Be-
völkerung zur Sommerzeit bergaufwärts, aber die Tadschiks
des Pamirplateaus unterscheiden ausdrücklich Winterdörfer
(Kischlak), die das ganze Jahr bewohnt werden, von den
nur im Sommer bewohnten Siedelungen der nächst höhe-
ren Terrasse ^). Und Radde vergleicht das Treiben der
Plateaubewohner Hocharmeniens dem »Murmeltierleben*i
da sie im Sommer mit ihren Herden nach den hochge-
legenen Alpenwiesen ziehen, um im Winter in lichtlose
Höhlen des Erdbodens sich zu verkriechen ^^),
Das ländliche Haus ist Familienhaus, nur vorüber-
gehend entfenit es davon die alpine Viehzucht oder die
sich zusammendrängende Hausindustrie. Der tiefe Unter-
schied der häuserreichen ländlichen zur häuserarmen
städtischen Besiedelung liegt daher in der Thatsache, daß
bei jener Häuserzahl und Bevölkerung im gleichen Ma6e
wachsen, während hier das Bevölkerungswachstum um so
unabhängiger von der Häuserzahl, je ausgesprochener der
städtische Charakter ist (Mischler). Wo in größeren
Dörfern auch die Bewohnerzahl der Häuser gewachsen
ist, da befinden wir uns, auch wenn die Zahl von 2000 Ein-
wohnern nicht erreicht ist, bereits auf städtischem Boden.
In der Regel werden dies Industriedörfer sein. Die Zu-
sammendrängung der Hütten eines Dorfes und weiter die
Zusammendrängung der Menschen in den Wohn- oder
Schlafräumen eines Hauses kann auf dem Lande ebenso
Dir Ihiillhii
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^izi wie in (lt*rSiaill, mr i-tir-nlil m iiifiinlii.ii lim
rinen gröüeren lii-liu^/ •tl:' m 'Im Im. fn.u liilin
Großstadt, iiljcr di«- Of-Miiiii.-iiiiuft« '1* » Mi i-mniMi u
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welche ihre IlüuM'r M-ihi\\ ,i.*l 1;.. f...t<iii.i 1., t,
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4,
:>
420 Die Größenstufen
Größe der mit Weizen angebauten Fläche um 22**» zu-
rückgeschritteu ist.
Der Hof findet insofern seinen Anschluß an die
übrigen Wohnstätten in den kleinen Dörfern, und
stellt den letzten Rest dar, den die Verkleinerung der
letzteren übrig läßt als dort, wo er vorkommt, auch diese
erscheinen. Wo die Bevölkerung sich verdünnt, ver-
kleinem sich nicht überall die Wohnstätten, aber wenn wir
z.B. in den Gebirgen die Zonen der dünner werdenden Bevöl-
kerung durchschreiten, sehen wir überall die Dörfer kleiner
werden. Der größte Teil der Bevölkerung der Alpen
wohnt in Orten von 500 und weniger Einwohnern.
In Kärnten beträgt dieser Anteil 783 von 1000. Dement-
sprechend sind von je 1000 Ortschaften solche mit weni-
ger als 500 Einwohnern in Kärnten 97(3, Oberösterreich
1^75, Salzburg 958, Niederösterreich 855, solche von melir
als lOOOO in Kärnten und Oberösterreich 0,3, in Nieder-
österreich 3,8. Und umgekehrt ist die Häuserzahl einer
geschlossenen Ortschaft 154 in der Bukowina, 95 in
Dalraatien, 51 in Böhmen, 16 in Oberösterreich. Nicht
bloß die Kleinheit der Bevölkerungen, sondern auch die
Größe der Häuser kommt in Betracht, denn charakteri-
stisch für alle Ortschaften in den Alpenländem ist der
Umstand, daß selbst bei der dichtesten Bewohnung die
Zahl ihrer Wohnhäuser gering ist. In den Orten bis
500 ist in Oberösterreich die Häuserzahl 13, in Steier-
mark 35.
Von diesen kleinen Dörfern mit ihren großen, weit*
Oedstrecken umscliließenden Gemarkungen kommen wir
in den dichterbevölkerten Gegenden, die mehr Ackerbau
zulassen, zu den mittleren Dörfern*, wie wir sie in
den hügeligen und flachen Landschaften Mitteleuropas in
weitester Verbreitung finden, wo z. B. der böhmische
Kessel durchschnittlich alle ^4 Meile ein geschlossene:«
Dorf mit 50 Häusern und 420 Einwohnern darbietet.
Sobald der Ackerbau minder günstigen Bedingungen
begegnet, pflegt in diesen Gebieten die Industrie zuzu-
nehmen. Die Dorf er sind nun größer, aber weiter zer-
streut. So sind in Schlesien, bei ungünstigerem Boden
der Dörfer. 421
und entwickelterer Industrie, die Dörfer grölJer aber gerade
ober das doppelte Areal zerstreut wie iu Böbnieu. Vgl.
auch oben S. 228 und Fig. !», 14 und 15.
Von groSeo Dörfern sind in Europa zwei Arten
besonders zu unterscheiden: stadtähnliche Dörfer Ton ge-
drängter Bauweise, die besonders in den dichtbe wohnten
sQd europäischen Ländern zunächst durch Boden und Klima
bedingt, dann durch die dort erhaltenen römischen Munizi-
palordnnngen fortgepflanzt sind; und weit angelegte Dörfer
inmitten großer Gemarkungen, welche man auf dem dUnn-
hewölkerten, getreidereichen Steppenboden Südmülands,
Ungarns, Galiziens findet. Oft wird die äußere Form
der Städte nachgeahmt von dichtbevölkerten Orten, an
welchen aus einem äutJeren Grunde, welcher der Städte-
bildung au sich fremd ist, eine große Menschenmenge
sich zusammendrängt. Die Oasenstädte, die Fueblos Neii-
mexikos gehären hierher. Etwas ganz anderes sind riesig
große Dörfer in den europäischen Industriegegenden, wo
z. B. Deutschland eine ganze Anzahl Dörfer von mehr als
20000 Einwohner aufweist, die im Wesen Städte sind und
nur aus geschichthchen Gründen den Namen „Dorf" weiter
tragen. Anders geartet sind wieder große Dörfer Mittel-
amerikas, die als Zusammenfassungen zerstreuter Wohn-
plätze bei näherer Betrachtung erkannt werden. BemouUi
nennt Santa Caterina Istsguacan, nordwestlich von der
Lagune von Atitlan, eines der grÖlAten Dörfer in Guate-
mala, dessen Bevölkerung, nur zum kleinsten Teile im
Dorfe selbst, sonst meist in zerstreuten Hütten wohnend,
auf 30 — 10 OOO Seelen geschätzt wird ' '). Das sind keine
oi^anischen Einheiten mehr wie die vorigen.
Verbreitung der Wolinplätze. Die Verbreitung duv
Wohnplälze hängt hauptsächlich vom Boden ab, der di'
liurch Art, Höhenlage und Gestalt, indirekt durch i
Fruchtbarkeit, von welcher die Dichtigkeit der BerSl
rung ablüoigt, auf die Lage der Siedelungen einw*
Wir haben im 5. Kapitel die Teile unserer Erdo
fläche kennen gelernt, welche von Siedelungen frei blai
[TtU ihre eigene Beschaflenheit , ihr Klima oder '
422 Verbreitung der Wohnplätze.
Pflanzendecke sie zum dauernden Aufenthalte ungeeignet
machen. Aber innerhalb der besiedelten Flächen beein-
flussen kleinere Ursachen derselben Art die Verbreitung
der einzelnen Wohnplätze, welche Felsenboden, dichten
Wald, Sumpf, Moor, feuchte Niederungen, steile Berg-
hänge meiden, dagegen angezogen werden durch fracht-
bare, gesunde, angenehme, in kriegerischen Zeiten aach
durch sichere Lagen. Wo diese Lagen vereinzelt Tor-
kommen, treten auch die Siedelungen zerstreut auf, wo
sie in größerer Ausdehnung sich verwirklichen, erscheinen
dieselben in größerer Zahl.
Die Regeln, welche für die Verteilung der Bevöl-
kerung nach der Dichtigkeit auszusprechen waren, we^
den sich also auch für die Verteilung der Wohnplatze
bewähren. Das versteht sich ohne weiteres von den Un-
gleichheiten der Verbreitung, welche von natürlichen Be-
dingungen abhängen. Die ungleichmäßige Verbreitung
in Wüsten, Steppen, Gebirgen, in übermäßig bewässerten
und in vereisten Gebieten wird mit den Volksmassen auch
die Wohnplätze treffen. Gebiete der Leere und Gebiete der
Zusammendränguug werden einander ablösen. Jene andere
Ungleichartigkeit der Verbreitung, welche eine Begleiterin
der Kulturarmut ist, wird nicht ganz so treu sich in der
Verteilung der Wohnstätten abspiegeln, denn wenn die-
selben klein sind, können sie dicht gesäet liegen, und
wenn sie groß sind, können sie weit voneinander entfernt
sein und dabei kann, statistisch genommen, dort die Be-
völkerung dünn und hier dicht wohnen. Es ist mit anderen
Worten die Dichtigkeit der Bevölkerung nicht immer das-
selbe wie die Dichtigkeit ihrer Wohnplätze oder: die
statistische und geographische Dichtigkeit
decken einander nicht. Und so kann also auch nicht aus
der einen auf die andere geschlossen werden. Auf das Ueber-
sehen dieses Unterschiedes führt eine ganze Menge von
fehlerhaften Bevölkerungsschätzungen zurück. Vergl. hier-
über das 0. Kapitel. In der dichtbevölkerten Provinz Pet-
scliili gibt der Census von 1842 auf nahe an 37 Millionen
Einwohner (> Fu, IG Hien, 121 Ting, 1 Feste und 31)687
größere und kleinere Dörfer an. Es kommen auf jede Ort-
H6fc! und Dörfer in Württemberg und I
■1-23
Schaft fast genau 4 Quadratküometer ftaiuii und lni)ti Ein-
wohner, Deutschland zählte 1B85 bei einer Einwohnerzalil
von 4G 855 704 2310 Städte, 58 724 Landgemeinden und
17 603 Gutsbezirku, also auf jede Gemeinde nahezu 7 Qua-
dratkilometer Raum und 506 Einwohner. Wie wenig die
Zahl der Wohnatätten auf einer bestimmten Fläche fUr
sich allein einen Maßstab fUr die Dichtigkeit der Be-
völkerung abgeben kann, lehrt mehr noch der Vergleich
naheliegender Gebiete. In Württemberg leben die 623000
Einwohner des Ni^ckarkreises in r217, die 468000 des
Donaukreises in 43(J8 Wohnplätzen, dort 512, hier 109
in einem Wohnplatz; die Ursache liegt in der durch
Natur und Staramesart bedingten Vorhebe der aüdlicberen
Landesteile für das Wohnen in Höfen und Weilern. Fast
die Hälfte der in Württemberg bewohnten Höfe liegt in
den 4 oberscbwäbi sehen Aemtem Leutkirch, Ravensbui^,
Waideee und Wangen, während der ganze Neckar- und
Schwarzwaldkreis zusammen nur 415 Höfe enthalten.
Außerdem liegt in jenem verhältnismäßig kleinen Ge-
biet fast ein Drittel der in Württemberg bewohnten
Weiler. Im Gegensatz dazu steht das nördliche Württem-
berg mit einer atattUchen Reihe groläer Dörfer, welche,
da sie mehr als 2000 Einwohner zählen, für die Theorie
gar keine Dörfer mehr sind. Auch im Großherzogtum
Baden setzt die Zählung von 1 885 auf 1 Wohnort 42 Be-
wohner im Amtsbezirk Triberg, 643 im Amtsbezirk
Wiesloch, 212 im Amtsbezirk Adelsheim; das sind die
charakteristischen Zahlen für Schwarzwald, Rhoinebene
und Odenwald, für die kleinen Wohnpldtze im Gebirg,
die großen in der Ebene.
Soweit Hiebt maarischer und arabischi^r EinSufi i:
zum Steinbau und damit zum Moaumentalen angeleitet l
ilie Dorfanlagea in Afrika, cntmrechead der geringe
tigkeit, klein und verga^nglich. Die Ueberachätzung dec.I
rung f^hrt gro&enteils darauf Eurllck, daß man diese Tb,
Dbenab. Man ^filille die DQrt'er statt ihrei' H&aser oi^V ^
IH« , Städte* am Kongo, die .ReaidenKen* am Kamema O)
Kaango umsubließen, wenn es hoch kommt, 2000 Seale^B
dichtbevölkerten Lubnku haben die DCrfei. auf dis 1"'
V> Standen trifft, nur 30 bi« 50 EQttea. Und diese V
in dei Kegel auch nur so erreicht, dafi mehrere 7
424 1' :::-.: i- ArriLi.
iL-ir.-i :..:-: :l.rL I'ir .rr:::r .S:.i!t* Viiiyj..iiciiArä aci =.i:::-
! -: : r :: K . r. _* : . ■ ■ :■ n '-e '. . :. r : S :Ar.L - v f ■;■ zi p h üt « j «rieht . reo uz :•:.■:
-:::: .. .: -rir.-? Fir-ii:-.- •^i:: I-~tz\zz.. ^iir jich in eicer eintorciiire-
L::.:-.- .r. «- r.v:.. ';.:V.'rr. '»-r^tJ-ir hinzo^'rt:* '* . In g^wisSrn v»--
-: '-r: •irr. B.--.k-r ..■.-.- Oz.TTr. tT-erideso lC?t «i^h Mac FArliiT?
IL -:.'■.: in ris'.hr S:»ii: K-rrey u-rn ar. -irr Hvod-Bai in eine V■r^
-^n.::.' ir^ v:r. c» I irren: iv:. Di? I.ar.d LunJa ist eine* ie:
•;l:E.n?: Vrv.Tlkrrrt-rn l^ ■=■■.■ i-eTr ir^ •.Irc r^coh wa^jsrrreiohrn TeiLen dr<
-.:i:.i-jui:':-rl-L>n Arrika. Tvr ^[^:n?cr.ei:E:ii:j:tl ist al« ein Naoctr'«
■ :r- Rrri: ':.■=•- i-rs M^i.iTä J.iniv:- v.jh Büchner wie von Wüimann W
z-.iir.nr-: -.v-. rd-. ii. .-.' rr - i::E La-i. Miliar hat die gerince Voüs-
ziLl dess-rl- -.-n '.eront. It. Max Büchner ist *o tneunditch i^eweser:.
:..:r eir.e iTciiiijerr Miiteilur.i: CiVer die Verteilung der Woinr-Iätze
::. iivri*!:: Ltinde ::'i r-ia:hen ■' . Fr uiua nach »viner Beobaohtuxzir
als d-r. r.:r^.^■■i.eLlerr-:eR T-:': das Lrebiei der vielen Paralleläüi««
:nd -'f.ächr: zwischen K Im iiiTO *j cd Karsai V-ezeiohnen: , Durchquert
r...:ri die-e? 'leoi-:. ? ■ nr.d-t inan nach ie oo Kilometern wieder
rii.-n .Stri:h v..ii Darren:, y-ir aler dur-.h>cunittlich viel kleiner
■ii::-: als in. Lar.-:-.- K.■^^.lEj•=■ . ;•/ '2'.' Hütten zu ö Perfonen. Di'-s-:'
>:ri'.hv v.-n I'vr:»rni :./.;^rn •i'ri: iri-^ijortn Finssen. aber die einzel-
r.-n I'vrl'^r -ind -lur-h Z'.v:j!..her.räui::»:- von je ««> Kilometern »S-
trennt." I'a= r-edrute: ein»- B».-vö:ken;c^ von 12 bis lö auf der
<^''L;ii'ir:v::..'ri>:. Bw-'-ikvit-r ist da* Land Ka^sauje: ,Am Koango
und iiv--;r. N-rf-'-nbaL-hon '.k-jr. allr 1'.» Kilometer je ein Dorf von
r.'j H'lt ••;■•/. z'i '• B-rwoitnern und zwar rechts in einer, link«, iro
■ lAii T\\.:'. '; :>:ter. in zwei Reihen." F* sind Fnttemungen. w^ie sie
a 10:. von i.ianohen 05tafrikani>ohc-n Koutenk arten »z. B. Kilwa-
Mt -nüi-do 10 I'vriVrr aut SO Kilometer» abzulesen sind. Die« gibt
1"0 — l'2b auf ■ii-:r «^»r.adratmeile. Als den bev(>Ikensten Strich
bezeichnet ecdiicii Bu-.hnrrr da.-: Thal des Lulua: , Dörfer eben»
vvit»;:lt. auf Vi'jider Sr-iten de> Flusses je eine Reihe von ebewo
i.'rof:en E>-;'rfem wi».- im Lande Kassanje. Wir werden Tielleidit
l.'io auf die i^uadraiuifilv dieses Gebietes rechnen dürfen.* Snr
in den dichtest bevölkerten oder verkehrsreichsten Gegenden trerden
die^e Zahlt-n üV'erschritteu. Mukenire zählte bei Wiümanna xweitaB
Besuch ''*\ SüO üüitt-n. Kanuianda. eines der größten BaJnbadörftr
• nach Franvois'. 400 Häuser mit über 10».'0 Einwohnern. Im Lande
<:er Bassan!:re betrat Wifsniann einen S Kilometer langen dicht*
-chatti::en ralmeuhain. der in seiner ganzen Länge von 2 Beihen
■ ÜL'lit aneinanderuTt-nzender riehüfte durchzogen war, die .Stadt^
Funi:oi*'i. ^chweinfurth sjiricht von großen Dorfem, die einrt
im übt-ren Nillande zu rindi^n waren*' i. Stanley bezeichnet Serombo
mit "lOOu Kinwohnem un^l 100'.» großen und kleinen Hütten ab
eine dt;r i.T:r»l3ten (»rtschaften Unyamwesis *^. Finscb spricht Toa
Dorfe >rauita in der Kei-pelV'ai als her\orragend durch die GrSfte
von i^'» Hiittrn und durch -:?traßen wie in einer kleinen Stadt*.
Hatren U'-nnt ein-^n Batta Kaniponi; von 20 Hütten stattlich; da die
Fei '1 er mit umzäunt sind, hat er l»"*ichi einen Umfang von */• Stande.
ZuäarameudHLngung der Sieilelungen. 425
CBii Vnth in IniierFuniatra 31 grö&ere und kleinere Dörfer
U 4000 Einwohnern zusammen zälilt. komiueu 130 Einwobnor
if jedee. Wohnplätie von 50—200 Einwohnern sind die Hegel
i«:b in uideren it&dtploaen Lfindem. Seibat in den fortgescbrit^
neren Staaten Afrikas, in Bomu, Wadni, Runga, Dar For galt
ir Nachtigal ein Dorf von 100 Hütten als ein grofies. Und nicht
le diese Hütten sind bewohnt. D'Alberlia findet das Dorf Najas
Neoguinca mit 40—50 Häusern and 360 Kinwohnern, üowie
ytueaa sehr beti^cbtlich. Aus dem altgeachichtliclien Lande
l>eninien , dem Gebiete «abäischer und cbristlicher iHinflUnse,
hreibt RQppell: „Keiner Anaiedelung in ganz Simen kann man
in Namen einer Stadt geben. Überall finden aich nur Gruppen
in 20 — 80 Hätten, wovon aber 6ft«ra mehrere iieraiich nahe bei-
mmenliegen, wie in Angytkat, wo ö verBCbiedene voneinander
lit entfenite Partien von Hatten eine einzige Ortschaft bilden,
treo IJesamtbevSlkerung 800 KQpfe beti^gt"). Im benachbarten
inakillande ist des Sultan« Mohamed Anfari Residens ein kleines
3rf, in dem die Üleichheit aller Hütten die voll komm enste ist.
In Ländern, die nur in bttschränkten Gebieten
ewohnbar sind, dräugeu sich die Siedelungen an den
jgUnstigten Stellen zusammen und lassen dazwischen weite
Käme leer. Wir beobachteten diese Verteilung bereits in
m Uittelmeerländem, wo eine in wichtigen Beziehungen
wh steppenhaf'te Natur wie diejenige Griechenlands
ich Ton den Städten konzentrierte, anschmiegende An-
fge verlangte. Sie erreicht aber ihren Höhepunkt in den
tappen und Wüsten. Seltene, aber dichtgedrängte und
FofiÄ Siedelungen sind Merkmale dieser Verb reitungs weise.
ti den Hirtenvölkern, welche in wasserarmen Steppen
ohnen , drängen sich die Wobnstätten eines
animes um die Hürden den Häuptlings i
äbe des "Wassers, der Weiden, des HoIzQQ^
'^tiiianenstamm, sagt Lichteustein, wU'
'' uthalt in der Mitte eines groSdo/fl
II die Stämme dieser Bäume sind <
liigäte Baumaterial — das Bedtt
j-um freien Raumes für die Herdn
Organisation des Stammes lassen i
Einen günstigen Punkt sich v«
lona- und Reiseberichten hören WlT']!
' Lün Sudafrikas von , beinahe niid
■ lu-.n" der Murotlong, Matsaro^Ot
426 öroße Dörfer in Afrika.
schollener Stämme reden. Nach Lichtensteins Schätzung
hatte Kuruman 1805 600 Häuser und 5000 Einwohner.
Sekomis Stadt war nach Chapmans Angabe 1852 Ton
12 — 15000 Menschen des Bamangwatostammes bewohnt
und zog sich fast 2 Kilometer am Berge hin. Aus-
nahmsweise kommt hof- oder weilerartiges Wohnen
z. B. im Barilande vor, wo jede Familie einen abgeson-
derten Weiler, aus mehreren Tokul und einer mit Eu-
phorbien umzäunten Seriba für das Vieh bestehend, inne-
hat; und sowohl bei Arabern des Sudan als viehzOchten-
den Negern ist die Verteilung der Bevölkerung auf eine
Anzahl von kleinen Weilern zu finden, die eine Dorf-
gemeinde bilden. In allen diesen Fällen kommt auf
günstigem Weideland offenbar die Dünnheit der Bevölke-
rung dieser Zerstreuung entgegen, die oft nur ein Ueber-
gang zum Hiiiiennomadismus ist. Noch mehr drängen
die Wüsten ihre Bewohner auf die engen Räume der
Oasen zusammen, in welchen die Ansässigkeit durch die
Notwendigkeit der Ausnutzung des Bodens sich aufzwingt.
Gleichzeitig gewinnen die Oasenorte als natürliche Rast-
punkte des Wüstenhandels eine Bedeutung für den Ver-
kehr, welche Städte wie Damaskus, Mursuk, Rhadames
über ihre Größe hinaus wichtig und namhaft macht. Auch
an die großen Städte im westchinesischen Lande der Ein-
gänge ist hier zu erinnern. Anlage und Bauweise dieser
Städte zeigt viel Verwandtes. Das Material ist Lehm
oder Stein, mit Vorliebe ersterer, da Feuchtigkeit wenig
zu fürchten ist ; der Raum ist wertvoll, daher Zusammen-
drängen der Wohnplätze, üebereinandertürmen derselben-
Die Terrassenhäuser der Zuhi, welche in den unteren
Räumen von den Reichen, in den oberen von den Annen
bewohnt werden, wiederholen sich in Arabien, wo die
kleinen, halb verödeten Städte in ihren Stockwerkbauten
fast an die modernen Großstädte erinnern.
Auf die Landschaften des Ueberganges von
der Steppe zum Fruchtland, in Europa in den mittel-
nieerischen Gebieten vertreten, wurde bereits hingewiesen.
Besonders der Grieche wohnt fast stets in Dörfern, so-
wohl aus Gründen der Sicherheit in dem bis vor kurzem
428
jtngli-ifiiniafiigi» Verbreitung der Wohnplätzfl.
«
ligen Gelinde Ober- und NiederbayetnB »wisoben laar oml Inn «W
ein ebenso glLustig«r Boden fSr BesiedeluDf; wie die Wald-, Beidfr
vmd MaorlandBoliaften Oberba^ems swiscfaen lear and Lech d«r
»lelben widerstreben. Dort (vgl. Fig. 9 u 228 f.) ftaden wir im BeöA
Waeserburg 2S4D nnd im Bezirk Freising 3250, hier im Landbewk
Mflnchen ITOO anf der Quadratmeile. Vei^leichen wir nun at
Oradtrapez von 15 JUinuien mittlerer Lilnge ond ebenso viel Brette.
so finden wir dort CO bis 70, hier 270 ond mehr, also dort 3- \m
4mal mehr Ortfcbaften auf gleicher Fläche. Hier liegen eiui^M
OHsuhanen 1.2 Meilen auseinander, während dort die grOfite Ent
femung 0,ü5 Meilen nicht UbeT^teigt Sie kommt auf dec hew«l-
Fig. 14. Ungldotii
iflte Berölkenine lArronilisafii
detea Inn- barw aase rscbeide vor. DemgeroäQ finden sich hiargnfit
Cnregelmäßiglieiten der Vert«ilnng, durch Wälder, Mook W
Heiden von großer Äugdehnung bedingt, dort aber eine viel gleid^
mäßigere Verteilung. Unter 48° 20* trennt in Oberbayem die
Isar das große Erdinger Moos im Osten von der woblbebantca
Landschaft, welche weatlich in dem Winkel zwischen der hu
und der bei Mooshnrg mündenden Ämper liegt Trotideia di» I
Thalgründe der Amper ebenfalls versumpft sind, liegen in dflB i
Winkel, den van 39" 15' S. L. an Isar und Amper maohoK i
80 Ortschaften gegen 15 anf gleicher Fläche an der geumülM^
liegenden tieite der Isar. Vergleichen wir die Lege der Or
i wir im dünnbevölkerten Gebiet an der Isar 5, an der
t Dorfen nnd Gfellach 8 und außerdem G. dort au der Isar
in rechten Amperufer 21. an dar MooBacb 6. Die vielge-
$ne Innstrecke von Wasserburg (Pig. 16] ist zwischen Sendisg
lansing von 43 Ortaehaften begleitet, der IsarJauf zwifchen den
b«i Parallel kreisen, trotzdem die aüdlicbeo Vororte Müncbeu)«
■Ahlen sind, hnt deren nur 4 am rechten, T am linken Ufer.
i)ie Dichtigkeit der Wobnplätze als das Ver-
ls ihrer Zahl zu einer beatimniteu Bodeoääche aus-
rechen, hat fUr die Geographie iu demselben Matje
idelnngen [AitondiHacnieiit Anas).
aer Wert, als die Zahl der Wohnplätze kleiner und
Bevölkerungszahl grölier wird. Der Uensch selbst
«t sich bis zu einem gewissen Grade durch den Yer-
Ober sein Wohngebiet aus, seine Wohnstätt«!)
)en, wo er sedentär ist, am Orte stehen. Von einer
ladeuhorde, welche einige 100 Quadratmeilen einer
rasiatischen Steppe wandernd beweidet, ist die An-
I der Summe der „Auls" ganz genügend und dieselbe
1 mit der Summe der Quaüdratmeileo in direkten Yer-
430 Entfemimgen der Wohiipl&tze. '
gleich gesetzt werden. Wenn ich jedoch sage, im Deut-
schen Reiche kommt auf 4 Quadratmeilen eine Stadt, auf
7 Quadratkilometer ein Wohnplatz überhaupt, so sind dies
Angaben schematischer Natur, die außerdem noch an
der Schwierigkeit kranken, der man begegnet, sobald
die Begriflfe Wohnplatz, Hof, Dorf, Stadt u. s. w. durch
allgemein gültige Grenzen voneinander gesondert werden
sollen. Eine andere Größe dagegen, die den Vorzug des
engsten Zusammenhanges mit den Wohnplätzen besitzt,
ist die Entfernung. Die Länge des Weges von einem
Wohnplatz zum anderen beeinflußt die Größe, ja sie be-
wirkt uut^r Umständen sogar die Entstehuug eines Wohn-
platzes. Darum ist sie als mittlerer Ausdruck für natür-
liche Gruppen von Wohnplätzen von ganz anderem Werte
als die Dichtigkeit; denn die Wohnplätze sind nach W^-
entfernungen, nicht aber nach Flächen Verteilung angeordnet
und großenteils in Abhängigkeit von der Entfernung entstan-
den. Wo der Verkehr mitbestimmend in die Lage der
Siedelungen eintritt, ruft er in Entfernungen, welche durch
das Ruhebedürfnis der Menschen, Pferde u. s. w. bestimmt
werden, Rastorte hervor, welche besonders als Poststa-
tionen einen wesentlichen Einfluß auf die Entwickelung
größerer Orte geübt haben. In dem Netz der deutschen
Poststraßen lagen vor der Zeit der Eisenbahn Tausende
solcher Ruhepunkte des Verkehres, die häufig zugleich
auch Kreuzungspunkte waren. Mit daher rührt die ent-
sprechende Zahl kleiner Städtchen und größerer, mit be-
haglichen Postgebäuden ausgestatteter Dörfer, die immer
je 2 bis 3 Meilen voneinander entfernt liegen. Gerade
diese Ortschaften haben in den ersten Jahrzehnten des
Eisenbahnbaues, solange das neue Netz der Schienenwege
noch so sehr weitmaschig war, durch den eiligeren,
weniger Pausen liebenden Verkehr am meisten gelitten
und ihre Bevölkerung ist von dem Zuge nach den großen
Städten stärker erfaßt worden als diejenige des flachen
Landes. Infolge dieser Bewegung bildeten sich dann an
neuen, im Verhältnis der raschen Raumbewältigung weiter
voneinander entfernten Punkten die rascher wachsenden
Kreuzungsstellen der Schienenstraßen.
Die Form dar SiedelungeiL
4SI
tte Fonn der Sieddungen. Die Bodengestalt übt in
len Gebieten einen größeren Einfluß auf die Siede*
brmen als in anderen, wird aber nie insofern ent-
end, als die unter bestimmten
a^ungen entstandenen Formen
iete übertragen werden können,
anz andere Bedingungen ob-
I. Man mu£ sich hier vor
n Verallgemeinerungen hüten,
besonders auf der bayerischen "
bene die Einzelhöfe im Hügel-
/^ellenland, die Dörfer auf der
vorwalten, so genügt ein Blick
Westfalen, um die Meinung zu
.ften, daß es wohl nicht zu
inen sei, «daß die förmlich auf
b wogende Tertiärhügel- und
enlandschaft von vornherein
^inzelsiedelung auf einzelnen '
m gelockt haben mag, während i
onotonen Schotterflächen von
^ an zur Konzentration der Be-
r eingeladen haben werden* ^*).
ersten Entwickeluug der Sie-
fsform sind natürliche Momente
►estimmend gewesen , welche
imittelbar, teils mittelbar durch
esitzverteiluug auf dieselben
»irkt haben: eine einmal zur
düng gelangte Form haben
die Völker unter den aller-
iedensten Bedingungen ange-
Die gedrängte, aus Stein
md schmal aufgemauerte Villa Fie^iA. Das innUua in der
)mer, verständlich nur auf dem Wasserburgar Gegend.
und in dem Klima der Mittelmeerländer, ist in
pen und über die Alpen gewandert. Wie die Ver-
Dg des Hofsystems sich mit den Stammesgrensen
, haben wir oben betont. Ist das Hofsystem ale-
432 Höfe, Weiler und Dörfer.
mannisch-schwäbisch, weil es vom Algäu durch Ober-
schwaben und dai) badische Oberland sich zieht oder ge-
hört es den gebirgigen Teilen Süddeutschlands an?
Wenn wir, um jenen Beispielen noch ein weiteres, für
unseren Zweck besonders passendes hinzuzufügen, im
alemannischsten Teil des Schwarzwaldes, im südlichen.
Höfe und Hofgruppen nicht so häufig finden als im nörd-
lichen, aber wo man sich der Frankengrenze nähert, im
Murgthal, sie plötzlich abnehmen und die geschlossenen
Dörfer des benachbarten Hügellandes erscheinen sehen,
sagen wir: dieses System gehört den Alemannen, w\e
es den Bayern gehört, es hat sich aber am besten er-
lialten, wo die Bodengestalt ihm forderlich war. Und
letzteres dürfte besonders durch die Vermittlung der
Besitzverteilung geschehen sein. Auch in Frankreich
kreuzen sich die natürlichen Verhältnisse mit den ethni-
sclien und es sind die einzelnen Fäden nicht leicht zu
erkennen, wir finden aber vielleicht auch hier wie für die
deutsclien Verhältnisse eine breitere Grundlage, wenn wir
an die alte Verbreitung der Kelten erinnern. In der
Bretagne und der Auvergne erreicht das Einzelwohnen
seinen Höhepunkt, aber auch im Südwesten ist es stark
vertreten. Ist es mehr die rascher eindringende rö-
mische Siedeln ngsweise oder die Begünstigung der Ebene,
welche im Seinegebiet die großen Dörfer begünstigte?
In der Creuse (72 '^o), Dordogne, Haut>e Vienne, Gorr^ze.
im Cantal, Morbihan. Finistere, in den Landes erhebt
sich überall das Verhältnis der in Höfen und Weilern
zerstreut Wohnenden zu den im Hauptdorl* der Gemeinde
Vereinigten auf melir als 00 "o. in der AtTbe, Marne, Meuse.
Seine, Somme schwankt es nur zwischen 12 und 4.
Soziale und politische Einflüsse sind mit zu berück-
sichtigen. Die intensive Bewirtschaftung hat überall grofie
Dörfer hervorgerufen, die vom Mittelnieer bis zum Mittel-
rhein besonders mit dem Weinbau gehen. Die größten
Dörfer im Alemannenlande sind in dem Kranze der
Winzerdörfer am Ostrand der Vogesen zu finden. Exten-
sive Wirtschaft begünstigt dagegen das zerstreute Woh-
nen. Die Höfe und Weiler sind in Deutschland am
Entwickelungeii im Dorf«.
häufigst«!!, wo die Weiden am ausgedehntesten sind und
wo in jungen landreichen Landern Sicherheit herrscht,
beginnt die Siedelung häu&g mit dem Hof, heaouders
wenn sie sich mehr auf Viehzucht als Ackerbau stützt.
DieOleichbeit des ländlichen Besitzes erfährt Störungen
auf zwei Seiten und dadurch wird unmittelbar die Ver-
tiilung der Wohnstätten bedingt. An einen Hof knüpft
-iL-h mehr Besitz als an alle übrigen, er wird zum Herreu-
Imf, er sondert sich von den gewöhnlichen Bauernhöfen
ab. vielleicht auch räumlich, indem er sieb vor das Dorf
verlegt. Je ungleicher die Besitz Verteilung, desto stärker
dies« Sünderung, welche vielleicht am höchsten in Eng-
land gestiegen ist. Das Dorf ist nun oft nur ein An-
hä&gael des HerrschafUgebäudes , eine Arbeiterkolonie
I oder es verschwindet sogar und seine Flur wird in Park,
Pferdeweide oder Jagdgefilde verwandelt. Auf der anderen
Seit« liegt die Absonderung eines Nebendorfes niedrigerer
Leute, am besten vielleicht durch die „Ziganie" siehen-
bü^scher oder ungarischer Dörfer vertreten, jenes
-ihmutzige H üttenge wirre , das an den Schindanger sich
irnchlieöt. An die Sklavenqnartiere der Negerdört'er. die
tt zu eigenen Dörfern sich erheben, mag hier erinnert
-Hjn. Etwas ganz anderem ist die Bildung eines jüngeren
Wohnpliitzes neben einem älteren, welche einer Knospung
verglichen werden kann, er wird vielleicht viel größer
und der größere jüngere Ort hängt von dem kleineren
älteren ab. von dem er sich losgelöst hat, wie der Markt
Ktutie, dessen Kirche in dem Weik-r Breitenwang steht.
Breitenwang und Heutt«, beide tragen in ihren Namen
lie Art der Anlage, jene am Hang, diese im UrwaJd J
Wr Lechniederuugen ; jenes blieb Dorf, dieses
Marktflecken und Verkehrsplabs,
In der Anlage des einzelnen Wohnpl
macht sich natürlich der EinSuU der Bod<:ngi?)tt
unmittelbarer geltend als in der Verteilung dei
Indem die SpessnrtdÖrfer über die LichtuogtiB
'vuch)<en. auf denen sie entstanden waren, bili'
i: den Thälern langgestreckte, in den Muldeu<J
L^edrSngte Ortschaften. Die Stätten d_er i
434 Siedelimgcn im Gebirge.
lungen waren aber Thäler oder Mulden, Bäche oder
Quellen. So wiederholen in allen Gebirgen sich diese
beiden Formen, die jedoch nur als Grundformen zu gel-
ten haben, denn die Mannigfaltigkeit der Bodengestilt
erlaubt in formenreicherem Gelände noch manche Abwand-
lung. Die dünne Verteilung über ein großenteils unwirt-
liches Gebiet, wo nicht blol die Spärlichkeit horizontale
oder nicht allzu geneigter Strecken, sondern auch die
Vermeidung der Hochwasser, der Muhren, der Nähe der
Gletscher zu sorgsamer Auswahl des Baugrundes zwingen.
erteilen besonders in den Hochgebirgen den Siedelungen
einen viel individuelleren Charakter und schlieüen sie
enger an bestimmte Bodenformen. Viel von dem, was
die Besiedelung Anziehendes in das Landschaftsbild des
Gebirges brin^^, hängt damit zusammen, vorzüglich die
harmonische Ein- und Anpassung menschlicher Wohn-
stätten an das Gelände. Ferdinand Löwl hat in seinen
Siedelungsarten in den Hochalpen ^^) die einzelnen Stellen,
welclie in den Thälern der Hochalpen bevorzugt werden,
auseinandergehalten und kommt für einige Thäler der
Ostalpen zu dem Ergebnis, daü die Siedelungen auf den
Schuttkegeln, den Thalhängen, den Schutthalden die
häufigsten sind, während Thalbecken und Thalbödffl
seltener besetzt erscheinen. Wo Thalterrassen und Rund-
höcker in größerer Ausdehnung vorkommen, sind sie
reich besiedelt, und Schuttkegel sind stärker besetzt ak
Halden, weil sie sanfter geneigt sind und breiteren Boden
bieten.
Auf dünn bevölkertem weiten Räume können auch
Neigungen zur Wahl bestimmter Oertlichkeiten
sich leichter geltend machen als wo die Menschen sich
drängen. Jagende und fischende Waldnomaden ziehen
immer das Gebirge der Ebene vor und überlavSsen letztere
dem Ackerbau. Negritos und Ilongoten in Luzon, Lubu in
Sumatra, Veddah in Ceylon, die charakteristisch so genann-
ten Hill Tribes in Indien sind mit den Waldgebirgen ihrer
Heimat verwachsen. Aber auch die Batta mit ihrer hoch-
entwickelten Terrassenkultur halten sich an die Thalwtnde
ihrer Berge, während der Dajak mit seiner Leidenschaft
Siedelungen dichter uiul tiüiiner Rovöl kenin jron. 4;^r>
für alle paar Jalire erneute Reisptlanzun^en sich im Grundo
der ThaJer hält. Alle Dajakendörfer liegen an Flössen.
In engen Gebieten sind oft die Dorflagen ganz vorschio-
den gewählt. Im Sindang- und Rupitgobioto Centralsu-
matras liegen die bewohnten Kegionen dicht am Fulic
des Gebirges oder in den Bergen, dagegen ist am oberen
Rawas das Gebirge unbewohnt. Sichtlich gleichen sich
aber diese Unterschiede beim Anwachsen der Hovölke-
rung aus, wie es ganz besonders in Gebieten zu bt»ob-
achten, welche seit einer Reihe von Jahren unter euro-
päischer Aufsicht sich friedlicher Zustünde erfreuen: so
wie die Bevölkerung verbreiten sich die Siedelungen
gleichmäßiger. Die dichte Bevölkennig tritt mit ihren
Siedelungen nun auch näher an die reine Natur heran.
Die Ktistenorte rücken hart ans Meer, die Fluliorte stiMgf'ii
von den Hochufern herab. Neugründungen liclit«'n den
Wald und durchziehen Moore und Sümpfe mit Damm-
wegen. Das Hineinbauen in das Meer oder auf Hodi'U,
der dem Meere abgewonnen ist, aber unter d(^m Meercs-
niveau liegt, nimmt einen waghalsigen Charakter an.
l)abei bewahren die Siedelungen etwas Kunst lielies in
ihrer Lage und Anordnung, da si(; nur auf den erli<iliten
Dämmen sicher liegen, auf denen sie sich in dieliten
Reihen um die tiefliegenden eingedeichten Wiesf?n und
Felder ziehen. Diese Dänmie müssen gleichzeitig dir
Strafen, möglicherweise auch die Kiscnhahnen triigr-n, so
daß auf ihrem schmalen Rüeken sich Verkehr und VVolin-
^tätten in merkwürdigem Ue^en<Jitz zu den <'inlVirrMi*^e/i
und einsamen Flächen rings umher y.u^ii}nuit'U(\ri\uu*-u.
Die Bauweise. M».'lir .il- (Iw Wohn- ir-t <]!«• f{;iiiv."i-- klinui-
tiii-li lifdinfft. IJ'-T .Mhu-oIi i-t in <I«'i- kült^-r- uiiH :'iui"ii'',i</\fri
Zone ^inf'i! trrofien T»'il '!'•- .liilir«- auf Ilijtt.- unil W.m-. •.«•rv.i n.
\\o<:*"j^ii in <U:Ti wnriM«;n I^i'm'l'rrn nur <li<: .Nji^ljf /.um ."''liut/«^
iretr^-Ti «li** Aii.--trfihliinL'-kii]t'.* z'Alii'ji. Hi» i- -in«J '!]■■ Ff.uj-'r rn« hr
iiur kalil«.* >c:ljiupf- und >':h\iti'v:\u[:(:\ ;il- )>*'.)iit'j\if\.- \\'<.f.ii- t/iM<n.
Mehr Of\^r wonitr^-r l'Üt *\\*'.' au« n vmj •!• n iJ'-hiij-ur.-:/* n 'J*-- ri.ili«r<-n
'►ri*-ntr. Dfi= trri*:<"hi.-ch'=; IJ'JU'Ti.ji;!'!- j-t an- Iliu'/.-^'-in 'i'J<r L'-hrr*.
nie'.lrii/. f^-n^t^rarin rn'-tiv ''.■ifj^r'-t..':J*-f '>.- -i -t:."'"! j' : «■- j-'t uj'-hr
IJeri'*.' fh:T HiiV"* und 'nU-r^* -irj-' i.-. H-'.-... btr \.i'-'A.jt/-\'i-j' 'J*-*-
*1ri''T.*''.)ri.. Ö.i- K-sj-.T» . !;. I''r ■ r.. ■■•:■ Il'i'.--f.. 'l' Li'/'-r, ;...i'f.«-i.
430 I^iö Bauweise in
Stühle und Tische entbehrlich. Maltzan fand selbst in Algier den
Diwan nur bei den europäisierten Mauren. Auch die hochent-
wickelte Eunstindustrie der Japaner trägt nur wenig zur Behag-
lichkeit ihrer kahlen und zugigen Wohnungen bei. Durch Not
gezwungen baut der Eskimo mit Steinen oder selbst Schnee ein
wärmeres Haus als der Aino im rauhen Jesso. Aber nicht überall
macht der klimatische Einfluß sich rein geltend. Der ethnographi-
sche Zug^ die Anhänglichkeit an die Stammesgewohnheit und
-überkommenheit durchkreuzt auch den Einfluß des Klimas. Der
Schilluk am oberen Nil baut seine kegelförmige Strohhütte sorg-
fältig und selbst mit Geschmack, aber Stil und Gnindplan sind
dieselben wie am Fischfluß und in Liberia. Nordasiaten, Feuer-
länder, nördliche Indianer, Australier, Buschnnlnner bauen alle
viel sorgloser als das Klima es verlangt und lassen darin den
p]influß der tiefen Kulturstufe, auf welcher sie stehen, besonders
deutlich erkennen. Auch die Hütte ist nur für den Tag, wie
nlles in diesem nie die Kette des nächsten Bedürfnisses abstrei-
fenden Leben. In diesen flüchtigen Bauten, welche bezeichnen-
derweise besonders den Randgebieten angehören, ist von Stil
noch wenig die Rede und es würde jedenfalls verfehlt sein, aus
der Bienenkorbform bei Australiern, Buschmännern und Eskimo
»Schlüsse auf die Verbreitung eines gleichen architektonischen
Grundgedankens zu ziehen. Wesentlich kommt nelmehr die Al>-
hllugigkuit vom Baumaterial zum Ausdruck, die zurückwirkt auf
Lage und Anlage der Dörfer oder Städte. Fassen wir Afrika in>
Auge, so tritt uns zuerst eine Teilung des ganzen Kontinents in
eine stüdtolose und eine mit Städten versehene Hälfte entg^^en.
Die letztere umfaßt den Norden samt jenen Teilen des Inneren.
bis zu denen die arabisch-berberische Kultur von Norden oder
Ostrn her vorgednmgen ist. In den städtelosen Teil aber bringt
den tiefsten Unterschii'd der Gegensatz des Graslandes und Wald-
landes. Gras als Dachdeckung, aber auch zu festen Bündeln ge-
packt als wichtigstes Baumaterialist für jenes bezeichnend, Höh-
mit Falmblattdächern für dieses. So wie der größte Teil Afrikas
Savannenland ist, so übel•^^'iegen auch die , Grasmotive" im Hütten-
bau. Bis nach Madagaskar, dessen Hauptstadt Antananarivo ani
der Feme den Eindruck einer alten hochgiebeligen Stadt macht
reicht von den fernen Paumotu her, deren Hütten Wilkes mit um-
gestürzten Kähnen vergleicht, ein malayisch-polynedscber Plan
und Stil des Hausbaues und der Dorfaulage. Rechteckiger Grund-
riß, hohes, spitzgiebcliges Dach. Pfahlunterbau, sehr häufig Seiten-
wände auseinanderneigend, Holzgeripp, WandfQlhugen mit Mat-
ten, wo das Klima es erlaubt, die Häuser samt den sie umgeben-
den Gärten und Feldern an Wege hingebaut, die in einzelnen
Fällen als Dorfstraße rein gehalten, selbst mit Steinplatten bel^
werden. Das Material ist Holz und Rohr, zur Dachdeckung woden
Grashalme, Rohr- oder Palmenschäfte verwandt. Der einlache
Plan gestattet ähnlich wie bei den westafrikanischen Rechteck-
bauten Zufügung neuer Räume in beliebiger Ausdehnung. Aber
Stadtegebifeten und stüdteloseu Gebieten,
487
■ bau
dft der Ban immer nur in die Breite niichst, nicht in die Höbe.
vermag selbst der reiche Si^hmuck, wie ihn malayische Wohnh&aner
zeigen , keinen architektonüch bedeutenden Eindruck hervorzu'
bringen. Die japanischen Hämer zeigen in ihrem leichten Äui'-
bwi ana Uolz und in der Verwendung der Wundeinaätze und ver-
~ lebbaren Wände malayisch-polynealsche Anklänge. AnstraJien
durchaus stfidtelos. Die Hütten der Australier sind Qberall
lobtige Bauten, bald in üienenkorbform an die Büdafrikanischen
ennnemd, bald viereckig mit tief herabragendem Dache. Amerikü
imdlich zeigt vorwiegend rechteckige Bauten von oft betcUchtlicher
Länge, wahre Langhäuier; selten und nur zerstreut kommt sQdlich
von den Wohnsitzen der Hyperboreer die Ki'eiBlbrm des Grund-
risses zur AuBprilgung. Au<;h hier fällt dag St2dtegebiet in den
Gßrtel der Steinbauten, der von Neumexiko bis Atacama sich auf
den Hochebenen und in den Gebirgen des weatlichen Amerika,
erelteckt.
Ueberail wo die leichten, wiewohl nicht aelt«n mit Sorg-
falt und Geschmack errichteten Holz-, Rohr- oder Grashütten sich
erheben, linden wir nur DOrfev. Die städtelosen Gebiete der
Erde »ind die Gebiete des flachtigeu Bauena. Etwas
Dauerndes wird erst durch Bef eetigungen hinzugefügt. Daß
über grOQere Gebiete hin Dörfer ohne Wall und Graben xerstreut
mtA, wie ROppell es von Kordof'an in vortQrkiHcher Zeit bervor-
liebt. ist aetten. So wie der Krieg sind Berestigungen die Regel.
Aber in den mächtigen WUlen liegt immer wieder nur da» Dorf.
Es gibt also in diesen Ländern Festungen, aber keine SUtdte.
Wenn uns Cameron im Eüstengebirge von Benguella von ISfaeher
Umwallung eines Dorfes spricht, wenn Wißmann den Festungs-
gürt«! Urambos beacbreibt oder Büttikofer die Befestigungen der
Dörfer im Uinterlande Liberias schildert, sehen wir deutlich, wie
die Schrecken und Aengste des Krieges das ärmliche Tagesleben
dieser Menschen überragen und übenchatten. Viel Scharfsinn ist
auf WEUle aus Erde. Hol/paliataden, Domhecken (Zulu), F.uphor-
biendickichte (Madagaskar!, WeidengeÖechte(Neuseeland),Palissaiien
naa lebendigen Säulenkaktussen (Mexiko) oder ans der starhbren-
nenden Urtica giandidentata (Bali), aus KorallenblSckeu ('Marsobalt'
\rt;bipel| verwandt; und Emin Pascha erzählt von dem Ncgerdorfe
' ikella, dessen lebendiger Zaun ein dichter Wald von st«lLenweiM
mehr als 9 Kilometer Dicke, durch weli^en ein Vordiingtm sn
Dorfe nur auf den gebahnten und bewachten Pfaden möglich ii
So wie das tropische und subtropische Afrika noch hea
keinen Steiubau kennt, so wie derselbe den Nordamerikanenit i
Bewohnern der Tiefländer Sad- und Mittelamerikas, d
lieiu. Malaien, Polynesien!, den Japanern unbekannt i
auch in Europa vom Mittelmeere her erst durch die t
•eben Knltnrvölker verbreitet worden. Bei diesen selb
die Spuren alten Holzbaues bis in die Tempel ni
Deotschlnnd ist er noch immer im Vorrücken. Ht
Eindruck, daß der Holzbau in deutschen Dörfern t
438 Ilol^ "">' Stt'in. NoDiadeiuiedeluiigen.
lieh weiter rerbreitft war und länger enUcbiedeD vorwaltete. Seit
Jabrfauaderten wirken die BebGrden ihm entgegen und mit grilfie-
rem Erfolg die ihm ungünstig gesinnten Feuerrenicherungeo.
In den Al[i(;n. im Schwarzwild, in Überschwaben sieht jedes Jalir
neue Steinhiku^er an die stelle der Holzbauten treten nnd lang-
sam dringt das Mauerwerk, wo dies nicht der Fall, in den mit
Urettem verschalten Blockhau vor, wo es als Umfassung der Woho-
riiume. z. B. in AlgÜuer Holzhäusern, beliebt iat. In den holt-
veichsten Ländern, den Alpen. Skandinavien und Rußland hat die
Holzarchiteklur die grOfite Kot Wickelung erführen. Steinbaaer
(lind unter den tieferalch enden Völkern nur die Eskimo an hob-
armen Küsten und die Polynesier auf pfianzenanuen Koratlen-
eilandcn. Steinhau und Holzbau sind zwar in vielfacher WeiK
vermittelt, in deutsdien Landen durch das Facbwerk und die ge-
wischten Häuser mit steinernen Grundmauern, in slavischen durch
die HQIten mit Lehmwiinden. aber es ging einst eine scharfe Grenir
zwischen ihnen durch; denn hinter dem Holzbau von heule nnd
gestt^m steht das vergängliche Blockbaus des ersten Wohners and
Roders im t'rwald und die ganze Reihe lockerer Bauten bis curück
zur UmshOtte und zum Nomadenzelt. Der Steinbau aber ist der
Bau des dauerhaften Wobnens. Im Holzbau liegt ein Rest unsteten
Wesens, das vergeht ohne dauernde Situren zu hinterlassen. Sein
Vebergewichl iiii mittleren und niirdlichen Europa erinnert an
die Thatsocbe. daß bis in die geschieht! idie Zeit herein der durcii
die breite A'erbindung mit Asien gegebene Xomudismus hier dem
Leben der alten Liermanen. Kellen und t^laven seinen Stempel
anfprä^rte.
l'ie lirenze zwischen Ansässigkeit und NomadiEmnt
ist selbst auch in den Wohn^dätzen nicht scharf zu ziehen. Ei
gibt Beduinenatämme. die halb unter Zellen und halb unter den
Dächern fester Hütten wohnen und es gibt in Europa, Vorder
und Südagicn Völker, dii' den \Vinter in den letzteren nnd den
Sommer unter den erstt'ren veibringen. Das Kapitel .Ruineo'
wird den IJÜrtel bald entvölkerter, bald wieder besiedelter iMIrfer
und Stüdte zeigen, welcher auf der Grenze des Nomadoitaiait
eich breit hinzieht. Ks macht halb den Eindruck der A
durcli das Wanderleben, uenn wir die Kanikaliner den 1
von Acbalteke immer mehr Raum gehen, ihnen '
schlüge. Aecker überlassen und endlich die Stadt <
sehen, tlie llei-felder wie einen Schatten geschildert I
demes Fum|>eji*. von den Wällen und Tdrmen bia ■
tröjreii und Riesclkauälen gut erhalten , aber ' ^
!:>tiidt-> und überhaupt grO&ere sUkudin A
natürlich nur bei solchen Nomaden zu tailHI lWUt denen Töh
ganz oder halb zur .^nsäasigkeit tlb«
die Kara-Knlpaken den Ort Tschinüs
lieh nur zeitweilig wohnen, während i
vorwiegend aus Kaufleuten, PrieiteiB, t
nltlierüliniten Stridtennmen des OxUg
Die Physiogiioinie der Siedelungen.
439
«■ gibt aach alte lllrkisclie Namen fiir kleinere Orte dieser Region
ond diese deaten an. daß früher schon Türken mitten in der ira-
niscben Bevölkerung eioh angesiedelt hatt«n. Derartige Benen-
nnngeo fahren indcMen mögUcberweise xum Teil auf ulte Reai<
denxen von Stammeshäuptem zarück, wie wir solchen auch bei
den Mongolen bis heute begegnen. Plfitze wie Urga oder aaeh
kleinere, wie die Residenz eines Mongolenfüisten am Kurlyk-
Noor. Ton welcher PrschewaUky spricht, sind wenigstens für lungere
Zeit stabil. Oefters befinden sich in unmittelbarer Nähe der-
artiger Plätze kleine Festungen, die in Kriegszeiten und bei drohen-
<Lea RaubxQgen als ZutlucbtsstAtten dienen, einfache ümscbliefiungen
mit Wall und Graben, keine dauernden Wohnplätze. Der Somnier-
nomudismui, welcher die bessere Jahreaüeit mit den Herden günstiger
gelegmen Weiden aufsucht, hat in Europa und Westasien sich in
den Gebirgen erbalten, bereits auf der Balkanhalbiusel erfufit er
f^&ere Teile der Bevölkerung und Sommer' und WinterdOrfer, jene
nicht viel weniger fest gebaut als diese, geben ihm Ausdruck.
Die Physiognomie der Siedeltmgen. Die Dörfer gleichen
in jeder Landschaft einander in Größe und Form viel
melir als die Städte, da ihre Aufgabe eine viel einfachere,
weniger Abwandlungen zulassende ist. Sie bestehen aus
den ÄD§ammliingen der Häuser oder Hütten derjenigen,
welche das umliegende Land bebauen und dazu kommen
die dem beschränkten Handel und Verkehre dienenden
Banten. Alles hält sich unterlialh eines gewissen Ni-
veaus, strebt in die Breite und gestattet den landwirt-
schaftlichen Zwecken breite Entfaltung mitten unter den
menschlichen Wohnatätten. Wiesen und Gärten schieben
sich zwischen die Häuser, welche von Ställen, Scheunen
iHid hochragenden Misthäufen gleichsam eingeengt sind.
! >as IndividuellB kommt nur dort zur Geltung, wo diese
'■tischen Zwprke riebt hindringen: an der Kirche, die
' ' "T ■' .iiU-u gebundenen Werken hoch
inzige alte, geschichtlich ge-
i'>auw«rk des Dorfes darstellt.
^ i-rl,.- Onrf. ■«-...,>, auch
44i) I^ie Physiognomien der Dörfer,
Aeckeni entfernt liegen, so daß in der Zeit des Anbaues
und der Ernte die Bewohner Zeltlager näher bei der
Arbeitsstätte beziehen. Die aneinandergereihten Farmeu
einer nordamerikanischen Township, durch die Zäune
(fences) aus rohen Holzscheiten getrennt, oder die durch
noch ursprüngliche Waldstrecken getrennten Farmen
jüngster Anlage des „Far West* kennen wir ebenso-
wenig. Nur wo sie um Kirche, Gerichtshaus, Shop und
Schenke sich gruppieren, nähern sie sich dem Dorf, da<
aber im alten Lande stets etwas Städtischeres, Festeres.
Historischeres hat, wie denn Mauern und Türme in
manchen Gegenden, z. B. Deutsch-Siebenbürgens, dem
Wesen des Dorfes durchaus nicht fremd sind. Sie er-
innern hier an das geschichtliche Alter bescheidener
Dörfer, deren Mauern noch zur Zeit der Mongoleneinfalle
erbaut wurden. Von anderen, von inneren Kriegen, er-
zählen die Kastelldörfer und -höfe des Peloponnes und
Korsikas. Bis zur Befestigung der einzelnen Häuser und
Höfe steigert sich das Mißtrauen und die Furcht und
zerreißt so den inneren Zusammenhang der Städte und
Dörfer. Ganze Städte zu befestigen ist dort unmöglich,
wo jedes Haus eine Burg, wo bürgerliche und Familien-
fehden die Inwohner Einer Stadt entzweien. Die Stadt-
mauern baut ein höherer Wille auf. Es gibt keinen
deutlicheren Ausdruck eines kampfreichen Lebens als
die befestigten Höfe mit ihren massiven Verteidigungs-
türmen, in welchen die Swanen Swanetiens im westlichen
Kaukasus wohnen. Auch in den Wüsten zeigt die Be-
festigung jedes Oasendorfes das Unruhige, Kampfreiche
des Nomadenlebens an. Wahre Festungen sind sogar
die Klöster im Natronthal der Libyschen Wüste. In
drei Etagen hohen Ringmauern liegt ein Gewirr von
Zellen, Gängen und Kapellen, das einem ganzen arabi-
schen Stadtviertel zu vergleichen ist. In dem Triebe zu
befestigen liegt das einzige Moment, welches den zer-
streuten und kleinen Siedelungen einen den Städten an-
nähernden Charakter, wenn nicht des Monumentalen, so
doch des Dauerhaften aufprägt. Die Ringwälle sind das
Einzige, was von altgermanischen, altslavischen, altkel-
Höfe and H&user. 441
ben Wohnstätten auf deatschem Boden sich bis zur
^nwart erhalten hat.
Die Unterschiede der Höfe sind ebenso groß wie
enigen der Dörfer. Zum Teil wurzeln sie unmittel-
in Lage- und Raumverhaltnissen. Der deutsche
lemhof verhält sich zum norwegischen wie die
It zum Dorf. Letzterem fehlt die trauliche Be-
lung auf eine Einheit, das Feste und Zusam-
ihängende. Diese Zusammenwürfelung von kleinen
ckhatten mit grünen Rasendächem, die über das grüne
)8 und Ghras hin regellos zerstreut sind, deutet die
fache, zersplitterte Arbeit des auf sich selbst gestell-
, den Schreiner, Schlosser und Schmied ersetzenden
rdmannes an und zeigt gleichzeitig die FüUe von
im, in welcher kärgliches Leben hier sich in armer
i;ur heimisch zu machen sucht. Der in Stockwerken
schrägen Berghang sich hinaufbauende alemannische
r bayerische Bauernhof ist ein anderer als der west-
sche, der seinen breiten, regelmäßigen Bau in eine
te Ebene legt. Das mehr und mehr dahinschwindende
»ckhaus des neuengländischen oder deutschen Hinter-
Idlers ist ein anderer Bau als der aus Luftziegeln er-
ite ^Rancho", der auf der spanischen Westseite Nord-
erikas den Keim größerer Siedelungen bildet. Im
izelnen des Aufbaues, der Einteilung und des Schmuckes
d auch innerhalb ähnlicher Dorfanlagen, das nieder-
hsische, das alemannische, das fränlasche Haus wohl
leinanderzuhalten. Das slavische ist fast überall schlech-
in der Bauart und kleiner, in Polen vielfach bloß
;h Lehmhütte, aber seine Anlage in Parallelreihen längs
Straße oder im Kreis um Kirche und Markt sondert
: slavische Dorf schärfer vom deutschen, da im Haus-
i deutsches Muster vielfach von den angrenzenden
ven nachgeahmt wurde. Die hölzerne Eintrittshalle,
Iche zur Thüre des südslavischen und teilweise auch
magyarischen Hauses führt, ist ein ebenso eigentüm-
les Motiv wie die holzgeschnitzten Galerien des ale-
nnisch-bayerischen Hauses. Als Zeugnisse einer Ent-
:ung, die nach außen gewendet ist, stehen aber beide
442 StädtepbyBiognomien.
den schmucklosen, weiß getünchten Stein wänden des
französischen, des walachischen Hauses gegenüber.
Verarmende Völker bauen schlechter, kleiner, schmuck-
loser. Was in Deutschland vor und nach den Verwüstungen
des 30jährigen, in Deutschland besonders auch des Or-
leansschen Krieges gebaut ist, ist durch eine Kluft ge-
trennt. Selbst die Bauernhäuser aus jener Zeit zeigen
in Formen- und Farbentrieb Behagen an der Heimstatte,
während seitdem die nüchternste, wie ein schwäbischer
Beobachter sich ausdrückt „hungrigste" Form- und Farb-
losigkeit sich auf alle Privatarchit^ktur gesenkt hat! Das
Kapitel Ruinen wird über dieses Herabsteigen in der
Stufenreihe der Wohnungen näheren Aufschluß geben.
Auch in demselben Volke finden wir die Häuser der
ärmeren Gegenden einfacher und kleiner als die der wohl-
habenderen. Auf der kleinen Fläche der Alb zeigt sich
ein großer Unterschied zwischen den ärmlichen, einstockigen
Häusern des westlichen Teiles, die mehr als sonst im
Lande Brauch noch mit Stroh gedeckt sind, und den
stattlicheren Behausungen nach der Donau zu, auf der
Ulmer Alb.
Städtephysiognomien. Der äu&ere Eindruck der
Städteanlage und des Städtebaues gehört zur Physiogno-
mie eines Landes. Es gibt eine Physiognomie der
Städte, in welcher wichtige Charakterzüge des Volkes
zum Ausdruck gelangen und deren Verwandtschaften mit
Nutzen verfolgt werden können. Gregorovius spricht in
seiner Geschichte von Athen den historischen Städten
die Bedeutung „wesenhafter Porträts der Völker, die sie
geschaflfen haben*" zu. Die deutsche Stadt mit ihren steiner-
nen Häusern und Mauern, Kirchen, Türmen und Rathaus ist
ein ganz anderes Ding als die magyarische Bevölkerungs-
ansammlung, welche Stadt genannt wird. Bei den Magyaren
ist das Zusammenwohnen in groliien Städten eine National-
eigentümlichkeit ; die 5 Heiduckenstädte, die 22 Städte in
Jazygien und Cumanien (Felegyliaza 2400n, Jasz Bereny
21 000) übertreflFen weit die Städte der Siebenbürger Sachsen
und der Zips und im magyarischen Kernland zwischen Do-
1 imd Tbeii: wolmrr- 4t?» ^ • in StÄiit<*ii. A^or «li^^so St^iiio
(3 melir im >taiisT:<cheii als im 4n\^r^plnsvb<*n wwA »iv
ichilicLen Since Städte zu lUMinon. Aohnlirh xovhlill o*
1 mit den polnischen. Im alton Polo« ca^ os ««r N ^o-
uert^ StSdttr (Krakau. Danziir, Warsoliau, i .omUoi>r» TUimu)
l 5 Städte mit steinernen Paläston und Ihibj^nou Hiins
n (Posen, Lublin, Grodno, Wilna, Kowno): dio nUniron
ädte" waren Dörfer. Hie spanisohou Sllldlo mit ilnou
arischen, einwärts gekehrten Häusern, die eiifj^liimln'
dt mit ihren kleinen tabrikmUliifjr prlojrhon llilUKiehon,
L ^VoImungen der Einzelfaniilien, die nfM'thiinerikiiiii
e Veredelung dieser Aulagen im Kin/ehien in don
)wnstonefront$ Bostons und den MarmorNlniirinn IMiihi
phias, ihre Entnüchterung im (üan/eii dureh dii* Sc hin h
ttanlage, die deutsche Mief.skascnitMiNliidi in ili*r phi
rös-gemütlichen Form AU-KarlHnilic»H oi|i«r -HluUgMil«
1 in der prahlerischen cler niMipn (inifitHliMh«*: jiwli'
icht ein Stück vom Leben ihn^»* Vcdki-n uuh. /<ii(/|fM h
mern manche Züge an gi'srhirhflirhr ISf/.i'-lMirif/fn
en Erinnerung oft nur in rjjj'.m-n V<'r^'.l<'iiM'iimj^< m no* h
alten ist. Die Anklang«; an di** Iiljb<< l(<r Munirilrif h«
:hen in den altern llan-''-t;idt«'ri w<jl mjm li h'-Uu ijii'i
nenwärt.-i. So njaclit unniitt^lbar«' Na' liahrnr/ri/ 'In
idte eines Kulturkn:]-«-- «jinan'br iilmli'h. Ih* h^niUtt.
i Enkhuizfrn 'A^r lloorn yj-.i'/fu aiillaJlMj'l« A<Ki.-
ikeiten m:t ']*::. fiar. 'Jr;-' h'cr; Ar.- i"I' I'*rj/Mi itt, o. »
lt:ri Er.gl'jr.:. Z. h. '>'.:. W-aT'^.,' \. ".', ^ra/M; Ai/rr.rr..
'l».-rT. :->.•••■=: H^rr.'. •>-,*': ':.'; K." r.r ' .' ^r.y ; r. Vt;,r..' .«
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7 -
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444 ^^^ Zug nach Westen.
rend unter dem trüben Himmel der gemäßigten Zone sie
dem Lichte sich zuwenden. Der Trieb nach Westen,
der seit der Entdeckung der Neuen Welt eine mächtige
Bewegung in der Alten, vorzüglich in Europa, hervor-
brachte, und in der Besiedelungsgeschichte der Nordbalfle
dieser Neuen Welt sich wiederum kräftig bis heute äußert,
ist auch in der Anlage unserer Städte zu erkennen, deren
schönste, gesuchteste Teile nach Westen oder Südwesten
gelegen sind. Auch die Schlösser der Herrscher, die
öifentlichen Gärten und Parke liegen gerne nach dieser
Seite und prägen unseren Städten eine besondere geo-
graphische Gruppierung auf. London, Paris, Berlin, Wien,
Petersburg, Hamburg, Kopenhagen, Prag, Leipzig, Prank-
furt sind in dieser Beziehung ganz gleich. Wo das Ent-
gegengesetzte sich zeigt, wie in Kopenhagen, Dresden,
Brüssel, sind bestimmte örtliche Verhältnisse daran schuld "0.
Die Kolonialstädte haben gemeinsame Züge in
der bewußt regelmäßigen und breiten Anlage. Alle
neueren nordanierikanischen und australischen Städte sind
weiter angelegt als das heutige und das nächste Bedürf-
nis will. Man baut sie für 50000, wenn erst 1000 Ein-
wohner sich sammeln*^). Und doch zeigt sich selbst
darin ein Altersunterschied. Sydney ist kaum 100 Jahre
alt und Melbourne kaum 50 (jenes 1788, dieses 1837 ge-
gründet) und doch trägt jenes die Spuren des höheren
Alters : es ist mehr die englische, dieses mehr die ameri-
kanische Stadt. In jungen rasch aufstrebenden Städten
wird großartig, oft prächtig, aber flüchtig gebaut. Man
läßt sich nicht die Zeit, gründlich zu sein, gerade wie
in anderen Dingen. Geringe Dauerbarkeit wird den
amerikanischen Häusern von den Architekten allgemein
vorgew^orfen. Braunstein gilt für ein sehr unsolides Ma-
terial, dem grauen Granit wirft man vor, daß er im Feuer
springe, die Fundamente sollen oft ungleich, unter der
Front stärker als unter dem Hintergebäude gelegt, und
dafür die Rückwand oft um ein paar Zoll erhöht sein,
damit sie sich ungestört setzen könne. Für die Dauer
eines Braunsteinhauses setzt man 40 — 50 Jahre an. Dazu
kommt die große Zahl der Feuersbrünste, deren Schaden
Kolouiul^tädte.
44&
1870 allein in New York 30 Millionen Dollars betrug. Alles
waa dazu dient, um rasch bauen zu kännen, wird in Nord-
amerika mit Vorüebe angewandt. Ära echtesten amerika-
nisch ist der „stringy" {strickartige) Stil der Eisenkonstruk-
tionen. Die Spanier haben ihre neuen Städte in Amerika
alle sehr regelmäßig angelegt, aber sie haben doch nicht
gewagt, den Schachbrettstil so konsequent durchzuführen
wie ihre nördlichen Nachbarn, die Nordamerikaner. In
New York, Chicago, Philadelphia, selbst in dem lang-
welligen Washington, das den zweifelhaften Ehrennamen
iltT .Stadt der großartigen Entfernungen" fuhrt, sieht
man in der Breite der Straßen und ihrer Unterbrechung
'iurch die wohlthätigen Ruhepunkte der grünen Viereck-
plätze, der Squares, sofort den Zweck der großen Regel-
mäßigkeit der Anlage ein: die Luftigkeit, die Lichtfülle,
die Gesundheit. Aber in Mavana hat man nur die Lang-
weile von diesem System, denn die Straßen sind zwar
t^'erad, aber sehr schmal, fast ohne Fußsteig und elend
^'ppflastert. Dabei möglichst wenig Grünes zwischen den
finsteren Häuserfronten. In neueren boulevardartigen
Straßen von Havana gibt es mehr Licht und Luft und
sogar ein paar Palmeualleen , aber ihnen fehlt ebenso
wie den Paaeos oder Spazierplätzen das rechte, groß-
städtische Leben. Den amerikanischen Städten fehlt fast
durchaus das historisch Bedeutsame, das Sehenswürdige
im höheren Sinn, welches Erzeugnis einer langen und
großen Geschichte ist. In ganz Nordamerika hat nur
Boston mehreres davon aufzuweisen. Selbst Mexiko be-
wahrt nur ein paar Raritäten von Teuochtitlau. aus deseeu
Ruinen es emporstieg. In der eigenartigen Gruppe von
großen Städten an der Westküste Südamerikas kommt
dt-r durch Er<lbeben bedingte Maogel hoher Bauten und
der unfeste Charakter der Wohnstätten der niederen ,
Klasse zu diesem Fehlen des Geschichtlich-Monumento
hinzu. Pöppig widmet den daraus sich ergebenden Städte- 1
Physiognomien einige der anziehendsten Seiten
Reiaebeächreibung'"). Es gibt auch Züge in diesen S
Physiognomien, welche tiefer eingegraben sind. ""
Btädte mit mehr geistigem Ausdruck, der Uel
440 Ostosiatische Städte.
sein kann, wie in Cambridge bei Boston, es gibt andere,
die nur im höchsten Grade zweckmäisig angelegt sind, wie
so viele Städte des platten, einförmigen Westens.
So wie eine hohe Blüte materieller Kultur unab-
hängig ist von den höchsten geistigen Motiven der Kul-
tur, so kann auch der Städtereichtum Chinas, Hinter-
indiens oder der islamitischen Länder alle wirtschaftlichen
und politischen Motive der Städtegründung ohne die
geistigen in voller Thätigkeit erkennen zu lassen. Zugleich
aber zeigt ein Blick über die Tausende chinesischer, japani-
scher, indischer, persischer, maurischerStädtedenünterschied
im Aufragen in die reineren Sphären geistiger Beziehungen.
Rein praktisch angesehen, sind alle Städte chinesischen
Ursprunges oder Musters, auch in Hinterindien und Japan,
durch die zähe Festhaltung der quadratischen oder recht-
eckigen Anlage unzweckmäßig. Der Kreis ist die ideal
fast notwendige Umrißform einer Stadt. Der Baustoff
dieser Städte ist großenteils Holz, die Bauweise hat etwas
Unfestes, die Gleichart der immer wiederkehrenden Formen
und Größen etwas Hordenhaftes.
Das ^lannigfiiltige ersetzt im japanischen Städtebild, welchw
malerischer als das chinesische, das Monumentale. In der Vogel-
schau von Tokio zeigt uns seihst Miss Isabella Birds pladtische
Beschreibung immer nur einzelne Teile: verstreute dichtgebaate
Massen grauer Häuser, zahlreiche waldartige Baumpartien. Gruppen
von kleinen Tempeln mit geschweiften Dächern, dann wieder
zwischen Gärten sich hinziehend eine Reihe ehemaliger Land-
häuser, die jetzt inmitten der Stadt liegen: die Anhöhe, auf der
das von hohen Tannen und Crvptomerien überragte gewaltige
Mauerwerk der Burg steht: ausgedehnte Gartenanlagen mit; Thee-
häusem darinnen: die großen Tempel von Schiba. ABakuia und
l/jeno: einzelne Blicke von Kanälen und breiten Grilben mit sfceilea
Böschungen, europäische Gebäude, die durch ihre Farbe und ihxe
violfenstrigen Fronten das Auge auf sich ziehen. ^Das Elinsige,
was dem Beschauer in diesem Bilde imponieren kann, das smd
eben die ungeheuren Kntfernungen zwischen den einzelnen Ponkten
und da? dichte Menschengewimmel in einigen Stadtteilen.*
Eine andere Breite der Anlage tritt uns in den
Städten des näheren und ferneren Orients ent-
gegen, auch Cstasien»:: sie beruht auf der Zufalligkdt
der Entstellung und auf der Nichtachtung der Zeitrer*
hi.ste. Sie ist ebenso ein Ausdruck der Unzweckmäßige
■ntaliselie Städit
U
keit wie die Th&tsache. daß die orientalischen Städte
nnr ein Netz der Hauptstraßen haben, während die große
Mehrzahl der Nehenstraßen Sackgassen aind, die bis zu
einer gewissen Tiefe bis in die Quartiere hineinfuhren.
Stiidte wie Babylon und Niniveh waren kleine Staaten,
be.-^onders wenn man sie mit dem Maßstabe des Alter-
tumes mißt. Das Areal alter Stiidte stand überhaupt
außer Verhältnis zu Volkszahl und Verkehr des Landes; sie
sind gleichsam seibständige kleine Staaten im Staat, sogar
selbst sich erhaltend durch Ackerbau in ihren Mauern.
Teheran, TerhältnismalJig eng angelegt (Fig. 17), zählte
bis zur Erweiterung in den letzten Jahren auf 837r>U Qua-
dratmeter eine geschätzte Bevölkerung von 100000 Ein-
wohnen**!. Noch heute gibt die große Ausdehnung des
umwallten Raumes den Städten des ferneren Orientes und
des muhummedani sehen Airika oft den Charakter be-
lästigter Lager. Die ummauerten Städte Mittelasiens
jinschliefien in ihren Lehmwällen viel größere Räume
.i!:< ftlr die Stadt allein notwendig sind. In Buchara,
'hiwa u. a, nehmen weit mehr als die Hälfte der Boden-
tiäche Acker- und Garteuland, öde Plätze, Teiche und
Stlmpfe, Haine von Ulmen und Pappeln, ausgedehnte
Kirchhöfe ein. Der Umfang der Mauer von Chiwa be-
lügt Werst, die Stadt nimmt innerhalb derselben nur
■ iwas llber - Quadratwerst ein-'). Man rechnet bei
iiesen Anlagen mit der Notwendigkeit der selbständigen
■liieren Erhaltung bei Belagerungen; so bedecken
~<'ltdtä des Sudan immer größeren Raum als nötig ist.
I 'ie oetturkestanischen Städte, auch wenn Tausende ron
Hausem zählend, machen mit ihren freien Plätzen, ibxca
Lehmwiillen , bei dem absoluten M:itigel ^ar Ttlrmo ,
— denn die Moscheen sind hier ohne Minari^
«^.ihrbaft dörflichen Eindruck. Und von
[jdischen Städten wird versichert. dn& «ie
'Iruppen von Dörfern seien, die .in der?
■ii-ii zur gemeinsamen Weide treiben
■■>ll aus einer derartigen 'in: i
In der Anlage der St
ilW'iw^ im aUer BimU ''■■' .v
.StAdte dea Ori<
44 !>
kaaisches als Ärabbch-Maunschea. Das Mouumentale
IVhlt so ganz, daß bei der Aiinäheiiiug auf dem vielbe-
scbrittenen Wege von Norden her wohl Baumkronen den
Hain der schatten spendc-n den Bäume andeuten, unter wel-
chen die Lehmhäuser Eukas sich hinziehen, von Türmen
oder Palästen aber nichts zn sehen ist. Die grauen Lehm-
mauern der beiden Kuka, desjenigen dea Könige und der
geineinen Studt, zwischen welchen ein breiter, großenteils
leerer Raum klafft, sind kaum von dem Boden zu unter-
scheiden. Deber alle Beschreibung tot und monoton
nennt Naebtigal den Eindruck Kukas aus der Entfernung.
Ahesche, Wadais 10 — ir>(mO Einwohner zählende Haupt-
stadt, bietet sich in breitem Thale auf sanfter Anhöhe
dem Blick in gefälligerer Gestalt, aber seine innere An-
lage ist höchst regellos; dieselbe entspricht der Entstehung
des Ganzen durch Anlagerung eines Gehöftes nach dem
-inderen um die Königs wohn ung. Weder Euka noch
Abesche haben ein eigentUches Straßennetz, sondern ea
i^'ibt nur Fußwege, ilie krumm und winkelig zwischen den
Hütten durchführen und höchstens eine vielgewundene
Straße, die zum Haus des Königs fQhrt, vor welchem ein
weiter freier Platz sich- auftliut.
Nicht jedes Volk, nickt jede geschichtliche Altersstufe Ist
.-It'ich K^schickt in der Ausnutzung der natürlichen Vorteile der
~ t:>dtean1a{;eD, Wo die alten Griecben in der Höbe über den
I I II li lüden, oder rund um die Ebenen uuf den Bergvorsprfingen. jene
.'letahsain einfassend, iu eescbUtr.ter und gesunder Lüge ihre Städte
■ AUten und gleichzeitig das fruchtbare Land der Ebene dem Acket-
< i it einer dichten Becßlkerung vorbehielten, sleigen die Neueren ohne
- :nn und Verstand in die eingeschlossene Hitze und Fieberluft tief-
:<'li'gener Strecken hinab, verschwenden den Ackerboden, indem
'I' ibre elenden Siedelungen auf demselben erbauen, aufweiche die
i iimmer besserer Zeiten stolz von ihren lichteren, luftigeren Höben
ii-rahecbiiuen. Itii aüeeuu-inon, meint Gustav Hiracbfeld,
:j>'ti«ii den klaren, Bcliarlen. mas 1
_-.-n ib-, Alb-rhim, Jif ZOgoi^y
^tkUtiscIie uad
r.idt wird jt; nacli
ä
450 Städtische und ländliche Siedelongen.
Schaftsverhältnissen sehr verschieden aufgefaßt. Wenn
wir von einer größeren konzentrierten oder verdichteten
Anhäufung von menschlichen Wohnstätten sprechen,
welche ihre Nahrung nicht zumeist unmittelbar aus dem
umgebenden Boden durch landwirtschaftliche Thätigkeit
gewinnt, sondern teilweise auch auf Verkehr, Handel
Industrie, auf Beamte und Garnison angewiesen ist, so
bezeichnen wir wesentliche Eigenschaften vieler Städte,
ohne indessen den Gegenstand zu erschöpfen. Von vielen
Städten ist unzweifelhaft richtig, was Kohl sagt, daß sie
meistens auch als Städte geboren werden, also ihre Legi-
timation gleichsam im Taufschein besitzen, nur greift er zu
weit aus, wenn er dann gleich hinzusetzt: in der Regel
sei kein üebergang vom Dorf zur Stadt zu finden, weil die
Städte ganz andere Bedürfnisse haben, und ganz andere
Situtitionen suchen*''). Die Geschichte lehrt das Gegen-
teil. Doch gibt es allerdings Städte, die vom ersten An-
fang an Anhäufungen von Wohnplätzen fQr einen städti-
schen Zweck gewesen, dafür angelegt worden sind, wie
Gibraltar an seinem Felsen, Wilhelmshaven in sumpfigem
Küstenstrich, wie planvoll augelegte und von An&ng
künstlich herangepflegte Haupt- oder Residenzstädte: St.
Petersburg, Washington oder Karlsruhe, Kolonialstädte
wie Singapur oder Hongkong. Dahin gehören auch
Städte, die in völlig unfruchtbarer Gegend bloß das Be-
dürfnis der Industrie, besonders des Bergbaues hervor-
gerufen hat, Badestädte u. dgl. Sogar Städte, die aus
kleinem Keim sich entwickeln, lassen in diesem Keim
ihre künftige Bestimmung ahnen, wie New York, das
zuerst eine Faktorei der Niederländer für Pelzhandel,
dann als Nieuw Amsterdam ein Dorf, aber ein Handels-
dorf war und ein Städtchen wurde, um endlich mit un-
widerstehlicher Gewalt sich zu einer der großartigsten
Ansammlungen von , Faktoreien^, zu einer Welthandels-
stadt zu entwickeln.
Aber die Mehrzahl der Städte ist keineswegs in diese
Kategorie der planvoll angelegten oder zu Städten und
als Städte geborenen zu rechnen. Die meisten Stadt«
sind aus Dörfern hervorgegangen, denen im Laufe der
Eniitehnng der St&die. 451
äderte eine Bedeatang zufiel oder beigelegt wurde,
9ie an Volkszahl oder allgemeiner Wichtigkeit
D ließ. Das Bevölkerungswachstum vollzieht sich
Regel viel mehr durch Vergrößerung der
benden Wohnplätze als durch Neuschaflbng.
wir in die Vergangenheit irgend einer zivilisierten
»rnng zurück, so finden wir großenteils die-
Wohnplätze wie heute, aber sie sind, Schwan-
abgerechnet, wie sie in Deutschland der Dreißig-
Krieg bewirkte, in der Regel um so kleiner, je
inser Weg in die Vorzeit hineinf&hrt. Sie sind
sen, verschmolzen und wo kein Boden zu all-
Ausbreitung sich fand, nahmen sie so seltsame
i an wie jene 30 Kilometer lange Kette von Dör-
id einzelnen Wohnstätten, die «Lange Gbsse* vom
udner Spitzberg bis Hainau, die zwar in der Ver-
^ getrennt, topographisch aber und wirtschafilich
nd, und sicherlich zu einer Stadt zusammenge-
leu wären, wenn sie nicht durch die beschränkende,
(nde Bodengestalt abgehalten worden wären. Bei
lender Dichtigkeit der Bevölkerung streben immer
Wohnsitze bei der notwendigen wirtschaftlichen
teilung größer als die in demselben Gebiete mit
legenden zu werden, während eine Mannigfaltigkeit
»stufungen sich entwickelt, denen teilweise natfir-
Jrsachen zu Grunde Uegen, die aber großenteüs
iterschiede politischer und wirtschaftlicher Natur
'ühren. Wenn aber nur die Zunahme der Be-
ngsdichtigkeit wäre ohne inneren Fortschritt im
r und Handel, ohne gesteigerte Beweglichkeit der
en, ohne zunehmende Teilung der wirtschaftlichen
so würden doch nur große Dörfer, aber keine
entstehen. Denn Städte setzen zur Entstehung
lindestens zur Erhaltung zunächst wirtschaftliche
Eigenschaften, die innerhalb ihrer Mauern sich
üieren, voraus. Man findet wohl Siedelungen,
das Aeußere der Städte nachahmen, wo dichte
enmengen sich auf beschränktem Räume zusammen -
1. Sie können den Städten nahekommen, er-
452 Städtelose Gebiete.
mangeln aber ihrer Kulturmerkmale und meist auch ü
Dauer. Einen Unterschied zwischen Dorf und Stadt gibt
es im Inneren von Morea nicht. Die größeren Orte, die
man als Städte noch bezeichnen könnte, sind nichts
anderes als große Dörfer. Der Verkehr geht an den
Küsten hin und dort sind alte und neue Städte zu finden.
Mit Unrecht sprechen die Afrikareisenden von einer Stadt
nach der anderen und hat sogar, allerdings von ferne
beobachtend, Coolej zu den Merkmalen höherer Zivilisa-
tion bei den Betschuanen gerechnet, daß sie große Städte
und treflflich gebaute Häuser bewohnen*^). In Wirk-
lichkeit ist die größte St^dt eines Negerstaates gerade
so angelegt und gebaut wie die kleinste; höchstens das
Häuptlingshaus oder die Palaverhalle ragt hervor. Ge-
rade der Verkehr, der bei uns Städte schafft, ist vor die
Stadt hinaus und vielleicht sogar in einen sonst unbe-
wohnten, neutralen Grenzstreif zwischen zwei Ländern ver-
legt. Der Verkehr bewährt hier noch nicht seine
städtezeugende Kraft, die in stabileren Verhältnissen
die größten Weltstädte hauptsäclilich sein Werk sein
läßt. Wo die Karawanen auf Saumpfaden gehen und
auf Lianenbrücken oder umgefallenen Bäumen die Flüsse
überschreiten, da gibt es keine Städte. Diese hängen
eng mit jener höheren Entwickelung des Verkehres zu-
sammen, welche Straßen und Brücken baut. Jene Plätze
stellen einige Stunden lang ein Gewühl von Menschen, Tieren
und Waren dar, bis gegen die Mittagszeit die zahlreichen
Tauschgeschäfte geschlossen sind und unter der hochstehen-
den Sonne der Platz wieder still und menschenleer daliegt.
So flottieren aber auch die Bevölkerungen größerer Handels-
orte. Dobbo im Arn- Archipel, von dessen Handels-
treiben A. R. Wallace eine so lebendige Schilderung ent-
worfen^*^), sieht seine Chinesen, Bugis, Ceramesen und javani-
schen Mischlinge, welche vier hier die Haupthändler sind,
mit dem Ostmonsun verschwinden. Bisher war jedes
Haus ein Stapelplatz, nun veröden Häuser und Gassen.
Bender-Meraya, der Hauptort der Medschertin-Somali hat
in der toten Zeit in 200 Häusern (> — 700 Einwohner, die
sich in der Handelszeit verdoppeln, wenn die nut Gummi
Floitierendc rjt^dtebevfilkerungfu. 45i}
u. a. Produkten beladenen Gyliis aus dem Inneren und
die arabisrhen Händler von der jenseitigen Küste hier
zusammen trefifen.
Das Afrika der Neger, das Amerika der unstäteu
Indianer, Australien, Nordasien, Polynesien hatten große
und kleiue Dörfer, Dorfer von politischer oder wirtschaft-
licher Bedeutung, aber keine Städte. Die nicht unbe-
deutenden Unterschiede der Wohnweise bewegen sich nur
im Rahmen der Dorfschaft, Die Wohnweise der unter-
worfenen Jägerstämme der Watwa oder Äkka ist nie-
driger, flüchtiger als diejenige ihrer Herren, der Mon-
buttu oder Manyema, ebenso sticht die der rinderbüten-
den Wahuma von der festeren, größeren der ackerbauen-
den Waganda, die mit jenen im gleichen Staate leben,
beträchtlich ab; aber es sind hüben und drüben immer
nur Dörfer zu sehen. Wachsen diese Dörfer an, so gehen
sie in die Breite, verschmelzen mit Nachbardörfern, aber
sie erlangen nicht das Städtische, das auf einer Zuteilung
ganz besonderer wirtschaftlicher Funktionen, auf Zusam-
mendrängung, Dauer, Geschichte beruht und vor allem
den Verkehr voraussetzt.
Das Wachatum der Städte. Ueberall sind die größe-
ren freiwilligen Ansammlungen von Menschen, welche zur
Bildung von Städten führen, eine Folge der Zusammen-
drängungstendenz des Verkehres, des Handels und der
mit beiden zusammenhängenden Industrie. Der Ackerbau
bedarf im Gegensätze zu diesen der weiten Räume und
serstreut sich viel lieber. Hat daher der Aufschwung
jener Thätigkeiten überall und besonders auch in Deutsch-
tand ein ungemein rasches Wachstum der Städte hervor-
gebracht, welches die soziale Physiognomie der Völker
auf das tiefste beeinfluMe, so hat er zugleich eine
Schwächung der ländlichen Bevölkerung zur Folge ge-
habt, welche im entgegengesetzten Sinne ebenso folgen-
reich war und ist. Es wächst unter dem Einfluß der
Industrie überhaupt die Bevölkerung rascher an und dazu
kommt dann der Zuzug von au^en. Schon in den Dörfern,
in welchen Industrie bei misch ist, wächst durch die
454] Wuchaum der Städte.
größere Zahl der Geburten die Bevölkeruug durchaclmitl-
lich um die Üälfte rascher und vergrößert sie zu stadt-
iihulicben Orten. Nun kommt aber der starke, maucb-
niaj wie eine Woge mächtig heran drängeudt Zuzug, wel-
cher aus unseren Siädteu Karawanserais gemacht hat, in
welchen viel mehr Fremde als Einheimische AufeuUult
linden. 1875 waren von den 127387 Bewohnern der
>3tadt Leipzig nur 36,4 "o in Leipzig selbst geboteD. Der
auf dem Acre Die
Rest stammte zu 65"» aus Sachsen, 23 "/o aus PreuÜeo.
9";« aus dem übrigen Deutschland. Aus der Vergleichung
der Zählungsergebnisse von 1864, 67, 71 und 7r-> in Leip-
zig, Halle, Weißenfels und dem diese Städte umgebenden
Lande hat damals Otto Delitzsch folgende SchUlsae auf
die Beziehungen zwischen städtischer und länd-
licher Bevölkerung gezogen: Die Bevölkerung dr&ii^
Die Stidte und die ISndliche BevGlkening. 455
lidi nach den großen Städten zusammen und am meisten
lach den Tolkreichsten, in welchen die Vororte wieder
un raschesten wachsen, ebenso wie die Yorstildte rascher
irachsen als ihre Stildte. umgekehrt verliert das flache
Land an BeTÖlkerung jenseits eines Kreises, der in wech-
lalnder Entfernung um die Stadt sich herzieht. Für alle
jtebiete, welche sich in wirtschaftlichem Fortschritte be-
Snden, haben diese Beg[eln Geltung.
Württemberg, in so vielen anderen Bexiehnngen von Sachsen
rerschieden, bietrt das gleiche Bild. Stattgart und Gannstatt
imchsen in den swei Jahrsehnten 1861-— 80 um 91 und 118 7«> '
iftmlich von 69000 auf 184000, noch st&rker einige Vororte, wie
jtaisborg um 151 */i; ingleich aber sank in sechs von den Iftnd-
ichen Oberftmtern des Meckarkreises die BevGlkening von 1849
>is 1880 Ton 161000 auf 157881. In derselben Zeit, in welcher
lie Orte Aber 5000 sich nm 187000 verm^rten, wudis die ganze
Ibrige Bevölkerung um 110000. Die Bevölkerungszunahme von
M)585 (1,9», welche Baden von 1880—85 erfuhr, fUlt vorwiegend auf
Sebhnung der größeren Städte, dann der gewerbreichen Bezirke;
*ast aUe Bezirke ohne gewerbliche Bedeutni^ haben abgenommen,
^on 1875—80 gingen 17 St&dte zurück, wovon eine einzige mehr
ils 8000 Einwohner zählte. Ganz ähnlich die Bevölkerungszu-
lahme von 2,5 ^/o, welche in demselben Zeitraum in Bayern stattfand
md an welcher die unmittelbaren Städte sich mit 54, die Bezirks-
Imter mit 64 ^o beteiligten. Auch hier Rückgang in 56 ländlichen
Bezirken und kleineren Städten. In allen diesen Gebieten hat das
iVachstum der ländlichen und städtischen Wohnplätze ungefähr
)is 1850 sich die Wage gehalten, das üebergewicht der letzteren
latiert von den wirtschaftlichen Veränderungen, besonders im Ver-
kehrswesen, der letzten 40er Jahre. Die Bevölkerung Frankreichs
'.eigt von 1846—86 folgende starke Aenderung des Verhältnisses
'.wischen ländlicher und städtischer'^).
1846. 1851. 1856. 1861. 1866. 1872. 1876. 1881. 1886.
5t. 24,42. 25,52. 27,31. 28,86. 30,46. 31,06. 32,44. 34,76. 35,95.
L. 75,58. 74.48. 72,69. 71,14. 69,54. 68,94. 67,56. 65,24. 64,05.
Die städtische Bevölkerung ist in den 40 Jahren von 8546748
auf 13 766 508 gestiegen, die ländliche von 26753743 auf 24452395
surückgegangen. Wenn man erwägt, daß die natürliche Vermeh-
rung viel stärker in den ländlichen Bezirken ist, liegt der Zu-
iammenhang der Zunahme dort und des Rückganges hier offen.
Bin gutes Beispiel dieses absorbierenden Wachstums bietet an
nnem ganz anderen Ende Europas Pola, das auf Kosten von
Rovigno, Montona *'), Promontore u. s. w. gewachsen ist, indem
2s von 1000 im Jahr 1851 auf 25000 im Jahr 1881 stieg. Die
alte Hauptstadt der Halbinsel Capo d'Istria ist jetzt dreifach über-
kugelt, während jene 3 Nachbarorte von 1869 bis 1881 481 Ein-
wrohner verloren haben.
456 Dörfer und Städte.
Es macht einen ganz unorganischen Eindruck, wenn
uns eine alte Stadt rekonstruiert wird, als sei sie ein
vereinzeltes, in sich geschlossenes Denkmal der Voraeit.
Und doch ist sie nur Terständlich als ein Behälter Yon
Menschen, die nach allen Seiten ihren Verkehr pflegten.
als Mittelpunkt belebter Wege und als Zentralstem zahl-
reicher Trabanten, die in engeren und weiteren Kreisen
sie umgaben. Rasche Entwickelung des Gewerbes hat
Dörfer zu städtischer Grö&e anwachsen lassen, während
in wirtschaftlicher Ruhe Städte zu Dörfern verkümmert
sind. Vergleicht man in Preußen die statistische Sonde-
rung in Gemeinden von mehr oder weniger als 2000 Ein-
wohnern mit der üblichen Einteilung in Städte und
Dörfer, so fallt in der Provinz Preußen die Grenze ziem-
lich gleich, während in Posen mehr Einwohner in Städten
als in Orten über 2000 Einwohner sich befinden und im
Rheinland 60 ^ <> in Gemeinden von mehr als 2000, aber
nur 39% davon in Städten wohnen; mit anderen Worten
gibt es in den wirtschaftlich zurückgebliebenen polnischen
Landesteilen viele Städte, die eigentlich Dörfer, und im
Rheinland noch viel melir Dörfer, die eigentlich Städte
sind. Trotzdem viele Städte wachsen, verwischen sich
also doch die Unterschiede der Wohnstätten, denn die
Städte verlieren ihre Geschlossenheit, während die Dörfer
sich städtisch vergrößern und verdichten. In erster Linie
wird von dieser t^mgestaltung der schärfst individualisierte
von jenen BegrifiTen. derjenige der „Stadt* berührt. So
wie die alten malerischen Städtezeichen von den Karten
verschwunden und durch schematische Symbole ersetzt
worden sind, hat auch der Begriff „Stadt* den Schutz
von Wall und Graben verloren und verliert sich in die
, Bevölkerungsanhäufung*. Für den Geographen wird T»ie
für den Politiker, den Beamten, den Statistiker die Stadt
immer unfaßbarer. Die rascher beweglichen Romanen sind
mit ihren städtischen Dörfern und ihren uralten verfallenen
Städten vorangeschritten, sie kennen nur noch die Kommune
als politische Einheit, wobei es kommen kann, daß die Ge-
meinde Lucca08204, die Stadt Lucca 21 280, die Gemeinde
Ravenna 58904. die Stadt Ravenna 1 1 935 Einwohner zählt.
Ernst wir mngekdui d«r Undlich« Ch«mk(«r d«r
rwiegende auch in doi jelxfc sUUiter«ich»l«ii Q«g^nd«n
nopas. Dar Unterschied twiacken Stedt und Land WAr
Gnnsten des Landes geringer als er heute in vielen
indem ist Er ist auch nichfc berufen^ dieselbe Schürfe
bewahren. Die deutschen Stftdte hatten einst gmfie
»markungen und umschlossen sahlreiche Fanttlten,
dche Ton Ackerbau und Viehsucht lebten. Viele vnn
38en Stfidien bauten ihren Lebensbedarf auf eigenen
ildem. Noch heute ist es nicht anders in unseren
sineren Städten. In einigen Gegenden BOddeutscklands
auch in den mittleren Stftdten die Landwirtschaft
ch inuner ein wichtiger Erwerbszweig, wKhrencI der
iterschied zwischen den kleineren Btftdten und den
5rfem verschwindend gering ist Stuttgart umschliefit
le beträchtiiche BerölKerung Ton Winzern. Anderer-
its sind Dörfer Ton mehr als 2000 Einwohner, welche
mitteleuropäischen Verhältnissen immer schon kleine
ädte sind, in den blühendsten Teilen Oeutschlands am
ufigsten. Diejier Zuwachs durchdringt nicht das Oan/e
3er Stadt sondern legt sich gro&enteilfl in der ras^h
;h yerbreitemden Peripherie gleichsam in Hchi^hten
er Wach.^tnm.^ringen an, die vom Kerne ange^
Qgen immer weniger fttädtisch sind. Bis vor kurzem
it selbst bl^ in die Xähe der inneren Stadt z. B. m
Qnchen da^ Banemhauj« des Hochlandes heran, ^^r
:kerban wird noch von Bewohnern von Vorr>rt^*n be-
ieben, die grodenr^iij« bereits Stätten der Indn<>rtri<^ g^
)rden sind. Tias ^»iflrenflirh Städtische in ^^ BaiwÄi«*.
Monumenten, in der liultiir und im Wohl**srd^ '»I^.V
ich dem Kern*». \f^ *lfen S^^dt. 4<»r ^i*^ o/f^^r ^i*T m
Jen. Diww ixit^r ZPt\^ ii*» XAig-.insf imro^r m**rr. Tr*''»r
m Eintlnd 'iii>5»#>T Tm- in/l Anl^^f^r >r»^r»n -^•'^ ^'•^«^
rgan de« V^rift^hr» r.i ■:r*r'l*»^ : j-'*» ^t^^U* ^y« ^«*
igem. Gewölben. Mt«^t\\r):\sr^ ^t^j-,"»»!/«©*^ » 4^ -—^f
rliert imm*='r m#^hr f*»^ 'nftrcfirr^v ■:;rvr>- ^'>--'«*'»/f^
n 2•}^J•22^l^i i>'-'ii *i.'^*''i>' n f<.v ''■♦■; -I'A -»la-^r 4-rT^fi
i9 riesige W:*rhatijm mr m -.^/jr,«*!»"^?* ^•r.-r,/-. «w,« ;jrrrk
458 Merkmale städtischer Bevölkerungen.
Volkszahl anbelangt, beeinflußt wurde (Fig. 18). Aehnlich
ist in Prag 1869-80 die Altstadt um 1,2 »/o zurück-, der
Vorort Weinberge um 834 ^ o Torgeschritten. In einem noch
weiteren Umkreise um eine große Stadt bilden sich se-
kundäre Mittelpunkte, Satelliten, die von der Stadt ab-
hängen, oft auch räumlich durch einen Streifen dichter
Bevölkerung mit ihr verbunden »ind und an ihrem Wachs-
tum teilnehmen; geht man über diesen Kreis hinaus, so
kommt mau in die Gebiete der Abnahme, welche von
dem Städtesystem drainiert werden.
Einige Merkmale städtischer Bevölkerungen. Die
Städteentwickelung bedeutet die Loslösung der Bevölke
rung von ihren einfachen, natürlichen Lebensbedingungen.
Die Städte müssen von auüen her ihre Nahrung zuge-
führt erhalten, ihre Bewohner sind abhängig von den
Schwankungen des Handels und des Verkehres, ihre Exi-
stenz ist eine künstliche im Vergleich zu derjenigen der
Landbewohner. Groübritannien, das städtereichste aller
Länder, ist im gefährlichsten Maße für seine Emährong
abhängig vom fernen Ausland. Das Städtewachstum ist
in diesem Lichte nicht bloü eine yolkswirtschaftUche.
sondern auch eine politische Thatsache von größter Be-
deutung. Es eilt dem Bevülkerungswachstum des Landes
voran, laut die städtische Bevölkerung früher reifen. Daher
auch alle Merkmale der Uebervölkerung in den Städten:
Armut, Entsittlichung. Seuchen, geringe eigene Vermeh-
rung. Die Hunderte an Hunger alljährlich in den Ghx>fi-
städten Hinsterbenden wiederholen sich nicht in den länd-
lichen Bezirken derselben Länder, sondern in BengaleD.
Nordchina. Irland, den klassischen Gebieten der uebervölke-
rung. Wir sprachen von den groüen Schwankungen der
Volkszahl in Städten, deren Klima oder Lage pausieren-
den Verkehr bedingt, von Hafenstädten des Roten Meeres,
die bald öd liegen, bald übervölkert sind, und ähnlichen.
Aber alle wirtschaftlichen Siedelungen nehmen etwas von
der Veränderlichkeit des Verkehres in sich auf. Es
gilt das ganz besonders von den nur dem Verkehre dienen-
den Ansiedelungen. Auf den nordfriesischen Inseln war in
Öozialö ünteTflchiede von Stadt uud Land.
45:'
der Zeit der buchsten Blüte der ScliiffaJu-t trotz der »hl-
feicheu Verluste durch Scbiffbriich der Bevölkerunfj^xätuid
bedeutend größer als jetzt, auf Föhr (3l4t) im Jahr I7ti!>
gegen 4530 im Jahr 1880. Ueber größere Zeiträume
deboeD aich SchwaDkuDgen aus, welche mit den Perioden
des BufblUbenden und gedrückten Zustande« der Volks-
wirtarhaft zusammenhängen. Der Zuzug vom Lande nai'b
dea größeren Städten läßt bei jeder Handelsstoekung
oacb. In Zeiten wirtschaftlichen Verfalles haben gerade
die Städte die raschesten und größten Schwankungen zu
erfahren. Die gesamte Volkszahl Norwegens stieg von
1800 bis 1814 von 88300U auf 911)000, während die
Zahl der Städte gleich blieb und ihre QeaamtbeTSlkerung
Ton 79200 auf 77714 herabsank; Kongsberg verlor da-
mals 43 "'r> .
Die sozialen Gegensätze zwischen. Btadt und Land
liegen einer langen Reibe von geschicnlUchen Prozessen
zu Grunde. Wir kennen die StädtebUnde und -kriege,
die städtischen und ländlichen Wahlen u. dgl. Gegen-
e&txß. die sich zu weltgeschichtlicher Größe auftürmten,
fanden ihre Träger in den Bewohnern der Städte und des
Landes. Der Konflikt zwischen dem Norden und Süden
der Vereinigten Staaten war von den ersten Anfangen an
und früher noch mehr als später der Widerstreit der
dichtwobnenden, städtischen, gewerb- und handeltreiben-
den Bewohner der nordöatüchen und der dünngesäteu
ländlichen, vom Ertrag der Pflanzungen lebenden Be-
wohner der südlichen Staaten der Union. Der DiwnU
wiederkehrende Gegensatz zwischen Ägrarientq:
freunden hatte hier einen auch geographi
scharf abgegrenzten Ausdruck gefunden.
ilas äußerlich ein Ganzes zu bilden scheint^ ^
lirundlagen den Südosten und den Nord
1 hen. Ein Land wie Bayern, von Ütt
' 1 ":v in großen und mittleren StädtOB
"ilitiach andere Wege gehen als
L k-rselbe Gegensatz ist in Europa
,rii- Entwickelung gekommen, '
r-chen Königreichen, wo die
460
Beziehungen zwischen Städten
Entwickelung der wenigen größeren Städte, die haupt-
sächlich Handel treiben, im Vergleich zur ländlichen Be-
völkerung zuerst, dann aber auch der ausgesprocha
bauenihafte Charakter der letzteren hervortritt. Es sind
dünnbevölkerte Länder, die hier sich in rasch unwirtschaft-
licher werdendem Klima und auf großenteils armem Boden
ausbreiten und deren Städte in demselben Mafie mehr
vom Auüenverkehr abhängen, dem eigenen Lande fremder
gegenüberstehen, üebrigens wohnen in Norwegen nur
291242, also 16 "o der Bevölkerung in Städten von mehr
als 1<M>00 Einwohnern.
Beziehimgen zwischen Städten und BevSlkemiigsdiek-
Ügkeit. Das Verhältnis der Städtebevölkening zur Dich-
tigkeit der gesamten Bevölkerung zeigen klar die Er-
gebnisse der deutschen Zählung von 1885.
Menschen Proz. in Orten
auf 1 Quadrat- von 2000 Einv.
und mehr.
65
60
37
47
42
25
43
31
30
23
35
45
29
59
lu Deutschland nahm die städtische Bevölkerung
1822 27,16 ^l der Gesiimtbevölkerung, 1848 28,11, 1S6^
32,11, 1875 34,50 in Anspruch; aber im Königreich
Sachsen bildeten die Städte und Voroi-tbevölkerungen 1S75
kilom
Rheinland ....
1(51
Westfalen ....
100
Schlesien ....
102
Hessen-Nasau . .
101
Sachsen
96
Schleswig-Holstein .
61
Posen
59
Brandenburg . . .
59
Hannover ....
56
AVestpreußen . . .
OD
Ostpreußen . . .
52
Pommern ....
50
Preußen
81
Bavern ^^) . . . .
71
Sachsen ....
212
und Bevölkerungsdichtigkeit. 461
reits 44,8 ^o der Gesamtbevölkerung. Das Verhältnis
r Bevölkerung der Hauptstadt zu der des Landes hat
Sachsen seit 1815 sich verdoppelt, in Preußen nahezu
rdreifacht. Paris nahm 1801 2,9 und 187(3 5,4 der
saratbevölkerung Frankreichs in Anspruch. In Holland,
Igien und Sachsen lebt der größere Teil der Bevölke-
Qg in Städten; in Rußland betrug 1870 diese Zahl
r 10,6, in Holland 79,8 ^/o der Bevölkerung. Von der
samtbevölkerung der Vereinigten Staaten lebten in
idten von 8000 und darüber 1840 8,5, 1850 12,5,
60 16,1, 1870 20,7, 1880 22,5.
Der Zusammenhang zwischen Dichtigkeit der Be-
Ikerung und Größe der Städtebevölkerung ist also klar,
nn auch angesichts der geschichtlichen Ursachen der
Iheren Städteentwickelung derselbe kein regelmäßig
»chsender sein kann. In den dichtest bewohnten Ländern
die Städtebevölkerung am stärksten und überall, wo
j Dichtigkeit zunimmt, ist sie es, die am stärksten
Lclist. Selbstverständlich ist sie p^oß in den gewerb-
chen und für den Verkehr günstig gelegenen Gegenden,
sterreich zeigt dasselbe, wenn wir von der Bevölkerung
ederösterreichs 47, von der Kärntens 5 ®,'o in Städten
Fl über in 000 Einwohner wohnen sehen. Die Dich-
:keiten verhalten sich in den beiden Kronländern wie
7 und 'U. Der Anteil Böhmens an der Bevölkerung der
idte über lUOHO verhält sich zu dem Kärntens wie 3:1.
? Dichtigkeit wie 3,2:1. Ein ganz anderes Bild geben
er die niittelnieerischen Länder Dalmatien und Lstrien.
nes gleicht mit 47 ^,<. Niederösterreich, ohne eine einzige
ol-'ie Stadt zu besitzen, dieses steht mit 37 V wenig nach.
id die Dichtigkeit Dalmatiens ist mit 37 derjenigen des
idtearmen Kärntens ähnlich, während lstrien mit 59
ch weit hinter Böhmen zurückbleibt. Die in Natur
d Geschichte begründete Neigung der südeuropäischen
ilker zum städtischen Wohnen macht sich hier geltend.
Wie der Zusammenhang zwischen Dichtigkeit und
rkehr in jungen Ländern durch das Ueberge wicht des
zteren verhindert wird, sich in der Städtebevölkerung
m vollen Ausdruck zu bringen, wird das folgende
13. Die Lage der Städte nnd der Verkehr.
Der Verkehr wirkt städtebildend. Abhängigkeit des Verkehres und
der Städtebildung vom Boden. Der Verkehr bewegt sich nicht in
Linien, Bondem in Bändern. VerkehrsstrOme und Städtegmppen.
Selbständige Handelsstädte. Die Beziehungen zwischen Wirtschaft'
liehen und politischen Hauptstädten. Internationale Städte. Haupt-
tjtadt und zweite Stadt. Fluß- und Seestädte. Flußinseln und
-schlingen. Seen. Der Fluü als Thalbildner. Flüsse und Pässe.
Mündungsstüdt«. Die SeeMtädte. Nahrungsreichtum des Wassen.
Städto in Thälem und auf Bergen. Paßstädte. Höhenlage. Das
Schutzmotiv.
Der Verkehr wirkt städtebildend. Da die Menschen
aufeinander angewiesen sind, stehen auch ihre Ansiede-
lungen miteinander in Verbindung. Im Wald vergrabene
Hütten ohne Weg und Steg gehören der Poesie der
W^ eltflucht und dem Märchen an. Jede Siedelung setzt
Wege voraus, die sie mit den Nachbarsiedelungen ver-
binden. Die städtelosen Länder entbehren der Stra&en
und Brücken. Die Wege würden nicht ohne die Ort-
schaften sein, ab(4- wir wissen auch alle, wie die Siede-
lungen den Wegen nachgehen, wie in unserem Zeitalter
in neuen Ländern Eisenbahnen Städte schaffen, ebenso
wie in alten, städtereichen Ländern es die Städte sind,
w^elche Eisenbahnen hervorrufen. Beide beeinflussen
und bedingen sich wechselseitig. Beständiger Verkehr,
ständige Städte. Die Verkehrswege bilden feste Netze.
in deren Knoten die Städte in gleicher Lage festge-
lialten werden; eine außerhalb dieses Netzes liegende
Ortschaft kann ohne weiteres nach einer anderen Stelle
B ■ viil girtawa Mift» «^w xtx Nm.
ÜHgig ak tm m m/ämm Lin><>Mi4^< tv, :
baft. Die poUtä^ Steik siuhi .lit« »lo ,
!l»etc5 od«r die SMh ^rAUtc» Ki»ttuMt» ,>,l.)t ili<»
liutx SDo- achww «omifUri'H KiiUtt>lli< Oi» Vm-
lirsBt&dte dBg«a«n «aa »uoi^l miiiuiUillw \m iW
itoT abhängig. Denn iuoiM'ii <l<>i V.iKJit ^.iJi ,ui >li>'
ktnr «nlehot, fallen aeiiie ^\i'' ; i iImi.'H ili i
»tor in der Städtegrandung lUMMumni, \i\t imlH('<
>wiesenen Verkehraweg« enaugnn »m flF(llt«lll«H UrhiHrH
ohnstätten an ihren Rllnderu oder Jll ihntr Hlli|tlllflMI
ihe. Die MeereakUHt«!) , tlii« ätr'fiilt), ill» UHll>)u)' imhI
Übergänge der Oebirgu, liur HUrtljtfit, ilof WIInIuk «|||>I
imer bevorzugt. Wo diu HtrJ>it>ti 4ü« Wim«»'« IJJHUutii
gehen unfehlbar au(;li diu HtrüiiHt ilc« Vi>>'kiill»'Ba, Alf^
B menachliche Freiheit von /,wiwK«ttiil«ii Stti/Hfgutuimh
H auch immer eiiieu Htiinirnum '/.wimimi iQm na
ageodei) und Bediiurt«u. w I.'r»vtiM Utid titif Wifimun
id aatjerdem tritt die WtKl^iwIwJrkiJNg yi/t« iMifM*^ twf
>nBch, die unter MoAtencm vkU in fUiUfMfMjfbiitt^fiMH
d poiiläachisü Kig4-titQwlit;Jjk«iUu miMf^)*iti . Mt iM
lätiglbeit nsd w&rst vm. iU*M ttihm m» V^MHi hfVn4*:
klares zu wollen. f>ie ife^itii^ Thit*vi*f< 4i*-- vh hu*)
'hiete. Wtddbt: bti4.ivUi(vu »utd im M4Mi*MU(^) , tuv
wgo ud«r ^^uuUwJ utwiu>|$«uut«s( j^jMhmi ' ^-Cw th^ili
irum in Korddeutwüliiau^ tuuli d» fou VvUw Vti'Mlv'Uu'
ladHtzüdte ttl«tt dttfvi eüi« i$i:^^ ^i' icWMi«J'' «mk^ j^n
Igt ZahJ it^nitwf iMbdtit^ ttuMMy^JuiMi . v<W wjMtuc M''
4(3<) VerkehrBBiröme
nationalen Massaua und etwa Gondar absieht, ohne Städte
ist, erklärt die Völkerkunde oder die Geschichte.
Die Siedelungslehre findet nicht alle jene Punkte
der Erde, die günstig für Ansiedelungen sind, besetzt
und benutzt, höchstens in den dichtest bevölkerten Strichen
von China oder Indien ist solches zu erwarten; sie muß
also, wenn sie alle Fälle in Betracht ziehen will, aucL
die nur möglichen, aber nicht verwirklichten berticksich-
tigen. Sie kann, mit anderen Worten, nicht immer in-
duktiv vorgehen, sondern muß die Lücken der thatsäcli-
lichen Beobachtung auf deduktivem Wege auszufüllen suchen.
Darin liegt die Berechtigung der Kohischen Methode
in ^Verkehr und Ansiedelungen der Menschen**, die An-
siedelungen auf feste Punkte geometrischer Figuren zu-
rückzuführen, in welche er die umriß- und Bodenformen
der Erde einzwängt. Doch darf allerdings auch nicht
vergessen werden, daß eine Abstraktion, welche in den
Woimplätzen der Menschen Punkte und in ihren Ver-
kehrswegen Linien sieht, sich, ob sie auöli Maß halten
möchte, an vielen Stellen zu weit von der Wahrheit ent-
fernen wird, um noch wissenschaftlichen Nutzen bringen
zu können. Denn die Anthropogeographie hat es so
weni^ wie die Klimatologie oder Ozeanographie mit Punkten
und Linien, sondern mit Räumen, mag man sie Erd-
stellen, Orte oder wie immer nennen, und Strömen
oder Bändern zu thun. Nicht auf einen geometrischen
Punkt zielt der Verkehr, sondern auf einen Kaum, in
welchem verschiedene Stellen ihm Ziel- und Endpunkt
werden können.
Verkehrsströme und Städtegruppen. W^äre die Natur-
bedingtheit der Städteanlage eine durchaus zwingende,
dann würden überall, wo alte Städte standen, auch neue
sich erheben müssen und der Verkehr bliebe fest an die
alten ^'erbindungslinien angeschlossen. Legen wir aber
eine Straßenkarte des römischen Reiches einer modernen
Verkehrskarte unter, dann zeigt sich zwar ein sehr häu-
tiges Festhalten an den Hauptmittelpunkten oder deren
nächster Umgebung, aber die dazwischenliegenden Orte
tai StUtegrappen. 4(37
haben ihre Bedaotang waMntlich gälndert und die gani«
Rjehioiig dea Wm»i ict eine andere geworden. Im
ÜDtoriiuitfaale nnd neate, wie lur Römeneit die in ihrer
Nibe Uegoidai TekUdena and Poos Aeni es waren, Inna-
bmek and BoMnheim die Verkehrsmittelpunkie, aber die
Heoptrerkehrsetrafie hafc samt Eisenbahn auf das linke
XStar steh nriefft und die Albianum und Haciacum der
PeatingerBcheo Tafel sind Te^esaene Orte geworden. Die
331- und HangfitUm&ndang, der Austritt aus dem Brenner-
pafi und aus dem gebii^igen Teile des Innthales haben
ihre städteseugende , verkehrssammelnde Wirkung be-
wahrt, wenn auch nicht genau an denselben Punkten;
der sie verbindende Verkehrsgtrang durfte etwas mehr
schwanken. So durfte die nördlichste Adria nie »hne
groSe Handelsstadt bleiben, aber die Lage konnte von
Venedig durch Aquileja und Triest bis Fiume schwanken.
Selten sind VoizQge der Lage auf eng begrenztem Haume
80 gelüuft, wie bei Konstantinopel, wo die Lage an der
Heeresstra^e nur an diesem «innigen unvergleichlichen
Goldenen Hom mit dem treß'lichHten Hafen weit und
breit zusammentrifd.
Wenn die Verkehrswege keine matheiiiatincbeii Li-
nien, sondern breite Bünder sind, kommen auch iiIh Knd-
imd KreuzuDgspunkte nicht engbeffrenztti Krdittelleii.
sondern ganze Ländergebiete in Frage, in denen au»^
secundären GrQnden jene Städte dann erst »icli i ent-
wickeln. Daß der sDdliche Michigaiiuee 'Ihn MUndun«»-
gebiet der zwei großen VerkehrKxtrOme werden müi^e,
die vom S. Lorenz und Hudson am atlantinchen Kati'ie
ausgehen, um bei Buf&lo in der großen Stralie de- 1-."
sich zu vereinigen, war lange «chon klar, ehe enthchie'lKU
war. ob City West, das zuerst in^^ Auge gefaLt« um
Sudende, Michigan City am Sadot^temle oder dtt.'r diir<:h
den nahen Illinoisäuß für den Miiiiti»'!ii>pivt-rk<^hr tre-
gOnstigte Chicago am Sadw^stende die große Stadt Mein
solle, die hier notwendig ent--teheu muUte. Die Natur
des hier hafenarmen MicbigaoHe^- lieü eine breite Walil.
während freilich am atlantischen Knde di« Zutammeu-
drängung des Verkefari« in die Allegliain><;uke zwi^:heu
4IW
Städtcgruiipei
Bufialo und Albauy und dem von Albany an Bcbiffbareu
Hudson nicht zweifelhaft sein konnte. Hier konnte selbst
die Wahl des Endpunktes zwischen den schon voThandeneii
Siedelungen an der HudsoiirnUndung nicht mehr im Un-
gewissen bleiben, da New York alle Erfordernisse einer
groüeii Seestadt von Anfang an und fUr jeden Blick ver-
einigt«, Xew York, das in Einzigkeit der Lage wie in
seiner Anlage an Konstiintinopel erinnert.
Sehr intereRSont ist ein Pnrnlleliamus der Städtelage, nie But-
lalo und Chicago ihn aufweisen, indem aie an mt(tegei)ge««tit«i
e Mnnilungsbiivbl <1cs iludsuii
Kndca dei SUdwalles liebten, der die Wnseerscbeide zwiachen äiB
Grüßen Seen und dem Uis^ieaiijpi bildet, beide in EinsenkuDKO.
.-0 daß ein Durchsticli diL'Bi^r 12 Fuß hohu-n Wasserscheide die htfi
ChicagOB und Duffiklos verwechseln würde.
Aber auch bei der günstigüten Naturlage ist dif
(.'oncentratiou des \'erkehres auf einen Punkt nicht das
einzige Ziel, denn der Verkehr strebt zwar zusammeD.
aber doch nur um wieder auszustrahlen. Liegt erst nur
ein Teil der Interessen des Mittelpunktes an der Peri-
pherie, .■'(I kann die Verschiebung; weiter gehen und den
Eisenbabnätädte. 4(>9
Mittelpunkt selbst in die Peripherie rücken. Da der
Verkehr nur einnimmt, um auszugeben, da er auf £in-
und Ausfuhr beruht, strebt er ein Mittelpunkt von
Radien zu werden, die nach und von den verschieden-
sten Teilen einer gemeinsamen Peripherie strahlen. Doch
indem die Ströme des Verkehres immer weiter zielen,
wird kein Arteriensjstem erzeugt, dessen Mittelpunkt Ein
Herz ist, sondern ein Netz, in welchem jede Kreuzung zur
Herausbildung eines örtlichen Herzens, das anziehend und
fortstoßend wirkt, Anlaß gibt. Die zahllosen Herzen
ordnen sich nach der Größe der Strombahnen, welche in
ihnen sich vereinigen. Die Klappen aber in diesem Ar-
teriennetz, die Hemmungsvorrichtungen, schliefen sich
immer, von den Schlagbäumen bis zu den befestigten
Zollstätten an Sunden und Meerengen, an die natürlichen
Hindernisse der Verkehrsströme an.
In unserem Jahrhundert sind die natürlichen Stn"»-
mungen mehr vermehrt als ersetzt worden durch jene
der Eisenbahnen, welche durch planmäßige Anhige und
ununterbrochene Leistung jenen vielgcwundenen . bald
r?eichten, bald reißenden, bald in Eisfesseln liegenden
Wasserwegen vielfach noch überlegen sind. Demgemäß
waren sie nicht selten im stände, die Lage einer Stadt
zu verbessern, ja sogar Städte ganz neu ins Leben zu
rufen und ihre Gesamtzahl zu vermehren. Durch eine
Ei5«enbahn wie durch eine Ader mit dem großen Gefaß-
netze des Welthandels verbunden (1867 hatten 34, ls77
')4 Prozent der Städte Deutschlands Eisenbahnen, dar-
unter schon 1807 natürlich alle Groß-, aber auch schon
alle Mittelstädte)^), wird jeder Keimpunkt menschlicher
Produktion, der über den Bedarf Werte erzeugt, Hunderte
von Meilen von großen Flüssen, Seen, Meeren entfernt,
befähigt zu wachsen und zu gedeihen, je nach der Aus-
dehnung seiner Hervorbringung und dem Maße der Ar-
beitsteilung ein Markt, ein Handelsplatz, eine Fabrikstadt
zu werden, auch wenn die Keimzelle einer solchen Stadt
nur ein einziges Haus wäre. Verkehrsmittel erleichtern
die Ernährung und die W^anderung. also das innen
Wachstum der Bevölkerung und die äußere BewegUD]
47i^ Verkehwfit Fühlen.
welche an vielen Stellen zu Anwachs führt. Aber ge-
rade die.se Vermehrung der Wege hat auch die Aus-
nutzung günstiger St^dtelagen vermehrt. Kohl konnte
noch von einer grollten Weststraße in der Gegend des
4*2. Breitegrades „der Straße der Einwanderer und der
neuengländischen Oesterlinge" sprechen *). Die Ent-
wickolung der Eisenbahnen hatte jedoch damals schon
dieses Monopol gebrochen und nach zwanzig Jahren gibt
es statt des einen Schienenweges durch das Steppen-
land des Westens zum Stillen Ozean jetzt drei pazifische
Eisenbahnen, welche ohne Unterbrechung das atlantische
mit dem pazifischen Ufer verbinden , und außer ihnen
eine ganze Anzahl selbständiger Zufahrtslinien vom at-
lantischen Ufer bis zu der Gebirgsschranke im Westen.
Von Portland bis Savannah hat der wachsende Verkehr
die [Mätze am atlantischen Ufer gehoben, ihre Handels-
bedeutung vermehrt, indem er die Linien vervielfiiltigte.
die von diesem Rande binnenwärts ziehen.
Am frühesten ändert sich die Verteilung des Ver-
kehres auf eine gr()üere Zahl von Städten naturgemäü
bei diesem Ausstrahlen nach einer Küste, deren ver-
schiedene Häfen mehr oder weniger günstig für ver-
schiedene luclitungen gelegen sind. An einem Sammel-
punkte, vielleiclit auch Hindernis des Verkehrs aus dem
Innern nach der Küste teilt sich der Verkehrsstrom un<l
es entsteht aus den nach verschiedenen Hafenplätzen aus-
einanderstrahlenden Linien das, was Stanley mit treffen-
dem Vergleich auf fk*r Berliner Kongokonferenz ein kom-
merzielles Delta nannte, d. h. in seinem Falle ein
Dreieck von <»ih) Kilometer Basis, an welcher die Konjjo-
häfen von Ambriz l»is Loanda liegen, und dessen Spitze
durch den Eintritt de< Kongo in die Gebirgsenge unterhalb
Stanley Pool bezw. Leopoldville gebildet wird. Man kam:
aucrli die Küstenlinie von New York bis S. Johns (Neufund-
land) als die Basis eines Verkehrsdreieckes betrachten, dessen
Spitze in Buffalo liegt, wo der Niagara der Schiifahrt j^ein
mächtiges .Haiti* zuruft. Boston. Portland, S. Johns (Neu-
Braunscliweig). Halifax, Quebec sind als weitere Ausmün-
dungen einzelner Deltaarme ilieses Verkehrsstromes zu fassen.
ArbeitsteiluDg der Städte. 471
Städtesysteme. Die Städte eines und desselben natür-
^hen Gebietes teilen sich gleichsam in die Bewältigung
ir Funktionen, denen zu genügen sie berufen sind, und
e geographische Lage spielt dabei eine hervorragende
>lle. An der atlantischen Seite Nordamerikas liegen
chs große Seestädte an der stufenweise nach Süden und
esten abfallenden Küste, jede südlicher gelegene ist
mit auch weiter nach Westen und von dem europäi-
hen Verkehr ab-, dem Binnenland zugerückt. Halifax,
lebec, Boston, New York, Philadelphia, Baltimore sind
3 Hauptplätze auf dieser Linie. Solange Nordamerika
seinem Handel und Verkehr abhängiger von Europa
ir als heute, war Boston als die Europa nächst^l^ene
iupt^tadt der besiedeiteren Bezirke das Emponum der
Dgen Kolonien. New York rückte an diese Stelle erst
n dem Augenblicke, als die eigenen, inneren Ehro-
ktionsverhältnisse der Union ausschlaggebend in dem
jrkehrsleben derselben wurden. Der telegraphische und
►stverkehr hat jedoch lange den Vorsprung der nörd-
heren Häfen benutzt. Bei dieser Arbeitsteilung fällt
1er großen Stadt ein gewisser Raum zu, innerhalb dessen
?se allein die Aufgabe zu bewältigen strebt, welche ihrer
itur nach ihr zugehört. Es wird eine zweite ähnliche
idt in diesem Gebiete nicht oder nur auf Kosten der
;ten aufzukommen vermögen. Hat der Unterschied eine
wisse Größe erreicht, so wächst er immer rascher an und
r Abstand zwischen der ersten und zweiten Stadt wird
mer größer. Von ^ii Million im Anfang dieses Jahr-
nderts ist Paris auf über 2 Millionen gestiegen. Es
tte 1811) 714000, 188(3 2345000 Einwohner. Die
eitgrößte Stadt des Landes, Lyon, bleibt um das Sechs-
he dahinter zurück, und ist in diesen (37 Jahren von
IH)00 auf 402000 gestiegen.
Vielleicht noch interessanter ist das Aufstreben New Yorks,
1 diese Stadt erst spät den Vorsprunjr der Bevölkerungszahl
le jede Hilfe politischen Motives erlangte und denselben aber
111 höchst ausgiebig verwertete. 1G09 wurde der Hudsonflufs ent-
kt und bald nachher trieben die Holländer auf der in seiner
ndung gelegenen Insel Manhattan Tauschhandel. 1623 fand
e Ansiedelung von 30 Familien hier statt. 1653 betrug die Be-
472 Stildtesysteme.
völkt'ruii^ ileii Nieuw Amsterdam genannten Ortes über 1000. 16tU
wurde derselbe von den Engliindem genommen und New York
getauft, die Stadt war am Ende des 17. Jahrhunderts auf 500*'
um di*^ Mitte des 18. auf 10000. 177t) auf 20000 gestiegen. Si«
wuchs von 1700 — 1820 jedes Jahrzehnt um 80000 und hatte im
letztgenannten Jahr Boston und Philadelphia fast eingeholt. Den
entscheidenden Zug aber that sie mit der Erbauung des Eriekanak.
der. 1825 eröffnet, New York zum Haupthafen fQr das damals in
der energisch fiten Besiedelung und Ausbeutung befindliche Land
südlich von den Großen Seen machte. Wenn New Y'ork in dw
Jahraehnten. die 1830, 1840, 1850 folgten, seine BevölkerungsuLl
um 110000. 203000. 298000 steigen sah, erblickte es darin grofiec-
teils nur einen Reflex seiner in Jahrzehnten ihre Bevölkeniiiir
verdoppelnden Hinterländer Ohio und Indiana. Philadelphia, da?
sich den Weg ins Innere durch die Gebirgsmauer verbaut sieht.
Boston, das jedes natürlichen Weges ins Innere entbehrt, blieben
weit zurück. Andere Motive halfen das Wachstum beschleunigen,
so der den neuen Bedürfnissen des internationalen Verkehrs besser
angepaßte kosmopolitische Charakter der Stadt im Gegensatz zu
demjenigen der weniger beweglichen Puritaner von Boston and
Quäker von Philadelphia.
Eine Zusammengehörigkeit der Städte zu Städte-
systemen ergibt sich aus ihren Verkehrsbeziehungen.
So wie die politischen Städte eines Reiches um den poli-
tischen Mittelpunkt gruppiert werden, gruppieren die Ver-
kehrsstädte sich von selbst nach ihren Verbindungslinien.
Es gibt Städte, die so eng durch ihre Verkehrsbeziehungen
verbunden sind, daß sie schwer voneinander getrennt ge-
dacht werden können. Die Wüstenstädte sind z. B.
rschwer in politischer Vereinzelung zu denken, Mursuk
war von Tripolis thatsächlich abhängig, ehe es die Türken
diesem zufügten, und so sind die Beziehungen zwischen
Marokko und Timbuctu naturgegebene. Die Unterwerfung
Cliiwas war eine notwendige Folge der im November
l!^<)!» endlich nach langen Vorbereitungen auf Vorstellung
der Gesellschaft zur Hebung des russischen Handels ge-
scliehenen Festsetzung der Russen und Schaftung eine>
Hafens in Krasnowodsk, dem einzigen zu diesem Zweckt
geeigneten Punkt an der kaspischen Ostküste. Die Umwege
über Samara-Orenburg oder Kama-Troizk nach Taschkent
und Buchara, -W) und AOO deutsche Meilen lang, wurden
von diesen Plätzen bis zum Kaspisee auf ^ 4 verringert,
was man besonders für den Bezug der zentralasiatischen
St&dt«geb)ete. 473
Baumwolle geltend machte. Noch ioniger ist der Zn-
Bunmenhang der Städte, welchen bei der Teilung der
demselben Ziele zuBtrebenden Arbeit verschiedene, ein-
ander ergänzende Funktionen zugewiesen worden sind.
Bremen und Bremerhaven, Rostock und WamemOnde,
Nantes und S. Nazaire sind Beispiele einer sehr offen-
liegenden Zusammengehürigiceit. Aber es gehören des
Weiteren alle HandelffiUdte eines und desselben Stromes,
%. B. Mannheim, Mainz, EOln, Rotterdam und alle da-
zwischen liegenden nuammen, und die Gkfifie ihres Ver-
kebres gibt das Mafi fOr die Innigkeit ihres Zusammen-
hanges.
In jahreweitlicJMm WecfaMl der Funktion bilden ein ganz
eijgcntainriche« 8t&dtepaar die kleinen HUen Btr Ali und UegdahK,
die an einet 2 Heilen weiten Bncht der BfldkQate Arabiens oinuider
eregenttberli^^, jener uar bei West, dieser nur bei Oit Schuti
gewUuend, jener daher nur im 8ommer, dieier nur im Winter je
nach den vorbemchenden Winden der ScbifiÜirt lugftu^Ucfa. So
ei^&nien rieh beide nnd bilden im Grande eine Stadt, die Sultan,
B^mie und selbst viele Bewohner mit dem jahreazeitlichen Wind
hier- und dorthin zweimal im Jahre wandern sieht*).
Stidtegebiete. So wie Verkehrsgebiete gibt es auch
Stadtegebiete nnd -zonen. Wo der Verkehr am größ-
ten, da liegen auch die größten Städte. Das zeigt
Etch vielleicht am deutlichsten dort, wo der innere Ver-
kehr eines Landes gering, größer aber der äußere, wel-
cher die Produkte des Landes gegen Erzeugnisse anderer
Gebiete umsetzt. So wie die Produktionegebiete in der
Regel nicht dicht bevölkert sind, zeugen die Großackerbau-
läoder und die Bergbaugebietb auch nicht an und fUr
sich große Städte. Erst der Verkehr mit diesen Er-
zeugnissen und die industrielle Verwertung derselben
schaffen die vielartigen Erwerbsgelegenheiten einer großen
Stadt. Noch in den "lUer Jahren unseres Jahrhunderts
wollten Amerikaner die große Eigentümlichkeit, die ihr
Land von den alten Ländern unterscheide, in dem Mangel
der inneren Märkte erblicken. Damals hatten allerdings
einige der größten Staaten, wie Tennessee und Kentucky,
noch keine Städte von mehr als 10000 Einwohnern: doch
war Cincinnati damals bereits auf dem Wege ein großer
474 Verkehrsstädte und
Binnenhandelsplatz zu werden; 1850 hatte Tennessee^
größte Stadt Nashville 10487, 1880 43350, die Haupt-
stadt Knoxville hatte damals 207G. Die Somali teilen
ihr eigenes Land in drei Teile, deren einer die Küsten-
region mit den Städten umschlie&t, während die beiden
anderen Gebirge und Hochplateaux des Inneren sind, ik
keine Städte und überhaupt wenig Siedelungen haben.
In vielen Ländern, besonders außereuropäischen, wäre
diese Sonderung durchzuführen, vorzüglich in Afrika.
Daher sind die größten Städte der Erde, London und
New York, Seestädte, Paris und Berlin streben es zu
werden. Rom ist in historischem Sinne und als Haupt-
stadt Italiens großartiger als Neapel, aber diese heri'liche
Seestadt ist mit ^ä Million größer als Rom, dessen 300 <Xm)
Einwohner in der Zählung vom 31. Dezember 1881 sogar
hinter den 320000 Mailands, des Mittelpunktes des ver-
kehrsreichen Norditalien, zurückblieben. Aehnlich gibt
die Zählung vom 31. Dezember 1880 Antwerpen 204 ÖOO.
Brüssel 1 7') ooO und in derselben Zeit wurde Amsterdam
auf 380000, Rotterdam auf 190000, Haag nur auf
141 OOO Einwohner veranschlagt.
Die Eisenbahnen l)efördem die Städteentwickelung,
sie kommen viel mehr den Städten als dem Lande zu
gute und zeigen darin, wie eng Verkehr und Städte zu-
sammenhängen. Je beweglicher durch sie die Bevölke-
rung gemacht wird, desto rascher strömt diese den Mittel-
punkten zu. Das Wachstum der großen deutscheu Städte
in unserem Jahrhundert datiert von der Einführung der
Freizügigkeit, der Gewerbefreiheit und der Eisenbahnen.
Dem Lande nützen die Eisenbahnen am meisten nach der
Ernte, in den Städten aber, wo die Erzeugnisse des
Ackerbaues in den Verkehr übergehen, sind sie das ganze
.lahr hindurch von gleichem Wert. Sie haben den Handel
freier von den Hindernissen der Jahreszeiten gemacht, als
Landbau und Viehzucht jemals werden können, und wenn
Weltstädte im Sinne der Erdumfassung entstehen konnten.
nmßten es immer Verkehrsstädte sein. Denn der Ver-
kehr überschreitet frühe die Schranken, innerhalb deren
die politische Stadt ihren p]influß ausbreitet, und Völker
475
nd band^BÜiittig in Gebieten, wo sie pcdüüeb nichts
nd. FSUt in manchen St&dten poUtieche und wirtschaft-
iie Bedeutung ZDaammen, eo ist doch nicht za leugnen,
ifi beide auch im Wettstreit neben- und gegeneinander
ihen.
Verkehnut&dta und H&aptotSdte. Der Trieb des
jAehrea, äch Ton den poÜtischen Rficksichten abzn-
len, ftihrte stets znr Eatwickelung eigener Verkehra-
ler Handelestädte, die dann, politisch selbständig
worden, an sich selbst immer zu Grunde gingen, wenn
), ihres Ursprunges oneingedenk, zn Staaten geworden
Iren (Karthago und Venedig!). Der Handel kann einen
aat bilden , aber nicht auf die Dauer erhalten , denn
r Staat ist seinem Wesen nach auf allseitige, nicht ein-
itige Bethätiguog der Kräfte des Menschen gerichtet.
) ist ganz sachgemäß von den Negern gedacht, dafi sie
re Märkte vor die Städte auf freie Plätze, Kitamba, die
\n Dickicht und Gras gesäubert und mit Laubhütten
isetzt sind, verlegen, daß Orte von weitreichendem Ver-
ehr geradezu im neutralen Strich zwischen zwei Staaten
igen , oder daß wenigstens die dem iremden Handel
Fene Stadt, wie Nimro in Wadal, von der politischen
auptstadt durch Lage und Verfassung getrennt sei. Ein
inlicher Gedanke lag der freiwilligen Absonderung der
!m Fremdenverkehr bestimmten „offenen Häfen' Canton,
moy, Nagasaki in ostasiatischen Reichen zu Grunde,
ie Geschichte der Städte hat sich häufig vollkommen
in deqenigen der Nation gesondert, in deren Gebiet sie
igen und welcher ihre Bewohner angehören. Auch wo
ir sozialen Sonderung nicht die entsprechend scharfe
ilitische Abgliederung folgte, vermag die Geschichte
ner Stadt insofern eine andere als die ihres Landes zu
in, als diese ohne jene nicht zu denken ist, das üm-
ikehrte aber nicht der Fall zu sein braucht. Der wach-
nde Verkehr zwingt Politik und Wirtschaft zusammen.
ie Geschichte Roms beherrschte diejenige des römischen
>icbes in dessen letzten Jahrhunderten und dieses Reich
!stand. ."olange Rom bestand. Wenn politisch^ Zentren
47t> Verkehrs- und Hauptstädte.
gleichzeitig Mittelpunkte des Verkehres sind, wachsen sie
weit über ihre politische Bedeutung hinaus und die Ge-
fahr liegt nahe, daß nach ihnen die Macht und Grölie
des Volkes überschätzt werde, in dessen Mitte sie liegen.
weil man nicht auseinanderhalten kann, was dem Staate
und was dem staatsfremden Verkehre gehört. Wir er-
innern an des Thukvdides Wort: Würde die Stadt der
Lakedämonier veröden und nur die Fundament« des Baues
übrig bleiben, so würde, glaub' ich, die Nachwelt sehr
ungläubig sein hinsichtlich der Macht der Lakedämonier.
zu ihrem liulune; wenn dagegen den Athenern dasselbe
Ijegegnete. so würde man nach dem äuüeren Anblick der
Stadt ihre Macht doppelt so groß schätzen als sie ist
Deshalb muta man nicht das Aussehen der Städte mehr
ins Auge fassen als ihre Macht. Mehr als im Altertum
liegen in unserer verkehrsreichen Zeit die Quellen, am
weK'hen die Seestädte ihr Wachstum schöpfen, oft räum-
lich weit entfernt von ihrer wirklichen Lage: es gibt
unter ihnen solche, die ihre Schifle fast nur an fremden
Küsten laufen oder im fernen Eismeer Waljagd treiben
lassen. Die Bedeutung Dundees, New Bedtbrds, Bam-
stahles ist unabhängiger von derjenigen Schottlands oder
Massachusetts, als von den Jagd- und Herrschaftsverhält-
nissen im Beliringsmeer.
Di«.* tipschidit«.* der Erdkunde trägt die Spuren dieses Ver-
hältnisses. Von ein»n' Küstenstadt. in welcher zahlreiche Fäden aus
•lern lnnor«*n zusaninienlaufen. drinj^'t der Blick, den Wegen d«
Verkehre> fol^:enii. »»ino Strecke weit ins Innere und liiilt iHe
liichtungen im Ant'anj^ ziemlich j^^ut hei, his die Zielpunkte sich
vcnrren und verschiel»en. Das ist der Charakter des griecbisohen
Wissens von den Ländern, an deren ausgewählten Kostenpunkten.
/.. 1^ im .Schwarzen ^ItnM-e. die Kolonien der Griechen lagen. Man
kann .sairen , dali die Einseitigkeit des Seeverkehres eine ent-
>l»n'(.'liende KinstMÜgkeit des geographischen Wissens gro&zog. das
irN.'ioli «lern Handel die Küsten hevorzugte.
In j)olitisch höher entwickelten Gemeinwesen ist eine
>olche Sonderung nicht durchzuführen. Die politischen
und wirtschaftlichen Interessen verttechten sich zu innig.
Die Hauj»tstiidte werden ganz von selbst zu Verkehrs-
mittelpunkten und die Verkehrsstädte rücken in die erste
Keilu- .h'i- politisch wichtigen Besitztümer des Landes.
Fluß- und »Seestädtt;. 477
Diese Kombinationen können freilich nicht ganz ohne
Schwierigkeiten vor sich gehen. An der Gröüe der Haupt-
stadt eines Landes beteiligt sich notwendig der Verkehr,
denn die Politik allein kann keine grolJen Städte erzeugen.
Ein gewisser Betrag von internationalem Austausch geht
in diesen Verkehr mit ein und das wenigst Nationale an
nationalen Staaten sind ihre Hauptstädte: Paris, Peters-
burg, Rom. Die politischen Rücksichten mögen eine
Hauptstadt auch im statistischen Sinne über alle anderen
hinauswachsen lassen, der Verkehr macht sich dann als
städteerzeugender Faktor auf der nächst tieferen Größen-
stufe doch geltend, indem die zweitgrößte Stadt eines
Landes regelmäßig eine Handels- oder Industriestadt ist.
Hambui^, Marseille, Liverpool zeigen diese Thatsache
deutlich genug. Und ebenso häutig ist dort, wo nicht die
Hauptstadt selbst Seestadt und damit zugleich Haupt-
verkehrsstadt ist, wie St. Petersburg, Stockholm, Kopen-
hagen, Lissabon, Konstantinopel, Athen, die zweite Stadt
eines Reiches an der Küste gelegen. So folgt hinter
Berlin Hamburg, hinter Madrid Barcelona, hinter Kairo
Alexandrien. Natürlich werden aber die politischen Haupt-
städte auch immer große Verkehrsstädte sein und so
stehen denn die wii-tschaftlich hervorragendsten Länder
nach ihrer Teilnahme am Weltverkehr in derselben Reihe,
in welcher sie auch hinsichtlich der Gröüe ihrer Grol*;-
städte stehen.
Fluss- und Seestädte. Küstenverlauf und Stroni-
richtung sind jene natürlichen Linien, an welche zuniulist
die Verbreitung und Richtung des Verkehres sich an-
schließen. Einst bestimmten sie fast allein die Städte-
lagen. Keine große Stadt des Altertums ist denk-
bar ohne die Zufuhr der Nahrungsmittel erleichternden
Wasserweg. Die Eroberung dieser Städte gescluih
immer durch die Unterbindung ihrer Wasserweg*». Kin
Blick auf eine stumme Karte läßt voraussehen, wt»
die Verkehrsströme fließen, wo sie sich stauiMi, wo
große Städte entstehen werden. So lassen in Thina sieh
drei Reihen von Städten voraussehen, eine niitth»re ^ifurko.
478 Flußstädte.
au deren Endpunkten die Metropolen liegen, und zwei
.schwächere .seitliche. Jene ist bedingt und erhalten durcL
die alte nordsUdliche Verkehrsader; eine liegt an der See.
die andere gegen das Innere zu, meist am £nde der
Schiffbarkeit der Ströme, an Zusammenflössen bedeuten-
der Gewässer. Sie leiten den Verkehr in die große Ader
und aus ihr fliefat er teils wieder binnenwärts zurück in
einiger Entfernung, teils der See zu. Der KaiserkanaL
welcher Peking und Nanking, die Hauptstädte und das
Becken des Feiho und des Jangtsze verband, lief in der
mittleren Linie, in deren Verlängerung das Emporium des
Südens, <. anton, gelegen ist. Der Seeküste gehören Plätze
wie Tientsin, Schanghai, Futschau, Amoy, der Binneu-
linie die groläen Verkehrs- und Umschlagsplätze auf der
chinesisch-innerasiatischen Grenze an: Kaigan, Tai Yen,
Singanfu. Tschingtufu. Jünnanfu. Auch in unserem
Lande hängt die Anordnung der großen Städte in paral-
lele Reihen, welche an Rhein, Weser, Elbe, Oder sieb
iiiilehnen. von der entsprechenden Gliederung des Lande?
in westöstlich aufeinanderfolgende Verkehrsstreifen ab.
Daü Gunst des Verkehres mit Sicherheit so oft in Fluü-
thiilern gepaart werden kann, gibt den Anlagen in letz-
teren einen besonderen Vorzug schon im Entstehen. l)ie
Alten, die erst Sicherheit, dann aber sofort verkehrs-
*^ünstige Lage und womöglich beide zusammen verlangten,
wälilten mit besonderer Vorliebe Flußgabelungen (Delphi.
Theben. Sparta, Larissa, Sardes), Flußschlingen, wo es
möglich war, mit einer Mauer den natürlichen Schutz
zu vervollständigen; solchen Anlagen begegnen wir in
Orchomenos, in Bunarbschi der trojanischen Ebene, Ma-
gnesia am Miiander. Der Anlage in Flußgnbeluugen
steht diejenige zwischen der Ausmündung zweier Parallel-
thäler in Ebene oder Meer nahe; Trapezunt, Herakleia
Pontica. Selinus sind Seestädte, Pergamon, Sikyon, llion
Landstädte dieser Art. Mykenae und Akrokorinth liegen
an der schmälsten Stelle zwischen zwei divergierenden
Schluchten. Das sind aber wesentlich dieselben Stellen,
an welchen auch in Alt-Nordamerika die indianischen
Dörfer hinter Hecken und Gräben lagen. Betrachtet man
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FluftlageiL
481
alte Karten von Amerika, z. B. bei Ortelius, so ist man
über die große Zahl wasserumfloseener Städte erstavnt.
Die Indianer hatten besonders den Vorteil der Lage auf
Flußinseln und in FlufiscUingen erkannt, welche durch
Graben oder Damm abgeschnitten werden konnten. Li-
yingstone beobachtete £e gleiche Newmg bei den Ua-
gaiäscha, die an den WeetsuflUssen des Nyassa da wohnten^
„wo das Wasser mehr als einen Halbkreis bildete*.
Mehr noch begünstigen wohlgelegene Flußinseln
das Streben nach geschützten, vom festen Lande nicht
zu weit entrückten Laeen. Li Hauptstädten wie Ava,
das ganz vom Irawad^ umfloßen war, erkannte man
die ßüi Schutz und Verkehr gleich günstige Wasser-
lage vortrefflich. Bastian hörte, als sie ein Vierteljahr-
hundert verlassen war, noch über ihre Verl^pmg klagen.
Festungen ziehen natürlich den ungemischtesten Vorteil
aus der Möglichkeit, durch Wasser von den Angreifem
gesondert zu sein. Wie Eadesia, in seiner Flußumgürtung
Porta Persiae, als eine der stärksten Festen ihrer Zeit
galt, deren Fall (637) Ranke als eines der großen Er-
eignisse betrachteti die das Schicksal ganzer Epochen
bestimmen, so hat Stralsund die Störke zum Widerstände
aus seinem Wasserring gezogen und Straßburgs starke
Seite waren die Einrichtungen
zur Unterwassersetzung sei-
ner Umgebungen. Eine der
charakteristischsten Lagen
hat die Festung Posen(Fig.24),
die auf einer natürlichen Insel
liegt, welche der Warthe-
bogen mit einer Reihe von
Flüssen und Seen bildet, die
eine Sehne seiner Konvexität
abschneiden. Dazu zerlegen
noch die von Osten kommende
Cjbina und Olowna das Ge-
lände, so daß die an beiden
Wartheufem liegende Stadt gewissermaßen in einem Nefac
von WasserfiLden liegt. Eine Menge StSdte im nor^
Ratzel, AnthropogeogTApbie H.
lfaS«tAb!i:aoaooo
I i r ' "*" — '—
ng. M.
482 Flufiabergän^.
Tiefland liegt in ähnlicben Flu^eflechten. Je breiter der
Uebergang, je sumpfiger das Thal, je unregelmäfiiger
der StrotnTauf, desto dt;utlicher heiroriretend die B^Outi-
gung der Uebergangsstellen. Habn hat an der Lage d«-
Spreestädte Lübben, FOrsteowalde, Köpeaik und Berlin-
Köln sehr gut nachgewiesen *), wie diejenigen am meist«
bevorzugt waren, bei denen durch einander gegenOber-
tretende Uferhöhen, vielleicht in Verbindung mit Inseb.
denn mehrere von diesen Städten sind Inaelstädte, der
Uebergung des sumpfigen Fluljnetzefi erleichtert ward-
und wie unter ihnen dann Berlin, das Über die lokalen
Bedürfnisse hinaus dem von Süden und Südwesten nach
Norden und Nordosten durchgehenden Verkehr als gün-
stigste Kreuzungsstelle der Spree- Havellinie Vorteile bot.
die bevorzugte ward. Noch wichtiger werden Üebei^i^
im Moorland , wo viel weitere Strecken unwegsam . und
oft selbst für die Anlage der Städte nur schmale Land-
4SS
8tzai£eii Bngi _
die das Moor imidKaAimitm faUha i eM QoeHiuUitifejo not
Gettong, die s. & Ikuf ar GioiJligji dioMOu
So küMCi wir mmAJS^Etäi/bdkm^fimatWtMiilümK wit Ptoi»
(Rg, 25) au» dem .Zeühem der tifaii^toM Sciifcr- — d PWehenMiel
Lutetu Pkrinoram', der hertt%ai Ue de k cili& lieidMik «omm
yerfolgen. Die TUlo' der Saae. Xme «Mi Omt hdx & umJhiaA
und entfernter eb Tder um der ^efiltedelen Oetgrenae» wurd«
diese Insebtudi der Wittripinkt AniMher Hemckeft im Noid-
gallien. Audi nnfter den Franfcan Uieb die Ineel immer der Ken
der Stadt Wie^ide modene SOdtcnttM sogen diemn AaM^hii
an eine Fhifiineel; llber wie vide 8 bi imh o r e wire der S^raeb llber
dem Buzgthore Leidem ^aiz bifido eireomllna Rkeno* lu Mtoen!
Flii8886lil]]lgeL In der Berllhniiig ron Wasser und
Land entsteht im Flnfitlial anfier den Inseln noch manche
andere an die KOste erinnernde Sfidtelage, die auch nicht
selten ähnliche Ausnutxnng fand. Das Land springt
gegen das Wasser vor oder tritt in einer Einbiegung
zurück. Schon im kleinen laden die vorgebirgsartigen
Einspränge an den konvexen Windungen der Fluüschlange
zu Siedelungen ein, welche nach einer Seite geschützt
sind und nach der anderen einen weiten Ausblick ge-
währen. Fran9ois fand am Lulongo alle größeren Ort-
schaften oberhalb der Landvorsprünge angelegt; an fluß-
aufwärtsfahrende Dampfer hatten ihre Erbauer nicht
gedacht! Aber größere Bogen und Winkel werden vom
großen Verkehre mit Vorliebe aufgesucht, der hier den
Fluß gleichsam am vorgeschobensten Punkte leichter er-
reichen oder auf der anderen Seite am längsten einer Ein-
biegung folgend ihn begleiten kann. Die Häufigkeit der
Einmündung von Nebenflüssen an diesen ein- und »uh-
springenden Winkeln vermehrt die Vorliebe, mit wolch<^r
sie von den Städten aufgesucht werden. Die Donau
macht im oberen Lauf bis Pest vier Winkel , welcho
durch die Lage wichtiger Donaustädte bezeichnet sind:
Regensbu]^, Linz, Wien, Pest. An den Scheiteln d<ir
drei Loirebogen liegen Angers, Saumur, OrleanH. An
den zwei Südwinkeln des Hoanghorechteckes iiotfen
Singanfu und Kaifongfu. An den Sch e it el n d« Win-
dungen des unteren Jangtsze fi '^ n^
484 Seestädte.
und Nanking. Wir erinnern weiter an die Lage Ton
Basel und Mainz, Schweinfurt und Bamberg, Magde-
burg, Frankfurt a. 0., Bromberg, Thom. Immer geht in
der Richtung dieser Winkel der Verkehr mit dem Flusse,
beziehungsweise dem Thale, so weit als möglich und löst
erst am äußersten Punkte von demselben sich los.
Die Seen, welche der Mehrzahl nach nur Erweite-
rungen in Fluüläufen darstellen, wirken wie kleine Meere,
welche den Landverkehr zum Uebergang aufs Wasser ver-
anlassen, daher eine gro&e Zahl von Umschlagsplatzen au
ihren Gestaden ins Leben rufen und durch die Erleichte-
rung des Verkehres eine Bewegung von Ufer zu Ufer her-
vorbringen, welche dem Charakter der Seeanwohner be-
sondere Züge aufprägt. Boden- und Genfersee, die ober-
italienischen Seen mit» ihrer großen Zahl von verhältnismäßig
bedeutenden Plätzen und ihrer regen thätigeu Bevölke-
rung, in größerem Maße der Ontario, der fast meerartig
wirkende Michigansee mögen genannt sein. Zu den Plätzen,
welche Vorzüge verschiedener Lagen miteinander verbin-
den, gehören die am Eintritt von Flüssen in Seen oder
am Austritte gelegenen. Die letztere, vor Ueberschwem-
mungen sicherere Lage erscheint dabei als die bevorzugte.
Konstanz liegt am Bodensee gerade so wie Genf am
Genfer-, Luzern am Vierwaldstätter-, Thun am Thunersee.
Mündungsstädte. An der Mündung des Flusses in
das Meer erreicht die Begünstigung des Verkehres ihren
Höhepunkt, so wie der Fluß selbst hier das Maximum
seiner Wasserführung erreicht. Der Flußverkehr trifft
mit dem Seeverkehr zusammen, der in der Flußmündung
nicht bloß geschützte Ankerstellen, sondern häufig auch
die Möglichkeit des Vordringens in das Binnenland
findet. Eigentlich liegt jede Seestadt an einer Kreuzung,
da der Küstenhaudel parallel der Uferlinie verläuft und
von den rechtwinklig darauf stoßenden Verkehrslinien
gekreuzt wird. Saloniki liegt so an der Kreuzung
der alten Straße Dyrrhachium-Bitolia-Byzanz und der
jüngeren Belgrad-Uesküb-Salouiki. Fruchtbare Erde, die
der Fluß in Berührung mit dem Meere absetzt, bildet
Mündungsstädte. 485
Schwemmländer, die in den verschiedensten Teilen der
Erde (Po-Delta, Unterägjpten, Bengalen, Louisiana) frucht-
bares Ackerland und dichte Bevölkerung schaffen. Sehr
oft bieten Fluiäinseln im Mündungsgebiet günstige Städte-
lage (New York, St. Petersburg). Man findet nur bei
den Flüssen, die in das verkehrslose Eismeer münden,
nichts von den günstigen Wirkungen, die an so bevor-
zugten Stellen nicht ausbleiben können. Ihre Städte
Jakutsk, Jenisseisk, Irkutsk, Erasnojarsk liegen am Mittel-
lauf und der Küsteneinschnitt von Nischnj Kolymsk ist
nicht der eisbedeckten See, sondern dem Flusse, dem
Hinterland zu liebe gewählt. Am Amur aber bleibt Ni-
kolajewsk trotz der großen Hindemisse, welche vor allem
der lange Winter dem Verkehre auf dem Amur, und
ganz besonders bei Nikolajewsk, bereitet — von Ende
September bis Ende Mai macht das Eis die Schiffahrt
hier unmöglich und oft ist der Amur bei Nikolajewsk
schon gefroren, wenn er anderwärts noch offen liegt —
durch seine Lage an der großen Strommündung die wich-
tigste Stadt Ostsibiriens.
Der Verkehr scheut sich, wo es nicht unbedinc^t
notwendig, zu nahe an die Naturgewalten, die verderb-
lich werden könnten, seine Zentren hinzubrinj^en. Er
zieht sich auf überschwemmungssichere Hügel oder Ufer-
terrassen zurück und sendet gerne Vorposten aus oder
errichtet vorgeschobene Werke. Konvergierende Wasser-
adern bilden Stauungsplätze des Verkehres, wo sie zu-
sammentreffen: aber die Orte, denen sie Entstehung geben,
liegen oft, wie Chartum, St. Louis nicht unmittelbar an
der Mündung, die durch Ueberschwemniungen u. s. w.
gefährdet ist, oder bevorzugen die Kü.^te zu Ungunsten
des Landes, wie Marseille und Saloniki, die beide in
einiger Entfernung von großen P'lußmündungen liegen.
Große Seestädte kommen gerne dem Seeverkehr mög-
lichst entgegen, daher bei New York wie Konstantinopel
der Kern der Anlage eine seewärts auf die äußerste Spitze
vorgeschobene Niederlassung, aber nicht ohne die Er-
wägung, daß sie auch Interessen am festen Lande haben.
Sie suchen also eine mittlere Stelhjn^^, wo «le (]#ti einen
48*i
Mttndungsstädte.
wie den anderen gerecht werden können, weshalb Suakin
in seinem tiefen Einschnitt bei nur teilweise insularer
Lage fUr besser gilt als das
rein insulare Massaua oder
als Akik. Man könnte in-
sofern von Städten von rein
maritimer Bedeutung und sol-
chen von gemischter sprechen.
Bremerhaven und Bremen.
Cuxhaven und Hamburg ver-
deutlichen diesen Unterschied,
mehr noch die zwei Haupt-
häfen Belgiens: Antwerpen
und Ostende, um aber den
Seeverkehr möglichst tief in>
Land hineinzuziehen . sind
vorzüglich die tiefen Fluß-
mündungen geeignet, wo die
Städte besonders gern am
äuüersten Ende der Flutbe-
wegung angelegt werden.
Wenn man Stettin im Hinter-
grunde seines Haffes, dessen
Zugänge vom Meere ge-
wunden und von sehr ver-
schiedener Tiefe sind, an einer
der geschütztesten Stellen, die
für eine Seestadt denkbar
sind, liegen sieht, erkennt
man in diesen zurückgezoge-
nen Lagen auch das Schutz-
motiv, welches übrigens för
Stiidteverlegung nach der-
artigen Plätzen geschichtlich
naciiweisbar ist. Die Furcht
vor räuberischen Angriffen
drängt vom Verkehrswege ab, der sonst naturgemäß auf-
gesucht wird. So lagen am oberen Huallaga alle Mis-
sionsdörfer * j — '2 Leguas vom Flusse entfernt , da man
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~ie so sicherer vor den üeberfalleu der am rechten Ufer
>ch weifenden Chunchos hielt*).
Seestädte. Die Festländer kSuueit untereinander und
mit den Inseln nur zur See verkehren, außerdem wird
auch fllr ihre Küstenplätze der Verkehr zur See in allen
Fällen vorgezogen, wo große Frachteumassen zu bewegen
sind. Es mu0^ daher an geeigneten KUstenpunkten ein
sehr bedeutender Umschlag stettfinden, welcher Städte
ins Leben ruft. Dieser Punkte sind es wenige im Ver-
■Üftltiiis zur weiten Ausdehnung des M^-.i:.-. ,.:,..■ wtlche
der Verkehr zu ihnen herankommt. Daher waclisen sie
bald rasch zu bedeutender Qrü&e heran und nehmen um
so leichter stadtartigen Charakter an. als sie nur vom
Verkehre großgezogen und von ihrer näheren Umgebung
ganz unabhängig sind. Ein Uebergevricht der Seestädte
bedeutet immer ein entsprechendes Uebergewicht des
Verkehres in der Geschichte des Volkes oder in der
Natur des Landes. Wir beobachten es in allen EUsteu-
iind r^eestaaten (London, Amsterdam, Eopenhagen, Stook-
488 Seestädte.
holm, Christiania), in allen Kolonien, die vom Meere her
landeinwärts wachsen (New York, Rio de Janeiro, Gap-
stadt, Sydney) und bei reinen Handelsvölkem (Tyrus und
Sidon, Karthago, Algier, Sansibar). Der Einflofi des See-
Verkehres für sich wird sehr klar, wenn in Ländern, wo
andere Ursachen der Städtebildung schwächer vertreten
sind. Binnen- und Küstenland leicht abgeteilt werden
können. Die cimbrische Halbinsel hat in den drei poli-
tischen Abschnitten jQtland, Schleswig und Holstein
72 Städte und stadtartige Orte, von denen nur 16 nicht
am Meere und auch nicht im Bereiche desselben liegen.
Schleswig hat überhaupt keine Binnenstadt. Von den
56 Stödten, welche am Meer oder im Bereiche desselben
liegen, kommen 34 auf die Ost-, 22 auf die Westküste.
Norwegen, Finnland, Schottland, Irland haben keine nam-
haften Binnenstädte.
In der Thatsache, daß. je weiter wir nach Norden kommeo.
um 80 mehr das Land als Städtezeuger zurück- und das Meer an
seine Stelle tritt, liegt nur ein Symptom der tieferen Erscheinung,
daß die abnehmende Gunst des Klimas sich immer früher im Lanae
als an der Küste bemerkbar macht. Es prägt sich nur schwächer
das Verhältnis des Grönländers zu den beiden Elementen ans, dem
sein Land nur die Wohnung, das Meer aber fast das volle Maß
seiner Nahrung beut. Ebendarum ist aber die Superiorit&t des
Nordens im Schiifswesen so festgewurzelt, und daß NorwegeD>
Handelsflotte an Tonnenzahl diejenige Deutschlands Übertrifit.
wurzelt tiefer, als Volksart und Küstengestalt reichen.
Wo die Lage eine im großen vorteilhafte, kann die
Stadt, welche diese Lage auszunutzen sucht, unter den
ungünstigsten topographischen Verhältnissen erwachsen
sein. Der Seeverkehr sucht seine StapelpMze zunächst
in guten Häfen, wenn dieselben auch, wie das großartige
Becken von Rio, wie Triest, die Tafelbai, von ansteigenden
Höhen umgeben sind, die der Verkehr nach dem Innern
bewältigen muü. Weder Triest noch Genua sind auf
ihrem schmalen Bodenstreif zwischen Meer und Berg im
engeren Sinne gut gelegen. Venedig und Amsterdan)
müssen den Grund erst befestigen, auf dem sie stehen.
Wie schlecht ist das Sumpfklima von New Orleans, Vera
Cruz, Calcutta, Nun-Akassa. In der Kongomündung ist
die kleine morastige Flußhalbinsel von Banana durch
4^
» Lage und nAfiig gn&CB Hafien in «Mm luiflNi*
OebMte za dncr Bedentang enipoigiewiMth«m,
niir Terhaltniwmifiig gut begrOiidet iiii. Man kmn
eine aUffemeine BÜ^el beaeichnen, daft die See*
unter aSen grofien Stidten am hiufinlen un*
i Ortdagen aufweisen, wdche eich im Gegenaatie
i zur VonOglichkeit ihrer WelÜage.
r HafenreiehtanL Die Kfletengeetalt begOnatigt
)mmt, bi^ehungsweise erschwert die Stidteent»
Dg. Die WestkOete der cimbrischen Halbinael
2 Stftdte, die Ostkflete 34. Nehmen wir dori.
g und Altona, hier Lübeck und Ratseburg weg,
in die Städte des Ostens mit 101000 denen Aon
I mit 58000 Oberlegen gegenüber. Fletmburg timt
iden ihresgleichen nicht an der Weiitkttiite. OIm
ide Begünstigung der englischen Hüd« und WmI-
[egenüber der Ostküste prägt Hieb in rl«*r 11ml-
us, daß Englands meerbenerrMch«;ndi; Hl^tllunK nif'li
f Bristol, dann auf Liverpool Htüfxl^*. lU^r Im*-
Hafen der Ostküste, Hüll, nti^lii an V«*rli«'lir
meiden zurück und Hüll int der OW/Gm; uin'.h i'rNl tUu
Qte Stadt im Vereinigten K^nign;i/:b, UmUuiUU*if ,
ind halbinselreichen KtMjgft d^ u*>r4\UhHf n»*
n Zone bieten Vorteile, di«; V/ i» Tnum'jttUu ttm
Kü^teolaoge nicht wj^^rfc^bfirr, Ki/«^- H^^/f^^l/i^«-
ersburg ka&ri in Afrika ^A^ AoHral^^ u\*StS inf
1. noch weniflr^ •roj^ -m^. \u S^rw V/y/lr ^ >^'/
Eü«ten saß -üt X«n7 <*^ •^A^ftjir ^^^ '/t-pV^-hf
Ifori i-i .Slii-'Ä'ui*-» *r^ .^ ,'.^^/^'''' Z^-*' '^'''''''
•im W4,.,i#M.-tU**n** in/l A .i ir-^r// v«i4 :'W jr/'^rf'^
hwKi»Ti- Ein»* r/id*- V-'i»5')'* 4twy.*y>-''*>^rt^>/ ^f^f-^M
40O Hafenplfttze.
besiedelt sind, zahlreiche andere, wie Slawjanska, Strdka,
Petschanaja nur gelegentlich benutzt werden. Auch
Dalmatien kann ali; Beispiel einer hafenreichen Kitete
gelten, zeigt aber zu gleicher Zeit, dati an einer Kfiste.
an welcher wenig Handelswege ausmünden, die ein weite»
Gebiet durchziehen, auch nur wenige Städte entstehen
werden, von denen dann leicht eine die leitende Stelle erhSlt
Norwegen hat keine Binnen*, sondern nur Küstenstädte. Und
diese Städte liegen im Hintergrund oder an der Mündung der
Fjorde, welche wie verzweigte Systeme breiter Flüsse ins Land
eingreifen imd natürliche Landschaften erzeugen. So liegen Chri-
stiania und Drontheim, Stavanger und Christiansand, Namsö und
Tromsö. Nur Bergen, die alte Metropole Norwegens, liegt mittet
zwischeu zwei großen Fjorden an fjordloser Küste, dem Hardanger
und Sognetjord, aber gerade dies gab ihm zunächst seine ü^-
i*agende Bedeutung, daß es Mittelpunkt zweier so großer Fjord-
landscbaften war. Dazu kommt die im allgemeinen günstige Lage
mitten zwischen Lindesnüs und Statt, zwischen Bukefjord und Nord-
tjord. Mun gelangt von hier in gleicher Zeit nach Christiansand
und Christiansund, nach Drontheim und Christiaoia. Zur Zeit alc
Borgen der größte Handelsplatz des Nordens war. stand auf dem
dänisch-norwegischen Pfeiler der Amsterdamer Börse : , Bergen und
andere Plätze in Dänemark und Nonn'egen*. Bergens Besitz ent-
schied einst über den Norwegens. Früher hatte Drontheim diese
Bedeutunj^ gehabt, heute ist sie Christiania zugefallen und diese
Kntwickelung entspricht dem allmählichen Heniustreten Norwegen?
aus nonlisch ozeanischer Isolierung und der Annäherung an gesamt-
europäische Verhältnisse und Interessen. Nur Christ ionia konnte
von allen Hafenplätzen Norwegens so wichtige Wege wie Stock-
holm-Bergen und Kopenhagen-Drontheim vereinigen und mit der
südlichen Lage am Kattegat und Skagerrak die Nähe der an
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